Christliche Symbolik/Armuth
mit Frömmigkeit verbunden, steht in der Bibel öfter dem mit Gottlosigkeit verbundenen Reichthum gegenüber. So in der Geschichte vom armen Lazarus bei Lukas 16. Der reiche Schwelger in der Hölle fleht den Armen, der einst vor seiner Thüre um Brosamen bettelte, um einen einzigen Tropfen Labung an. Die Armuth macht fromm, weil Unglück bessert, und weil sie Mitleiden erweckt. Daher das Gelübde der Armuth als Hauptmittel gegen alle weltlichen Begierden, und die Pflicht der Barmherzigkeit als eine der Haupttugenden des Christen. Die Geschichte des armen Lazarus wurde vormals in den Vorhallen der Kirchen abgebildet, da, wo die Kirchgänger den zu diesem Zwecke vor den Kirchthüren versammelten Armen Almosen zu geben pflegten. – Schöner Trost des Armen bei Tobias 4, 22: „Sage nur nichts, mein Sohn, wir sind wohl arm, aber wir werden viel Gutes haben, so wir Gott werden fürchten, die Sünde meiden und Gutes thun.“
[84] Christus selbst wählt seine Apostel unter den Armen. Auf ihn bezieht sich der Psalm 72, 13: „Er wird gnädig seyn den Geringen und Armen.“ „Selig sind, die da geistlich arm sind,“ spricht Christus (Matth. 5, 3.), indem er alle Armen, Elenden und Leidenden der Welt zu sich ruft und darunter nicht blos die körperlich Leidenden verstehen will, sondern auch die Einfältigen, das gemeine Volk. Die personificirte Armuth ist Ruth, aus deren Nachkommenschaft Christus hervorgeht. Siehe den Artikel Ruth. Auf sie bezieht sich Jer. 35, wo aus der Wüste leiblicher Armuth das Paradies geistigen Reichthums wächst. Die Armuth wurde ferner personificirt als die Braut des heiligen Franciscus, der den ersten Bettelorden stiftete. Das Gelübde der Armuth hielt Niemand so streng, wie der heilige Franciscus, daher die Legende, Christus selbst habe ihm die Armuth als Braut zugeführt. Berühmtes Bild von Giotto zu Assisi. Die Armuth hat hier ein weisses, aber zerrissenes Gewand an, böse Buben verspotten sie und werfen ihr Dornen zwischen die Füsse, ein kleiner Hund bellt sie an. Kunstbl. 1821. S. 176.
Als Heilige, die den Armen Gaben spenden, kommen auf Kirchenbildern hauptsächlich vor: die heilige Elisabeth, die heilige Cäcilia, die ihre kostbaren Gewande den Armen austheilte (berühmtes Bild von Domenichino), der heilige Laurentius, der die Schätze des Bisthums den Armen vertheilte, ehe Kaiser Decius sie nehmen konnte.