<<< Verkündigung >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Christliche Symbolik
Seite: {{{SEITE}}}
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|250px]]
[[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der Wikipedia]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[[Index:{{{INDEX}}}|Wikisource-Indexseite]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[515]
Verkündigung.

An die Verkündigung, wie sie unzähligemal auf Kirchenbildern gemalt ist, knüpft sich ausserordentlich viel Symbolik.

Maria selbst ist hier vorzugsweise die Magd des Herrn (ancilla domini), ihr Ausdruck daher die tiefste und frömmste Demuth bei der heitersten jungfräulichen Unschuld. Diesen Ausdruck haben die ältern Maler besser getroffen, als die neuern, die gern zu viel Selbstbewusstseyn in die Jungfrau legten oder sie zu sehr erstaunen und erschrecken, ja selbst in Ohnmacht sinken liessen. Die magdliche Demuth wird am besten ausgedrückt durch die über der Brust gekreuzten Hände, das alte morgenländische Zeichen unbedingter Hingebung. Im Abendlande kam auf den Bildern mehr die gewöhnliche Geberde des Gebetes auf. Maria kniet und erhebt die zusammengelegten Hände. Viele Maler gaben ihr auch ein Gebetbuch. Sie lässt gewöhnlich das Haar lang herabwallen, denn das war die Tracht der Jungfrauen. Ihr Kleid ist meist wie herkömmlich blau (Farbe des Himmels, an dem die neue Sonne aufgehen soll), oft aber auch weiss, um die reine Jungfrau als solche zu bezeichnen. So auf dem berühmten Genter Altar. Ein Bild zeigt sie im weissen Unterkleid mit dem Purpurmantel, wodurch sinnig die Königswürde bezeichnet wird, die ihre Unschuld umkleidet. Kunstblatt 1847, S. 22. Seltner ist ihr Kleid grün, die Hoffnung der Welt bezeichnend.

Nach dem apokryphischen Vorevangelium Jacobi, so wie im Evangelium von der Geburt der Maria und der Kindheit [516] Jesu überrascht der Engel die Jungfrau, als sie gerade Purpurseide für den Tempel webt. Das hat auch Wernher in seinem Gedicht zu Ehren der Jungfrau Maria aufgenommen und findet sich auch auf Gemälden. Ueberhaupt zogen es die Maler vor, ihr eine vornehmere Wohnung und Umgebung zu leihen, als von der Braut eines armen Zimmermanns zu erwarten war, und folgten hierin den Apokryphen. Das Zimmer der Verkündigung ist daher oft sehr prächtig. Da diese Pracht nur symbolisch zu verstehen ist, wie das Thronen Maria’s oft sogar im Stall von Bethlehem, lässt sich nichts dagegen einwenden, nur alberne Spielereien sollen die Maler vermeiden und keine Katzen und Papageien anbringen wollen, wie geschehen ist. Vgl. v. Wessenberg, christliche Bilder II. 267.

Ein besonderes Attribut der Jungfrau auf Verkündigungsbildern ist die Lilie ohne Staubgefässe im durchsichtigen Glase, gewöhnlich zu ihren Füssen. Vgl. den Artikel Lilie. — Auf altdeutschen Bildern erfolgt die Verkündigung zuweilen in dem „verschlossenen Garten“ oder wenigstens in einem Zimmer, das unmittelbar an den rings ummauerten blumenvollen Garten stösst. Dieser Garten ist Symbol der Jungfräulichkeit und unbefleckten Empfängniss.

Gabriel, der Engel der Verkündigung, erscheint gewöhnlich in einem weissen Kleide, womit nicht nur die englische Reinheit, sondern auch ein Priesteramt ausgedrückt wird. Oft gaben ihm die Maler ein wirkliches Priesterkleid, ein goldenes Messgewand. Rathgeber, Annalen S. 69. Insgemein hat er einen Lilienstengel in der Hand. Oft erhebt er die rechte Hand zum Segen. Seine Haltung ist die eines heiligen Boten, würdig, ernst, ruhig. Nicht selten wird er knieend gemalt, wie die Jungfrau selbst, beide in tiefe Andacht versunken. So auf dem Bilde von Garofalo auf dem Capitol. Hier ist der Engel noch durch einen Blumenkranz und durch ein reiches hochzeitliches Kleid ausgezeichnet. Auch Nicolaus von Pisa malte den Engel knieend zu Orvieto. Johann van Eyck gab ihm Pfauenfittige, deren viele Augen [517] wohl den Sternhimmel bezeichnen. Inzwischen sind es hier Flügel von einem weissen Pfau. Dieser Engel auf dem Eyck’schen Bilde (der vormaligen Boisserée’schen Sammlung) schwebt leicht und majestätisch heran. Auf dem Bild des Hans Baldung im Freiburger Münster hat der Engel dagegen eine heftige Bewegung und die Haare sträuben ihm, wodurch die Grösse seiner Sendung, das Ueberwältigende des allerheiligsten Amtes ausgedrückt wird. In einem altdeutschen Volksliede kommt der Engel als Jäger mit dem Hüfthorn zur Jungfrau. Wackernagel, Kirchenlied Nr. 183. Talvy, Volkslieder S. 378. Auf einem Bilde zu Graudenz trägt er einen Brief. Kunstblatt 1835, Nr. 62. Solche naive Auffassungen der ältern Zeit sind immer noch erträglicher, als die lüsterne Koketterie moderner Bilder. So findet man ein Frescobild in Susa, auf dem der Engel mit Pfeil und Bogen zur Maria kommt, um die sich eine Menge kleiner Engel wie Eroten schmiegen. Lady Morgan, Italien I. 71. Dieselben erotischen Engel malte Nic. Poussin auf einem Bilde, das sich jetzt in St. Petersburg befindet, und den lauschenden Joseph dazu. Nichts war des heiligen Gegenstandes unwürdiger. Vgl. Hand, Kunst in St. Petersburg I. S. 300.

Um noch deutlicher zu machen, was der Engel verkündet, fällt auf den Bildern gewöhnlich durch das Fenster ein heller Sonnenstrahl auf die Jungfrau. Auf ältern Bildern geht dieser Strahl von der Hand Gottes aus, die aus den Wolken hervorragt. Sehr häufig schwebt unter der Hand im Strahl noch der heilige Geist als Taube, und wieder unter diesem, ebenfalls im Strahl, ein kleines Kind. Dieses letztere ist grob missverstanden worden, als solle es das fleischliche Christkind seyn, da es doch nur die Seele des Sohnes bedeutet, die vom Himmel kommt, noch ehe sie Fleisch geworden ist. Denn die Seele wurde in der kirchlichen Kunstsymbolik des Mittelalters immer als kleines Kind aufgefasst. Vgl. Didron, manuel p. 155. Zuweilen hat dieses Kind im Lichtstrahl zur nähern Bezeichnung ein Kreuz bei sich, daselbst p. 156. Waagen, Kunst in Deutschland 1. 368. Das sogenannte Ei, [518] in dem das Christkind auf dem Bilde zu Constanz liegt (Fiorillo I. 293.), ist nur eine Glorie. Sofern Christus λόγος (das Wort) ist, richtet sich der vom Himmel kommende Strahl auf einigen alten Bildern nach dem Ohr der Jungfrau. Vgl. Sepp, Heidenthum III. 67. Auf einem Bilde zu Bamberg haucht Gott Vater auf die Taube, diese und das Christkind beide hauchen wieder auf die Jungfrau. Blainville, Reise I. 213. — Zu Kentheim im Schwarzwald steht ein Baum mit drei Aesten als Sinnbild der Dreieinigkeit neben der Scene der Verkündigung. Waagen, Deutschland II. 233.

Häufig haben sich Donatoren auch auf Verkündigungsbilder malen lassen. Die Gegenwart solcher Andächtiger erscheint jedenfalls zudringlich und unpassend bei einem Vorgang, der ein heiliges Geheimniss ist und den die tiefste und ehrfurchtsvollste Stille umgeben soll. Eben so wenig gehören Engel hieher, es ist an dem Einen Gabriel genug. Die kleinen Engel erinnern gar zu sehr an antike Eroten.

Dagegen ist es herkömmlich und erlaubt, alttestamentalische Vorbilder der unbefleckten Empfängniss mit den Bildern der Verkündigung in Verbindung zu bringen: der verschlossene Blumengarten, der durch das Glas dringende Sonnenstrahl, die verschlossene Pforte, der feurige Busch Mosis, die Ruthe Aarons, das Fell Gideons etc., worüber der Artikel Maria im Eingang zu vergleichen ist. Memling stellte in zwei Bildern die Verkündigung und die Vision der tiburtinischen Sibylle neben einander (beide Bilder jetzt in Berlin). Auch Rebecca am Brunnen gilt als Vorbild der Verkündigung, weil nach einer Apokryphe die letztere vor einem Brunnen geschehen seyn soll. Hofmann, Apokr. S. 69.

Wenn man die fromme Einfalt und heilige Andacht erwägt, mit der in alten Marienbildern und Marienliedern die Verkündigung behandelt wird, so fühlt man sich beleidigt und empört durch die Auffassung der Renaissancezeit, die alles Christliche sofort im antik heidnischen Styl reproduciren wollte und ihm gerade dadurch das Heilige nahm. In dem Gedichte Sannazars: De partu virginis (eines Neapolitaners [519] im 16ten Jahrhundert, in lateinischen Hexametern) antwortet die Madonna dem Engel der Verkündigung mit Worten, die nichts weniger als heilige Unschuld athmen:

Conceptusne mihi tandem, partusque futuros
Sancte, refers? mene attactus perferre viriles
Posse putas? etc.

Eben so wird die fromme Hingebung der Magd Gottes zu einer theatralischen Declamation. Sie blickt zu den Sternen empor und bietet sich Gott selber an:

Jam jam vince, fides; vince obsequiosa voluntas,
En adsum : accipio venerans tua jussa, tuumque
Dulce sacrum, Pater omnipotens.

Sofern die Jungfrau durch das Wort Gottes allein, in welchem der heilige Geist wirkte, Mutter geworden war, das Wort aber mit dem Ohr vernommen wird, entstand im Mittelalter die grobsinnliche Vorstellung einer Empfängniss der Jungfrau durch’s Ohr. Ein Hymnus des heiligen Ephremius lautet:

Gaude, virgo, mater Christi,
Qui per aurem concepisti.

Bei den Maroniten ist diese Vorstellung Glaubenssatz.