Textdaten
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Autor: Michel Buck
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Titel: Daiberstückla
Untertitel:
aus: Bagenga’. Gedichte in oberschwäbischer Mundart. S. 243-248
Herausgeber: Friedrich Pressel
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: bis 1888
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Robert Lutz
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
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Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[243]

Daiberstückla.[1]


Ai so schla, jetz soll i au noh,
Weil i andre ghechlat hau’,
Eusri[2] oigni Stroi[3] verzälla,
Erzkujauna, launt me gauh’!

5
Zwôr, i siehs wohl, s geit koin Frieda

Und drum bstand is ui jetz ei’,
Daß mer môl em Kreuz[4] vo’ Nuiffra[5]
Umasuscht haunt glitta[6] rei’.
Stand mit diese[7] Glockabuaba

10
Und em Mesmer untram Gstüahl,

Guck zum Schallloch na ge Nuifra,
S gôht a Môjawindla küahl,
Und ma’ sieht im ganza Zeahnta
Und noh weiter umanand,

15
[244] Wia dia Klaila prächtig gronet

Und dia Reaps schau’ blüeha thant.
Guat, was gschieht? Dô sait der Mesmer:
„Buaba, gschwind an d Soiler na’,
Schwenket d Glocka, hebet d Klingel,

20
Schla mer koiner bälder a’,

Bis i sag: jetz launt nu’ laufa,
Daß dia Glocka mit anand
Zema schnöllet wia d Kanona,
Wenn se schier verspringa want!“

25
Und mer schwenket dô Sant Jörga,

Dött Sant Luks und Marxa dô,
Und mer hebet ouf dia Klingel,
Koiner kommt der Glocka z nôh.
„Laus, iahr Buaba!“ schreit der Mesmer.

30
Glei gôhts zua aß wia im Kriag

Und aß höb[8] a Stall vol Roß ui
Nous nô älli Seita schlüag.
Und mer läutet, daß mer schwitzet.
Oi’smôls lautat der Befehl:

35
„Buaba, heo, haltet stilla,

Michel, guck gschwind, wo-n-es fehl,
Daß dia Nuiffrar so lang bleibet
Äll[9] ans Stroblagoris Huscht[10].“
[245] Und i rutsch am Glockasoil dô

40
Na so gschwind, daß i a Wuscht[11]

Hau’ an boidi Händ, und lauf in
Esch nous, was i laufa ka’.
Wie-n-i aber dussa bi’, dô
Fall i schiar voar Schreacka na’;

45
Denn de ganz Prozessiau’ dött,

Wo mer haunt von oba gseah’,
Ischt – as woißts jô doch jetz ällas –
Goris Mischt in Zeila[12] gwea’.

Und bei eusam starka Läuta

50
Und bei eusam Salveschwung

Kriagt bigopps de mittlar Glocka
Untarouf da gräuschta Sprung.
Eusa Mesmer kratzet hanna’,
Kratzet danna’ an seim Haupt,

55
Zletschta hôt er d Buaba prüglat,

Daß s dur d Glockaläda staubt.
Und de Weisi kommet zema
Und ma’ hält en langa Rôt,
Schwätzt a Stunda drei im Ringrum,

60
Wias bei deani Fäl so gôht.

Endli sait der Schultas selig:
„Nix, ma’ guißt koi’ Glocka um,
[246] I stand guat, ma’ richt se wiedar,
Und Sant Marx, dear bleibt it stumm.“

65
Und ear lait ens ous und sait dô,

Wia-n-as sei mit sötti Sprüng,
Wia ma’ s uß der Speis könn säaga,
Und as gang derzua noh ring.
Und se fanget ana ripsa,

70
D Auhra thant mer heu’t noh waih,

Ripset dô bei sieba Wocha,
Endli ripsats nimma maih.
Und der Büttel schreit im Fleacka:
Jetz häb d Glock da’n alta Klang

75
Und ma’ wears glei moanzi[13] haira,

Wenn se in de Zapfa hang.
Und am Moanzi wead as glitta
Und Sant Markes schlet ma’ a’,
Hu, dô heancht[14] as, ob[15] der Schultas

80
Schlüag sei’ Kapp an Klingel na’.

„Ai so schla glei s Küachlaweattar!“
Sait der Schulz und schlenkrat d Hand,
Boid Kollegi schüttlet d Häupter:
„Sakrameitz, ischt des a Schand!“

85
Wo se fahret, wo se laufet,

Springet d Kinder hinta’ drei’,
[247] Deutet d Weiber mit de Finger,
Muaß ma’ „Glockasäagar“ sei. –

Und a Jährla fainfi spôter

90
Fährt a Wolk von Jeannada[16]

Schweabalgeal geg eusrar Körcha,
Schlet em Turn sei’ Kappa ra.
Und ma’ stutzt[17] da Turn und deckt a’
Halt derweil mit Britter ei’,

95
Und da Knopf mitsannt em Gocklar[18]

Keit ma’ in a Kamer nei’.
Aber s provasorisch Dächle
Wead beim Rôta: – wia und was
Jetz gauh’ z bouet sei, – voar Älte

100
Mürb und überwähst mit Gras.

So a schöner grüaner Wasa,
Blieb er au’gfretzt[19], s wär doch schad,
Denn ear ghairt in gmoina Nutza
Und der Gwai’scht in d Burgerlad.

105
Und der oi’ hôt des und jenes

Und der ander dieses gsait,
Zletschta bschluißt ma’, daß der Wasa
Nu’ em gmoina Häge[20] ghait.
Aber weil der Hag it fliaga,

110
[248] Au it feindle klimma ka’,

Hilft mem mit em Flaschazug zum
Grüana Turndach-Wasa na’.
D Schlaufa sitzt em guat um d Gurgel,
Wo sen ziehet nouf in d Haih,

115
Und se saget: „Seahnt, ear lällat[21]

Ällbireits schau’ nô em Klai!“
Und se ziehet, was se könnet,
S Häges Auga hanget rous.
Endli weads en doch verdächtig,

120
Ob der Schnoufer gang it ous.

Launt da Haga nieder sinka
Uff da Körchhof in a Streu,
Ob sen staußet, ob sen schlaet,
D Beschti regt koi’ Ôder maih.

125
So, jetz wär gauh’ Heu gnua hunta,

Mit drei Au’deiß[22] isch as gnua;
Diese[23] sechs, dia bhalt i bei mer –
Launt me jetz, i bitt, in Ruah!



  1. Daiber, Spottname der Landsleute des Dichters.
  2. Unsere.
  3. Streiche.
  4. Der Prozession.
  5. Neuffra bei Riedlingen.
  6. Geläutet.
  7. Den anderen.
  8. Als ob.
  9. Immer.
  10. Hecke des Strobelgeorg.
  11. Blase.
  12. Reihe.
  13. Morgen.
  14. Tönt.
  15. Als ob.
  16. Ennetach.
  17. Kürzt.
  18. Wetterhahn.
  19. Unabgeweidet.
  20. Gemeindestier.
  21. Leckt.
  22. Thorheiten.
  23. Die andern.