« Kapitel B 17 Beschreibung des Oberamts Wangen Kapitel B 19 »
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18. Gemeinde Niederwangen,
bestehend aus 20 (41) Parzellen auf 20 Markungen, mit 706 kath. Einwohnern. Der Bezirk ist von der obern Argen in einem ziemlich flachen Thal durchströmt und von der untern Argen nördlich begrenzt. Mitten durch den Bezirk führen die Landstraßen von Wangen nach Lindau und nach Tettnang. Der ebenste und fruchtbarste Theil ist die Gegend des Orts Niederwangen selbst; links und rechts von dem obern Argenthal ist hügeliges, waldiges, zum Theil auch sumpfiges Gelände. Viehzucht und Ackerbau wird ergiebig betrieben, so daß der Bezirk zu den wohlhabenden gehört. Für die wenigen Armen der Gemeinde besteht ein Armenhaus; Bettler gibt es gar nicht. Die Vereinödung schreibt sich größtentheils aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Die Parzellen 2–6, 11, 15, 18, 20 sind seit undenklichen Zeiten, 14 ist erst seit 1825 vereinödet. Die Gewerbe sind unbedeutend; nur die Mahlmühle bei Wellbrechts verdient Erwähnung. Konzessionirte Branntweinbrenner gibt es 22. Die Gemeinde besitzt 1300 fl. verzinsliches Kapital ohne Schulden. Da die Gemeinde Niederwangen ein Gebietstheil (eine Hauptmannschaft) der Reichsstadt Wangen war, so ist ihre Geschichte mit der letzteren verflochten. Die Vogtei und Vogtrecht, den Kirchensatz und die Kirche sammt Widdum und Zugehörungen und den Maierhof zu Niederwangen, dann die Parzelle Feld trug die Stadt von Österreich zu Lehen, als von Nellenburg herrührend. Wangen hatte hohe und niedere Gerichtsbarkeit nur in 1, 3, 6, 7, 11, 19, 20. In allen übrigen Parzellen, welche ursprünglich zur Herrschaft Schomburg oder Schowenburg gehörten, wurde die hohe Jurisdiktion von Montfort geübt.[1] Sämmtliche Theile der Gemeinde sind nach| Niederwangen eingepfarrt, mit Ausnahme von 18, was nach Schwarzenbach, und 16, was nach Wangen gewiesen ist. Nach dieser Bestimmung richtet sich auch die Schulpflichtigkeit. Die großen, kleinen und Blutzehnten in der ganzen Pfarrei hatte früher die Pfarrstelle. Nach ihrer Einverleibung in den Hospital zu Wangen (1471) bezog letzterer alle Zehnten, mit Ausnahme der Markung Feld, wo früher Österreich, jetzt die königliche Kammer zehntberechtigt ist und ein Surrogat von 1 fl. per Winterfuhr bezieht; einen kleinen Antheil hat dort auch die Pfarrei. Das Hospital Wangen vertrug sich 1824 mit der Gemeinde dahin, daß statt aller Naturalabgabe ein jährliches Geldsurrogat von 1 fl. 15 kr. per Winterfuhr für immer gereicht, von der Gemeinde aber alle Baulasten übernommen werden sollen. Schuppenberg ist zur Pfarrei Schwarzenbach zehntpflichtig.
  • 1) Niederwangen, kathol. Pfarrdorf mit 146 Einw., nebst a) Kussenhof, Hof mit 10 Einw., und b) Thomashof, mit 7 Einw.
Niederwangen liegt angenehm und frei an der Straße nach Tettnang, 3/4 Stunden südwestlich von Wangen. Auf einer kleinen Erhöhung fast mitten im Ort liegt die Pfarrkirche zum h. Andreas; sie ist alt, wenigstens aus der Mitte des 15. Jahrhunderts; im Jahr 1827 nahm die Pfarrgemeinde auf ihre Kosten eine Renovation vor. Das schön gelegene Pfarrhaus baute der Hospital Wangen nach dem dreißigjährigen Krieg, in welchem dasselbe mit einem Theil des Dorfes von den Schweden eingeäschert worden war. Der Kirchenfonds hat 5170 fl. Kapital und 37 fl. 58 kr. Grundzinse. Das Patronat ging 1802 von der Stadt Wangen (wegen des Hospitals) an Bayern, 1810 an Württemberg über. Die Pfarrschule hat einen Lehrer und einen ständigen Gehülfen. Ein kleiner Hügel auf der Nordseite des Dorfs, der Kalvarienberg, trägt eine Kapelle. – Das hohe Alter Niederwangens beurkundet ein Schenkungsbrief eines gewissen Reginperts, der 856 alle seine Güter in Argungowe in loco Nidirowangun an das Kloster St. Gallen vergabt. Übrigens scheint der Ort selbst den alten Grafen von Bregenz und des Nibelgaus angehört zu haben, da später sich die Grafen von Vöringen und Nellenburg, diese theilweisen Erben und Verwandten ersterer, im Besitze des Vogtrechts, Kirchensatzes, der Kirchenlehen, Patronate mit Leuten, Gütern, Dienststeuern u. s. w. befanden. Graf Hans von Nellenburg und Thengen belehnt mit diesen Rechten allen 1422 den Ulrich von Heimenhofen, dessen Erben Hans, Rudolf und Erchanger im Jahr 1431 dieselben um 900 Pfund Heller an die Stadt Wangen oder vielmehr den Hospital daselbst verkaufen. Graf Hans von Nellenburg bestätigt diesen Verkauf 1432 und belehnt| den Claus Halder als Lehensträger. Mit Nellenburg ging die Lehensherrlichkeit auf Österreich über. Einzelne Höfe und Güter gehörten aber auch zur Veste Schomburg; 1594 verkauft Humpiß zu Schomburg an Wangen seine Höfe, Güter und Gerechtigkeiten zu Niederwangen, Wellbrechts und Melitz (Elitz) um 7000 fl.
  • 2) Berg, Weiler mit 21 Ein»., nebst Weissenhof, Hof mit 3 Einw.
  • 3) Böhen (Böchen), Hof mit 7 Einw.
  • 4) Brententhann, Weiler mit 10 Einw., war Eigenthum der Humpiß. 1622 verkaufte Wilhelm Humpiß zu Pfaffenweiler seinem Bruder Friedrich dem Jüngern zu Waltrambs seine Höfe, Güter, Weiher und Holzmarken zu Lachen und Brententhann um 11.000 fl.
  • 5) Bürsten, Weiler mit 26 Einw., nebst Kiebachhof, Hof mit 7 Einw.
  • 6) Dorreite, Hof mit 4 Einw.
  • 7) Elitz, Weiler mit 33 Einw., nebst Baurus, Hof mit 8 Einw., s. vorhin bei Niederwangen.
  • 8) Ettensweiler, Weiler mit 50 Einw., nebst a) Biggelshof, mit 4 Einw., b) Fidelershof, Hof mit 4 Einw., c) Locherhof, Hof mit 7 Einw., d) Welschenhof, Hof mit 14 Einw. Ettensweiler gehörte früher zur Veste Schomburg. 1335 schenkt Gözwin (Geßwein) von Schowenburg „Ettisweiler“ dem Kloster Weißenau für das Seelenheil seines Bruders Mangold. Neun Jahre später sieht sich das Kloster wegen Schulden genöthigt, diesen Ort wieder zu veräußern, wodurch er wieder an Schomburg kam; daher ein Hof und Gut daselbst 1501 erstmals von Österreich an Hans Schnitzer zu Lehen gegeben wird; dieses Lehen kam nach mehreren Veränderungen 1735 an Johann Philipp v. Scherer, der 1742 nochmals damit belehnt wird.
  • 9) Feld, Weiler mit 31 Einw. Das Gut und den Hof zu Feld, in vier Sölden abgetheilt, mit Zugehörungen trug die Stadt Wangen von Österreich als Nellenburgisches Mannslehen, das die Stadt mit lehensherrl. Consens von Chr. Hohls Erben 1709 erkaufte.
  • 10) Hatzenweiler, Weiler mit 20 Einw. Nach einer Urkunde d. d. 5. September 773 (Neug. n. LIV.) schenken Hadupert und seine Mutter Teotrada ihre Güter in Haddinwilare im pagus Argonensis dem Kloster St. Gallen. Eben derselbe überläßt 815 (n. CLXXXIII.) demselben Kloster Alles, was ihm sein Vater Hatto in Haddinwilare hinterlassen. Graf Hugo von Montfort verkauft an die Stadt Wangen die Schomburg’schen Güter in Hatzenweiler sammt der Fischenz in der obern Argen 1661. Der Ort liegt an der Landstraße nach Lindau. |
  • 11) Herzmanns, Weiler mit 23 Einw.
  • 12) Humbrechts, Weiler mit 40 Einw., nebst a) Geigers, Hof mit 6 Einw., b) Ibelers, Hof mit 6 Einw., c) Moser, Hof mit 7 Einw., d) Weißes, Hof mit 2 Einw.

Humbrechts hatte seinen eigenen Adel, der in dem jetzt ganz verschwundenen Schlosse bei Humprechts wohnte, und St. Gallen lehenpflichtig war. Im Jahr 1419 empfing dieses Lehen Andreas Wermeister, Bürgermeister zu Wangen mit Blumenau, von welchem es an die Stadt kam.

  • 13) Jussenweiler, Weiler mit 34 Einw., nebst a) Mohrhaus, Haus mit 2 Einw., b) Paulshof, Hof mit 8 Einw., c) Wälsches, Hof mit 8 Einw.
  • 14) Lachen, Weiler mit 20 Einw., s. vorhin bei Nr. 4.
  • 15) Löwenhorn, Hof mit 8 Einw. In dem Theilbrief der Montforte vom Jahr 1338 wird „Lewenhorn, daß Guet daß Weylandt des Rueßers was, und was dazu hört, dem Grafen Wilhelm zugetheilt.“ Mit Schomburg kam Löwenhorn an die Humpiß, von denen es die Stadt Wangen 1614 um 2300 fl. erkauft. Auf einem jetzt ganz bewaldeten Hügel, nördlich von dem Hof, stand die alte Burg Löwenhorn, von welcher keine Mauern mehr, wohl aber Wälle und Gräben sichtbar sind.
  • 16) Nieratz, Weiler mit 25 Einw., nebst a) Hohstatt, Hof mit 3 Einw., b) Nieratzbad, Haus ohne beständige Bewohner, c) Ölmühle, Hof mit 4 Einw., d) Sailers, Hof mit 12 Einw.

Wangen erhielt 1589 einen Theil von Nieratz durch Tausch von Johann Ludwig von Ratzenried. Über die Bestandtheile und Heilkräfte des Bades ist oben S. 15 das Nähere angegeben. Die Anstalt, 3/4 Stunden von der Stadt entlegen, genießt das Vertrauen der Umgegend; ihre Einrichtung ist sehr ländlich, doch genügsame Ansprüche befriedigend. Die abgeschiedene Lage in einem angenehmen Thälchen und stille Waldparthien machen Nieratz zu einem beliebten Zielpunkt für die Spaziergänge der nahen Stadtbewohner. Auf den waldigen Berg über dem Badhaus, die Finsterburg genannt, verlegt die Sage eine alte Burg dieses Namens, von welcher kaum noch einige Spuren eines Grabens bemerkbar sind. – Nieratz ist erst seit 1821 nach Wangen eingepfarrt und gehörte früher in die Pfarrei Niederwangen. Einen Theil des kleinen Zehnten bezieht die Stadtpflege.

  • 17) Obermooweiler, Weiler mit 21 Einw., nebst Schmidles, Hof mit 4 Einw. Papst Eugen III. bestätigt dem Kloster Roth capellanam ecclesiam in Mowiler cum praedio et praedia in villa superiore Mowiler, 1152. Die Stadt Wangen trug „einen Weiher, des Hanselmanns Weiher genannt, und das Moos| aneinander zu Obermooweiler mit Zugehörden“ als ein feudum ordinarium durch Lehensträgerei von Österreich. (Stift Lind. Lehenshof.)
  • 18) Schuppenberg, Weiler mit 18 Einw., s. oben Schwarzenbach.
  • 19) Wellbrechts (auch Mellbrechts, s. oben S. 163) Weiler an der obern Argen mit 20 Einw., s. vorhin bei Niederwangen. Wellbrechts hat ein Bad mit sehr beschränkter und geringer Einrichtung. Eine kleine Feldkapelle unterhält die Parzellargemeinde.
  • 20) Wolfatz, Weiler mit 23 Einw. an der bayerischen Grenze, hatte eine Burg, von welcher sich eine adelige Familie schrieb. Die Landtafel von 1617 verzeichnet noch das Schlößchen, schreibt aber Wolfholz. Vergl. oben Gemeinde Deuchelried. Eine Zeitlang besaßen es die Schnitzer in Wangen.


  1. Darüber liegen Verträge von 1447 zwischen Osw. Siber als Inhaber von Schomburg, dann von 1493, 1527, 1550, 1580 zwischen Montfort und Wangen vor. Die letzte Bereinigung der Jurisdiktionsgrenzen fand 1747 statt.