« Kapitel B 30 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 32 »
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Weiler.


Gemeinde III. Cl. mit 476 Einw. Evang. Pfarrei.

Am Fuße eines Ausläufers der gegen Norden vorspringenden Löwensteiner- und Burgfriedens-Berge, in einem von trefflichen Weinbergen umgürteten Nebenthälchen des Sulmthales, dessen Bächlein, der Schlierbach, bei Affaltrach in die Sulm mündet, liegt das kleine Pfarrdorf, 21/2 Stunden (geom.) von der Oberamtsstadt entfernt, und durch ein Vicinalsträßchen, welches über Affaltrach führt und in Willsbach in die Heilbronn-Löwensteiner Poststraße mündet, damit verbunden. Ringsum durch leichtere oder stärkere Ansteigungen gedeckt und nur gegen den nördlichen Thalbogen etwas offen, kommt der Ort nur von höheren Punkten aus oder erst ganz in der Nähe zu Gesichte.

An der den Ort durchschneidenden, auf beiden Ufern des Baches leicht ansteigenden, einerseits nach Eichelberg und andererseits nach Reisach hinauf führenden Hauptstraße, lagern ziemlich unansehnliche, mit wenigen Ausnahmen die frühere Armuth der Bewohner verrathende Wohngebäude, selten mit steinernen Unterstöcken versehen. Die Hauptstraße führt mit einer kleinen steinernen Brücke über den Bach, ist steinbeschlagen, übrigens nicht gar reinlich gehalten.

So ziemlich in der Mitte des Dorfes führt der Weg von dieser Hauptstraße rechts ab über einen ehemaligen, jetzt ausgefüllten Burggraben durch ein hohes Portal, über welchem das von Weilersche Wappen in Stein und die Jahreszahl 1590 ist, in den inneren Hofraum des ansehnlichen, im unteren Stocke massiven, gutsherrschaftlichen Schlosses, welches zu Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts durch Dietrich von Weiler (s. unten Geschichtliches) von Grund aus renovirt wurde. Der in der nördlichen Ecke stehende, beinahe bis zum Dachstocke massive Thurm, vermittelt in seinem oberen Stocke die trefflich eingerichteten Wohngelasse der Gutsherrschaft, während sich an die beiden Eckflügel im inneren Hofraume Ökonomiegebäude anschließen. In einem Zimmer des Schlosses ist ein Altargemälde aus der Kirche auf Lichtenberg. Es stellt auf reichem Goldgrunde die Jungfrau Maria dar, neben ihr die h.| Apollonia und Barbara, Catharina und Laurentius mit den Zeichen ihres Märtyrerthums, sehr schön gemalt und gut erhalten. Noch schöner sind die Seitengemälde auf den Thürflügeln des Altars, ebenfalls Märtyrer und einen Bischof, vielleicht den Patron der Kirche, darstellend. Auch ist in einem Zimmer des Schlosses eine Glasmalerei, Burkhard von Weiler auf Lichtenberg zu Pferd und sein Wappen in sehr schönen Farben darstellend. Beides Eigenthum des Grundherrn, Freiherrn von Weiler. Hinten schließt sich ein 11–12 Morg. großer, vom vormaligen Hofgärtner Bosch angelegter Park mit zwei Gewächshäusern, einem Billardsalon, einem kleinen Badgebäude und Weiher an, umgränzt von einem kleinen, aus den Schluchten ob Lichtenstern herabkommenden Waldbache, der Nonnenbach genannt, der sich unterhalb dem Dorfe mit dem Schlierbache vereinigt. Ein großer alter Kastanienbaum, dessen Stamm einen Umfang von 17′ hat und in dessen unteren dicken Ästen Sitze für eine Gesellschaft angebracht sind, gehört zu den besonderen Zierden dieses Parkes.

Auf einer südlichen Anhöhe desselben steht ein stattliches Maiereigebäude und gegenüber, an einer Seitenstraße des Dorfes, das gut eingerichtete, freundliche Rentamtei-Gebäude mit anstoßenden 14 Morgen Baum-, Gras- und Gemüsegarten.

An der Hauptstraße, wo diese dem Schloßportale gegenüber mit der Rentamteistraße einen stumpfen Winkel bildet, steht die kleine und niedrige Kirche mit einem steinernen Grundstock und Holzbau im zweiten Stocke, welche ursprünglich (1399) als Schloß-Kapelle erbaut, im J. 1758 aber renovirt und erweitert wurde, und noch jetzt von außen mit ihren breiten viereckigen Fenstern mehr das Ansehen eines einfachen Betsaales, als einer Kirche hat, zumal da sie der niedrige Thurm nur um das niedrige Zeltdach überragt. Eine auf der westlichen Giebelseite angebaute steinerne, bedeckte Treppe führt in den herrschaftlichen, geschlossenen Kirchenstand und auf die Männerempore, ein niedriges, rundbogiges Portal auf derselben Seite in das schmale, tiefliegende Schiff. Der untere Stock des östlich mit einem breiten, niedrigen Triumphbogen sich anschließenden Thurmes vertritt die Stelle eines Chores, in welchem die kleine Orgel angebracht ist, nur wenige Fuß über dem geplatteten Fußboden. Die hintere, östliche Seite des Thurmes ist wieder durchbrochen mit niederem Bogen, innerhalb dessen in einem Anbau Kirchenstühle für Fremde sich befinden, da dieser Anbau einen eigenen Ausgang gegen Norden hat. Auf dem Thurme, der dem stattlichen Schloßthurme höchst bescheiden gegenübersteht, als verzichte er auf den Namen eines Thurmes, hängen drei kleine Glocken, die ältesten des Bezirkes, und| zwar a) die größte mit der Jahrszahl MCCCCI. (1401) und der Inschrift: O rex glorie veni cum pace., b) die mittlere mit der Jahrszahl MCCCCVIII. (1408) und der Inschrift: Joos, Glockengießer. Ave Maria., c) die kleinste ohne Jahrszahl mit: Ave Maria. Dominus – (tecum ?). Auf der südlichen Seite des Thurmes ist die kleine Sakristei mit einem eigenen Ausgange gegen das Pfarrhaus. Hier war früher in einem eigenen Anbau eine von Weiler’sche Familiengruft, welche aber im Jahr 1844 abgebrochen worden ist. Von ihr her datiren sich die noch an dieser Seite der Kirche aufgestellten steinernen Statuen des Dietrich von Weiler, württembergischen Frauenzimmer-Hofmeisters, † 1602, und seiner Gemahlin, Veronika, geb. v. Adelsheim, † 1615.

An ihrer Stelle ist auf dem, an der Vicinalstraße von Affaltrach auf einer Anhöhe außerhalb des Orts angelegten, mit einer Mauer umgebenen und im Jahr 1846 vergrößerten Friedhofe eine ehemalige Wallfahrtskapelle, in welcher die v. Weilerschen Familienglieder von Alters her beigesetzt wurden, zu einer Familiengruft eingerichtet worden. An ihrer westlichen und südlichen Außenseite stehen mehrere gutgearbeitete herrschaftliche Grabmale. Der Friedhof ist mit Zierbäumen bepflanzt und hat wohlerhaltene Wege. Die Baulast an der Kirche und dem Friedhofe hat das von den Grundherren von Alters fundirte pium Corpus des Orts.

Ganz nahe bei der Kirche, auf deren südlicher Seite, mit einem kleinen freien, an den obengedachten Straßenwinkel stoßenden Vorplatze liegt das ziemlich niedrige, im Jahr 1777 neuerbaute, kürzlich renovirte etwas engräumige Pfarrhaus mit einem kleinen Blumengärtchen auf der Area der früheren Familiengruft und einer gegenüberliegenden kleinen Scheuer nebst Küchengärtchen. Die Baulast hat ebenfalls das pium Corpus des Orts.

Jenseits des Schlierbaches, an der leicht ansteigenden Hauptortsstraße steht das nur einstockigte, kleine und alte Schulhaus, das im erhöhten Parterre das engräumige Lehrzimmer für derzeit 88 Kinder, und die beschränkten Wohngelasse für den Lehrer, im Dachstocke das Rathszimmer enthält. Die Baulast hat die Ortsgemeinde. Bis zum Jahr 1831 hatte Weiler die Schule gemeinschaftlich mit dem benachbarten Eichelberg (s. Ortsbeschr. v. Eichelberg), wohin jetzt auch die Kinder vom Friedrichshof eingetheilt sind.

Das Ortsgefängniß ist im Armenhaus außerhalb des Orts.

Die ursprünglich der Gutsherrschaft gehörige Kelter auf der nördlichen Seite des Schlosses mit drei Bäumen und drei englischen Pressen ist zu 2/3tel in das Eigenthum der Gemeinde bei der| Zehntablösung übergegangen und zu 1/3tel vertragsmäßig der Gutsherrschaft zur ausschließlichen Benützung vorbehalten. Sie hat zwei Kelternstuben und zwei besondere Kelternhöfe.

Das Armenhaus, einstockig mit steinernem Sockel, mit Lokal für die Löschgeräthschaften, steht außerhalb des Dorfes an dessen südlicher Seite.

Gutes Trinkwasser erhält der Ort von drei laufenden und einigen Pumpbrunnen. Auch im Schloßgarten ist eine gefaßte Quelle. Die Gegend ist überhaupt bei ihrer Lage am Fuße der Löwensteiner Berge wasserreich. Die Luft ist etwas feuchter, die Abende sind kühler. Frühlingsfröste sind übrigens ziemlich selten. Hagelschaden kam seit 1849 nicht vor. Der Boden des Ackerfeldes besteht aus fruchtbarem Diluviallehm, der der Weinberge aus Keupermergel und Gypstheilen.

Die Einwohner haben im Allgemeinen bei niedrigen, feuchten Wohnungen, ärmlicher Nahrung und Kleidung, harter Arbeit beim Weinbau u. dergl. Anlage zum Cretinismus. Rösch fand im Jahr 1844 unter 441 Einwohnern 6 Cretins, also 1,13 Prozent, 2 Blinde und 1 Taubstummen.

Die Hauptnahrungsquellen derselben sind Ackerbau, Weinbau und Viehzucht. Außer den gewöhnlichen, für die örtlichen Bedürfnisse arbeitenden Handwerken sind zu nennen: 1 Schildwirthschaft, 2 Gassenwirthschaften, 1 Krämerei, 1 Ziegelhütte und 1 Mühle mit zwei Mahlgängen und 1 Gerbgang. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 15–18 Morgen, der mittlere 6–8 Morgen, der geringste 1/2–1 Morgen. Ganz Besitzlose, die sich nur mit Taglohnarbeit fortbringen, gibt es Wenige. Durch die besseren Jahrgänge gehoben, haben sich mehrere Vergantete neue Stücke wieder angekauft. Der öffentlichen Wohlthätigkeit fielen 2 alte Personen und 7 uneheliche Kinder anheim.

Die im Ganzen (mit Friedrichshof) 1679 Morgen große Markung enthält: 53 Morgen Gärten und Länder, 210 Morgen flürlich und 146 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 148 Morgen Weinberge, 139 Morgen zweimähdige und 2 Morgen einmähdige Wiesen, 981 Morgen Laub- und 7 Morgen gemischte Waldung, 19 Morgen Weiden, 6 Morgen Öde und 1 Morgen Mergelgrube.

Davon gehören dem Staate: 10 Morgen Äcker (sog. Klostergut, verpachtet auf Lebenszeit), 2 Morgen Wiesen, 291 Mrg. Laub- und gemischte Waldung (jetzt zu Eichelberg getheilt); der Grundherrschaft: 25 Morgen Gärten, 82 Morgen flürlich und 120 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 16 Morgen Weinberge, 52 Morgen| Wiesen (gutsherrschaftliche Maierei), 594 Morgen Laubwald (Wald gehört nicht zur Weiler Markung), 30 Morgen Weiden, 3 Morgen Öde; der Gemeinde: 17 Morgen Äcker, 9 Morgen Wiesen (verpachtet), 1 Morgen Öde; der Stiftung: 7 Morgen Äcker, 11/2 Morgen Weinberge, 5 Morgen Wiesen.

Die Ackerfläche beträgt über den vierten Theil der Markung. Es bleiben aber nach Abzug des gutsherrschaftlichen, Gemeinde- und Stiftungsbesitzes für die Einzelnen nur 130 Morgen übrig, welche nur über 1/12tel der Gemeindemarkung ausmachen. Die Landwirthschaft wird hier mit Fleiß betrieben. Verbesserte Ackergeräthschaften, wie der Brabanter Pflug, Walze etc., haben allgemeinen Eingang gefunden. Güllenlöcher an den Düngerstätten kommen theilweise auch bei den Bürgern vor. Gyps und Compost wird auch angewendet. Pförch besteht keiner.

Zum Anbau kommen hauptsächlich Dinkel, Gerste, selten Roggen, Einkorn, Weizen und Haber. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 4–5 Scheffeln Dinkel, 3 Scheffeln Gerste, 4 Scheffeln Einkorn, 4–5 Scheffeln Haber angegeben. Der Maierei-Beständer hält Dreifelderwirthschaft mit reiner Brache. Repsbau. In der fast ganz angeblümten Brache und auf den willkührlich gebauten Äckern kommen vor: Kartoffeln, Futterkräuter, dreiblättriger und ewiger Klee, Esper, Angersen, Rüben, Ackerbohnen, wenig Welschkorn, Erbsen, Wicken, Hanf für den eigenen Bedarf, Kraut und Kohlraben in den Ländern. Die besten Felder liegen gegen Affaltrach und Reisach. Die höchsten Preise eines Morgens Acker sind 450 fl., die mittleren 225 fl., die geringsten 100 fl. Absatz von Getreidefrüchten nach Außen findet, außer von der Maierei, nicht Statt.

Die Wiesen, welche hauptsächlich in den beiden Bachsohlen liegen und etwas über den 11. Theil der Markung ausmachen, sind zum Theil bewässerungsfähig und liefern pr. Morgen an gutem und nahrhaftem Futter 20–25 Ctr. Heu und 10–12 Ctr. Öhmd.

Auch die Weinberge betragen etwas über den 11. Theil der Markung. Ihre Lage an den südwestlichen Gehängen des von Eichelberg nach Affaltrach sich dehnenden Höhenzuges ist eine sehr günstige, gegen Osten und Norden geschützte, und sie liefern ein Erzeugniß, das schon bei der amtlichen Classification vom J. 1809 in die II. Classe, mit Annäherung an die I., gesetzt wurde, das aber, wenigstens was die gutsherrschaftlichen Weinberge betrifft, durch den rationellen Bau und die sorgfältige Weinbereitung von Seiten des dermaligen Rentbeamten Erbe, unstreitig an die Spitze| der I. Classe gebracht worden ist, zumal da viele Weingärtner dem hier angeschauten Vorbilde nacheifern. Gepflanzt werden neben den gewöhnlichen Silvanern, weißen und rothen Elblingen, Trollingern auch Traminer, Clevner, Muskateller und Rißlinge. Auf den Morgen werden ca. 2800 Stöcke gepflanzt, wovon man in günstigen Jahren einen durchschnittlichen Ertrag von 7–8 Eimern erzielt. Die besten Lagen sind Schlierbach und Weilerberg. Die Preise waren pr. Eimer im Jahr 1846 56 fl., 1847 31 fl., 1850 14 fl., 1852 31 fl. 30 kr., 1854 51 fl., 1857 54 fl. Die besonders gut behandelten Weine der Gutsherrschaft erzielen meist einen doppelthohen Preis. Seinen Absatz findet der Wein in den Gegenden von Gaildorf, Hall, Möckmühl, Heilbronn, Stuttgart, Calw, Ulm. Die Gutsherrschaft hat im Jahre 1857 bei 184/8 Morgen einen Ertrag von 93 Eimern 1 Imi 1 Maas im Werth von 10,805 fl. (pr. Morgen 584 fl. 10 kr.) erzielt. Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich zwischen 4–800 fl.

Die Obstzucht ist von nicht unbedeutendem Belange. Man zählte im Jahre 1854 auf der Markung (ohne Friedrichshof) 2000 Kern- und 1000 Steinobstbäume mit einem Ertrag von 2000 und 375 Simri. Außer den gewöhnlichen Mostsorten kommen, besonders in den gutsherrschaftlichen Gärten, auch die edleren Sorten, Borsdorfer, Reinetten, Rosenäpfel, Lederäpfel – und von Steinobst Aprikosen, Pfirsiche und Reineclauden vor. Kirschen sind hier seltener. Jungstämme werden in der gutsherrschaftlichen Baumschule und in Weinbergen nachgezogen. Der Verkauf von Obst nach Außen ist nicht bedeutend.

Waldungen besitzt die Gemeinde nicht. Das Holzbedürfniß wird aus den benachbarten gutsherrschaftlichen und Staatswaldungen bezogen.

Das Weiderecht auf den bürgerlichen Stoppelfeldern und den Wiesen steht dem Fürsten von Löwenstein (resp. dessen Pächter vom Breitenauer Hof) zu. Die Gutsherrschaft übt es vertragsmäßig auf ihren eigenen Gütern und Weiden aus. Deren Pächter läßt nach der neuesten Zählung darauf 3 spanische und 429 Bastarde, worunter 111 Mutterschafe, laufen. Über den Sommer sind sie im Oberlande. Der Pförch kommt den Einwohnern nicht zu gut. Wolle und Schafvieh wird auf den Märkten von Heilbronn abgesetzt.

Der kleine Steinbruch mit Keupersandstein und die kleine Mergelgrube gehören der Grundherrschaft und liefern einen nicht unbedeutenden Ertrag (beide liegen auf Eichelberger Markung).

| Pferdezucht wird nicht getrieben. Doch waren bei der jüngsten Aufnahme unter 10 vorhandenen Pferden zwei Hengste und zwei Stuten.

Belangreicher ist die Rindviehzucht. Man fand bei der letzten Zählung im Ganzen 157 Stücke, worunter 2 Farren, 13 Ochsen und Stiere über 2 Jahre, 85 Kühe, 13 Stück Schmalvieh, 4 Kälber. Vorherrschend ist hier der sogenannte Neckarschlag. Die Haltung der (Land-) Farren zur Nachzucht besorgt ein Ortsbürger gegen eine Entschädigung von 100 fl. aus der Gemeindekasse und Nutznießung von 4 Mrg. Äckern und 3 Mrg. Wiesen. Viehmastung findet nicht statt, aber einiger Viehhandel auf den benachbarten Märkten mit Kühen und Schmalvieh.

Schweinszucht ist unbedeutend. Es waren bei der jüngsten Aufnahme im Ganzen 54 Stücke vorhanden, worunter nur 1 Mutter-, 26 Mast- und 27 Milchschweine und Läufer. Was für den eigenen Bedarf und für den Verkauf gemästet wird, muß meist von Auswärts bezogen werden.

Ziegen, von den Ärmeren der Milch wegen gehalten, waren bei der neuesten Zählung 26 im Orte.

Bienenzucht wurde von dem jetzt abgegangenen Schulmeister Wurst in möglicher Ausdehnung und nach rationeller Dzierzon’scher und Berlep’scher Weise mit d[em] besten Erfolge getrieben und damit den Einwohnern und der Umgegend ein ermunterndes Vorbild gegeben. Man zählte bei der jüngsten Aufnahme 57 Stöcke in dem kleinen Orte.

Geflügel wird ziemlich viel, aber nur für den eigenen Bedarf gehalten.

An Brücken hat die Gemeinde eine steinerne über die Sulm an der Markungsgränze gegen Affaltrach halb mit Affaltrach, eine kleinere steinerne über den mit dem Schlierbach sich vereinigenden Seitenbach vor dem nördlichen Eingange des Dorfes, eine steinerne mitten im Dorf über den Schlierbach und eine steinerne über die Sulm am Dorfe gegen Affaltrach hin zu unterhalten.

Die obengedachte Mühle steht 1/16 Stunde unterhalb des Dorfes an dem mit dem Seitenbach vereinten Schlierbache.

In dem fast 3/4 Stunden von Weiler entfernten, südöstlich oberhalb Eichelberg gelegenen Walde finden sich noch Spuren einer ehemaligen, den Freiherren von Weiler gehörigen Burg (s. Ortsbeschreibung von Eichelberg). Die von Weiler’sche Waldparcelle heißt noch jetzt „im alten Schloß“.

Die Stiftung wurde von den Gutsherren v. Weiler fundirt.

| Armenstiftungen sind nicht vorhanden.

Gefällberechtigt waren zur Zeit der Ablösungs-Gesetze von 1848/49 a) Freiherr von Weiler, b) der Fürst von Löwenstein, c) Freiherr von Hügel, d) die Stiftungspflege Affaltrach und e) die Stiftungspflege Weiler.

Weiler, dessen Kirche nach Obigem im Jahr 1399 als Schloß-Kapelle gebaut wurde, gehörte wohl damals, ehe eine eigene Pfarrei hier errichtet wurde, wie Ellhofen, Willsbach, Wimmenthal und Löwenstein, zu der alten weitverbreiteten Parochie Sülzbach. Nach Errichtung einer eigenen Parochie in Löwenstein wurde es Filial von Löwenstein bis 1478. Im Jahre 1480 wurde die bisherige Kaplanei zur Pfarrei erhoben, resp. eine eigene Pfarrei hier gestiftet. Die Reformation wurde um 1530 durch Wolf v. Weiler eingeführt.

Der erst im Jahr 1799 von Friedrich v. Weiler gegründete Friedrichshof ob Eichelberg (s. Ortsbeschreibung von Eichelberg) ist der Pfarrei Weiler als Filial zugetheilt, jedoch seit 1841 so, daß seine Kinder die nähere Schule Eichelberg bis zum Confirmanden-Unterricht besuchen dürfen. Nach Aufhebung der reichsfreien Ritterschaft (1805) wurde Weiler mit Eichelberg im Jahre 1807 dem Decanatamt Weinsberg zugetheilt. Das Patronat aber verblieb wie bisher der v. Weilerschen Gutsherrschaft. Durch Vertrag mit der Patronatherrschaft vom Oktober 1854 wurde aber die Pfarrei in den Verband mit dem württemb. geistlichen Besoldungsverbesserungs-Fonds in der Art aufgenommen, daß der Patron Einen von drei ihm durch das evangelische Consistorium vorgeschlagenen Candidaten nominirt, welcher sodann die landesherrliche Bestätigung erhält.

Die erstmalige Nennung des Ortes, welche sich erhalten hat, steht im Öhringer Stiftungsbriefe vom Jahre 1037, wornach halb Weiler (Wilare) unter den Besitzungen vorkommt, womit der Bischof Gebhard von Regensburg und dessen Verwandtschaft das genannte Stift bewidmete (Wirt. Urkd.-Buch 1, 264), ohne jedoch einen dauernden Besitz für dasselbe zu begründen.

Die Oberherrlichkeit über den Ort und namentlich die Oberlehnsherrlichkeit über das adeliche Gut stand den Herren von Weinsberg und deren Rechtsnachfolgern zu, über bestimmte Gütertheile zeitweilig auch den Grafen von Löwenstein; im Jahre 1504 im Pfälzer Krieg kam die Oberlehensherrlichkeit an Württemberg. Inhaber des adelichen Hauptgutes, womit auch der Blutbann verbunden war, waren die von Weiler (s. u.). Im Jahre 1394 wurde Endres von Weiler, Gebins Sohn, von Heinrich Grafen von Löwenstein um 1/12 an der Burg Weiler und um 1/3tel an derselben Burg, so er von| Hanßen seinem Vetter erkauft, belehnt und 1399 eignete derselbe Graf Heinrich zu Löwenstein eine Hofstatt, so Dietrich von Weiler sen. zu einer Kapelle gebaut, und ein Haus, Hofstatt und Garten, in der Schlierbach gelegen, daran gegeben, so von ihm, Grafen von Löwenstein, zu Lehen rührte. Im Jahr 1463 verkauft Lutz Schott, Ritter, einen von Conrad von Lomersheim inne gehabten Theil an Dietrich von Weiler, welcher sodann 1464 von Kurfürst Friedrich, Pfalzgrafen, damit belehnt wurde.

Den Weinzehnten in Weiler trugen die von Weiler von denen von Weinsberg zu Lehen, und im Jahr 1422 consentirt Conz von Weinsberg, als Lehensherr, den dritten Theil davon an Georg von Hambach, Schultheiß von Löwenstein, um 300 fl. rhein. zu versetzen.

Aber auch das Kloster Lichtenstern hatte hier Güter, welche im Bestätigungsbriefe Papst Alexanders IV. 1254 erwähnt sind und später noch Zuwachs erhielten.

Zur Zeit der reichsunmittelbaren Ritterschaft zählte der Ort zum Kanton Ottenwald bis zum Aufhören der ritterschaftlichen Unmittelbarkeit im Jahre 1805, in welchem er unter württembergische Oberhoheit kam. Im Jahr 1853 aber hat der Gutsherr v. Weiler seine Mannlehen allodificirt und ist nur noch mit dem Erblehen Maienfels Vasall von Württemberg.

Zur neueren Geschichte von Weiler gehört der Überfall von 3–400 Bauern aus Neuhütten etc. in einer Märznacht von 1848, wo diese in das hiesige Rentamteigebäude und Schloß eindrangen und sämmtliche Akten und Bücher über die der Gutsherrschaft zustehenden Lehensgefälle in den Amteigarten schleppten und verbrannten, ohne sich jedoch eine andere Plünderung zu erlauben (s. die Ortsbeschreibung von Neuhütten).

Nach hiesiger Burg nannte sich das noch blühende freiherrliche Geschlecht. Die ältesten bekannten Namen desselben sind Nibelunc de Wiler, welcher im Anfang des 12. Jahrhunderts das Kloster Hirschau zu Benningen, und Cunradus de Wiler et frater ejus Otto, welche zwischen 1124–47 dasselbe Kloster bei Gruppenbach beschenkten (Cod. Hirs. 42 b. 43 b). Der Name Konrad kommt auch im 13. Jahrhundert vor, ferner erschienen am Schlusse desselben, als Söhne eines Konrads: Gebeno, Rupert und Albert, im 14. Jahrh. Degenhard, Orthulf, Wernher, Burkhard, Dietrich, Hans, Walther, Eberhard, Andreas. Im Jahr 1406 verkaufte Wilhelm das Dorf Affaltrach an die Johanniterordens-Commende zu Hall, im Jahre 1451 Dietrich den Ort Steinheim a. d. Murr an Georg von Nippenburg. Im Jahr 1468 starb Burkhard von Weiler als Abt von Sinsheim.| In demselben Jahrhundert besaß die Familie das feste Haus in Laufen nebst dortigem Zehnten. Dietrich erwarb 1478 das Schloß Ebersberg (bei Backnang, später an Kloster Schönthal verkauft) und wurde, am 16. Juni 1483, damals württembergischer Landhofmeister, von dem Grafen Eberhard von Württemberg im Bart mit dem Schlosse Lichtenberg als böhmischem Afterlehen belehnt, den 3. Dezbr. 1504 von Herzog Ulrich mit 1/3 Maienfels, Eichelberg etc. (Sattler Herz. 1 Beil. Nr. 40). Sein gleichnamiger Sohn wurde 1525 dem Obervogt von Weinsberg, Grafen von Helfenstein, zur Befehligung der kleinen Reiterbesatzung von Weinsberg beigegeben und nach Erstürmung der Stadt durch den hellen Haufen des Bauernheeres auf dem Kranz des Kirchthurms von unten aus erschossen und von den hinaufdringenden Bauern noch röchelnd auf den Kirchplatz herabgeworfen. Ein Bruder des Letzteren, Burkhard, welcher dem Herzog Ulrich in die Verbannung folgte und sich ebenso durch Tapferkeit und durch Treue auszeichnete, wurde 1535 kurpfälzischer Burggraf in Alzei und 1546 kurpfälzischer Oberhofmeister. Er meldet selbst in einer Eingabe von 1544 dem Kurfürsten: daß er mit Herzog Ulrich von Württemberg 14 Jahre lang in der Verbannung gelebt habe.

Wolf (einer der Söhne des 1525 gemordeten Dietrichs), geboren 1508, wurde Stammhalter, nahm die augsburgische Confession schon im Jahre 1530 an und führte sie in demselben Jahre auch schon in Weiler ein. Im Jahre 1537 war er mit Herzog Christoph in Frankreich, starb 1583 und wurde beigesetzt in der v. Weiler’schen Kapelle in der Stiftskirche zu Oberstenfeld.

Von Wolf’s Söhnen war der ältere, Burkard von Weiler, Schloßhauptmann in Stuttgart im J. 1575 u. flgde. Der Jüngere, Dieterich von Weiler, geb. 1542, † 1602, beigesetzt in der Kirchhof-Kapelle Weiler, herzoglich württembergischer Frauenzimmerhofmeister, hatte als der noch einzig überlebende Freiherr von Weiler sämmtliche von Weiler’sche Besitzungen auf sich vereinigt. Er renovirte das Schloß Weiler von Grund aus, verbesserte viel im Schloß Lichtenberg, baute neue Häuser, Keltern und Keller etc.

Seine hinterlassenen drei Söhne Ludwig, Konrad und Burkhard von Weiler theilten das Erbe nach den Rittergütern und gründeten auf diese Weise drei von Weiler’sche Linien: Lichtenberg, Weiler und Maienfels.

Der Letztere, Burkhard von Weiler, auf Maienfels, geboren 1574, und begraben zu Maienfels 1643, war herzoglich| württembergischer Obervogt zu Schorndorf und Hofrichter zu Tübingen und ein Hauptmitarbeiter am württembergischen Landrecht[1].

Die folgenden Glieder dieser drei Linien waren zeitweise in schwedischen, holländischen und östreichischen, die meisten aber in württembergischen Hof-, Staats-, Kriegs- und Forstdiensten.

Nach beinahe 200jähriger Trennung vereinigten sich im Jahre Jahre 1799 diese drei Linien wieder in der Person des kaiserlichen Raths und Ritterraths Friedrich von Weiler, womit die verschiedenen Besitzungen der drei Linien wieder in Eine Hand kamen. Dieser Friedrich von Weiler gründete das nach ihm genannte Maiereigut Friedrichshof auf Wald- und Seegründen, arrondirte seine Jagd und hinterließ baar 132,049 fl.

Sein Sohn Johann Friedrich, geb. 1759, † 1832, vermählt mit Friederike, Freiin von Thumb, hinterließ einen einzigen Sohn, Wilhelm Friedrich Franz, geb. 1819, nunmehrigen Besitzer sämmtlicher v. Weiler’schen Familiengüter, vermählt mit Sophie Freiin von Cotta.

Das Wappen der Familie von Weiler ist ein rother schräglinker Balken in silbernem Felde, auf dem Helme 2 Büffelshörner, oder später 2 Glockenblumen, jede mit je 3 goldenen Staubfäden. Symbol: non est mortale, quod opto.

Besitzungen:

1) Die Rittergüter Weiler und Eichelberg mit Weiler, Eichelberg und Friedrichshof, Stammschloß Weiler, mit ansehnlichem Feldbesitze, Weinbergen und vielen Waldungen, mit – jetzt abgelösten – Frucht- und Weinzehnten und andern Gefällen in Weiler und Eichelberg.

2) Ansehnliche Wein-, Frucht- und Heuzehnttheile auf der Markung Eschenau, jetzt abgelöst.

3) Deßgleichen in Affaltrach. Seit 1842 an den Staat gegen dessen Zehnt- und Gefällantheile zu Weiler und Eichelberg vertauscht.

4) Das Rittergut Lichtenberg, O.-A. Marbach. Schloß, Weinberge, Äcker, Wiesen, Garten, Weiden und Waldungen. Bedeutende Holzgerechtigkeit. Gefälle – auch auf der Kleinaspacher und Lembacher Markung (jetzt abgelöst).

5) Namhafter Zehnten zu Ilsfeld, mit Auenstein und Westheim (abgelöst).

| 6) 1/3tel an der Ganherrschaft Maienfels (s. Maienfels) mit Schloßruine, bestehend aus dem Novalzehnten und Gefällen, auch Feldgütern und Waldungen auf den Markungen des sog. Burgfriedens mit den Orten: Neuhütten mit Bärenbronn und Walklensweiler, Maienfels mit Schweizerhof, Brettach, Busch und Kreuzlen, Oberheimbach mit Berg und Happbühl. Auch Zehntantheile und Gefälle zu Unterheimbach (abgelöst), Zehntantheil zu Adolzfurth, O.-A. Öhringen (abgelöst), deßgleichen zu Schwabbach, seit 1842 an den Staat gegen Gefälle zu Weiler und Eichelberg vertauscht; ferner Gült zu Mainhardt, Hohenehgarten, Randenweiler, Nüßlenshof, Rösers- und Hankertsmühle (abgelöst). Wald bei Unter-Heimbach.

7) Verschiedene Gefälle von dem Mühlgute zu Scheppach (abgel.).

8) Gefälle zu Willsbach, s. Zeilhof (abgelöst).

9) Geld- und Weingefälle zu Löwenstein (abgelöst).

10) Gült zu Grantschen und Dimbach (abgelöst).

Von Weiler’sche Familienbegräbnisse sind:

1) In der Kirchhofskapelle Weiler,

2) in der Kirche zu Maienfels,

3) in der Schloßkapelle zu Lichtenberg,

4) in der v. Weiler’schen Kapelle der Stiftskirche zu Oberstenfeld.



  1. Eine Stammtafel bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts herab gibt Biedermann Geschlechtsregister der Ritterschaft Orts Ottenwald. 1751 tab. 226 bis 235.


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