« Kapitel B 19 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 21 »
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Neuhütten,


Gemeinde III. Cl. 1035 Einw., worunter 33 Dissenters (Baptisten) und ein nach Pfedelbach eingepfarrter Katholike. Staatsschultheiß und ständ. evang. Pfarrverweser seit 1856 gemeinschaftlich mit Finsterroth. Zur politischen Gemeinde gehören: 1) Neuhütten, 876 Einw. 2) Bärenbronn, Weiler, 74 Einw. 3) Kühhof, Weiler, 18 Einw. 4) Lauxenhof, Weiler, 35 Einw. 5) Plapphof, Weiler, 17 Einw. 6) Jägerhaus in Kreuzle (2 Häuser), 15 Einw.
Neuhütten mit 876 Einw. liegt auf der Hochebene des sog. Burgfriedens, 51/8 Stunde (geom.) südöstlich von der Oberamtsstadt| entfernt, 3/4 Stunden von der vormaligen Mutterkirche Maienfels am südöstlichen Fuße des Steinknickle’s der höchsten 1840′ (württ.) über der Meeresfläche erhabenen Kuppe des Burgfriedens, etwa 100′ tiefer als dieses, das eine weite Aussicht gegen Osten über das Hohenlohische bis Waldenburg, gegen Norden und Nordwesten über das Brettachgebiet hinweg in die Kocher- und Jaxthöhen bis zum Odenwald und in einen kleinen Theil des Sulmthales, gegen Süden über die Hochebene des Burgfriedens und des Mainhardter Waldes darbietet und in blauer Ferne noch einige Höhen der schwäbischen Alb erblicken läßt. Der Ort ist 1/8 Stunde auseinandergestreckt und bildet nur Eine, durchaus ebene, reinlichgehaltene Gasse, durch welche die neu angelegte, vom Unterheimbacher Thale her auf der Höhe in die Löwenstein-Mainhardter Poststraße ausmündende Vicinalstraße durchzieht. Die Häuser sind zum Theil nicht unansehnlich, mit vielen steinernen Unterstöcken, zum Theil aber niedrig und nur einstockig, übrigens in gutem Stand erhalten.

Das etwas alte, engräumige Schulhaus mit zwei niedrigen Lehrzimmern und der Lehrerwohnung steht an der Straße und hat ein Thürmchen mit Uhr und Glocke. Die Baulast liegt der Gemeinde ob.

Für Haltung der Gottesdienste ist interimistisch, bis zu der in Aussicht stehenden Erbauung einer Kirche auf Staatskosten der vormalige Tanzsaal des an der Umbiegung der Straße stehenden Schildwirthshauses zur Sonne gemiethet. Es ist dieses ein abgesondertes, mit dem Wirthshause durch eine bretterne, bedeckte, 15 Schritte lange Brücke verbundenes zweistockiges Gebäude, in dessen Parterre ökonomische Vorräthe aufbewahrt werden.

Auch der ständische Pfarrverweser wohnt zur Zeit noch in der Miethe, bis mit dem Kirchenbau auch ihm eine Wohnung bereitet wird.

Die Gemeinderathssitzungen werden – in Ermanglung eines Rathhauses – in einem gemietheten Privathause, worin zugleich der Schultheiß wohnt, gehalten.

Ein eigener Friedhof ist noch nicht vorhanden. Die Leichen werden bis jetzt auf den Gottesacker der vorigen Mutterkirche Maienfels, in Busch, (s. Maienfels), 3/8 Stunden von Neuhütten entfernt, gebracht. Man denkt aber auf Anschaffung eines eigenen.

Gutes Trinkwasser erhält der Ort aus vielen Privatpumpbrunnen. – Überhaupt ist die Gegend, so hoch sie liegt, wasserreich. Der Ort ist umgeben von 4 Seen, zusammen 51/2 Morgen; zwei gehören den Herren von Gemmingen, einer dem Herrn von Weiler,| einer Privatpersonen; einer davon liegt nordöstlich zwischen dem Kreuzle und Neuhütten; ein zweiter am westlichen Anfang und ein dritter am Ausgange des Dorfes, ein vierter 1/4 Stunde östlich gegen dem Blindenmannshäusle von Maienfels hin. Fische beherbergen alle vier, besonders Karpfen und einige Hechte. Sie dienen für Feuersgefahr und einer davon theilweise zur Bewässerung.

Die gutsherrschaftlichen Seen sind an Ortseinwohner verpachtet.

Über die Abstammung der Einwohner von Schweden, welche nach dem 30jährigen Kriege im Lande geblieben, über den Volkscharakter u. s. w., vgl. das oben im Abschnitt III, 2 Gesagte. Die Zahl der Grundbesitzer beträgt in der ganzen Gemeinde nur 25. Die Begütertsten besitzen nur 25–26 Morgen, die Mittleren nur 10–12 Morgen. Viele sind ganz unbemittelt und nähren sich: 4 mit Mineralwasserhandel, 7 mit Käsehandel, 3 mit Bretterhandel, 95 als Kleinhändler mit Besen, Schindeln, Sand und Lumpen. Über die Nachtheile dieses müßigen Herumziehens von früher Jugend an s. ebenfalls oben Abschnitt III, 2.

Die Gemeinde ist wegen ihres ökonomischen und sittlichen Herabkommens im Jahr 1856 unter besondere Staatsaufsicht genommen worden, wie schon früher, seit den 1840ger Jahren, die Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins sich derselben durch Errichtung einer Kinderindustrieschule und einer Kleinkinderschule thätig angenommen hat. Letztere ist 1857 eingegangen.

Über die klimatischen Verhältnisse s. oben Abschn. II, 5. Neuhütten liegt übrigens gegen Nordwesten unter dem Schutze des obengedachten Steinknickle’s, ist aber dem scharfen, schneidenden Ostwind offen.

Die 1483 Morgen große Gemeindemarkung enthält 45 Morg. Gärten und Länder, 416 Morg. willkührlich gebaute Äcker, 368 Morg. zweimähdige und 89 Morg. einmähdige Wiesen, 433 Morg. Laub- und 9 Morg. gemischte Waldung, 63 Morg. Nadelholz, 3 Morg. Weiden, 6 Morg. Öden, ½ Morg. Sandgrube, 5 Morg. Seen. Davon gehören der Grundherrschaft: 15 Morg. Äcker, 7 Morg. Wiesen (Äcker und Wiesen sind verpachtet an hiesige Bewohner), 372 Morg. Laubwaldung, 63 Morg. Nadelholz, über 4 Morg. See. Der Überrest ist im Privatbesitze von im Ganzen 25 Grundbesitzern.

Bei diesen haben durch die Bemühungen des früheren Vorstands vom landw. Verein, Revierförster Kommerell, zugleich Armencommissär für den Mainhardter Wald, neuere Ackergeräthe, insbesondere der belgische Pflug und die brabanter Egge Eingang gefunden, wie| auch der gegenwärtige Ortsvorsteher 16 neuere Pflüge angeschafft hat. Der lehmigte Sandboden eignet sich aber mehr für Kartoffelbau, welche hier ausgezeichnet gerathen, als für Getreidebau. Es kommt hier zumeist vor: Dinkel, Roggen, der hier gut gedeiht, Gerste und Haber; an Futtergewächsen dreiblättriger Klee. Mit Riesenmöhren ist auch hier ein gelungener Versuch gemacht worden, aber sie sind, seit die Kartoffeln wieder gerathen, wieder abgegangen. Brachbau besteht hier nicht, auch nicht flürlicher, weil die Markung zu getheilt ist und Jedes eben seinen Bedarf an Kartoffeln baut. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens Acker wird zu 31/2–4 Scheffel Dinkel, 11/2–2 Schff. Gerste und Roggen, 4 Schff. Haber angegeben. Absatz nach außen findet nicht Statt, da weit nicht der Bedarf an Brod für die starke Bevölkerung gebaut wird, und selbst Begütertere auf 1/41/2 Jahr Brod kaufen müssen. Der höchste Preis des Morgens Acker beträgt 100 fl., der mittlere 60–70 fl., der niederste 10 fl.

Die Wiesen sind großentheils eher zu sumpfig, als zu trocken und wässerungsbedürftig, was übrigens bei mehreren leicht von den einzelnen Seen aus geschehen könnte. Den allzu versumpften sucht man auf Anregung des landw. Vereins durch Drainirung zu helfen. Der Ertrag der größtentheils zweimähdigen Wiesen wird auf 12 Ctr. Heu und 5 Ctr. Öhmd geschätzt. Die Preise eines Morgens Wiese bewegen sich zwischen 12 fl. und 140 fl.

Zu Hebung der Obstbaumzucht hat der Vorstand des landw. Vereins seit 1848 von Hohenheim und anderswoher 18,000 veredelte Stämmchen einführen und Straßen, Hausgärten, Äcker und Wiesen dieses Bezirkes damit, wie auf dem Mainhardter Wald, so im Burgfrieden besetzen lassen. Der Erfolg ist abzuwarten. Boden und Clima sind aber weniger günstig.

Die Rindviehzucht, bei welcher auf den leichteren rothen Neckarschlag gehalten wird, ist beträchtlich. Es waren bei der letzten Aufnahme vorhanden: 18 Ochsen und Stiere, 148 Kühe, 90 Stück Schmalvieh. Die Nachzucht geschieht durch zwei Farren, für welche die Gemeinde einem einzelnen Ortsbürger 60 fl. bezahlt und ihm das Sprunggeld überläßt.

Eine Viehleihkasse besteht seit 1856; dazu gehören 34 Kühe und 10 Rinder. Übrigens fehlt es an zureichendem Futter und an Streue.

Pferde waren bei der neuesten Aufnahme nur 10, zu den Handelsfuhren benöthigte, vorhanden.

| An Schafen fanden sich nur 8 Landschafe. Eine Gemeindeschäferei gibt es nicht, da hier auch keine Brachweide besteht.

Schweinszucht wird nicht getrieben. Es waren bei der letzten Aufnahme keine Mutterschweine vorhanden, wohl aber 34 Mastschweine und 38 Läufer und Milchschweine. Was nicht in’s Haus geschlachtet wird, findet guten Absatz bei den Metzgern der Umgegend.

Ziegen werden, von den vielen Unbemittelten, der Milch wegen gehalten. Es waren am 1. Jan. l. J. deren 26 in dem Orte.

Für Bienenzucht ist die hohe, windige und rauhe Lage minder günstig. Man fand bei der letzten Aufnahme nur 15 Stöcke.

Geflügel wird blos für den Hausbrauch, nicht für den Handel gezogen.

Die ökonomischen Verhältnis der Gemeinde sind nicht sehr günstig, vgl. Tabelle III. Eine Stiftungspflege ist nicht vorhanden, auch keine Armenstiftung, außer der Heilbronner Schuler’schen im Betrag von 800 fl.

Der Name des Orts weist, wie der vom unfernen Alt- und Neufürstenhütten, darauf hin, daß in dieser waldigten Gegend früher eine Glashütte, oder, wie der benachbarte Namen Stollenhof andeutet, ein Bergwerk hier herum gestanden. Das dabei allmählig entstehende Dorf gehörte mit den Parcellen zur Herrschaft Maienfels. Siehe das Geschichtliche von Maienfels.

2) Bärenbronn, Weiler mit 74 Einw., liegt 3/8 Stunden (geom.) südwestlich von Neuhütten, unweit der Land- und Poststraße Löwenstein-Mainhardt, fast zusammenhängend mit dem zur Markung Wüstenroth gehörenden Weiler Hasenhof, nur durch den Ortsweg getheilt, über einem der dichtbewaldeten Thaleinschnitte, welche den aus mehreren Klingen zusammenfließenden Bernbach dem Heimbach im Thale von Unter-Heimbach zuführen. Meist niedrige, einstockige Häuslein, vor denen Schindeln, das Haupthandelsgewerbe der Einwohner, geschnitten und getrocknet werden. Tiefer Sand bedeckt den Nebenweg, der nach Neuhütten, vorüber an einem weißen Sandsteinbruche, führt. Auch der Grund der Äcker und Wiesen ist Sandboden. Trinkwasser bekommt der Weiler aus einigen Privatpumpbrunnen.

3) Kühhof, kleiner Weiler mit 18 Einw., liegt 1/8 Stunde südöstlich von Neuhütten, auf einer leichten Anhöhe, welche durch einen unbedeutenden in das gegen Finsterroth ziehende Thal ausmündenden Einschnitt von Neuhütten geschieden ist. Ansehnlichere, von Gärten und steinigten Vorhöfen mit Dunglegen und nicht| unergiebigen Feldern umgebene Gebäude. Trinkwasser erhält der Weiler von einer Quelle am Thalabhang und einem Pumpbrunnen.

4) Lauxenhof, Weiler mit 35 Einw., liegt auf derselben Anhöhe, 1/16 Stunde unterhalb dem Kühhof, eine schwache Viertelstunde von Neuhütten entfernt, über dem gegen Finsterroth ziehenden Thaleinschnitte, wo der vom Kühhof herkommende kleine Einschnitt in diesen mündet. Wenige, nicht unansehnliche, mit steinbeschlagenen Vorhöfen, Dunglegen, Gärten und Feldern umgebene Gebäude. Trinkwasser liefert den Bewohnern eine Quelle, die nicht gefaßt ist und ein Pumpbrunnen. Erwerbsquelle ist Kleinhandel und Holzwaaren, besonders Schindeln.

5) Plapphof, kleiner Weiler mit 17 Einw., 3/16 Stunden (geom.) südöstlich vom Mittelpunkte des Hauptorts entfernt, und von Neuhütten durch den unweit beginnenden, südlich gegen Finsterroth ziehenden Thaleinschnitt mit Quellbächlein getrennt, liegt an dem leicht ansteigenden linken Ufer dieses Thaleinschnitts und Bächleins. Wenige, nicht unansehnliche Gebäude, umgeben von Vorhöfen mit Dunglegen, Grasgärten und höher austeigenden, nicht unergiebigen Feldern. War früher Versammlungsort der neuentstandenen Baptistensekte, die sich die Wiedergebornen nennt, in Verbindung mit Dauernberg, Oberamts Backnang. Sehr gutes und reichliches Trinkwasser erhält der Weiler von einer am Abhange des Berges fließenden Felsenquelle, die aber nicht gefaßt ist. Erwerbsquelle ist für die Einwohner Kleinhandel mit Holzwaaren und Ökonomie.

6) Jägerhaus im Kreuzle, 2 Häuser mit 15 Einwohnern, 1/4 Stunde nordöstlich von Neuhütten, gehört zum Gemeindeverband Neuhütten, während der Weiler Kreuzle zu Maienfels zugetheilt ist. Das von einer Linde beschattete, auf einer freien Höhe des Gebirgskammes, 1743′ über der Meeresfläche gelegene Jägerhaus, dessen Bewohner früher zugleich von Gemming’scher Rentbeamter war, ist durch sein Thürmchen, auf welchem eine Uhr und eine Glocke ist, weithin vom Thale aus wahrnehmbar und genießt eine herrliche Aussicht (siehe Maienfels, 7) Kreuzle).

Zur neueren Geschichte von Neuhütten gehört die Insurrection vom Jahre 1848. In einer Märznacht von 1848 zogen 300–400 Neuhütter nach Weiler, überfielen das dortige Amthaus und Schloß und verbrannten sämmtliche Akten und Bücher über die der Gutsherrschaft zustehenden Lehensgefälle. Nach vollzogenem Auto da Fe gieng es in gleicher Absicht nach Kreuzle und Maienfels. Trotz des ihnen gleich nachrückenden Militärcommandos widersetzten sie sich der Verhaftung der Rädelsführer. Im Mai desselben Jahrs neue| Auflehnung gegen den abgeordneten Untersuchungscommissär und Verjagung desselben, worauf in der Nacht vom 13/14. Mai ein ganzes Bataillon Infanterie den Ort besetzte und die Rädelsführer gefangen in die Oberamtsstadt ablieferte. Darauf folgte lange militärische Besetzung des Orts bis nach geschlossener Untersuchung und Verurtheilung der Anführer.

Eine eigene Stiftungspflege für das fallende Kirchenopfer ist vorhanden.

Da zu Hebung der kirchlichen und sittlichen Zustände dieses Gebirges für nothwendig erkannt wurde, die allzugroßen Kirchengemeinden zu verkleinern, so wurde im Juli 1851 Neuhütten von Maienfels, Finsterroth von Wüstenroth exparochirt und diese beide Orte zu einem neugebildeten Pfarrbezirke Finsterroth-Neuhütten erhoben mit eigenem ständigem Pfarrverweser, welcher Anfangs seinen Sitz in Finsterroth hatte, wo man zuerst die gemeinschaftliche Kirche auf Staatskosten zu bauen beabsichtigte. Weil sich aber die beiden Gemeinden bei den vielfachen Verhandlungen nicht vereinigen konnten, so wurde endlich beschlossen, das Schul- und Rathhaus zu Finsterroth zu einem Betsaale für Finsterroth einzurichten und die Kirche seiner Zeit in Neuhütten zu erbauen, weßhalb denn auch der Sitz des ständigen Pfarrverwesers, wie des vom Staate aufgestellten gemeinschaftlichen Schultheißen, im Frühjahr 1856 nach Neuhütten verlegt wurde. Die Gottesdienste werden interimistisch, bis der Kirchenbau ausgeführt werden kann, in einem gemietheten Saale gehalten. Finsterroth aber wird von dem Pfarrverweser als eine mit Neuhütten unirte Pfarrei versehen (s. oben Finsterroth).

Eine eigene Schule mit zwei Lehrern hat Neuhütten seit unfürdenklicher Zeit.

Der Verbindungsweg mit der Oberamtsstadt ist erstens die Land- und Poststraße Heilbronn-Löwenstein-Mainhardt, dann die darein bei Weihenbronn einmündende, Neuhütten durchziehende Vicinalstraße, durch welche letztere Neuhütten über Ober- und Unter-Heimbach mit dem Brettachthale und mit der Poststraße Weinsberg-Öhringen in Verbindung gesetzt ist.

Gefällberechtigt war bei Vollziehung der Ablösungsgesetze von 1848 und 49: v. Gemmingen-Bürg und v. Teuffel-Birkensee, v. Weiler und die Pfarrei Maienfels.


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