Textdaten
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Titel: Bitte eines Todten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 740
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[740] Bitte eines Todten. Auf dem Verbandplatze zwischen St. Marie und St. Privat, dem Schlachtfelde vom 18. August, fand man ein mit Bleistift und mit festen Zügen beschriebenes Briefcouvert. Auf der einen Vorderseite steht:

„Wer Du auch bist, Freund oder Feind, befördere diesen Brief an seine Adresse. Sollte ich meinen Ring noch haben, so sende ihn an die Adresse ‚Fräulein Anna Thielebein‘. Mein Geld im Brodbeutel wird Dich entschädigen. Drum erfülle die letzte Bitte eines Todten.

Julius Zieger.“ 

Auf der Rückseite des Couverts steht dieselbe Bitte in französischer Sprache.

Der Finder und Einsender dieses Couverts, Herr C. Bamberg, stud. math. und derzeit Mitglied der freiwilligen Sanitätscolonne des Grafen Solms-Sonnenwalde, fügt hinzu: „Ich suchte nach dem bezeichneten Briefe, doch ohne Erfolg, der Wind muß diese Papiere auf dem Schlachtfelde verweht haben. Betreten war die Stelle noch nicht von Anderen, denn wir brachten dort etwa sechszig Schwerwundeten die erste Hülfe. Sollten Brief und Ring nicht an die Adresse gelangt sein, so möge den Angehörigen des wackeren Gefallenen wenigstens der Trost nicht entgehen, daß seine Gedanken vor dem Scheiden noch bei den Lieben in der Heimath weilten.“

Das Couvert bewahrt die Redaction der Gartenlaube auf, bis die Angehörigen des Gefallenen gefunden sind und dieses letzte Andenken an einen lieben Todten in Anspruch nehmen.