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Pharisäer

und Schriftgelehrte sind als alttestamentalische Vorbilder der Bureaukraten, Gelehrten, Schulmänner und Literaten zu betrachten, die heute noch neben der Kirche das grosse Wort führen und den Menschensohn hassen oder verachten, die mit der weltlichen Macht, mit dem weltlichen Gesetz, mit dem weltlichen Wissen dem göttlichen trotzen. Der pharisäische Dünkel wurzelte hauptsächlich 1) in der zähen Nationalität, im Stockjudenthum, das nichts Neues, Fremdartiges, etwa gar vom Himmel Kommendes in seinem Bereich dulden will; 2) in dem Herkommen und Gesetz, dessen privilegirte Wächter und Ausleger sie waren; 3) in der Schulweisheit, vermöge deren sie sich allen andern Wesen weit überlegen glaubten.

Christus trat schon als Kind mitten unter diese Herren im Tempel und — belehrte sie, die staunend dem göttlichen Knaben horchten. Darin liegt ausgesprochen, dass es zum Begreifen der höchsten Weisheit nicht grauhaariger Gelehrsamkeit, sondern nur eines kindlichen Sinnes bedarf. Schöner kann die ewige Weisheit nicht über die zeitliche triumphiren, als hier das Kind über die Greise.

Der Knabe Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel, ein berühmtes Bild von Leonardo da Vinci, erst vor Kurzem aus Rom nach London verkauft. Jesus erscheint auf demselben in höchster Milde und Schönheit den charaktervollen [226] und aufgeregten Köpfen der Alten gegenüber. Kunstblatt 1832, Nr. 66. Kugler, Mal. I. 162. Passavant, England S. 13. Ein anderes berühmtes Bild von Mazzolino in Berlin ist durch den Humor in den Pharisäerköpfen berühmt. Kugler, Berl. Mus. I. 75. Auf einem Bilde von Garofalo in Paris erscheint Jesus schon viel zu sehr zum Jüngling erwachsen. Auf einem von Landi (gest. von Persichini) ist die Scene wie ein Inquisitorium aufgefasst, die arglistigen Pharisäer stellen dem Knaben verfängliche Fragen. Auch das ist nicht die richtige Auffassung. Die Befangenheit und das giftige Aushorchen trat erst ein, als Christus schon erwachsen war. Dem Knaben gegenüber drückten sie mehr nur Verwunderung und Ueberraschung aus.

Später sind es hauptsächlich listige Ausforschungen und Unterstellungen, durch welche die Pharisäer den Heiland versuchen, ihr Müthchen an ihm kühlen, ihn ad absurdum[WS 1] führen oder dahin bringen wollen, dass er sich dem Gesetz und der weltlichen Gewalt gegenüber compromittire. Aber überall schreitet er siegreich durch ihre Spinnenweben hindurch. Nichts charakterisirt die Nichtigkeit des irdischen Wissens so tief, als diese Anmassung schwacher Menschen, den ewigen Geist, der sich ihnen offenbart, auf die Probe stellen zu wollen. Die berühmtesten dieser Proben, in denen die Pharisäer beschämt worden, sind der Zinsgroschen und die Ehebrecherin vor Christo. Vgl. diese Artikel.

Die Pharisäer stehen ferner in einem bedeutsamen Gegensatz zu den Zöllnern und Samaritern. Wie der Pharisäer der Vornehmste und Hochgeachtetste in Israel, so ist der Zöllner der Geringste und Verachtetste. Wie der Pharisäer der Inhaber der reinen Lehre, des reinen Gesetzes, der Gerechte schlechthin ist, so der Samariter der Abgefallene, der im Irrthum Befangene, der Häretiker. Nun zeigt aber die heilige Schrift in mehreren Beispielen, wie jene Zöllner und Samariter bessere Menschen sind als die Pharisäer, ein offenes Herz haben für das Rechte und Gute, mitleidig dem leidenden Nebenmenschen beispringen und trotz ihres geringen [227] Bildungsgrades die himmlische Offenbarung früher erkennen, als die stolzen Pharisäer, deren Herz sich gegen die Leiden des Nebenmenschen, wie gegen das Heil von oben verstockt. Man pflegt daher zu sagen, die Pharisäer haben das Gesetz ohne die Liebe, den Buchstaben ohne den Geist; sie halten die vorgeschriebenen Ceremonien ein, aber nicht die höhere sittliche Pflicht.

Wenn man in neuerer Zeit gern die Pharisäer als heuchlerische Pfaffen und Scheinheilige hat charakterisiren wollen, so entspricht das nicht ihrem ursprünglichen Begriff in der heiligen Schrift; denn in dieser vertreten sie vielmehr die Classe im alten Jerusalem, die wir heutzutage die Bureaukratie, die Juristen und die Schulmänner nennen würden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: 'absurdam'