« Kapitel B 2 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 4 »
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Ammertsweiler,


Gemeinde III. Kl. Mit 592 Einwohnern (worunter 17 Katholiken, welche nach Pfeddelbach eingepfarrt sind), Filial von der evangelischen Pfarrei Mainhardt. 1) Ammertsweiler, 439 Einwohner mit 17 Katholiken. 2) Laukenmühle, 3 Einwohner. 3) Rutzenweiler, bestehend aus a. Eulhof mit 38 Einw. b. Gögelhof mit 54 Einw. c. Klingenhof mit 22 Einw. d. Krebshof mit 22 Einw. e. Schollenhof mit 14 Einw., zusammen 150 Einw.

Ammertsweiler ist 51/2 Stunden (geom.) von der Oberamtsstadt entfernt und liegt südöstlich von dieser auf der Hochebene des Mainhardter Waldes zwischen dem Roththale und dem Brettachthale, an der Land- und Poststraße von Heilbronn-Löwenstein-Mainhardt. Diese Straße berührt aber nur die äußersten Häuser am südlichen Anfange des Orts, während der Ort selbst über eine Viertelstunde lang sich in einer langen, erst durch einen felsigen Hohlweg und dann durch Grasgärten unterbrochenen Gasse gegen einen leichten Thaleinschnitt hinabkrümmt. Der Weg der Gasse ist theilweise schmal und steinigt. Man hat hier mehr den Anblick einer zu beiden Seiten fortlaufenden Reihe von kleinen Gehöften, als eines regelmäßig gebauten zusammenhängenden Dorfes. Die Häuser sind je nach den Vermögensverhältnissen der Besitzer mehr oder minder ansehnlich, mit steinernen Stöcken versehen und mit Gärtchen umgeben.

Ungefähr in der Mitte des unteren Ortes, 1/8 Stunde von der oben vorbeiziehenden Landstraße entfernt, steht das im J. 1840 von der Gemeinde neu erbaute Schulhaus für dermalen 112 Kinder, welche von Einem Lehrer in Abtheilungen unterrichtet werden. Es hat einen steinernen Unterstock, ein großes, helles Lehrzimmer und Wohnungsgelasse für den Lehrer. Überm Dach ist ein Thürmchen mit Uhr und Glocke angebracht, womit Morgen- und Abendgebet angezeigt wird.

Für die Gemeindeverhandlungen ist seit 1858 fast mitten im Ort ein Privathaus zum Rathhause erkauft und eingerichtet worden.

Das früher isolirt an der Straße stehende steinerne Ortsgefängniß ist abgebrochen und ein heizbares Lokal bei dem neuen Rathhaus eingerichtet worden.

Vom Pfarrdorfe Mainhardt ist dieses Filial durch drei in das Brettachthal ausmündende Thalschluchten getrennt und in dieser geraden Richtung eine kleine Stunde entfernt. Die Poststraße umgeht diese Schluchten in einem Bogen über Hohenstraßen, und über diese Höhe beträgt die Entfernung vom Pfarrsitze 5/4 Stunden.

Trinkwasser erhält der Ort von Privatpumpbrunnen, welche| fast je 2 Häuser miteinander besitzen, und von einem mitten im Ort befindlichen laufenden Brunnen, der Weilerbrunnen genannt.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesunde, wohlgewachsene Leute. (Vgl. oben Abschnitt III, 2.) Die ökonomischen Verhältnisse der Mehrzahl sind mittelmäßig. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 100 Mrg., der mittlere 30–40, der geringste 5–10 Mrg. Ganz Besitzlose sind Wenige vorhanden. Eine bedeutende Zahl nährt sich mit Holzhandel in größerem oder geringerem Maße.

Die beträchtliche, 2682 Mrg. große Markung enthält: 56 Mrg. Gärten und Länder, 613 Mrg. Äcker, 97 Mrg. zweimähdige und 513 Mrg. einmähdige Wiesen, 328 Mrg. Laub- und 768 Mrg. gemischte, 116 Mrg. Nadelwaldung, 95 Mrg. Waide, 9 Mrg. Öde.

Davon gehören der Grundherrschaft: 1 Mrg. Wiese, 188 Mrg. gemischte Waldung; der Gemeinde: 1 Mrg. Wiese.

Die Landwirthschaft hat sich in neuerer Zeit durch die Thätigkeit des landw. Vereins für den Mainhardter Wald – mit Hülfe der Centralstelle – gehoben. Der belgische Pflug und die brabanter Egge haben Eingang gefunden. Ausgemauerte Güllenbehälter wurden errichtet. Klima und Boden, lehmigter Sandboden mit Steingerölle, sind aber dem Getreidebau weniger günstig. Roggen wird vielfach gebaut, ebenso Gerste, am meisten Dinkel und Haber, welche ziemlich gut gedeihen. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 5–6 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Haber geschätzt. Absatz von Getreide nach außen findet nicht statt. Die höchsten Preise eines Morgens Acker betragen 4–500 fl., die mittleren 200 fl., die geringsten 40–50 fl.

Flürlich werden die Felder hier oben nicht gebaut und es besteht deßhalb auch kein Brachbau, weil die Bodenart oft auf einer Ackerlänge wechselt und nicht für stabile Kulturart paßt.

Kartoffeln, welche in diesem Sandboden sehr gut gerathen, werden inmitten des Getreides gebaut; ebenso Futterkräuter, besonders dreiblättriger Klee (ewiger Klee gedeiht nicht), Erbsen, Wicken werden weniger gebaut, Hanf und Kraut in Ländern. Auf Anregung des landw. Vereins ist auch ein Versuch mit dem Anbau von Riesenmöhren gemacht worden. Seit Kartoffeln wieder gerathen, sind sie wieder verlassen worden, so gut sie geriethen.

Von den Wiesen ist nur 1/6 zweimähdig, 5/6 einmähdig. Versumpften ist auf Anregung des landw. Vereins durch Drainirung, wo die Lage es gestattete, geholfen worden. Das Nachgras wird meistens einzeln abgeweidet. Wässerung ist bei den in den Thaleinschnitten liegenden anwendbar.

| Der Ertrag eines Morgens wird zu 12–15 Ctr. Heu, und bei den zweimähdigen zu 3–4 Ctr. Öhmd geschätzt. Die Preise eines Morgens Wiesen bewegen sich zwischen 60 und 300 fl.

Für Hebung des Obstbaus, welchem freilich die hohe Lage, der Boden, die Winterstürme und die Frühlingsfröste weniger günstig sind, hat der Vorstand des landw. Vereins seit 1848 durch Einführung mehrerer tausend veredelter Stämmchen viel gethan. Der Erfolg ist abzuwarten. Bis jetzt waren nur Zwetschgen in reicherer Menge einheimisch, da sie keiner Pflege bedürfen.

Die Rindviehzucht ist verhältnißmäßig minder bedeutend, als im benachbarten Finsterroth. Vorherrschend ist der kleinere Neckarschlag. Die Nachzucht geschieht durch einen Farren, für dessen Haltung die Gemeinde 33 fl. bezahlt und dem Farrenhalter das Sprunggeld überläßt.

Eine Schäferei gibt es hier nicht, da keine Brachweide besteht. Die vorhandenen 95 Morgen Waide sind neuerdings seit Einführung der Blattfütterung zu Wald, einzelne bessere auch zu Äcker angelegt. Die vorhandenen Schafe gehören Privaten.

Etwas bedeutender ist die Schweinszucht. Was nicht in’s Haus geschlachtet wird, findet guten Absatz bei Metzgern in der Umgegend.

Ziegen fanden sich am 1. Jan. 1859 nur 13, welche von Ärmeren der Milch wegen gehalten werden.

Für Bienenzucht ist die hohe, windige Lage minder günstig. Doch waren in der Gemeinde am 1. Jan. d. J. 51 Bienenstöcke vorhanden.

Geflügel wird mehr für den häuslichen Gebrauch, als für den Verkauf gezogen.

2) Laukenmühle mit 7 Einw. liegt 3/8 Stunden nordöstlich von Ammertsweiler, in dem schmalen, tiefen Thale der Brettach, an der Ausmündung der Klinge, auf deren Anhöhe der Klingenhof liegt. (S. Folg. c.) Die Mühle, welche von der Brettach getrieben wird, hat 2 Mahlgänge und 1 Gerbgang. Grundbesitz ist dabei ein Gut von 124 Mrg. Trinkwasser erhält sie von einem eigenen laufenden Brunnen.

3) Rutzenweiler, der gemeinschaftliche Name für nachfolgende 5 Höfe, beziehungsweise Weiler:

a. Eulhof mit 38 Einw. liegt 1/4 Stunde nördlich vom Mittelpunkte von Ammertsweiler auf einer gegen das Brettachthal vorspringenden Anhöhe, die durch eine in dieses Thal ausmündende, waldigte Quellschlucht vom Hauptorte geschieden ist, von wenigen, aber| ansehnlichen Häusern mit Gärten, in denen Zwetschgenbäume vorherrschend sind, und ziemlich ergiebigen Feldern umgeben. Der Name schon weist auf die Isolirtheit hin. Trinkwasser erhalten die Bewohner aus 1 laufenden und 1 Pumpbrunnen.

b. Gögelhof mit 63 Einw. liegt auf der gleichen, westlich aufsteigenden Anhöhe, eine kleine Viertelstunde von Eulhof, gegen 3/8 Stunden von Ammertsweiler entfernt und von letzterem durch Schluchten mit Gehölz, die im Bogen umgangen werden, getrennt. Mehrere einzeln stehende, zum größten Theil ansehnliche Häuser mit Stallung und Scheuern, von steinigten Vorplätzen mit Dunglegen, von verwilderten, mit Zwetschgenbäumen besetzten Grasgärten und ziemlich ergiebigen Feldern umgeben. Nicht unbedeutender Grundbesitz. Trinkwasser erhalten die Bewohner von 1 laufenden Quelle und 1 Pumpbrunnen.

c. Klingenhof mit 22 Einw. auf der vordersten Spitze der vorgedachten Anhöhe, 1/4 Stunde von Ammertsweiler, 1/16 Stunde vom Eulhof (s. o. a.) entfernt, über der in das Brettachthal unweit ausmündenden Klinge, woher wohl der Name rührt. Über der Brettach drüben, an der Gränze von Weinsberg und Öhringen, ist ein zweiter kleiner Hof, wie der beim Eulhof, Klingenhof – oder vielmehr im Volk zum Unterschied Klingenhöfle genannt. Wenige hüben und drüben einzeln stehende Häuser von ziemlichem Ansehen mit Scheuern und Stallungen, umgeben von Hofräumen mit Dunglegen, kleinen Grasgärten und Feldern. Grundbesitz ziemlich bedeutend. Trinkwasser erhalten die Bewohner beider Höfe von einer gefaßten Quelle.

d. Krebshof mit 22 Einw. auf einer zweiten, weiter nördlich von W. gegen das Brettachthal vorspringenden, von der der Höfe a. b. c. durch eine Quellschlucht geschiedenen Höhe, 3/8 Stunden nordöstlich von Ammertsweiler, 1/8 Stunde von dem dazwischen liegenden Eulhof entfernt; in N. und N.W. von der gegenüberliegenden Höhe von Walklensweiler ebenfalls durch eine tiefe Thalschlucht geschieden. Wenige ansehnliche Häuser mit Ökonomiegebäuden, kleinen Vorhöfen, Dunglegen, Grasgärtchen und Feldern umgeben. Grundbesitz ist bedeutend. Trinkwasser erhalten die Einwohner von 2 Pumpbrunnen.

e. Schollenhof mit 14 Einw, auf derselben Höhe, 1/8 Stunde westlich vom Krebshof, etwas weiter von dem westlich gelegenen Gögelhof (s. o. b.), über welchen der Verbindungsweg mit dem 1/2 Stunde entfernten Hauptort Ammertsweiler führt. Vom Pfarrort Mainhardt sind diese, an der äußersten Markungsgränze gelegenen Höfe,| da die dazwischen liegenden Schluchten umgangen werden müssen, auf schwer zu passirenden Feldwegen bis zur Poststraße bei Ammertsweiler, 15/8 Stunden (geom.) entfernt.

Schollenhof besteht aus nur drei mit Gärtchen und Feldern umgebenen Häusern. Der Grundbesitz ist ziemlich bedeutend; der Boden theilweise mager und unergiebig. Trinkwasser erhalten die Bewohner von einem Quellbrunnen, der nie versiegt.

Der Name ist aus dem frühern Amelhardsweiler zusammengezogen. Der Ort gehörte zur Herrschaft Gleichen; solche ging 1416 an die Grafen von Hohenlohe über und so kam auch Ammertsweiler in den Besitz der nachmaligen Fürsten von Hohenlohe, wie denn bis in die neueste Zeit der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein Grundherr des Ortes war, der im Jahr 1806 unter württembergische Hoheit kam.

Vor der hohenlohe’schen Zeit im J. 1254, besaß das Kloster Lichtenstern (jura et possessiones in Amelhartewiler (Besold Virg. 430), welche damals Pabst Alexander IV. demselben bestätigte.

Gefällberechtigt war bei Emanirung der Ablösungsgesetze vom J. 1848 und 1849 der Fürst von Hohenlohe-Bartenstein und von Hohenlohe-Öhringen, auch zum Theil die Pfarrei Maienfels und das Stift Öhringen.



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