Corinth
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Noch ehe Troja war, war Corinth; und unter dem Namen Ephyrä war es schon zu der griechischen Heroenzeit berühmt. Sysyphus und Bellerophon nennt uns die Sage als seine ältesten Beherrscher; die Herakliden folgten diesen Dynasten, jenen die Bachiden und diesen wieder die Republik.
In der großen Epoche Griechenlands war Corinth, begünstigt durch seine herrliche Lage an der Pforte des Peloponnes, zwischen zwei Meeren und auf der Landenge, welche dem damaligen Welthandel zur Brücke diente, im Besitz eines unermeßlichen Verkehrs, und die Hauptniederlage der Produkte Kleinasiens und Italiens, welche ihm über den Corinthischen und Saronischen Busen zugeführt wurden. Der erstaunliche Reichthum und die gränzenlose Ueppigkeit dieser Stadt sind sprüchwörtlich gewesen zu einer Zeit, als Luxus und Reichthum in Griechenland allgemein waren. Hier wurden die berühmten Isthmischen Spiele gehalten, an deren Feier ganz Griechenland Theil nahm; hier war jener berüchtigte Tempel der Venus, in dem tausend Priesterinnen zur Feier der Orgyen dienten; hier wohnte die Lais, die noch zur Zeit des Pausanias in dem Andenken eines Volkes fortlebte, von dessen Sitten schon die Briefe des Apostels an die von ihm hier gestiftete Gemeinde eine Ahnung geben können. –
Die Kunst, – der Bildung, des Reichthums und der Ueppigkeit gemeinschaftlicher Sprößling, – hatte in Corinth sehr frühe ihren Wohnsitz. Selbst Athen wurde von der Pracht der hiesigen Bauwerke überstrahlt. Aber der griechische Heldengeist war von den Corinthern damals schon gewichen, als er in den griechischen Stämmen und Städten Großthaten verrichtete. Feige, so erzählt Herodot, flohen die Corinthischen Schiffe bei Salamis vor der Schlacht. – In den Bürgerkriegen wechselte Corinth das Joch der Archiver mit dem von Athen und Sparta. Erst als die veränderte Weltlage (nach Rom’s Aufblühen) die Quelle seines Reichthums vertrocknete; als seine Handelsgröße schwand; als Luxus und Ueppigkeit in die Gränzen der Mäßigung zurücktreten mußten: erwachte der bessere Geist im griechischen Sardis wieder. Noch einmal zeigte es Heldengröße an der Spitze des Achäischen Bundes gegen Rom, aber für die Bewahrung seiner Freiheit zu spät. Rom, das den Scipio ausgesandt hatte zur Vertilgung Carthago’s, sandte fast gleichzeitig den Metellus und den Mummius mit einem Heere gegen Corinth, um diesem, dem Haupte des feindlichen Bundes, das gleiche Schicksal zu bereiten. Die Griechen erlagen; schon standen die Römer an der Pforte des Peloponnes. Jetzt, Carthago gleich, stritt Corinth heldenmüthig nicht um das Leben, sondern um einen ehrenvollen Untergang. Diäus, sein Feldherr, als er im letzten Treffen Alles verloren sah, gab sich selbst den Tod. Es erstürmte darauf Mummius an der Spitze seiner Legionen die prachtvolle Stadt. Der Rest der erwachsenen männlichen Bevölkerung wurde erschlagen, Weiber und Kinder wurden als Sklaven verkauft, die Kunstwerke zerstört oder [144] weggeschleppt nach Rom, die Stadt geplündert und verbrannt. Solches Schicksal erfuhr Corinth, eine Wiege der Kultur und Kunst, als Lohn für sein Ringen um die Erhaltung der Freiheit, durch die Hand eines freien Volkes!
Anderthalb Jahrhunderte lag Corinth wüste – und Flieder und Taxus wucherten auf seinen Straßen und Plätzen, und die weißschälige Birke grünte auf den Zinnen seiner zerstörten Tempel. So fand es Cäsar, auf dessen Machtwort es wieder aus dem Schutte erstand und neu sich bevölkerte. In der Kaiserzeit blühete es, bis die Völkerfluth des Ostens über das wankende Weltreich hereinbrach. Corinth, das römische, wurde von den Visigothen unter Alarich gänzlich verheert. Zwar baute Justinian seine Mauern wieder auf – aber nur als Veste erscheint es noch zuweilen in den spätern Geschichten. Als Schlüssel zum Peloponnes spielte es besonders im sechzehnten Jahrhundert, während Türken und Venetianer um die Herrschaft in Morea stritten, eine große Rolle; seine endliche Eroberung durch die erstere Macht gab Byron den Stoff zu einem berühmten Epos.
Das heutige Corinth ist blos noch ein Haufe schmutziger Baracken und elender Hütten, aus denen ein Paar aufrecht stehende, mächtige Marmorsäulen, wie Todtenmäler seiner frühern Größe, hervorschauen. Die Akropolis, auf einem steilen Felsen ¼ Stunde von der Stadt, war in dem letzten Unabhängigkeitskriege fast ganz verwüstet worden. Kürzlich wieder hergestellt, gilt sie jetzt, nächst Nauplia, als der stärkste Waffenplatz des Reichs.