« Kapitel B 28 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 30 »
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Unter-Heinrieth,


Gemeinde II. Cl. 750 Einw., worunter 3 nach Thalheim eingepfarrte Katholiken und 8 Dissenter mit b) Ober-Heinrieth, Weiler, 308 Einw. und c) Vorhof, Weiler, 153 Einw. Gesammt-Einwohner 1146, worunter obige 3 Katholiken und 8 Dissenter. Evangelische Pfarrei.
An der südlichen Gränze des Oberamts, durch den bei Heilbronn beginnenden und gegen die Löwensteiner Berge aufsteigenden waldigten Höhenzug vom Sulmthale geschieden, am südwestlichen Fuße der Löwensteiner Berge, 25/8 Stunden (geom.) von Weinsberg entfernt, liegt der ziemlich große Ort an dem unweit beginnenden und hier von Norden nach Süden ziehenden Schotzachthälchen, wo sich ein zweiter aus den Löwensteiner Bergen kommender, von Osten nach Westen ziehender Bach, der Buchbach, mit der Schotzach vereinigt. Im Norden durch vorgedachten waldigten Höhenzug, im Nordosten und Osten durch die näher herantretenden Vorsprünge der Löwensteiner Berge geschützt, erhebt sich das Dorf in dem Winkel, welchen die genannten beiden Bäche bilden, leicht über die ziemlich flache und enge Thalsohle. Die Verbindung mit der Oberamtsstadt ist erst im letzten Jahrzehend durch eine von Steinsfeld bis Ober-Heinrieth| über den waldigten Höhenzug neuangelegte Vicinalstraße hergestellt worden, welche unterhalb Ellhofen in die Weinsberg-Löwensteiner Poststraße ausmündet. Früher konnte man, zumal bei schlimmer Witterung, zu Wagen nur auf einem großen Umweg von 4 Stunden über das Jägerhaus, Donbrun, Unter-Gruppenbach und Abstatt dahin kommen. Jetzt ist mittelst der von Unter-Heinrieth durch das Schotzachthal sich fortsetzenden Vicinalstraße die Verbindung des Sulmthales mit dem Bottwarthale vermittelt.

An der vom Schotzachthälchen leicht sich erhebenden und auf der andern Seite gegen das Buchbachthälchen sich abwärts senkenden Ortsstraße, sowie an den Seitengassen findet man mehrere ziemlich ansehnliche, zweistockige, mit steinernen Unterstöcken versehene Wohn- und Ökonomiegebäude, zum größeren Theil mit eigenen Hofräumen, daneben aber auch einige niedrigere, wenig Wohlstand verrathende. Die Hauptstraße ist ziemlich reinlich gehalten und theilweise gekandelt, und in der Nähe der Kirche zur Seite mit Steinplatten belegt, was auch bei dem Fußwege vom Filial Ober-Heinrieth bis zum Mutterorte der Fall ist und einen angenehmen Eindruck macht.

Ziemlich mitten im Ort, auf einer leichten Anhöhe, wohin 12 Rundstaffeln durch ein breites, rundbogiges Portal der vormaligen Kirchhofmauer von der Ortsstraße aus führen, liegt die alte, nach der Jahreszahl am vorderen Eckstein im Jahr 1722 nach Bedürfniß auf der Südseite styllos erweiterte Kirche. Der kleine, viereckige Chor, welcher dadurch in die nordöstliche Ecke des zu einem Viereck gewordenen Schiffes geschoben und durch einen hübschen, runden, mit eingehauenen Verzierungen versehene Triumphbogen mit ihm verbunden ist, ist eigentlich nur das untere, mit einem Kreuzgewölbe gedeckte, durch 3 vierstockige Fenster erhellte und mit Kirchenstühlen und Kästen vollständig verstellte Stockwerk des ziemlich hohen, bis an den Dachstock massiven, mit einem hochspitzen Ziegeldach gedeckten Thurmes, auf welchem 2 Glocken hängen, von welchen die größere die Jahreszahl 1821 mit der Inschrift trägt: gegossen von C. G. Neubert in Ludwigsburg (wahrscheinlich umgegossen), die kleinere: gegossen von Gr. Ludwig Neubert 1781. Die Fenster sind durchaus lang und rundbogig. Die Sacristei mit Eingang von außen ist an der nördlichen Seite um 6 Staffeln über die Kirche erhaben angebaut, von welcher man auf die hoch an der Nordseite stehende Kanzel kommt. Der Altar ist unter der Orgel, welche an der Ostseite den Anfang der Emporen bildet. Das Innere der Kirche hat sonst nichts Bemerkenswerthes außer dem neueren Bildniße von Luther, welches am Reformations-Jubiläum von 1830 an der östlichen| Orgelbrüstung angebracht worden ist. An der Brüstung der Emporen sind alte Bilder der 12 Apostel und der Evangelisten. An der westlichen Giebelseite ist eine uralte Plockthüre mit Plockschloß unter einem kleinen runden Fenster, mit dem ehemaligen Hochaltar und der Linie des Chores correspondirend und wie diese durch den südlichen Anbau in die nordwestliche Ecke verschoben. Der Haupteingang ist jetzt ein rundbogiges Portal auf der angebauten Südseite mit der Jahreszahl 1723. Die Unterhaltung der Kirche steht dem pium Corpus des Ortes zu.

Der früher um die Kirche gelegene, noch jetzt ummauerte und im Westen und Norden gut geplattete Kirchhof ist schon im vorigen Jahrhundert verlassen, im Süden und Norden zu Gärten angelegt und dafür ein Gottesacker außerhalb des Orts, auf dessen Ostseite angelegt worden, welcher im Jahr 1834 erweitert wurde. Die Baulast hat das pium Corpus.

Zunächst der Kirche, hinten an ihre Anhöhe sich lehnend, so daß man vom Kirchplatze aus zu ebener Erde in den zweiten Stock gelangt, steht das vorn gegen die Ortsstraße freigelegene und eine freundliche Aussicht in das Thälchen gewährende Pfarrhaus, das der Staat zu erhalten hat, mit Scheuer und Garten hinter der Kirche.

Unweit davon, am nordwestlichen Eingange des Dorfes, mit freier Aussicht in das Thälchen und auf die Felder, liegt das von der Gemeinde im Bau zu erhaltende Schulhaus, welches im Jahr 1839 durch einen hinten aufgesetzten zweiten Stock erweitert werden mußte, so daß hier jetzt zwei große, helle und geräumige Lehrzimmer über einander für dermalen 204 Kinder sind, während im vordern Theile des Hauses die Lehrer ihre Wohnung haben und zu ebener Erde, im steinernen Unterstock, Raum für Ökonomiehaltung ist.

Das jenseits der Kirche frei an der Straße gelegene, von der Gemeinde im Jahr 1750 neu aufgebaute Rathhaus mit Thürmchen und Glocke auf dem Dachfirst ist zwar nicht groß, aber von freundlichem Aussehen und enthält im steinernen Unterstock das Ortsgefängniß und Vorrathskammern, im zweiten das Rathszimmer und Amtszimmer. – Das ziemlich geräumige Armenhaus steht an einer Seitenstraße gegen Osten. – Ein massives Gemeinde-Backhaus steht seit den 1840erJahren auf der südlichen Seite des Dorfes etwas von anderen Gebäuden entfernt.

Die vormals herrschaftliche Zehntscheuer ging im Jahr 1857 in das Eigenthum eines Privatmannes über.

Die Ortskelter mit zwei großen Bäumen und einer kleinen Mosttrotte steht an der Straße zwischen dem Pfarr- und Schulhaus.

| Ober-Heinrieth und Vorhof haben eigene Keltern.

Auf einem nahen Bergvorsprunge nordöstlich vom Orte lag die Stammburg der Ritter von Heinrieth (s. unten Geschichtliches) von welcher noch im J. 1623 (nach dem Landbuche von diesem Jahr) die Hofstatt zu sehen war und jetzt keine Spur mehr zu finden ist. Die Volkssage verweist sie auf die gegenüberliegende sogen. Kohlebene.

Gutes Trinkwasser liefern in Fülle 1 laufender öffentlicher und 5 öffentliche und 2 Privat-Pumpbrunnen. Die Gegend ist überhaupt ihrer Lage nach wasserreich. Für Feuersgefahr dienen die leicht schwellbaren Bäche.

Von den 3 Seen (s. unten) finden sich noch jetzt Spuren in den vollständig vorhandenen Dämmen im Thaleinschnitte des Buchenbachs und des Farnersberger Bächleins, wornach die obige Burg wirklich in der Kohlebene zu suchen wäre.

Sogenannte Hungerbrunnen finden sich einige auf der Markung.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesunde, kräftige Leute. Cretins finden sich hier nicht, aber drei Taubstumme. Ihre Vermögensverhältnisse gehören zu den besseren dieser Gegend, da der Ackerbau den Weinbau weit überwiegt. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt etliche und 60 Morgen, der mittlere und gewöhnliche 12 bis 15 Morgen, der geringste 1 bis 2 Morgen. Ganz Besitzlose, die sich nur mit Tagelohn nähren, oder der öffentlichen Unterstützung anheimfallen, giebt es wenige. Bettler ebenso.

Die climatischen Verhältnis sind etwas weniger mild, als im jenseitigen, tieferen Sulmthale. Der Boden, meist Diluviallehm und Keupermergel, ist fruchtbar. Die ergiebigsten Güter liegen im untern Schotzachthal gegen Abstadt.

Die Haupterwerbsquellen der Einwohner sind Ackerbau und Viehzucht, in geringerer Ausdehnung Weinbau (s. unten). Die vorhandenen Handwerker dienen meist nur den örtlichen Bedürfnissen. Sonst sind an Gewerben zu nennen: 2 Schild-, 1 Speise- und 3 Schenkwirthschaften in Unter-, 2 Schildwirthschaften in Ober- Heinrieth, 1 Speisewirthschaft in Vorhof, 1 Kaufladen und 1 Krämerei in Unter-Heinrieth.

Die 1843 Morgen große Markung von Unter-Heinrieth enthält: 26 Morgen Gärten und Länder, 673 Morgen flürlich und 13 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 75 Morgen Weinberge, wovon 6 zu anderen Culturen verwendet, 306 Morgen zweimähdige und 4 Morgen einmähdige Wiesen, 226 Morgen Laub- und 421 Morgen gemischte Waldung, 18 Morgen Weide, 5 Morgen Öde, 11/2 Morgen Steinbruch, 1 Morgen Thongrube. Davon gehören dem| Staate 1 Morg. Wiesen; der Grundherrschaft Löwenstein-Werthheim-Rosenberg und Freudenberg: 25 Morgen Äcker, 17 Morgen Wiesen, 215 Morgen Laub- und 331 Morgen gemischte Waldung, 8 Morgen Weide, 1 Morgen Steinbruch, 1 Thongrube; der Gemeinde: unter 1 Morgen Acker, 1 Morgen Wiesen, 7 Morgen Laub- 81 Morgen gemischte Waldung, über 7 Morgen Weide und Öde, etwas Thongrube.

Die 2043 Morgen große Markung von b) Ober-Heinrieth und Vorhof enthält: 22 Morg. Gärten und Länder, 494 Morg. flürlich und 50 Morg. willkührlich gebaute Äcker, 48 Morg. Weinberge, wovon 4 zu anderen Culturen verwendet, 254 Morg. zweimähdige und 9 Morg. einmähdige Wiesen, 828 Morg. Laub-, 243 Morg. gemischte, 22 Morg. Nadelwaldung, 8 Morg. Weiden, 4 Morg. Öden. Davon gehören dem Staate: 17 Morg. Laubwald; der Grundherrschaft: 377 Morg. Laub-, 122 Morg. gemischte Waldung; der Gemeinde: über 2 Morg. Äcker, 3 Morg. Wiesen, 51 Morg. Laubwald, unter 1 Morg. Weide und Öde.

Die dem Staate und der Grundherrschaft auf diesen Markungen gehörigen Äcker und Wiesen sind verpachtet theils an Ortsbürger, theils an Auswärtige.

Die Gemeindewaldungen werden in 25jährigem Umtriebe bewirthschaftet und sichern der Gemeinde eine jährliche Einnahme von ca. 300–400 fl. In den fürstlich Löwensteinischen Waldungen hat die Gemeinde Holzlese- und Waldstreugerechtigkeiten.

Die Landwirthschaft wird in großer Ausdehnung mit fast allgemeiner Anwendung verbesserter Ackerwerkzeuge sehr fleißig betrieben. Dem Boden wird durch kräftige Düngung nachgeholfen, wozu man außer dem in zweckmäßig angelegten Dungstätten gesammelten Stalldünger und der Jauche, besonders für Futterkräuter, auch Gyps und Asche, so wie den Pförch benützt. Von Getreide baut man vorzüglich Dinkel, Haber, Gerste, etwas Weizen, Roggen und Einkorn. In der ganz angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, dreiblättrigen und ewigen Klee, wenig Esper, Angersen, Rüben, neuerdings auch Zuckerrüben (aber zum Selbstgebrauche), wenig Ackerbohnen, Flachs und Hanf, Reps; mehr in den Ländern Kraut. Bei einer Aussaat von 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Haber, 3 Sri. Gerste, 2–3 Sri. Roggen wird ein durchschnittlicher Ertrag von 8 Scheffeln Dinkel, 5 Scheffeln Haber, 4 Scheffeln Gerste, 2 Scheffeln Roggen per Morgen erzielt. In günstigen Jahren wird [vo]n den größeren Gutsbesitzern über den eigenen Bedarf noch ein| bedeutendes Quantum von Getreide auf der Heilbronner Schranne zum Verkauf gebracht, oder im Ort an Aufkäufer abgesetzt. Zu den ergiebigsten Äckern rechnet man die um’s Dorf herum. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich zwischen 80 fl. und 400 fl.

Die Wiesen liegen zumeist in und an den leichten Thaleinschnitten und bedürfen keiner Bewässerung. Sie nehmen in Unter-Heinrieth beinahe den sechsten, in Ober-Heinrieth über den siebenten Theil der Markung ein und liefern an gutem, nahrhaftem Futter durchschnittlich per Morgen ca. 20 Ctr. Heu und 7–8 Ctr. Öhmd. Die Preise eines Morgens Wiesen bewegen sich zwischen 60 fl. und 300 fl.

Der Weinbau ist in Unter- und Ober-Heinrieth unbedeutend, in Vorhof mit nur 4 Morgen gleich Null. In a) und b) machen die Weinberge nur ungefähr den 24sten und 42sten Theil der Markung aus. Ihre Lage ist eine niedrige, am südlichen Gehänge des Buchenbachs und am südlichen Gehänge des Hagelsbergs. Das Erzeugniß wurde, da der Ort noch nicht zum Oberamt Weinsberg gehörte, nicht in die amtliche Classification von 1809 aufgenommen. Es hätte jedenfalls in die dritte (niederste) Classe gehört. Gebaut werden zumeist Silvaner, Elblinge, etwas Trollinger und Gutedel. Der Ertrag eines Morgens wird in günstigen Jahren zu 2–21/2 Eimern geschätzt. Die Preise des Weines stellten sich im Jahr 1848 zu 48 fl., 1850 12 fl., 1854 40 fl., 1857 38 fl. Der Absatz beschränkt sich meist auf den Ort selbst und die nächste Umgegend. Die Preise eines Morgens Weinberge bewegen sich zwischen 200 fl. und 400 fl.

Die Obstzucht ist nicht von Bedeutung. Man zählte im Jahr 1854 auf der Markung Unter-Heinrieth mit Vorhof 620 Kern- und 200 Steinobstbäume mit einem Ertrag von 1800 Sri. und 300 Sri., auf der Markung Ober-Heinrieth 300 Kern- und 100 Steinobstbäume mit einem Ertrag von 900 Sri. und 150 Sri. Es kommen meist nur die gewöhnlichen Mostsorten vor und Zwetschgen, die zum Dörren und Brennen verwendet werden. Ausfuhr findet keine statt.

Die der Gemeinde gehörigen Weiden sind nebst der Stoppelweide an einen Schäfer verpachtet, welcher nach der letzten Zählung 662 Bastardschafe, worunter 186 Mutterschafe, auf der Markung laufen läßt und im Orte selbst überwintert. Die Gemeinde erhält dafür ein Pachtgeld von 275 fl., woneben die Pförchnutzung eine jährliche Rente von 200 fl. sichert. Der Absatz der Wolle und des Viehs geschieht auf dem Wolle- und Schafmarkte des benachbarten Heilbronn.

| Pferdezucht wird nicht getrieben. Es waren bei der letzten Zählung nur 19 Pferde vorhanden.

Die Rindviehzucht ist die bedeutendste des ganzen Bezirkes; die jüngste Aufnahme ergab hier die größte Zahl des vorhandenen Viehs vom ganzen Oberamtsbezirke, nämlich 648 Stücke, worunter 5 Farren, 130 Ochsen und Stiere, 288 Kühe, 208 Stücke Schmal- 17 Kälber. Vorherrschend ist der sogen. Neckarschlag, der durch 4 von der Gemeinde aufgestellte Farren (alle von der Landrace) nachgezüchtet wird. Die Farrenhaltung besorgt ein Ortsbürger gegen jährlich 189 fl. an Geld und Nutznießung von 1 Morgen Wiesen. Ober-Heinrieth zahlt dafür nur 6 fl. und läßt den Farrenhalter mehrere Morgen Äcker genießen. Viehmastung kommt wenig vor. Sehr bedeutend ist bei diesem großen Viehstande der Viehhandel mit Stieren, Kühen und Schmalvieh, besonders auf den großen Heilbronnern und anderen benachbarten Viehmärkten, zuweilen durch Vermittlung der benachbarten Juden.

Schafzucht (s. oben Weiden).

Auch die Schweinszucht ist von größerem Belang, da sie gewöhnlich mit der Rindviehzucht Hand in Hand geht. Es waren bei der jüngsten Aufnahme 170 Stücke vorhanden, nämlich 1 Eber, 9 Mutterschweine, 84 Mastschweine, 76 Läufer und Milchschweine. Zu diesen werden aber noch immer viele Ferkel von Außen aufgekauft, welche alsdann theils für den eigenen Bedarf, theils für den Verkauf gemästet, oder auch als Läufer wieder verkauft werden. Außer der Haller Race kommen auch englische Bastarde vor.

Ziegen, von den Ärmeren gewöhnlich gehalten, waren bei der neuesten Zählung 22 in den drei Orten vorhanden.

Nicht unbedeutend ist die Bienenzucht, wenn auch meistens noch nach alter Weise betrieben. Es fanden sich bei der jüngsten Aufnahme 71 Stöcke vor.

Geflügel, Gänse, Enten, Hühner, auch Tauben, wird viel gehalten, theils zu eigenem häuslichem Bedarf, theils zum Verkauf an Händler für den Heilbronner Wochenmarkt.

An Gemeindeschaden werden jährlich umgelegt ca. 1500 fl. Besondere Armenstiftungen sind keine vorhanden. Der Ortsschulfonds besitzt ein unbedeutendes Vermögen von ca. 100 fl.

Zur Schul- und Kirchengemeinde Unter-Heinrieth gehören außer Ober-Heinrieth von Alters her als Filialien: a) der 1/2 Stunde südlich am Schotzachthale gelegene Hof Vohenlohe, Gemeindebezirks Abstadt, Oberamts Heilbronn, mit 15 Einw., und b) das gleich entfernte, ebenfalls zum Gemeindebezirk Abstadt, Oberamts Heilbronn,| gehörige Schlößchen Wildeck mit 7 Einw. Letzteres blickt von der Spitze eines Ausläufers der Löwensteiner Berge wildromantisch in das Thal herab und war vor Alters von den Grafen von Löwenstein den Rittern von Hohenrieth (Heinrieth) zu Lehen gegeben, welche im Jahr 1336, nach Beendigung einer Fehde mit Württemberg, versprachen, nie mehr mit ihrer Burg Wildeck Württemberg feindlich entgegenzutreten und dem Grafen Ulrich von Württemberg das Öffnungsrecht gestatteten.

b) Ober-Heinrieth, Weiler mit eigener Markung und 308 Einw., liegt nicht ganz 3/8 Stunden vom Mutterorte entfernt, um so viel weiter oben im Thälchen der Schotzach, welche 1/2 Stunde östlich davon in den Löwensteiner Bergen entspringt. Der Weiler ist mit dem Mutterorte theils durch die neuangelegte, von Steinsfeld her ziehende Vicinalstraße, theils von früher her durch einen steingeplatteten, am Bach herab führenden Schul- und Kirchenweg verbunden. In Westen, Norden und Osten von ganz nahe herantretenden waldigten Bergen umschlossen und nur gegen Süden offen hat der Ort noch eine geschütztere Lage als der Mutterort. Über seine eigene Markung und deren Bestandtheile s. oben. Boden-, Gewerbs- und Vermögensverhältnisse sind fast die gleichen, wie im Mutterorte, ebenso ist kein bemerkbarer Unterschied im Betriebe der Landwirthschaft, des Weinbaues und der Viehzucht. Auch das Aussehen der längs der gedachten Vicinalstraße zu beiden Seiten liegenden Gebäude ist so ziemlich das nämliche. Gutes Trinkwasser erhält der Weiler von einem öffentlichen laufenden und einem Pumpbrunnen, sowie von einem Privatschöpfbrunnen.

c) Vorhof, Weiler von 153 Einw., liegt 5/8 Stunden (geom.) östlich vom Mutterorte, über dem von Osten gegen Westen (von Unter-Heinrieth) ziehenden Buchbachthälchen, auf einem westlichen Vorsprunge der Löwensteiner Berge, aber von dem 1/2 Stunde entfernten Städtchen Löwenstein durch die Thalschlucht des Theusser Bades geschieden. Fast rings von Wald umgeben erscheint die Gegend sehr öde und einförmig. Auch der kleine, unregelmäßig gebaute Weiler mit seinen meistens niedrigen, einstockigen, unansehnlichen Häusern und der unebenen, felsigen Ortsstraße macht keinen freundlichen Eindruck. Die Armuth vieler Bewohner ist den geringen Wohnungen schon von außen aufgedrückt, und das Innere derselben entspricht dem Äußeren. Die paar Morgen Weinberge, welche zur Markung gehören, liegen am südlichen Abhange des Buchbachthälchens. An der östlichen Seite des Weilers trifft man noch eine mit einem| verschütteten Graben umgebene kleine Anhöhe mit Mauerresten eines abgegangenen Burgstadels (suburbium in der Urk. von 1330 s. unten). Trinkwasser hat der kleine Ort von einem einzigen Privatpumpbrunen. Die übrigen müssen ihr Wasser im Thälchen holen. Ein kleiner Weiher vor dem Orte und im Orte selbst dient für Feuersgefahr.

In einem kleinen, niedrigen, einstockigen Hause an der nordöstlichen Seite des Orts hat der Weiler eine eigene Schule, an welcher auch die zu der Kirchengemeinde Unter-Heinrieth, aber zur politischen Gemeinde Beilstein, Oberamts Marbach gehörigen Filialisten von Farnersberg Theil haben. Dieses Farnersberg, Weiler mit 24 Einw., liegt 3/8 Stunden von Vorhof entfernt durch den Thaleinschnitt des Buchenbachs von ihm geschieden, über die südliche Gränze des Oberamts hinaus auf der jenseitigen Höhe des Buchenbachthales, 3/4 Stunden (geom.) südöstlich vom Mutterorte. Das kleine Schulhaus hat zu ebener Erde auf der einen Seite ein sehr beschränktes niederes Lehrzimmer für dermalen 35 Kinder, auf der andern Seite eine gleich beschränkte Wohnung für den Lehrer. Auf dem First ist ein Thürmchen mit Glocke.

Güter zu Heinrieth erscheinen bereits im 13. Jahrhundert im Besitze des Stiftes Oberstenfeld und des Klosters Lichtenstern und wurden ersterem 1247 von Papst Innocenz IV., letzterem von Papst Alexander IV. 1254 bestätigt. Heinrieth ist der Stammsitz der nach dortiger Burg sich nennenden freien Herren, welche um dieselbe Zeit, wie die Herren von Weinsberg, in der Geschichte auftreten. Der erste, welchen man kennt, Helfricus de Hehenrieth[1] erscheint 1139 als Zeuge bei König Konrad III. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts lebten Hugo, Gerung und Rudolf, drei Gebrüder von Heinrieth, auch Rüdiger von Heinrieth (Cod. Hirs. 49). Gerung von Heinrieth ist Zeuge Kaiser Friedrichs I. in den Jahren 1181, 1186 und Kaiser Heinrichs VI. in den Jahren 1190, 1192. Im Jahr 1182 und im 13. Jahrhundert blühten nach einander mehrere Konrade; am 24. April 1295 stellten die Gebrüder Friedrich, Konrad und Walther dem Stift Wimpfen eine Urkunde aus: im Anfange des 14. lebten Friedrich, Konrad und Engelhardt. Ritter Friedrich von Heinrieth wurde am 17. Juli 1305 von König Albrecht zum Burgmann in Wimpfen angenommen. Im Jahr 1323 schenkte| Friedrich der Ältere (nobilis vir) zum Seelenheile seines Bruders Engelhard der Schloßkapelle in Heinrieth 1/4 Zehnten in Unter-Heinrieth, was sein Sohn Friedrich genehmigte und der Bischof von Würzburg 1327 bestätigte (Act. Theod. Pal. 1, 341). Nach dem Anfang des 14. Jahrhunderts kam diese Familie bereits so sehr in Schulden, daß Konrad von Heinrieth[2] im Jahr 1330 die Hälfte der Burg Heinrieth und des Vorhofs (suburbium in der Urkunde) und Unter-Heinrieths, auch den Weiler Ober-Heinrieth nebst ein paar benachbarten Orten, zwei Allodien in Ilsfeld, ein Allod in Happenbach, zwei Allodien in Wüstenhausen, ein Allod in Willsbach, Einkünfte in Berwinkel, drei Seen bei der Burg Heinrieth und drei Fischereien mit Wäldern, Leibeigenen u. s. w. für 600 Pfund an Graf Nikolaus von Löwenstein verkaufte, wozu Bischof Wolfram von Würzburg am 16. Jan. d. J. seine Erlaubniß und Kaiser Ludwig am folgenden 5. August seine Bestätigung ertheilte (ibid. 358. Öfele Rer. Boic. script. 1, 763). Als Wappen führten diese Herren drei Kugeln, 2. 1. Nachdem im Jahr 1336 Friedrich und Rudolf von Heinrieth die ihrem Hause noch übrig gebliebene Hälfte der Burg Heinrieth an Grafen Ulrich von Württemberg zu einem offenen Haus gemacht hatten (Sattler Grafen 1. Beil. Nr. 92), verkaufte im Jahr 1364 der letztere mit seiner Gattin Brigitte und seinem Sohne Rudolf die Hälfte nebst Zugehörungen an den Grafen Albrecht von Löwenstein (Acta Theod. Pal. 1, 342). Sofort theilte Heinrieth längere Zeit die Schicksale der Grafschaft Löwenstein und gelangte bei dem am 1. Jan. 1441 erfolgten Verkauf der letzteren an die Kurpfalz. Die Familie Heinrieth selbst, ihres Hauptbesitzes baar, jedoch bis 1456 noch im Besitz der Herrschaft Helfenberg (Oberamts Marbach), länger in dem von Wildeck, bis zum Ableben in dem der Burg und des Vorhofs in Kochendorf (Chmel Regg. Kaiser Friedrichs IV. Nr. 4973), erhielt sich nach obigem Restverkauf ihrer Stammburg von J. 1364 noch ein Jahrhundert meist in fremden Diensten. In einer Kloster Schönthaler Urkunde vom 5. Sept. 1379 erscheinen Walther von Heinrieth und seine Söhne Nikolaus und Heinrich. Walther gelobte am 2. August 1376 als kaiserlicher Amtmann die Stadt Rothenburg bei ihren althergebrachten Freiheiten, Gewohnheiten und| Rechten zu schützen und öffnete ihr seine Vesten Thalheim und Wildeck (Reg. Boic. 9, 355 vgl. mit 357). Die zwei letzten Sprossen der Familie fielen im Kampfe: Konrad, württembergischer Hauptmann zu Beilstein, gegen Kurpfalz streitend am 30. April 1460 zwischen Wüstenhausen und Helfenberg (Stälin Wirt. Gesch. 3, 521. 522) und Philipp für den Bischof Johann von Würzburg gegen den Markgrafen Albrecht von Brandenburg zu Felde gezogen den 5. Aug. 1462 bei Marktbreit (Fries Würzburger Chronik 1, 838). Ersterer wurde in der Alexanderskirche zu Marbach, letzterer in der Karmeliterkirche zu Heilbronn beigesetzt. – Als im Jahr 1488 Pfalzgraf Philipp die Herrschaft Löwenstein dem Grafen Ludwig von Bayern, nachmaligem von Löwenstein, übergab, behielt er – nebst Höslinsülz und Willsbach – Ober- und Unter-Heinrieth mit Vorhof (und Happenbach) ausdrücklich für sich, und ließ dieß öffentlich in der Kirche zu Unter-Heinrieth verkünden. Die gedachten Orte wurden zu dem kurpfälzischen Amte Weinsberg geschlagen. Nach der Eroberung von Weinsberg im sogen. bayerischen Erbfolgekrieg, 1504, vereinte Herzog Ulrich die Orte Ober- und Unter-Heinrieth und Vorhof mit dem württembergischen Amte Beilstein, dessen späteres Schicksal sie sodann theilten. In kirchlicher Beziehung gehörten sie zur Diöcese Lauffen, von welcher sie nach deren Aufhebung 1810 an die Diöcese Weinsberg übergiengen, wie sie, nach Aufhebung des Oberamts Beilstein 1807 an das Oberamt Weinsberg, beziehungsweise Unteramt Löwenstein, übergegangen waren. Seit Aufhebung der Unterämter, 1818, sind sie dem Oberamt Weinsberg unmittelbar zugetheilt.

Gefällberechtigt war hier zur Zeit der Ablösungsgesetze von 1848 und 49: Die Staatsfinanzverwaltung, b) der Fürst von Löwenstein-Rosenberg, c) der Fürst von Löwenstein-Freudenberg.



  1. Sonstige alte Schreibweisen sind: Henrid 1181, Hahenriet 1182, (Wirt. Urk.-Buch 215. 221), Hehenried 1192, spätere sind Hechenriet (1327), Hohenriet (z. B. 1305 17. Juli, Urkunde König Albrechts 1330, Sattler Grafen 1. Beil. Nr. 92).
  2. Derselbe hatte übrigens doch noch dem Herrn Konrad von Weinsberg die Burg und Stadt Neudenau abgekauft, gestattete diesem aber am 14. August 1327 die Rücklösung um 1100 Pfund Heller. Schunk Beitr. zur Mainzer Gesch. 3, 237.


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