Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug/Tafel 5. Das Opfer vor der Fahrt

Tafel 4. Der Stapellauf der Argo. Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug (1884) von Herman Riegel (Hrsg.)
Tafel 5. Das Opfer vor der Fahrt.
Tafel 6. Besuch beim Kentauren Cheiron.
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Tafel 5. Das Opfer vor der Fahrt.

In derselben Rede, beim Apollonios, durch die Iason die Helden aufgefordert hatte, die Argo ins Meer zu ziehen, hatte er auch gesagt, dass sie am Ufer einen Altar errichten wollten, um dem Apollon für eine glückliche Fahrt das Opfer zu bringen (I. v. 359 u. ff.). Aus Feldsteinen war der Altar erbaut, das heilige Feuer war angezündet, die Opferstiere waren herangebracht worden und Iason

„Flehete brünstig empor zum heiligen Gotte Apollon.“
 (v. 410.)

Nach dem Gebete warf er geschrotenes Korn in die Flamme, an dessen Stelle Carstens hier das Sprengopfer, von welchem der Dichter etwas später (v. 435) berichtet, gesetzt hat.

 „Aber zum Schlachten
Gürteten Herakles sich und zugleich Ankaios der starke.
Herakles traf mit der Keule das Haupt grad’ vorn an der Stirne,
Sieh’ und es stürzte sogleich der gewaltige Körper zur Erde.“
 (v. 425–428.)

Dies ist der dargestellte Augenblick. Herakles führt mit der gewaltigen Keule den tödtlichen Streich auf das Haupt des ersten Stieres. Hinter diesem steht der zweite Stier, den dann Ankaios mit eherner Axt tödtet. Ueber demselben ragen die Köpfe der Dioskuren hervor, und den Hintergrund bildet auf dieser Seite der Darstellung die Argo. Auf der anderen Seite sieht man hinter dem opfernden Iason die übrigen Helden, darunter in der phrygischen Mütze mit der Leier unterm Arm den Orpheus und vor diesem den Seher Idmon mit Kranz und Stab, der aus dem Opfer „mit kühnem Gemüth Apollon’s Gesinnung enthüllte“, (v. 439.) Opfergeräthe füllen die vordere rechte Ecke des Bildes.

Beim Pindar (v. 409 u. ff.) vollzieht sich das Opfer viel einfacher, wenn auch mit grösserer Innerlichkeit. Der Anker war gelichtet und nun

„Nimmt Iason am Steuer die Schaale von Gold
In die Hand und fleht zu dem Vater der Götter,
Zeus, dem Blitze schleudernden Herrscher, und ruft
Jäher Wind’ und Wogen geflügeltem Sturm,
Den Nächten und des Meeres Bahnen,
Betet um heitere Tage, der Heimkehr frohes Ende.
Aus den Gewölken erscholl
Entgegen ihm des Donners Ruf,
Heilverkündend; aus dem Blitze
Brachen die leuchtenden Strahlen hervor.
Jede Brust erhob sich wieder, solcher Wahrzeichen froh,
Die der Gott gab. Und der Hoffnung
Holden Trost ankündigend, rief der Seher:
Ergreift die Ruder unverweilt!“

Carstens zog dieser schönen, dichterisch bedeutenden Stelle die Schilderung des Opfers beim Apollonios vor, offenbar weil sie ihm die Anlässe und Stücke zu einer reicheren und noch mehr künstlerischen Ausgestaltung bot.