« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 2 »
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B.


Ortsbeschreibung.




1. Gemeinde Waiblingen [1]
mit Emmerich, Waldmühle und Waldschützenhaus.


Die Oberamtsstadt Waiblingen liegt unter 26° 58′ 49,82″ östlicher Länge und 48° 49′ 50,41″ nördlicher Breite, 4 geometrische Stunden nordöstlich von Stuttgart. Die Erhebung über dem Mittelmeer beträgt: an der Post 702,9; die des Remsniveau am untern Thor 672,9 Pariser Fuß. Die Stadt ist der Sitz der sämmtlichen Bezirksstellen (ausschließlich des Forstamtes), nebst einer Filialverwaltung der Königl. Holzverwaltung Stuttgart und eines Postamtes, und zu den Forstämtern Schorndorf und Reichenberg eingetheilt. Sie zählt 3285 evangelische und 19 katholische, zusammen 3304 ortsangehörige Einwohner, ist also eine Gemeinde II. Klasse.

Der Name der Stadt kommt von Waibel (Beamter, Verwalter) her und weist auf Untergebene eines solchen; das Wort Waibel wurde auch sonst zu Ortsbezeichnungen verwendet, wie in Waibelhub (d. i. Gut, von einem Waibel verwaltet).

Was die grundherrlichen Verhältnisse betrifft, so stehen die Zehenten meist dem Staate zu. Jedoch hat die Stadt den sogenannten Veitszehenten (3/4 des großen Zehenten auf 226 Morgen und 2/3 kleinen Zehenten auf 8 Mrg. Acker) von den Freiherren v. Palm und der Stiftungspflege Mühlhausen im Jahr 1845 um 7500 fl., sowie das Hahnenlehen (3/4 des großen Zehenten auf | 61 M. Acker), im Jahr 1844 um 1450 fl., und das Beutenmüller’sche Lehen (3/4 des großen Zehenten auf 54 M. Acker) um 700 fl. käuflich erworben. Ferner hat die Stadt nach den Gesetzen von 1836 die ewige Steuer mit 400 fl., ihren Antheil an den Brennholzfuhren zur Hofhaltung mit 517 fl. 15 kr. und mehrere Gebäudezinse mit 1341 fl., sowie auch 1844 den Heuzehenten mit 3702 fl. 12 kr. abgelöst, und um die Markung vollends, soweit es damals gesetzlich thunlich war, von sonstigen Grundlasten zu befreien, 1844/45 an solchen dem Staat für 18.097 fl. 51 kr., der Stadtpflege Waiblingen für 623 fl. 45 kr., der Kastenpflege daselbst für 864 fl. 3 kr., der Stiftungspflege Eßlingen für 1888 fl. 27 kr. und der Stiftungspflege Schmiden für 12 fl. abgekauft. Jetzt hat der Staat noch jährlich zu erheben:[2] vom großen Zehenten 71 fl. und 976 Scheffel Früchte nach Rauhem, vom kleinen Zehenten 281 fl., vom Weinzehenten 220 fl., vom Novalzehenten 20 fl. 16 kr.; Zehent-Surrogatgelder 246 fl. und Bodenweingeld 26 fl. 6 kr.

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Waiblingen liegt in dem reizenden gesegneten Remsthale, theils am nördlichen Abhang einer Anhöhe und theils im Thal an der Rems, welche von Südost in einer Krümmung gegen Nordwest an der Stadt vorbeifließt und über welche vor dem Winnender Thore eine steinerne, jedoch allzuhoch gesprengte Brücke[3] führt. Der Fluß schlängelt sich in südwestlicher Richtung weiter und bildet, indem er die Stadt auf dieser Seite zur Hälfte umgibt, zunächst der ersteren mittelst eines Hauptcanals und zweier Arme 5 Inseln. Die Markung grenzt östlich an Beinstein, nördlich an Neustadt, nordwestlich an Hegnach, nordöstlich an Korb, südlich und westlich aber an das Oberamt Canstatt. Die Stadt ist ihrem größeren Theile nach uneben und hat kein vortheilhaftes Aussehen, obgleich fast alle Thore abgebrochen sind und die Stadtmauer kaum mehr sichtbar ist. Die klimatischen Verhältnisse sind sehr günstig und der Gesundheitszustand im Ganzen gut. Durch die Stadt führt die lebhafte Straße von Stuttgart her, die sich hier bei dem Postgebäude in die Staatsstraßen nach Schorndorf, Ellwangen etc. und nach Winnenden, Hall etc. abzweigt. Die erstere berührt bloß die Stuttgarter Vorstadt, die letztere aber führt durch die engen und unebenen Straßen der Stadt selbst, sowie durch die | Winnender Vorstadt, und hat daher einen Plan der Regierung hervorgerufen, wonach diese Straße verlassen und über die Brühlwiesen geführt werden sollte. Um denselben zu beseitigen, hat die Stadt zu Verbesserung der Passage durch die Stadt namhafte Opfer gebracht: es wurden 2 Thorthürme und 5 Gebäude abgebrochen und die Straße selbst verbessert, wodurch die Stadt von 1843/46 einen Aufwand von 18.076 fl. zu machen hatte. Die Stadtmauer steht, wie schon erwähnt, nur noch theilweise, und von den früheren 3 Thoren ist das Felbacher und Schmidener, welche schon 1304 vorkommen, abgebrochen und nur noch das Beinsteiner mit einem schönen Wappen Eberhards im Bart (mit Palmbaum, Inschrift: Attempto und Jahreszahl 1491), vorhanden. Die wenigen Straßen der eigentlichen Stadt sind, wie schon erwähnt, eng und bergigt; die Vorstädte jedoch sind freundlicher. Freundlich ist auch der sogenannte Wasen: eine schattige Allee von Linden, Buchen und Pappeln, welche der Rems entlang gegen Neustadt führt.

1

Gebäude. Die Zahl der sämmtlichen Gebäude ist 609, worunter 239 Nebengebäude. Dem Staat gehören 12, der Gemeinde 14. Der Brandversicherungsanschlag ist 723.000 fl. Die merkwürdigsten öffentlichen Gebäude sind: die sogenannte äußere Kirche, außerhalb der Stadt, an der Straße nach Schorndorf gelegen, hauptsächlich Sommers benützt. Sie ist rein gothischen Styles und ihre ganze Bauart merkwürdig. In der Mitte des alten Friedhofes, frei gelegen, ist sie mit diesem von einer starken Mauer umgeben, die auf den Ecken runde, massive Thürme mit Schießscharten hatte, wovon noch einer größtentheils erhalten ist und woraus sich ergibt, daß der Kirchhof sehr fest und zur Vertheidigung bestimmt war. Sehr schön und imposant ist der Thurm: ein aus einem Viereck hervorgewachsenes Octogon, das sich durch die schöne Zusammenfügung der Quader auszeichnet. Die Kirche wurde 1459 bis 1488 auf Kosten der Familien Gaisberg, Happ, Wolfart, Kühorn, Lidhorn und Sattler von Hans Felber aus Ulm, der damit sein Meisterstück machte, erbaut, und 1480 eingeweiht, der Thurm 1488 vollendet. Die Kirche, deren Dach einst höher war, wie Spuren am Thurm erkennen lassen, ist von sehr gefälligen Verhältnissen, mit einem Haupt- und zwei Seiten-Schiffen; der schöne Chor, um mehrere Stufen höher als diese gelegen, ist leider durch eine Empore verunstaltet. An den Chor stoßen zwei Seitencapellen, deren eine, beim Sakramenthäuschen, der Familie Sattler, die andere, nordwestlich von jener, 1489 erbaut, der Happ von Happenberg zum Erbbegräbniß gedient hat. Von schöner Arbeit ist auch die aus dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts stammende Kanzel und das in Stein gehauene Bild | St. Michaels, dem die Kirche geweiht gewesen zu seyn scheint. In- und außerhalb der Kirche befinden sich mehrere Epitaphien, wovon die älteren, soweit sie nun zum Fußboden dienen, nicht mehr ganz leserlich sind. Diese, sowie einige Theile des Einbaues der Kirche haben zu Ende des verflossenen Jahrhunderts, wo sie als Magazin benutzt wurde, Schaden gelitten. Es ist deßwegen rühmend anzuerkennen, daß die Behörden der Stadt, deren Eigenthum sie ist, die Absicht haben, unter Leitung Heideloffs die Kirche in würdiger Weise restauriren zu lassen, wozu die Mittel bereits angesammelt werden. Nachgrabungen in dem erhöhten Boden des Chors haben zwar die Vermuthung, daß unter demselben etwa eine Gruft gewesen, noch nicht bestätigt; die hiebei aufgefundenen älteren Gräber und Grabsteine beweisen aber, daß schon vor der Erbauung der jetzigen Kirche hier ein Kirchhof war und daß wohl diese auf der Stelle der vielleicht in den Städtekriegen zerstörten, noch ältern Kirche aufgebaut worden ist. Noch ist anzufügen, daß innerhalb des Kirchhofes einige Capellen standen, deren eine vor 10 bis 12 Jahren abgebrochen worden ist. Eine derselben war die Marien-Capelle, welche die 1471 hier verstorbene Gräfin Anna von Württemberg (s. unt.) aufführen ließ, zu ihrem Begräbniß bestimmte und mit einem 300 fl. werthen Kelch und einer Pfründe ausstattete. Von denselben steht nur noch eine einzige, nordwestlich von der Kirche, wie diese gothischen Styles, in sehr gefälligen Verhältnissen und mit einer Gruft versehen, in welcher die Schlußsteine der Kreuzgewölbe je einen Todtenkopf enthalten. Am Eingang ist die Jahreszahl 1496 eingehauen. Die Capelle führt den Namen „das Nonnenkirchle,“ weil der Sage nach einst ein Frauenkloster dabei gestanden seyn soll. Ein unterirdischer Gang soll die Capelle mit der geistlichen Verwaltung verbunden haben.

Die zweite, namentlich Winters benützte Kirche liegt in der Stadt, an der Straße nach Winnenden. Es scheint dieß die dem heil. Nicolaus geweihte, 1269 vorkommende Capelle zu seyn. Die Gebrüder Ludwig und Ulrich, Grafen von Württemberg, stiften, in oppido nostro Waiblingen unam missam et primariam ad altare b. Barbarae, und bewidmen sie mit Zehenten zu Hohenacker, die zuvor Georg Dürner besessen, und mit einem halben Hof zu Beinstein, welcher den dortigen Nonnen gehört hatte. Im Jahr 1488 wurde die Kirche mit einem Spitzthurm neu gebaut; 1634 brannte sie aus; 1638 wurde sie wieder hergestellt und mit einem Thurm versehen. Die Orgel hat Joh. Friedr. Schmohl in Heilbronn 1730 um 670 fl. gebaut. Beide Kirchen hat die Kastenpflege und aushülfsweise die Stadtpflege zu erhalten.

| Das Pfarrhaus liegt mitten in der Stadt, das Diakonathaus bei dem vormaligen Stuttgarter Thor; beide hat der Staat im Bau zu erhalten. In dem an derselben Straße liegenden Präceptoratsgebäude ist auch die Realschule untergebracht; die Baulast hat die Stiftungspflege. – Das Oberamtsgebäude liegt an der nach Winnenden führenden Straße, den beiden Fruchtkästen des Staats gegenüber, welche ohne Zweifel auf den Fundamenten des hier gestandenen, 1634 abgebrannten Schlosses erbaut worden sind – zunächst dem „Schloßhofe,“ dessen Mauern zu Erbreiterung der Straße unlängst abgebrochen wurden. – Das Oberamtsgerichtsgebäude liegt auf dem ziemlich geräumigen Marktplatze; – nicht ferne von diesem das Cameralamtsgebäude, früher der Sitz der zuvor erwähnten geistlichen Verwaltung. – Das eine Erweiterung erfordernde Rathhaus liegt gleichfalls auf dem Marktplatze; das ältere, nahe gelegene Rathhaus, 1725/30 gebaut, ist 1840 um 3000 fl. verkauft worden. – An sonstigen Gebäuden sind noch zu erwähnen: der oben in der Stadt gelegene Hochwachthurm, welchen der Brand 1634 verschont hatte; die daneben gelegene „Fuggerei,“ wo einst, nach der jedoch unbescheinigten Sage eine Weberei der Grafen Fugger gewesen sey; die „alte Herberge,“ ein großes Privatgebäude neben dem Cameralamt; der oben erwähnte Beinsteiner Thorthurm. Das beim Markt stehende vormals Zacher’sche Haus (jetzt Dietrich’sche Apotheke) hat folgende Inschrift:

1164. Der löblich Kayser Friederich
0000. Rothbart genannt hat zieret mich
0000. Ferdinand des Andern Kriegesmacht
1634. Hat mich um allen Wohlstand bracht
0000. Eberhard der Dritt von Württemberg
1638. Schützt wieder, thut ein fürstlich Werk
0000. Wolfgang Zacher der erst Amtmann
1640. Fangt wieder hier zu bauen an
0000. Und dies Haus ist das erst gesein
0000. Gieng nochmal wieder auf gar fein
0000. Nahm zu und bessert mich sehr wohl,
0000. Dessen ich Gott stets danken soll.

Außerhalb der Stadt, an der Straße nach Beinstein, steht das Siechenhaus mit einer gothischen Capelle, welche seit 1848 als Schießstätte benützt wird. Zunächst derselben tritt der nordöstlich herkommende Ketzenbach in die Rems.

Die Einwohner und ihr Nahrungsstand.
Waiblingen zählte auf den 3. December 1846 3304 ortsangehörige Einwohner, nämlich 1593 männliche, 1711 weibliche, | welche, mit Ausnahme von 19 Katholiken, sämmtlich der evangelischen Confession zugethan sind. Im Jahr 1832, 1. November, bestand die angehörige Bevölkerung der Stadtgemeinde aus 1409 männlichen, 1573 weiblichen, zusammen aus 2982 Seelen; davon waren 433 abwesend, dagegen 315 Fremde anwesend; die ortsanwesende Bevölkerung war also 2861. Im Jahr 1846, 3. December, waren abwesend 404, Fremde anwesend 436, daher die ortsanwesende Bevölkerung 3336 betrug. Die Zahl der Familien war 1846 690, die der Ehen zu gleicher Zeit 528; es kamen daher auf 1 Ehe 6,3, auf 1 Familie 4,8 Angehörige. Im Jahr 1832 wurden 468 Ehen gezählt. (Im Jahr 1792 war die Einwohnerzahl 2175, 1793 2194, 1794 2222; sie hat also in 52 Jahren um 1/3 zugenommen.) Im Durchschnitt von 1836/46 wurden hier jährlich geboren 134,3, darunter unehelich 14,8. Auf 1000 Angehörige kommen daher 41,2 Geburten, oder 1 Geburt auf 24,3 Angehörige. Unter 100 Geburten waren 11,0 unehelich, oder die unehelichen verhalten sich zu den ehelichen[ER 1] wie 1:8,1.

Gestorben sind nach jenem Durchschnitt jährlich 100,6. Es kommen hienach auf 1000 Angehörige 30,9 Sterbfälle oder 1 Sterbfall auf 32,4 Angehörige, und zwar auf 1000 Personen männlichen Geschlechts 32,5, auf 1000 Personen weiblichen Geschlechts 29,8 Gestorbene. Auf 100 Gestorbene kommen 133,5 Geborne. Der Überschuß der Gebornen über die Gestorbenen, d. h. der natürliche Zuwachs zur Bevölkerung, belief sich für das Jahrzehnd 1836/46 auf 337 Köpfe (193 männl., 144 weibl.); die Abnahme durch Wanderung auf 69 (19 männl., 50 weibliche); der Zuwachs überhaupt auf 268 (174 männl., 94 weibl.), oder auf 8,8 Procent der Bevölkerung.

Bei der Aufnahme auf den 3. December 1846 fanden sich hier Übersechzigjährige 244, oder auf 1000 Einwohner 73,8, während auf die gleiche Zahl im ganzen Bezirk 71,5, im ganzen Lande aber 75,7 kommen.

Von ausgezeichneten Waiblingern ist zu erwähnen:

Andreä, Jakob, geboren den 25. März 1528, Sohn eines Schmieds (sein Vater nannte sich Jakob Endriß). Zum Zimmerhandwerk bestimmt, erregte er durch sein Talent die Aufmerksamkeit Erhard Schnepfs, welcher ihm die theologische Laufbahn in Württemberg eröffnete. Im Jahre 1546 wurde er Diakonus in Stuttgart; 1549, nachdem er zuvor wegen Nichtannahme des Interims eine Zeit lang abgesetzt war, Diakonus in Tübingen, hierauf Superintendent in Göppingen, 1562 Professor der Theologie, Kanzler und Propst zu Tübingen, wo er am 7. Januar 1590 verschied. Bekannt ist er als kräftiger Kämpfer für die reinlutherische Lehre – | für welche er sich in manche Streitigkeiten verwickelte, viele polemische Schriften verfaßte, mehreren Colloquien anwohnte – hauptsächlich auch dadurch, daß er an der Abfassung der Concordienformel einen Hauptantheil hatte.

Ein Waiblinger Original, nach dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, war Anton Sixt, Maler, ein Mann von Riesengröße, welcher auf einen Imbiß 9 Pf. Brod, 4 Pf. Fleisch und 9 Maas Wein zu sich nehmen konnte. Da er in der Heimath den Hunger nicht mehr zu stillen wußte, nahm er Kriegsdienst, zog in die Picardie, später nach Ungarn, wobei er sich reiche Beute gewann. Seinen Tod fand er im Krieg.

Der Nahrungsstand ruht hauptsächlich auf dem Feldbau, obgleich die Zahl der Gewerbenden von 325 gegenüber der Zahl der Bauern, Weingärtner und Taglöhner mit etwa 200 verhältnißmäßig groß ist. Allein selbst tüchtige und thätige Professionisten betreiben zur Sicherung ihres Unterhaltes nebenbei Landwirthschaft. Bei Weitem die Mehrzahl der Bauern und Weingärtner muß zugleich Geschäfte im Taglohn suchen; denn ihr Grundbesitz ist, wie wir sogleich sehen werden, allzu klein und so verschuldet, daß magere Ernten und Weinfehljahre schmerzlich fühlbar sind, und auch in besseren Jahren viele Familien nicht das ganze Jahresbedürfniß ernten. Die Summe der Privatschulden belief sich 1845 auf mehr als eine halbe Million, wovon 386.000 fl. durch Unterpfänder versichert. Die Vermögensverhältnisse und die Mittel des Auskommens können daher im Allgemeinen nur als mittelmäßig bezeichnet werden.

Von der ganzen 5031 Morgen begreifenden Markung sind (nach Tabelle II.) 324/8 Morgen den Gebäuden und Hofstätten, 1374/8 Morgen dem Gartenbau, 29391/8 Morgen dem Ackerbau, 3902/8 Morgen dem Wiesenbau und 2381/8 Morgen dem Weinbau gewidmet. Es kommt also nicht viel mehr als 1 Morgen Baufeldes auf einen Einwohner. Von dem Eigenthum der Privaten besitzen die Einwohner benachbarter Orte 980 Morgen. Der Boden besteht vorzüglich aus Lehm, theilweise schweren Letten, auch aus Kies; im Allgemeinen ist er gut. Ein Theil der Äcker und Wiesen ist gering oder sehr gering. Der Weinbau ist untergeordnet und die Morgenzahl der im Ertrag stehenden Weinberge, die überdieß von ungünstiger Lage und geringerer Beschaffenheit sind, nur etwa 100. Zu erwähnen ist, daß die Weingärtner im Jahre 1848 einen Verein zu dem Zwecke geschlossen haben, um die Erzeugung eines guten Weines zu fördern und ihre Interessen sonst wahrzunehmen. Die Äcker liegen meist an gelindem Abhang oder auf der Höhe und werden bei der großen Zerstückelung häufig | mit der Hand gebaut. Es gibt hier viele Gutsbesitzer, welche keine Viehzucht treiben und fast ausschließlich auf die Verwendung des aus Stuttgart kommenden Düngermittels (oben Seite 49) angewiesen sind. Jedoch ist auch die Anwendung wollener Lumpen beim Bau der Kartoffeln und Winterfrüchte von starker Ausdehnung und für Waiblingen allein auf 300 Centner jährlich anzuschlagen. Der Suppinger Pflug wird dem Flandrischen vorgezogen. Des durch E. Bihl eingeführten Hopfenbaues und der Maulbeerpflanzung ist S. 52 gedacht. Zur Erntezeit sind Taglöhner von auswärts erforderlich und die Art, wie sie sich einfinden, erinnert an eine ähnliche Sitte in Oberschwaben. Während der Frucht- und Kartoffel-Ernte, auch zu der Kartoffelsaat, kommen aus dem Welzheimer Wald, von der Geiswand und von den Berglen Taglöhner herbei und stellen sich am frühen Morgen auf dem Markt auf, wo sie dann der Waiblinger in Miethe nimmt. Ein Morgen Acker kostet 300–800 fl., ein Morgen Wiese 400 bis 500 fl.[4] Die Zahl der Pferde in der Stadt ist 124, der Ochsen 30, der Kühe 448, des Schmalviehs 88, der Schweine 64, der Schafe 427, worunter 7 spanische, die übrigen Bastarde, der Ziegen 31, der Bienenstöcke 65. Die Rindviehzucht ist von Bedeutung, und Einzelne zeichnen sich durch schönen Viehstand aus. Auch die Schweinzucht ist von Belang. (S. den allg. Theil.)

Was die Gewerbe betrifft, so gibt das revidirte Cataster folgende Übersicht:

M. G.   M. G.
Barbiere 2 Kornmesser 2
Bäcker 20 6 Kübler 6 2
Bortenwirker 2 2 Küfer 6 4
Buchbinder 4 3 Kupferschmiede 2 1
Buchdrucker 2 Lakirer 1
Drechsler 4 2 Maurer 6
Färber 2 Messerschmiede 2 2
Flaschner 3 1 Metzger 20 5
Gärtner 1 Musiker 1 1
Glaser 3 2 Nähterinnen 2
Feldmesser 2 Nagelschmiede 6 1
Fuhrleute 3 Optiker 1 1
Hafner 2 1 Pflästerer 2
Holzmesser 2 Rothgerber 11 5
Hutmacher 1 Seiler 4
Hauderer 2 Seckler 5 4
Ipser 6 1 Seifensieder 5 1
Kammmacher 1 1 Sattler 4 3
Kleemeister 1 Schäfer 1 1
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M. G.   M. G.
Schlosser 5 3 Uhrenmacher 1
Schmiede 6 2 Wagner 3 2
Schneider 22 6 Weber 16 4
Schreiner 13 4 Weißgerber 2
Schuhmacher 39 8 Zeugmacher 1
Siebmacher 1 Zeugschmiede 1 4
Silberarbeiter 1 Ziegler 1
Steinhauer 1 3 Zimmerleute 6 4
Strumpfweber 4 1 Zinngießer 1
Tuchmacher 5 3 Zuckerbäcker 2
Tuchscheerer 1

Zusammen an Handwerkern 282 Meister und 91 Gehilfen, mit einem Steuerkataster von 627 fl. 30 kr. Apotheken sind 2 in der Stadt. Mit Handel und Fabrikation beschäftigen sich 13 und 11 Gehilfen, wozu 4 Kleinhändler kommen, deren Steuerkataster 210 fl. 18 kr. beträgt. Mühlen und andere Werke sind 10 vorhanden mit 87 fl. 42 kr. Steuerkataster. Schildwirthschaften 9, Gassenwirthschaften 30, Getränkefabriken 8, deren Steuerkataster zusammen 173 fl. 50 kr. beträgt.

Die Gewerbeindustrie ist, bei der geringen Zahl der Gehilfen, nicht bedeutend. Wie schon zuvor bemerkt, müssen sich die Handwerker, um auszukommen, zugleich auf den Feldbau legen. Zunächst bildet die Gewinnung des S. 46 erwähnten Bausandes aus der Rems, der Töpfererde, so wie des Fegsandes von dem auf der diesseitigen Markung liegenden, bergmännisch gebauten, Hörnleskopf eine für manche Ärmere lohnende Beschäftigung. Der Buchdruckereien wurde schon S. 65 gedacht. Rühmliche Erwähnung verdienen der geschickte Mechaniker und Optiker Oppenländer, welcher sich namentlich durch seine achromatischen Linsengläser empfiehlt, sowie die Gebrüder Bihl,[5] welche mittelst hydraulischer Pressen thönerne Wasserleitungsröhren und schönes Steingut verfertigen und dabei in ausgedehntem Maßstabe eine Ziegelei | und Ornamentenbrennerei betreiben. Es werden stets zwei Brennöfen für Ziegel und zwei für Kalk in Gang gesetzt. Früher wurden 40 Arbeiter unterhalten. Die Wasserleitungsröhren finden auch im Ausland, selbst in Böhmen Absatz.

Das stark besetzte Gewerbe der Schuhmacher, welche theils die Märkte besuchen und theils auf Bestellung auch nach Stuttgart arbeiten, leidet unter der großen Concurrenz. Auch die Gerberei ist von einiger Bedeutung.

Der Handel vermittelt nur den eigenen Bedarf. Erwähnung verdienen bloß die zwei hiesigen Hefenhändler als Zwischenhändler, da dieselben wöchentlich mit Wagen und Pferden in Straßburg Einkäufe machen und die Waare in Stuttgart und Umgegend wieder absetzen.

Die Märkte Waiblingens sind von geringerer Bedeutung, als jene Winnendens. Die Viehmärkte, auf welchen jetzt noch etwa 40.000 fl. jährlich umgesetzt werden, waren früher besuchter; und der Fruchtmarkt ist unbedeutend. Auch die früher frequent gewesenen drei Krammärkte nehmen ab, und es ist hauptsächlich nur der mit denselben verbundene Markt von Holzschnittwaaren aller Art, der vom Welzheimer Wald und von Murrhardt her beschickt wird, zu erwähnen, da derselbe einen Umsatz von etwa 30.000 fl. jährlich vermittelt.

Was den städtischen Haushalt betrifft, so ist aus Tabelle IV. zu ersehen, daß nach der Rechnung von 1846/47 die Stadt 1116 Morgen Grundeigenthum, 10.423 fl. verzinsliche Capitalien und 2927 fl. sonstige Forderungen besitzt, worauf 9800 fl. verzinsliche und 1420 fl. unverzinsliche Forderungen haften, und daß die Einkünfte 30.762 fl., die Ausgaben aber 28.492 fl. betragen; daß jedoch unter den Einkünften nicht nur 818 fl. Amts-, sondern auch 4356 fl. Gemeinde-Umlagen begriffen sind. Die letzteren betragen etwa eben so viel als die Staatssteuer. Das städtische Grundeigenthum besteht hauptsächlich in dem 1096 Morgen großen Wald, welcher außerhalb des Bezirkes der übrigen Stadtmarkung liegt und bis nach Gundelsbach und Buoch sich erstreckt. Derselbe war nebst anderem Waldareal zwischen der Stadt und den übrigen denselben begrenzenden Gemeinden hinsichtlich der Benutzung gemeinschaftlich, bis 1742 eine Abtheilung vorgenommen und der Stadt die obenerwähnte Fläche ausschließlich zugetheilt ward. Aus der Lage des Stadtwaldes entstand die Eigenthümlichkeit, daß die Markung der Stadt durch die von Korb hindurch bis zu Breuningsweiler und Buoch sich erstreckt und durch den sogenannten Waldweg über den Weiler Steinreinach und die Korber Markung der vordere Stadtwald mit der eigentlichen Markung verbunden | wird, indeß der hintere Stadtwald („Hinterbuch“) eine Parcellarmarkung von Waiblingen bildet. Zur Bewirthschaftung des Waldes hat die Stadt vor 10 Jahren einen Stadtförster aufgestellt, der in Buoch seinen Sitz hat und dem zwei Waldschützen untergeben sind. Der Holzerlös hat 1846/47 7877 fl. 6 kr. betragen. Von den übrigen städtischen Einnahmen sind zu erwähnen: 374 fl. 23 kr. Pachtgeld aus der Gemeindeschäferei, 480 fl. 27 kr. Pförcherlös und 289 fl. 47 kr. von dem oben erwähnten Remssand, da für die Ausbeutung desselben eine mäßige Abgabe erhoben wird. Von welchem Belang die Ausgaben sind, welche für Gefällablösungen, Zehenterwerbungen, Straßenbauten und andere Gemeindezwecke zu machen waren, ist schon oben erwähnt worden.

An der Kirche stehen ein Stadtpfarrer, zugleich Dekan, und ein Diakonus. Filialien hat die Pfarrei nicht mehr. Über die früheren Pfarrsprengel s. oben S. 86. Die Katholiken sind nach Öffingen, Oberamts Canstatt, eingepfarrt. Das Patronatrecht ist königlich. – Die lateinische Schule, an der ein Präceptor und ein Collaborator stehen, ist von hohem Alter und besteht mindestens seit vierthalb Jahrhunderten. In ihr wurde der berühmte Jakob Andreä gebildet. Die Anstalt wird theils vom Staat und theils von der Stiftungspflege erhalten. Neben ihr besteht seit Oktober 1841 auch eine in ähnlicher Weise zu erhaltende Realschule mit einem Lehrer. Die Stiftungen für beide Anstalten betrugen 1847 300 fl. An den 4 Volksschulen arbeiten 2 Lehrer, 2 Unterlehrer und 2 Lehrgehilfen. Die Schulstiftungen zu Anschaffung von Schulbüchern für arme Kinder bestanden 1847 in 1500 fl. Capital; der Schulfonds betrug damals 570 fl. Außerdem besteht eine Industrieschule und seit 6 Jahren auch eine Kleinkinderschule, mit 2 Lehrerinnen und 60–70 Kindern, wozu ein Unbekannter 200 fl. gestiftet hat, indeß durch einen Verein und durch Schulgeld die übrigen Kosten bestritten werden.

An Wohlthätigkeitsanstalten und Stiftungen sind zu erwähnen:

Das schon oben erwähnte Siechenhaus, von der Stadt 1556 zugleich als Blatternhaus errichtet. Um den Bau vollenden zu können, erhielt sie 1559 vom Herzog Christoph die Güter, welche zu dem aufgehobenen, von der Stadt Waiblingen gleichfalls gestiftet gewesenen Bruderhaus Gundelsbach gehört hatten, als Schenkung, nämlich 61/4 Morgen Acker, 121/4 Morgen Wiesen und 2 Morgen Platz, worauf das Bruderhaus mit Kirchlein gestanden hatte. Die Anstalt dient nunmehr zu einem Armenhaus. Ein Hospital, welchen die Stadt mit Zustimmung des Grafen Ulrich von Württemberg und des Kirchherrn Hans von Gärtringen im | Jahre 1470 errichtet hatte, ist zu einer Zeit, die nicht bestimmt werden kann, wieder abgegangen. Das Lagerbuch von 1560 gedenkt des alten Spitals. Auch ein Seelhaus wird 1543 genannt.

Ein vor 20 Jahren gegründeter Verein in Waiblingen hat sich zur Aufgabe gesetzt, verwahrloste Kinder in Erziehungsanstalten oder in guten Privathäusern unterzubringen. Es werden auf diese Weise fortwährend 3–4 vorzugsweise eheliche Kinder versorgt und die Kosten durch freiwillige Beiträge aufgebracht.

Als größere Privatstiftung ist zunächst die von dem hiesigen Bürger Christian Bunz im Jahre 1845 dem Stiftungsrath übergebene Summe von 3000 fl. zu erwähnen, mit dem ausgesprochenen Zwecke: „zum Besten der Armen der Stadt eine Stiftung zu gründen, durch welche den Bedürftigen eine angemessene Beschäftigung und daher der nöthige Unterhalt ermittelt, hie und da die Noth gemildert und den traurigen Folgen der zunehmenden Verarmung einigermaßen vorgebeugt werden könnte.“ Von jenen 3000 fl. sollen höchstens 400 fl. zu einem Betriebscapital dienen, um damit zu Beschäftigung der Armen Rohstoffe und Materialien anzukaufen und den Mehrerlös aus den Waaren wieder in gleicher Weise zu verwenden; der Rest aber soll nicht angegriffen, sondern nur die Zinsen auf den erstgedachten Zweck verwendet werden. Ein freiwilliger, dem Stiftungsrath an die Seite gestellter Verein unterstützt denselben in der gedachten Hinsicht.

Eine weitere Privatstiftung machte der 1839 gestorbene Hutmacher David Weiß, um mit den Zinsen die Nothdürftigsten durch Holz zu unterstützen. Am 1. Juli 1847 betrug das Capital 1471 fl. 2 kr.

Sodann stiftete 1815 der hiesige, in Leipzig verstorbene Bürger Johann Adam Weiß 200 Reichsthaler (360 fl.) nebst einem silbernen und vergoldeten Pokal, den einer seiner Vorfahren als Landstand von Herzog Eberhard Ludwig zum Geschenk erhalten, mit der Bestimmung auf das Rathhaus, daß von den Zinsen alljährlich an seinem Geburtstage für sämmtliche Rathsglieder eine Collation veranstaltet, oder dieselben an die Armen vertheilt werden sollen. Die vorerwähnten Privatstiftungen hat die Kastenpflege zu verwalten.

Das Vermögen der Stiftungspflege („Kastenpflege“) besteht nach der Rechnung von 1846/47 (Tabelle IV.) in 1 Morgen Grundeigenthum und 16.655 fl. Capitalien, worauf 1051 fl. Schulden haften; die Einkünfte betragen 7453 fl., die Ausgaben 7329 fl. Unter den Einnahmen ist, da die Kastenpflege ihre Zwecke ohne diese Vermittlung nicht erreichen könnte, ein Beitrag der | Stadtpflege von 1950 fl. begriffen. Von den Ausgaben sind zunächst 541 fl. 43 kr. auf Stiftungen und Legate, und 1525 fl. 18 kr. Armenunterstützungen zu erwähnen.

Das Wappen der Stadt besteht in den drei württembergischen schwarzen Hirschhörnern in silbernem Felde mit schwarzem Schildeshaupt. Die älteste bekannte Darstellung desselben hängt an einer, im königl. Staatsarchiv befindlichen Urkunde der Gräfin Adelheid von Sigmaringen, gebornen Gräfin von Württemberg, vom 8. Februar 1291.

An Wasser hat die Stadt so wenig Mangel, daß die Rems, wenn sie austritt, in Häuser und Keller eindringt. Nur im obern Theile der Stadt war früher Wassermangel, welchem jedoch neuerlich abgeholfen worden ist. Außer mehreren Pumpbrunnen sind an laufenden Brunnen hauptsächlich der mit einem Standbilde gezierte Marktbrunnen und der Kostensolbrunnen zu erwähnen, welche ausgezeichnet gutes Wasser liefern. Der erstere, dessen Wasserleitung 1823 durch Bihlsche Teuchel hergestellt wurde, scheint schon von den Römern gefaßt gewesen zu seyn, wie aus aufgefundenen irdenen Röhren geschlossen werden kann; der letztere liegt auf dem Wege nach Hegnach und hat hölzerne Teuchel. Um demselben größere Nahrung zu geben, wurde 1830/31 ein artesischer Brunnen zu bohren versucht; weil dieß aber mißlang, so wurden 1842 der Quelle sonstige Zuflüsse verschafft.

Der außerhalb der Stadt gelegene Begräbnißplatz wurde in den Jahren 1835/37 angelegt und hält 21/8 Morgen im Maße.

Die drei zur Stadtgemeinde gehörigen Parcellen, deren Einwohner oben mitgezählt wurden, sind

a) die Waldmühle, an der Rems, am Wege nach Neustadt, bis zu Ende des verflossenen Jahrhunderts Eigenthum der Stadt, wird so genannt, weil die Umgebung früher Wald gewesen.

b) Immerich, ein einzelnes, auf dem Gebirge oberhalb Steinreinach stehendes Haus, 5/4 Stunden östlich von diesem; Filial von Korb.

c) Das Waldschützenhaus, einzelnes Haus bei Gundelsbach. Die beiden letztgenannten Parcellen liegen in dem zuvor genannten Stadtwalde, und sind von den städtischen Waldschützen bewohnt.


Geschichtliches über die Stadt Waiblingen.
Bei dem hohen Alter des Ortes und bei der Bedeutung, welche er als karolingische Pfalz hatte, darf nicht wundern, daß sich ganz ungeschichtliche Erzählungen und gelehrte Fabeln an seinen | Ursprung knüpfen;[6] dieser Art sind folgende: er habe zur Römerzeit urbs Charitinorum geheißen, er habe ums Jahr 100 jenseits der Rems gegen Osten gestanden und sey die größte Stadt Schwabens, Sitz des Schwabenkönigs Moravinus, gewesen. Eine Zerstörung der ältesten Stadt wird dem Hunnenkönig Attila zugeschrieben und in’s Jahr 450 gesetzt. Der träumerische Johann Herold läßt Hildegard, Gemahlin Karls des Großen, in Waiblingen geboren seyn, wofür so wenig ein Beweis vorliegt als für die Annahme, Waiblingen sey der Geburtsort Kaiser Friedrichs I. des Rothbarts. Der S. 90 angeführten Beinsteiner Gebäudeinschrift »CLODIUS HOC FECIT UXORI SUAE« gab man neben andern sonderbaren Erklärungen auch die wunderliche Deutung, K. Chlodwig (dieser soll Clodius seyn!) habe seinem „Weibe“ zu Ehren eine Stadt gegründet und letztere deßhalb Weiblingen, Waiblingen, genannt. – Auch die Angabe, daß die Leiber der heiligen drei Könige auf ihrer Reise nach Cöln hier übernachtet, ist reine Sage.

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Die Geschichte weiß bloß Folgendes: Waiblingen war eine der vielen karolingischen Pfalzen, wie auch das nahe Winterbach, welches mit Waiblingen mehrmals in Verbindung gebracht wird, urkundlich wenigstens einem salischen Könige zum Aufenthalte diente. Im Jahre 885 August 23. und 25. stellte K. Karl der Dicke in Waiblingen seinem kaiserlichen Hofgut (ad Weibelingan curta imperiali) Urkunden aus und dieß ist das früheste Vorkommen des Ortsnamens. (Mon. Boic. 28, 76. 31, 116.) Im Jahr 887 nach Ostern hielt derselbe Kaiser hier einen Hoftag (Pertz Mon. 1, 404). K. Arnulf, im Begriff nach Italien zu ziehen, feierte allda Weihnachten 893 (curte regia Wehibilingua | eb. 409). Dessen Sohn, K. Ludwig der Dicke erscheint hier urkundlich am 17. December 907, einen Fürstentag haltend.

Dem salischen Hause, welches auf das karolingische in der deutschen Königswürde folgte, galt diese Besitzung Waiblingen für so wichtig, daß es hievon den Beinamen „von Waiblingen“ (von den Italienern in „Gibellinen“ entstellt) annahm. Ausdrücklich mit diesem Beinamen bezeichnet erscheint der erste Salier, K. Konrad II. † 1039 (Cunradus quem dicunt de Weibilingen. Cod. Laur. 1, 159, vergl. Stälin Wirt. Gesch. 2, 247). Von dem Orte Waiblingen erfährt man sonst nichts aus der Zeit des salischen Königshauses, als daß K. Heinrich IV. am 14. Oktober 1080, am Vorabend der Schlacht, in welcher sein Gegenkönig Rudolf fiel, gleichwie im Jahr 1086 mit hiesigen Gütern das Hochstift Speier, seine künftige Grabstätte, beschenkte, welcher Besitz des Hochstifts jedoch in späterer Zeit ganz verschwindet.

Von dem salischen Hause vererbte sich der Name Waiblinger auf das verwandte der Hohenstaufen und diente seit Anfang des 13. Jahrhunderts in den Parteikämpfen, welche länger als ein Jahrhundert Italien durchtobten, zum Losungsworte (Stälin a. a. O.). So weltberühmt jedoch dieser Schlachtruf wurde, so sehr tritt in der hohenstaufischen Zeit der Ort, von welchem er stammte, in den Hintergrund. Wofern Waiblingen nicht zur Bezeichnung der Königshäuser diente, geschieht des Namens zwischen den Jahren 1086 bis 1231 (s. unten bei der Kirche) keinerlei urkundliche Erwähnung.

Hiesiges Reichs- oder hohenstaufisches Gut und vielleicht auch der hochstiftisch speirische Besitz mag in der Mitte des 13. Jahrhunderts bereits an Graf Ulrich von Württemberg, welcher für seinen Übertritt von den immer unmächtiger werdenden Hohenstaufen zu den Gegenkönigen sich reichlich belohnen ließ, übergegangen gewesen seyn. Vom Jahr 1253, Sept. 5., ist die früheste Urkunde, welche württembergischen Besitz – und zwar Graf Ulrichs – in Waiblingen erwähnt (Stälin a. a. O. 2, 497); im Jahr 1262 trug Rupert von Tannenfels, Truchseß des genannten Grafen, von diesem ein hiesiges Lehen. Waiblingen gilt insgemein für eine der ältesten Städte der württembergischen Grafen, für eine Hofstadt, in welcher sie Feste feierten (wie Graf Eberhard der Erlauchte im Jahre 1293, nach der Sindelfinger Chronik).

Der württembergische Besitz Waiblingens erlitt indeß eine Unterbrechung von ein paar Jahren, als der ebenerwähnte Graf Eberhard im Jahre 1310 und folgenden, unter K. Heinrich VII. dem Luxemburger, einem ungleichen Kampfe mit dem Reich unterliegend fast sein ganzes Land verlor. Eßlingen war damals der Brennpunkt der den Grafen bekämpfenden Macht; an diese Stadt ergab | sich sofort Waiblingen und machte mit ihr am 12. August 1312 folgenden Vertrag: Waiblingen soll bei all dem Recht bleiben, welches es von Alters her gehabt, und Eßlingen soll es darin „bessern und nicht bösern;“ sechs Jahre lang soll Waiblingen gänzlich steuerfrei seyn, später 150 Pf. Heller an Eßlingen zahlen; es soll einen Eßlinger Bürger oder einen Eßlinger Eidgenossen zum Vogt nehmen; tauge er nicht, so dürfe ein anderer genommen werden; zum Schultheißen dürfe die Stadt wählen, wen sie wolle. Umgeld und Zoll wurden den Waiblingern überlassen, ihre Stadt damit zu bessern. (Sattler Grafen I. Beil. Nr. 46.) Sonach blieb Waiblingen, gleich mehreren altwürttembergischen Städten, unter Eßlingen, welches den 1. Juni 1315 diese Stadt gleich wie Stuttgart an K. Friedrich den Schönen übergab. Friedrich sollte beide Städte inne haben, bis die Bürger von Eßlingen, Stuttgart und Waiblingen mit den Grafen Eberhard von Württemberg verrichtet wären (Sattler a. a. O. Nr. 51). Noch in demselben Jahre kehrte jedoch Waiblingen bei dem neu aufblühenden Glück und der Wiedereinsetzung Graf Eberhards unter dessen Botmäßigkeit zurück.

Bei den Theilungen, welche im Hause Württemberg vorkamen, hatte Waiblingen folgende Schicksale: 1365, 5. Juni, wurde Graf Ulrich, Bruder Graf Eberhards des Greiners, von dem letzteren abgefunden – außer andern Orten – auch mit Waiblingen und dem Nutzen und den Gefällen der dasigen Capelle und Kellerei, sammt der Burg und Dorf Bittenfeld (Steinhofer 2, 347. Sattler Gr. 1, 196); indeß fiel auf Ulrichs schon im nächsten Jahr erfolgten Tod Alles wieder an Eberhard zurück. Bei der dauernderen Landestheilung vom 25. Januar 1442 (Sattler 2, 132) erhielt Graf Ulrich der Vielgeliebte die Städte Waiblingen und Winnenden sammt ihren Ämtern; in pfälzische Gefangenschaft gerathen mußte indeß dieser Graf im Jahre 1463 für die richtige Verzinsung von 40.000 fl., welche er von seinem Lösegeld schuldig blieb, die Städte Waiblingen und Botwar an den Pfalzgrafen verpfänden, worauf die Einwohner dem letzteren zu huldigen hatten. (Sattler 3, 25.)

Aus der württembergischen Hausgeschichte knüpfen sich an Waiblingen überhaupt folgende Einzelheiten. Geboren wurde in hiesiger Stadt im Jahre 1409 Anna, Tochter des Grafen Eberhard des jüngern; den 3. April 1439 Graf Ludwig II. († 1457), Sohn Graf Ludwigs I. und Mechtildens von der Pfalz; den 1. Februar 1447 Graf Eberhard VI. (als Herzog der II.), Sohn Graf Ulrichs des Vielgeliebten; gestorben ist den 2. Juli 1419 Graf Eberhard IV. – Im Jahre 1459 zog hieher die eben erwähnte Anna nach ihrer Trennung von ihrem Gemahle Philipp Grafen | von Katzenellenbogen und blieb in einem Hause, welches ihr Bruder Graf Ulrich der edlen Wittwe Dürner abgekauft,[7] bis zu ihrem im April 1471 erfolgten Tode, worauf sie in der an die äußere Kirche angebauten Mariencapelle beerdigt wurde (Steinhofer 2, 1013. 3, 199). – Im Jahr 1511 wurden der Gemahlin Herzog Ulrichs Sabina, Prinzessin von Bayern, die Städte Waiblingen und Winnenden als Widerlage angewiesen.

Ein älteres württembergisches Schloß, welches am Markte stand, wurde im Jahr 1439 von den Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg an Berthold Müssiggang verkauft; ein neueres, worin im Jahr 1447 Graf Eberhard VI. geboren wurde, erhielt durch Herzog Christoph eine Erweiterung, sank aber bei der Zerstörung der Stadt im Jahre 1634 in Asche, worauf im Jahr 1651 die Scheune, welche gegenüber von dem jetzigen Oberamteigebäude noch steht, an seiner Stelle erbaut wurde.

Waiblingen war der Sitz württembergischer Obervögte und Untervögte; die bekannte Reihe der ersteren eröffnet sich mit Wilhelm Truchseß von Stetten 1436, Johann Reinhard von Gärtringen 1469–78, Johann Ludwig von Emershofen 1478–81, die der letztern mit Konrad Schlötz 1425–42, Michael Keller 1448–50.

Zur Stadt mag Waiblingen gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts, in welcher Zeit das Städtewesen in diesen Gegenden überhaupt sich erst entwickelte, sich erhoben haben. Im Jahr 1273 erscheinen universitas civium de Wabelingen und R. scultetus de W. in einer Kl. Adelberger Urkunde; das älteste bekannte Stadtsigill hängt an einer Urkunde vom 8. Februar 1291 (S. 104).

Die vornehmsten Familien von Waiblingen waren: die Kühhorn, Lidhorn, Wolfhard, Gaißberg, Sattler, Grimmeisen, Röth, Müssiggang, Hapen von Hapenberg (auch mit zwei p geschrieben). Aus dem zuletzt genannten Geschlechte war der im Jahr 1500 gestorbene, in der hiesigen, von seinen Eltern gebauten Capelle begrabene Barth. Hap von Hapenberg, Kämmerer der Erzherzoge zu Inspruck; der letzte der Familie fand seinen Tod bei der Zerstörung Waiblingens im Jahr 1634.

Im August 1291 wurde die älteste hiesige Burg, von welcher jetzt keine Spur mehr übrig ist, von dem Grafen Albrecht von Hohenberg im Kriege mit Württemberg zerstört. (Sindelfinger Chronik.)

| Im Unglücksjahre Herzogs Ulrichs, 1519, ergab sich Waiblingen am 7. April dem schwäbischen Bunde, von welchem es, gleich dem übrigen Lande, im Jahr 1520 an Österreich kam.[8] Weil übrigens die Städte und Ämter Waiblingen und Winnenden der Herzogin Sabina wegen Heirathguts, Widerlage und Morgengabe verschrieben waren (s. oben), so entließ Österreich den 14. März 1520 die Bewohner derselben ihrer Pflicht und wies sie an, der Herzogin zu huldigen. Als Herzog Ulrich wieder kam, verließ Sabina das Land, ihr Sohn Herzog Christoph rief sie jedoch im Jahr 1551 zurück und übergab ihr nebst dem Schlosse zu Nürtingen auch die obigen zwei Städte und Ämter wieder, die sie ihm jedoch, für die Verleihung anderer Gefälle, am 12. Jan. 1555 wieder zustellte. (Heyd Ulrich 2, 59. 3, 570.)

In den Zeiten des Bauernkriegs wurde Waiblingen den 28. und 29. April 1525 von einem Bauernhaufen heimgesucht.

Im dreißigjährigen Kriege war am 27. Juni 1631 in Waiblingen und Umgegend das Quartier der Truppen des Fürsten von Fürstenberg. Unsäglichen Jammer brachten im Jahr 1634 die Folgen der Nördlinger Schlacht. Nach einem frühern Angriff auf die Stadt drangen am 8. (18.) September die Kaiserlichen ein, zerstörten das Felbacher Thor, raubten und mordeten aufs Entsetzlichste, schindeten den Stadtschreiber Lang bei lebendigem Leibe und steckten die ganze Stadt nebst Schloß – bis auf etwa 5 Häuser – in Flammen, in welchen viele Einwohner den Tod fanden, während andere, nach den Niederlanden geschleppt, dort getödtet wurden. Große Theurung drückte Stadt und Amt, in letzterem überlebten von 2350 Männern nur 145 diese Jammertage (Sattler 7, 89).[9] Mit der Zurückkunft des Herzogs Eberhard III. im Jahr 1638 wurde an Wiederherstellung Waiblingens gedacht; Wolfgang Zacher, hiesiger Vogt (derselbe, welchem man eine Chronik der Stadt verdankt), war hiefür ungemein thätig. Der Marktplatz und zwei Hauptstraßen wurden durch | Sträflinge gesäubert, Wochen- und Jahr-Märkte wurden ausgeschrieben, das Schiff der Kirche wieder bedacht; am Markte baute Zacher das im Jahr 1642 vollendete erste Haus, an dessen Außenseite er eine noch vorhandene Tafel anbrachte, welche in den S. 96 angegebenen Versen die Schicksale der Stadt schildert. Behufs weiteren Wiederaufbaues der Stadt wurden an gutherzige Christen, besonders an die Reichsstädte, mit Erfolg, Bitten um Beisteuer gerichtet. Im Jahr 1656 waren bereits wieder 140 Häuser und 54 Scheunen erbaut.

Gegen das Ende des dreißigjährigen Krieges, den 31. August (10. September) 1645, verschanzten sich die Bayern bei Waiblingen auf kurze Zeit (Sattler Herz. 8, 104). Ende Mai 1646 hatten sie ihr Hauptquartier in Waiblingen, durch welche Stadt der gegnerische Turenne am 24. August (3. September) 1646 seinen Durchzug hielt.

Beim Einfall der Franzosen unter K. Ludwig XIV. im Jahr 1688 und folg. wird der Schaden, welchen Waiblingen erlitt, auf 106.487 fl. berechnet (v. Martens 544). Im spanischen Erbfolgekrieg kam das deutsche Heer bei seinem Rückzug, Ende Mai 1707, hier durch (eb. 606).

Im Juli 1796 stand ein Theil der kaiserlichen Armee bei Waiblingen, am 26. Juli 1796 hatte der französische General Desaix sein Hauptquartier in der Stadt.

Von der Pest wurde die Stadt im Jahre 1457 heimgesucht, ferner 1519, wo in Stadt und Amt 1300 Menschen starben, und 1564, wo in einem halben Jahre 700 hinweggerafft wurden. Der englische Schweiß herrschte im Jahre 1529. Schutz gegen die Pest fanden dagegen allhier im Jahr 1483 die hieher geflüchtete Universität Tübingen, im Jahre 1571 das Tübinger Hofgericht, welchem zu Ehren die hiesige Bürgerschaft ein mit vielem Beifall aufgenommenes geistliches Schauspiel, das jüngste Gericht, am Sonntag Lätare aufführte.

Der früheste bekannte Pfarrherr von Waiblingen, welches wohl die stärkste Mutterkirche in Altwürttemberg war (S. 85), ist im Jahre 1225 Walther,[10] später kommt vor Dietericus Herter rector ecclesie in Urkunden der Jahre 1288, 1293 und folg.; noch im Jahre 1312 ist dieser „Diether der Herter Kircherre ze Wabelingen“ Zeuge Graf Gottfrieds von Tübingen für St. Gallen (Orig. Urk. | in St. Gallen). Das Kirchenpatronat war von früher Zeit her württembergisch.

Die älteste bekannte Frühmeß erscheint schon im Jahre 1340. Sonst sind alte Meßstiftungen: zu aller Heiligen und zum Heiligengeist (1461), zum heil. Urban von Graf Ulrich gestiftet 1443 Mai 2., zum heil. Georg gestiftet 1365, zum heil. Nicolaus, heil. Leonhard, zum heil. Geist und zur heil. Maria, letztere 1408, September 10., von Konrad Frustinger gestiftet, mit der Bestimmung, daß Württemberg den Caplan einsetzen soll. Auch gab es eine neue Frühmesse, eine St. Anna-Caplanei und Caplanei bei den Sondersiechen.

Die St. Nikolauskapelle in der Muren, welche im Jahre 1269 vorkommt,[11] wurde schon in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts als „Reisewagenhütte“ gebraucht. – Im Jahre 1462, 25. Juni, stifteten Hans Wagner, Bürger zu Waiblingen, eine Prädikatur, welche er reichlich bewidemte. Der Prediger sollte alle Sonn-, Fest-, Apostel- und Marien-Tage in der St. Nikolauscapelle in der Muren oder in der Pfarrkirche predigen (Cleß c, 477). Mit der Prädicatur war eine Brüderschaft des Salveamtes verbunden. Außerdem waren eine St. Leowen-, eine St. Urbans-, eine St. Bernhards-, eine Gerber-, Binder-, Bäcker- und Metzger-Brüderschaft vorhanden.

Nur Ein Kloster befand sich hier, ein Beguinenhaus, mit einer eigenen Capelle, wozu die Beguinen durch einen bedeckten Gang gelangten; jede Beguine hatte jährlich 52 fl. zum Unterhalt. Von zwei, im Jahre 1555 noch lebenden Beguinen erkaufte die Herzogin Sabina die Klause bei der Kirche (vor der Stadt) und verschenkte sie mit 1000 fl. an die Stadt behufs der Umwandlung in ein Armenhaus.

Eine hiesige lateinische Schute, mit dem Vorstand M. Philipp Mühlhauser, kommt im Jahre 1496 vor. Ein Schulhaus wurde 1560 „von Neuem“ gebaut.

Von fremden Klöstern waren in und um Waiblingen folgende begütert:

Das Kloster Adelberg, welches hier eine eigene Pflege hatte; solches erhielt den 5. September 1253 von Mechtild, Gemahlin Graf Ulrichs von Württemberg, mit Zustimmung des Grafen ein | hiesiges Haus verehrt; hiezu kamen Gütergeschenke durch den Grafen selbst und einige Erwerbungen durch Kauf. Im Jahre 1273 verglich sich dieses Kloster als Besitzer eines hiesigen Hofes mit der Stadt und verstand sich zur Zahlung von 26 Schilling jährlich, wogegen seine Pfleger in Waiblingen alle bürgerlichen Rechte genießen sollten.

Kloster Pfullingen; diesem übergab den 15. November 1262 Graf Ulrich von Württemberg ein hiesiges Hofgut, welches sein Truchseß Rupert von Tannenfels von ihm zu Lehen getragen.

Kloster Bebenhausen; diesem schenkte im Jahre 1279 Ida von Höfingen, Wittwe Bertholds von Blankenstein, mit Gutheißen Eberhards Grafen von Württemberg ein Gut und ein anderes im Jahre 1281 Reinhard von Berg und seine Schwester Ida.

Kloster Salmannsweiler und Kloster Weil; diese erscheinen als hier bereits begütert in dem oben angeführten Vertrag vom 12. August 1312.

St. Clara- und Sirnau-Kloster in Eßlingen (im gleichen Vertrag), Barfüßer-Kloster (1470) und Prediger-Kloster (1357) in derselben Stadt, dessen Spital schon seit Ende des dreizehnten Jahrhunderts späterhin erweiterter Besitzungen und Rechte in Waiblingen sich erfreute.

Das Stift Backnang hatte am hiesigen Zoll einen Antheil.

Im Übrigen war meist die Herrschaft Grundherr. Die Kellerei besaß 6 Huben, den Bauhof und 10 Lehen. Die Pfarrei hatte ein Widumlehen. Gefälle von J. Willibald Schenk, Graf von Castell, kaufte 1684 die Herrschaft, die 1452 auch Zehentrechte vom Kloster Bebenhausen ertauschte.

Die Reformation, in hiesiger Stadt gut vorbereitet, fand leichten Eingang; schon im Jahre 1527 drang ein hiesiger Geistlicher sehr darauf, daß man sich in Glaubenssachen allein an Gottes Wort halte; er war beim Volke sehr beliebt, wogegen er von seinen Amtsgenossen verfolgt wurde. Im Jahre 1535 erschien indeß Dietrich Schnepf, der von Herzog Ludwig Ulrich aufgestellte Generalsuperintendent über ganz Württemberg, und führte einen evangelischen Prediger, Leonhard Werner, ein. Als dieser einmal vor der Predigt das Lied anstimmen ließ: es ist das Heil uns kommen her, verließen die katholischen Geistlichen ihre Stühle im Chor. Die evang. Lehre wurde sofort ungehindert eingeführt. Der zweite evang. Prediger, Georg Hala, mußte übrigens wegen des Interims im Jahre 1548, jedoch bloß auf kurze Zeit, einem Mönche die Stelle räumen, worauf mit Crispin Rothschmid, welcher durch eine Predigt im Wildbad die Aufmerksamkeit des Herzogs Ulrich auf sich gezogen hatte, wieder ein evang. Prediger angestellt wurde.



  1. Hülfsmittel: Walz, Joh. Georg, Waiblinger Stadt- und Amtschronik 1653. Zacher, Wolfg., Chronicon Waiblingense 1666. Beides Handschriften der K. öffentlichen Bibliothek.
  2. Die Gefälle, welche der Staat und die Hofdomänenkammer in den einzelnen Orten noch zu erheben haben, sind nach dem Stande vom 1. Januar 1849 berechnet.
  3. Solche wurde 1737 von Groß aus Winnenden erbaut; von 4243 fl. 37 kr. Unkosten übernahm das Amt durch Vergleich vom 28. Nov. 1738 1500 fl.
  4. Die Güterpreise sind hier und in den übrigen Orten nach dem Stande vom Ende des Jahrs 1847 angegeben.
  5. Der Vater derselben Georg Friedrich Bihl (geb. hier 1771, gest. 17. Nov. 1839) ist der Gründer dieses Etablissements, das er durch Nachdenken und rastlosen Fleiß auf einer einfachen Ziegelei gründete. Reste altrömischer Ziegeleien, die er ausgrub, veranlaßten ihn, zunächst römische Wasserleitungen nachzuahmen, die bald so großen Beifall fanden, und zweckmäßige Maschinen auch für andere Gegenstände der Ziegelei aufzustellen. Sein Sohn Ernst Bihl erhielt 1823 ein sechsjähriges Patent auf die von ihm erfundene hydraulische Preßmaschine zu Verfertigung irdener Wasserleitungsröhren, und eben deßwegen 1831 den chemischen Preis. Wegen des Steingutes wurde er 1833 öffentlich belobt; dasselbe geschah 1842 wegen der geschmackvollen Ornamente beider Brüder; und 1836 erhielt er ein zehnjähriges Patent für seine Maschine zu Bereitung der Backsteine. (S. Corresp.-Bl. des landw. Vereins 1823 II. 274; 1831 II. 303; 1833 II. 68; 1836 I. 151; 1838 I. 37; 1842 II. 61.)
  6. Waiblingen hatte ohne Zweifel eine große, wenn auch jetzt nicht mehr aufzuklärende Vergangenheit. Sieht man auch von unbescheinigten Sagen und Chroniken-Nachrichten ab, so sind jedenfalls die Spuren einer großen Römercolonie dafür Zeuge. Hinter dem Bihlschen Hause ist ein großes Feld mit alten Gräbern; an dieses stößt das S. 88 genannte „Heidengäßchen,“ zu dem Friedhofe führend, das wohl mit dem Felde in Verbindung stand, da an beiden Orten römische und mittelalterliche Waffen und Geräthe gefunden werden. In der Nähe, der Keimenmühle gegenüber, bei dem alten Beinstein, ist der „Kalkofen,“ wo die S. 90 erwähnten römischen Brennöfen mit Töpfergeschirr ausgegraben wurden. Dazu kommen der salische Besitz, die Verbindung mit den Hohenstaufen; die Verbindung, in der zu unbekannter Zeit Waiblingen mit seiner Tochter, dem jüngern Neustadt, gestanden haben muß; die in der Nähe des Heidengäßchens ausgegrabenen Fundamente alter Gebäude; die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Stadt in der Nähe der äußern Kirche befunden und sich erst später in die Höhe gezogen haben dürfte und noch manche andere Merkmale, deren Zusammenhalt jene Annahme auch für das Mittelalter begründen möchte.
  7. Dieses Haus wurde gleich nach ihrem Tode an Reinhard von Gärtringen verkauft, von diesem an Kaspar von Kaltenthal, dem es 1482 Graf Eberhard der Jüngere freite.
  8. In der Schlacht bei Eßlingen am 14. October 1519 zeichnete sich der Bannerträger Waiblingens, das dort für den Herzog gegen die Bündischen focht, aus. Nach langem bewundernswerthem Kampfe kniete er schwerverwundet nieder, riß die Fahne mit den Zähnen an sich und zerfetzte sie, damit sie nicht ganz in des Feindes Hände käme. Endlich, halb todt, gefangen und auf einen Karren gebracht, starb er in wenigen Tagen zu Eßlingen. (Heyd, Herzog Ulrich I. 587.)
  9. Nach amtlichen Berichten vom Jahr 1652 war ein großer Theil der Einwohner durch die Soldaten getödtet oder durch die Pest hingerafft worden, ein anderer entflohen; so daß 1652 von den 500 Bürgern, die vor dem Brande da waren, nur noch 15 gezählt wurden. Die Gemeindeschulden betrugen damals noch 90.000 fl. (Württ. Jahrb. 1847 I. 140.)
  10. Urk. Auszug bei Gabelkhover, hier bloß als W. plebanus in Weibelingen bezeichnet, aber im Jahr 1236 kommt vor Waltherus plebanus de Weybelingen (Grüsner dipl. Beitr. 3, 162).
  11. 1335 Mai 19 erscheint: Fridericus presbyter de Waiblingen capellanus Sti. Nycolai ibidem ab honorabili viro domino Ulrico de Wirtenberg, praeposito Sti. Widonis spirensis et rectore ejusdem capellae plebanus praesentatus, welcher übrigens nachlässig in seinem Amte war. Reg. Boic. 7, 115.

Errata

  1. S. 97, L. 16 korrigiert gemäß Beschreibung des Oberamts Schorndorf S. 199.
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