Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Charles Gounod †
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 773, 787–788
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[773]

Charles Gounod.
Nach einer Photographie von van Bosch in Paris.

[787] Charles Gounod †. (Zu dem Bilde S. 773.) Im Gounod ist derjenige französische Tondichter aus dem Leben geschieden, der nach Auber am meisten Volksthümlichkeit auf den deutschen Bühnen genossen hat und wohl auch noch lange genießen wird. Und diese Volksthümlichkeit verdankt er einer einzigen unter seinen zahlreichen Schöpfungen, der Oper „Faust“. Wollte man die Zahl der Aufführungen, die dieses Werk in deutschen Städten erlebt hat, zusammenzählen, man würde gewiß weit in die Tausend hineingerathen: verzeichnete doch allein Wien schon im Jahre 1890 seine dreihundertste Vorstellung. Die zwingende Gewalt dieser Musik wird aber noch überzeugender dadurch bestätigt, daß der „Faust“ einen so großartigen Erfolg erringen konnte, trotzdem bei seiner Einführung der Text als ein Verbrechen an Goethes unvergleichlichem Meisterwerk empfunden wurde und, wenn auch in gemildertem Maße, wohl noch empfunden wird. Es kostet in der That Ueberwindung, diesen verwaschenen Abklatsch von [788] Goethes Dichtung ruhig an sich vorüberziehen zu lassen, wie sich dem deutschen Zuschauer auch bei Rossinis „Tell“ oft das Herz im Leibe umdreht. Ein um so glänzenderes Zeugniß aber liegt darin für den Komponisten, daß er dieses Mißbehagen durch seiner Melodien Reiz siegreich zu überwinden vermochte. Immerhin darf man vielleicht ein Zugeständniß an die Empfindungen deutscher Hörer darin erblicken, daß Gounods „Faust“ in Deutschland meist unter dem Titel „Margarethe“ gegeben wird.

Vor wie nach dem „Faust“, der am 19. März 1859 im „Lyrischen Theater“ zu Paris zum ersten Male über die Bühne ging, hat Gounod nichts geschaffen, was jenem an Wirkung gleichgekommen wäre, obwohl noch eine ganze Reihe von Opern und kirchlichen Kompositionen aus seiner Hand hervorgegangen ist. In Deutschland ist seine „Meditation“ zu Bachs C-dur-Präludium, ursprünglich für Violine geschrieben, wohl noch am bekanntesten. Sonst aber ruht sein Ruhm ausschließlich auf dem „Faust“.

Gounod war am 17. Juni 1818 zu Paris geboren und hat dort auch den größten Theil seines Lebens zugebracht. Ein fünfjähriger Aufenthalt in England, wozu ihn zunächst der Ausbruch des deutsch-französischen Krieges veranlaßte, bildet die einzige größere Unterbrechung. An äußeren Ehren hat es Gounod nicht gefehlt: er war Kommandeur des Ordens der Ehrenlegion und Mitglied der Pariser Akademie der Künste. In St. Cloud besaß er eine Villa, und dort ist er auch am 18. Oktober gestorben. Als ihn der tödliche Schlaganfall ereilte, hielt er, wie man erzählt, in der Hand die Partitur seines in jungen Jahren komponierten „Requiems“. Er hatte noch eben einem jungen Organisten Winke für einen daraus zu fertigenden Klavierauszug gegeben.