<<< Sonnenstrahl >>>
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Sonnenstrahl,

Sinnbild der ausströmenden, in Wirksamkeit tretenden Kraft Gottes, wie die Sonne selbst Sinnbild Gottes ist. Daher auf fast allen Bildern der Verkündigung ein durch das Fenster einfallender Sonnenstrahl. – In der Legende der Heiligen deutet der Sonnenstrahl die Verbindung an, in welcher der Heilige, wenn er auch niedern Standes, ja in Knechts- und Magdgestalt auf Erden wandelt, dennoch mit dem Himmel [394] und seiner Macht und Herrlichkeit steht. Am öftesten wiederholt sich die Legende vom Sonnenstrahl, an welchen ein Heiliger seinen Hut, Handschuh, Mantel etc. aufhängt. Zuweilen geschieht es, um in einem besondern Fall das Wort des Heiligen zu bekräftigen oder seine Unschuld und Heiligkeit zu bewähren. Ausserdem aber als etwas Gewöhnliches, das nur gemeinen, sündigen Menschen ungewöhnlich erscheint. Es verhält sich mit den Sonnenstrahlen wie mit dem Licht. Sie stehen in einem ganz eigenthümlichen Verhältniss zur Jungfräulichkeit, sie gehorchen der Unschuld und geben sie zu erkennen. Vgl. die Artikel Jungfrau und Licht.

Am berühmtesten ist die heilige Notburga, eine fromme demüthige Magd, die, als sie einmal des Sonntags mähen sollte, zum Beweise, wie gottlos eine solche Forderung, den Feiertag zu entheiligen, sey, ihre Sichel an einem Sonnenstrahl aufhing. In gleicher Weise hing die heilige Milburga ihren Schleier auf, die h. Gudula ihren Handschuh; den Handschuh auch die h. Kunigunde. Haupt, Bamberger Legenden 57. Eben so der h. David in Schweden, der aber diese Gabe verlor, blos weil er einmal achtlos eine Kornähre zertrat. Afzelius II. 86. Metten an der Donau wurde von Karl dem Grossen da gestiftet, wo er gesehen hatte, wie ein frommer Einsiedler seine Axt an einem Sonnenstrahl aufhing. W. Müller, Donau I. 96. In Mörtl’s Sagen aus dem Bayerwald 89. heisst der Einsiedler Utto. In den Actis SS. und Heiligenkalendern wiederholt sich dasselbe Sinnbild oft. St. Goar, von dem die bekannte Stadt am Rhein den Namen hat, hing seinen Hut an einem Sonnenstrahle auf, St. Florens vor König Dagobert seinen Mantel, St. Amatus und Amabilis ihre Handschuhe etc. Bischof Lucian pilgerte nach Rom, sich dort zu rechtfertigen, und hing sein von der Reise nasses Kleid am nächsten Sonnenstrahl auf. – Heidut, der frömmste Mann in Pulsnitz in der Lausitz, konnte seine Kleider beliebig an den Sonnenstrahlen aufhängen. Das ärgerte den Teufel, der sich ihm daher einmal in der Kirche sichtbar machte, wie er gerade die Sünden der Gemeindeglieder auf [395] eine Bockshaut schrieb, die zu kurze Haut aber mit den Füssen weiter ausspannen wollte und darüber hinter sich fiel, mit einer so lächerlichen Geberde, dass Heidut darüber lachen musste. Von Stund an aber konnte Heidut seine Kleider nicht mehr an einen Sonnenstrahl aufhängen, seine Heiligkeit war dahin. Darüber erboste er sich, fluchte und wurde völlig ruchlos, bis ihn der Teufel holte. Seitdem befand er sich bei der nächtlichen wilden Jagd, bis ihn ein frommer Mönch in eine Fichte bannte, aus der er noch zuweilen bei Nacht sein Jagdhorn tönen lässt. Gräve, Volkssagen der Lausitz S. 120.