Textdaten
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Autor:
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Titel: Blumen-Luftschlösser
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 376
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[376] Blumen-Luftschlösser. Ein Kunstgärtner in einer Vorstadt von Versailles wollte gern etwas Besonderes von Kunst zeigen und bemühte sich namenlich, Mittel zu finden, um die natürliche Größe von Blumen weit über deren natürliche Grenzen auszudehnen. Aber überall stieß er bald auf ein: „Bis hierher und nicht weiter!“ Er fragte aber: „Warum denn nicht weiter?“ und ging weiter, zunächst mit vollen Veilchen. Er nahm an, daß sich die delikaten Organe derselben wegen des großen Luftdruckes nicht weiter vergrößern ließen und kam daher auf die Idee, sie in höhern Regionen zu ziehen. Da nun aber um Versailles ihm keine hohen Berge zu Gebote standen, machte er sich von Luft einen Berg und baute ein Gewächshaus auf diesen Berg. Dieses Kunststück fing er so an: Er füllte einen Luftballon und ließ ihn an einem starken seidenen Faden 1200 Metres hoch steigen und in dieser Höhe halten. An den Ballon hatte er einige Töpfe mit vollen Parma-Veilchen mit gehörigem Schutze vor dem Winde gebunden. Nach einem Monate schraubte er den Ballon wieder herunter und fand statt der kleinen Parma-Veilchen wahrhaft prächtige blauen Veilchen-Rosen, so groß wie Centifolien. Man sieht also, daß man nicht nur Luftschlösser bauen, sondern sie auch mit Vortheil für praktische Zwecke verwerthen kann. Wenn sich das bestätigt, werden gewiß bald eine Menge Gewächshäuser auf Berge von Luft gebaut. Ist der betreffende Ballon groß genug, kann man auch oben im Blumensaale des Aethers Kaffee trinken, wenn man vielleicht eine Strickleiter oder einen Flaschenzug anbringt, um die Gäste hinauf- und herunter zu befördern. Dazu kommt jedenfalls noch die Kunst, Luftballons oder Luftschiffe beliebig zu lenken, da doch der gemeinste Vogel es schon so weit gebracht hat, selbst dem Winde entgegenzufliegen. Und dann ist’s auch ein Spaß von einem Luftschlosse in’s andere zu fliegen, dort ein Schälchen Kaffee mitzutrinken und dann gemüthlich durch die Luft nach Hause zu fliegen. Wir nehmen dabei schon als ausgemachte Sache an, daß manche Herrschaften sich überhaupt oben unterm Luftballon werden häuslich eingerichtet haben, da sie mit solchen Häusern und Wohnungen vor allen Dingen die Auslagen für eine Baustelle sparen. Ein guter, solider, gehörig großer, von drei Seiten an die Erde gebundener Luftballon kann sehr gut eine hübsche Sommerwohnung tragen, die man sich mit riesengroßen Blättern und Blumen umblüht und beschattet denken kann. Es muß sich da oben ganz herrlich wohnen, zumal da kein Magistrat und kein Staat Grundsteuern von solchen Häuser verlangen kann.