« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Tuttlingen Kapitel A 7 »
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Gesellschaftlicher Zustand.




Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.

In dem Oberamtsbezirk Tuttlingen hat der Staat die Domänen Hohentwiel und Bruderhof Gemeindebezirks Tuttlingen, sowie verschiedene einzeln verpachtete Grundstücke auf den Markungen Tuttlingen, Seitingen und Wurmlingen in Besitz.

Die Domäne Hohentwiel auf den Abhängen des eine württembergische Exklave in Baden bildenden Hegaubergs gleichen Namens mit eigener Markung umfaßt ein Areal von 360 Morgen Äcker, Wiesen, Baumgärten, Weinberge (42 Morgen) und Schafweiden, wovon jedoch 18 Morgen Äcker und Wiesen auf badischem Hoheitsgebiet liegen. Außer den zum landwirthschaftlichen Betrieb gehörigen Gebäuden befindet sich auf dieser Domäne auch eine herrschaftliche Brauerei und für einen längeren Fremdenbesuch gut eingerichtete Wirthschaft.

Die Domäne Bruderhof liegt unweit vom Hohentwiel ebenfalls auf einer württemb. Exklave in Baden, welch’ letztere größtentheils mit württemb. Staatswaldungen bedeckt ist und | eine eigene Markung „Bruderhof“ bildet. Das Gutsareal beträgt 171 Morgen Äcker und Wiesen, wovon übrigens 67 Morgen (meist Wiesen) auf großherzoglich badischem Gebiet liegen.

Von Einzelgütern des Staats sind hervorzuheben die früher zum Kloster Reichenau gehörigen sog. Aichhalder Äcker auf Witthoh, Markung Tuttlingen, mit einem Meßgehalt von 57 Morgen.

Außer dem Staat haben noch Besitzungen:

a) Der Freiherr von Enzberg zu Mühlheim auf den Markungen Mühlheim, Bronnen (Gemeinde Fridingen) und Nendingen.

b) Der Freiherr von Wiederhold zu Rietheim auf der Markung Rietheim.

Zu a. Die Freiherrn von Enzberg sind schon seit dem Jahre 1409 im Besitz der Herrschaft Mühlheim. Mit ihr sind die Rechte eines Ritterguts verbunden. Das Gut beträgt 1317 Morgen, worunter 898 Morgen Wald.

Zu b. Das Rittergut Rietheim mit Hohenkarpfen kam in Folge der Verheirathung der ältesten Tochter des 1663 gestorbenen letzten Herrn von Karpfen mit Johann Georg v. Wiederhold als Lehen in den Besitz der von Wiederhold’schen Familie. Hohenkarpfen ist neuestens in andere Hände übergegangen. Der Flächenraum des Guts beträgt auf Markung Rietheim, einschließlich 333 Morgen Wald, 522 Morgen.


B. Vormalige Lehens- und Leibeigenschaftsrechte.

a) Ritterlehen. Die oben zu A. aufgeführten.

b) Falllehen. Im Oberamtsbezirk befanden sich keine Falllehen.

c) Erblehen. Diese wurden schon früher allodifizirt und die darauf ruhenden Abgaben abgelöst. Ebenso wurden die Leibeigenschaftsgefälle sowie die Frohnen theils aufgehoben, theils abgelöst.


C. Grundlasten.

Auch diese wurden theils aufgehoben, theils abgelöst.


D. Zehenten.

Sämmtliche Zehentrechte im Bezirk sind durch Ablösung beseitigt worden. Die früheren Zehentberechtigten waren:

| 1. Tuttlingen: Der Staat für den großen, den kleinen, sowie den Heu- und Öhmd-Zehenten.

2. Durchhausen: Die Pfarrei Seitingen für den großen Zehenten, der Staat für den kleinen Zehenten.

3. Fridingen: der Staat und in einigen Distrikten auch die Stadt und die Heiligenpflege für den großen Zehenten, die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

4. Gunningen: Der Staat für den großen Zehenten; von Entrichtung des kleinen Zehenten waren die Einwohner frei.

5. Hausen o. V.: Der Staat für den großen Zehenten, die Pfarrei für den kleinen, sowie den Heu- und Öhmd-Zehenten.

6. Irrendorf: Der Fürst von Sigmaringen für den großen und kleinen Zehenten.

7. Kolbingen: Der Baron von Ulm zu Werenwag für den großen und kleinen Zehenten.

8. Mühlhausen: Die Pfarrei für sämmtliche Zehentgefälle der Markung.

9. Mühlheim: Der Baron von Enzberg für den großen Zehenten, die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

10. Nendingen: Für den großen Zehenten hälftig der Staat und hälftig die Kirchenpflege, für den kleinen und Wiesenzehenten die Pfarrei.

11. Neuhausen: Für den großen Zehenten das Großherzogthum Baden von dem Distrikt „Salmansweiler“, die Pfarrei und die Heiligenpflege vom übrigen Theil, für den kleinen Zehenten die Pfarrei.

12. Oberflacht: Der Staat für den großen und kleinen Zehenten, für den Wiesen-Zehenten zwei Bürger.

13. Renquishausen: Für den großen Zehenten Levi von Hechingen zu 3/4, die Pfarrei zu 1/4; für den kleinen Zehenten die letztere allein.

14. Rietheim: Der Staat für den großen und kleinen Zehenten; von der Heuzehentabgabe war der Ort befreit.

15. Schura: Der Staat für den großen Zehenten, die Pfarrei Trossingen für den kleinen und Heuzehenten.

16. Seitingen: Der Staat für den großen und kleinen Zehenten.

17. Stetten: Die Freiherrn von Enzberg in Mühlheim für den großen Zehenten, die Pfarrei Mühlheim für den kleinen Zehenten.

| 18. Thalheim: Für den großen Zehenten der Staat zu 1/4, der Baron von Reischach in Immendingen zu 1/4 und die Ortspfarrei zu 1/2, die letztere auch für den kleinen Zehenten allein.

19. Thuningen: Für den großen, den kleinen und den Heu-Zehenten die Elendsfondspflege in Villingen.

20. Trossingen: Der Staat, die Stiftungsverwaltung Rottweil, die Gemeinde, der Ortsheilige und die Pfarrei für den großen und kleinen Zehenten.

21. Weigheim: Der Staat für den großen Zehenten, die Ortspfarrei für den kleinen Zehenten.

22. Weilheim: Die Pfarrei für den großen und kleinen Zehenten.

23. Wurmlingen: Die Pfarrei, die Kaplanei und die badische Kirchenfabrik Möhringen für den großen Zehenten, die Pfarrei allein für den kleinen Zehenten.


Staats- und kirchliche Einrichtungen.
A. Einrichtung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk bildet einen Theil des Schwarzwaldkreises und steht als solcher in gerichtlicher Hinsicht unter dem Kreisgerichtshof Rottweil, in administrativer unter der Kreisregierung in Reutlingen.

Von den Bezirksbehörden haben das Oberamtsgericht, das Oberamt, das evangelische Dekanatamt ihren Sitz in Tuttlingen, das katholische Dekanatamt in Wurmlingen und das Forstamt in Rottweil.

a) Oberamtsgericht.

Demselben sind untergeordnet: Das Gerichtsnotariat in Tuttlingen für die Orte Tuttlingen, Gunningen, Hausen o. V., Oberflacht, Rietheim, Seitingen, Weilheim und Wurmlingen; das Amtsnotariat Trossingen für die Gemeinden Durchhausen, Mühlhausen, Schura, Thalheim, Thuningen, Trossingen und Weigheim; das Amtsnotariat Mühlheim für die Gemeinden Fridingen, Irrendorf, Kolbingen, Mühlheim, Nendingen, Neuhausen ob Eck, Renquishausen und Stetten; endlich die Standesämter in sämmtlichen Gemeinden.

| b) Das Oberamt

mit dem Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt, Oberamtsthierarzt, der Oberamtspflege und -Sparkasse, dem Oberamtsbaumeister und -Wegmeister, dem Oberamtsgeometer und Oberfeuerschauer, sämmtlich in der Oberamtsstadt.

In Beziehung auf Straßen- und Wasserbau ist der Bezirk der Straßenbau-Inspektion, in Beziehung auf Hochbau dem Hochbauamt, beide in Rottweil, zugewiesen.

c) Dem Kameralamt

ist der ganze Oberamtsbezirk zugetheilt. Das Umgeldskommissariat hat seinen Sitz in Tuttlingen.

d) Dem Forstamt Rottweil

ist der ganze Oberamtsbezirk mit den 2 Revierämtern Mühlheim und Tuttlingen unterstellt.

Die Unterpfandsgeschäfte besorgen in 10 Gemeinden die Notare, beziehungsweise der Gerichtsnotar, in 9 Gemeinden die Verwaltungsaktuare oder besondere Kommissäre, in 4 Gemeinden die Schultheißen oder Rathsschreiber.

Der Oberamtsbezirk zählt 23 Gemeinden und zwar 1 erster, 7 zweiter und 15 dritter Klasse. Zusammengesetzte Gemeinden sind Tuttlingen, Fridingen und Hausen o. V.

An der Spitze jeder Gemeinde steht ein Schultheiß, beziehungsweise Stadtschultheiß, welcher seinen Sitz im Hauptort hat.

Für die Verwaltung des Gemeindevermögens sind überall besondere Rechner, Gemeinde- resp. Stadtpfleger, angestellt.


b. Kirchliche.

Der Bezirk ist vorwiegend evangelisch. Von 24.866 Einwohnern am 1. Dez. 1875 gehörten der evangelischen Konfession 15.077, der katholischen 9775 an. Eigene Konfession hatten 5, Israeliten wurden 9 gezählt.

Die Evangelischen sind dem Dekanat Tuttlingen und Generalat Reutlingen unterstellt. Evang. Kirchenstellen sind es 9: Stadtpfarr- und Helferstelle in Tuttlingen, Pfarrstellen in Hausen o. V., Neuhausen, Thalheim, Thuningen, Trossingen; ständige Pfarrverwesereien in Rietheim und Schura. Sämmtliche Stellen mit Ausnahme von Neuhausen, dessen Patron der Magistrat von Schaffhausen in der Schweiz ist, werden von der Krone besetzt. (Ins Dekanatamt Tuttlingen gehören auch noch die evang. Stadtpfarrei Rottweil, die Pfarreien Flözlingen und Schwenningen O.-A. | Rottweil, sowie die Pfarrei Aldingen, O.-A. Spaichingen). Katholische Kirchenstellen sind es 18: Die Pfarrkuratie Tuttlingen, abwechselnd Königl. Patronats und Bischöflicher Kollatur; die Stadtpfarrei und Kaplanei Fridingen, die Pfarreien Gunningen, Irrendorf, Kolbingen, Mühlhausen, Renquishausen, Stetten und Weigheim Königl. Patronats; die Pfarreien Durchhausen, Seitingen, Weilheim, Wurmlingen und die Kaplaneien Seitingen und Wurmlingen Bischöflicher Kollatur; die Stadtpfarrei Mühlheim Enzbergischen, die Pfarrei Nendingen abwechselnd Königl. und Enzbergischen Patronats. Sämmtliche katholische Stellen sind dem Dekanat Wurmlingen zugetheilt. Die Evangelischen und Katholiken, welche in Gemeinden anderer Konfession zerstreut wohnen, gehören je zu der nächst gelegenen Pfarrei ihrer Konfession im Bezirk. Eine Ausnahme machen nur die kath. Bewohner des Schlosses Bronnen, Gemeinde Fridingen, welche nach Beuron (Hohenzollern) und die Evangelischen zu Mühlhausen, welche nach Schwenningen, O.-A. Rottweil, eingepfarrt sind. Die Israeliten gehören zur Synagoge Mühringen.


B. Anstalten.
a. Schulanstalten.

In Tuttlingen befinden sich:

1) Eine lateinische Schule mit 1 Präzeptor und 1 Kollaborator.

2) Eine Realschule mit 2 Reallehrern und einem Zeichenlehrer. 1 Turnlehrer ist für beide Anstalten gemeinsam.

An Volksschulen zählt der Bezirk 1877 9 evangelische, einschließlich der Schule der Erziehungsanstalt in Tuttlingen, mit 30 Lehrern, (24 Schullehrern, 2 Unterlehrern, 3 Lehrgehilfen und 1 Schulamtsverweser) und 2750 Schülern; 15 katholische mit 21 Lehrern (12 Schullehrern, 4 Schulamtsverwesern und 5 Lehrgehilfen) und 1431 Schülern.

Die Zahl der evangelischen Sonntagsschüler beträgt 648, die der katholischen 561.

Gewerbliche Fortbildungsschulen befinden sich in Tuttlingen und Trossingen, gewerbliche Zeichenschulen in Tuttlingen, Fridingen, Mühlheim, Weigheim und Wurmlingen; Industrieschulen in Tuttlingen und sämmtlichen katholischen Gemeinden des Bezirks; Fortbildungsschulen mit und ohne landwirthschaftlichen Unterricht | in Kolbingen, Mühlheim, Nendingen, Renquishausen und Wurmlingen; Kinderschulen endlich in Tuttlingen, Thalheim, Thuningen und Trossingen.


b. Wohlthätigkeitsanstalten.

Von solchen sind zu nennen:

1. Die unter Aufsicht der Amtsversammlung und des Amtsversammlungs-Ausschusses verwaltete Oberamtssparkasse.

2. 5 Agenturen der Württb. Sparkasse in Tuttlingen, Fridingen, Thuningen, Trossingen und Wurmlingen.

3. 16 Armenhäuser in sämmtlichen Orten des Bezirks mit Ausnahme von Gunningen, Irrendorf, Kolbingen, Mühlhausen, Neuhausen, Renquishausen und Rietheim.

4. Ein 1866 gegründetes Dienstbotenkrankenhaus in Tuttlingen mit 22 Krankenbetten, zunächst für Gewerbegehilfen und Dienstboten bestimmt.

5. Ein Krankenunterstützungsverein in Tuttlingen mit über 400 Mitgliedern. Die monatliche Umlage beträgt 40 Pf., die tägliche Unterstützung 60 Pf. und die einmalige bei Todesfällen 33 Mark.

6. Die Rettungs- und Erziehungs-Anstalt zu Tuttlingen für arme hilfsbedürftige Kinder mit eigener Schule. 1825 als Privatunternehmen gegründet, besitzt sie jetzt ein eigenes Gebäude und 5,3 ha. Grundstücke im Werth von gegen 50.000 M.

7. Die Katharinenstiftung in Tuttlingen zur Beschäftigung der Stadtarmen, besonders armer Kinder, mit einem Vermögen von circa 23.000 M.

8. Ein 1874 in Tuttlingen gegründeter Viehversicherungsverein mit über 200 Mitgliedern.


c. Gewerbliche Anstalten.

Seit dem Jahr 1852 besteht in Tuttlingen ein Gewerbeverein mit 180 Mitgliedern. Seine Aufgabe besteht im Allgemeinen in der Förderung der Gewerbe und ihres Betriebs durch Belehrung (Cirkulation von Zeitschriften, namentlich Fachzeitungen, Vorträge), Ausstellung neuer Muster, gewerblicher Erzeugnisse, Exkursionen nach auswärtigen Ausstellungsorten, durch Einwirkung auf die Ausbildung der gewerblichen Jugend und durch die Sorge für die Verbesserung des Verkehrs und für die Eröffnung neuer Absatzgebiete.

| Ohne Zweifel hat der Verein zu dem jetzigen blühenden Stand der Gewerbethätigkeit wesentlich beigetragen. Ihm hauptsächlich ist die zeitgemäße Reform der gewerblichen Fortbildungsschule mit besonderem Zeichenunterricht und die Gründung einer Frauenarbeitsschule zu verdanken, welch’ letztere unter des Vereins spezieller Leitung steht, von der Gemeinde und Amtskörperschaft aber unterstützt wird.

Aus dem Gewerbeverein hervor gieng ferner die Handwerkerbank. 1865 gegründet, zählt sie jetzt 715 Mitglieder. Die Vorstandschaft besteht aus dem Direktor, dem Kassier und dem Schriftführer, welche dem aus 12 Mitgliedern bestehenden Verwaltungsausschuß untergeordnet sind. Wohl wenige ähnliche Institute sind in der Lage, ihren Mitgliedern Darlehen unter günstigeren Bedingungen abzugeben, als es hier geschieht. Der Zinsfuß beträgt in der Regel 5 %. Im Jahr 1876 betrug der Umsatz der Bank 3.461.847 M. und es wurde eine Dividende von 51/2 % vertheilt.

Unter der Leitung und Garantie der Handwerkerbank besteht auch eine Sparbank, in welche 732 Mitglieder 63.700 Mark eingelegt haben.

Von einiger Bedeutung ist der im Monat Juni stattfindende Wollmarkt in Tuttlingen, auf welchem in den letzten Jahren immer 800–900 Ztr. Wolle zum Verkauf kamen.


d. Landwirthschaftliche Anstalten.

Wie in den anderen Bezirken des Landes besteht auch hier seit 1841 ein landwirthschaftlicher Bezirksverein, dessen Mitgliederzahl am 1. Juli 1877 554 betrug. An seiner Spitze steht ein Vorstand, Vizevorstand, Sekretär und Kassier mit 9 weiteren Ausschußmitgliedern.

Die Thätigkeit des Vereins erstreckt sich hauptsächlich auf die Hebung und Förderung der Rindvieh-, Pferde- und Schweinezucht, die Obstbaumzucht, die Verbreitung verbesserter Ackergeräthschaften, die Einführung besserer Sämereien für den Frucht-, Futter- und Kartoffelbau und auf die Verbreitung nützlicher Schriften unter den Mitgliedern.

Insbesondere läßt sich der Verein den Bezug von schönem Zuchtvieh, Simmenthaler Race, theils aus der Schweiz, theils aus dem Inland, angelegen sein, wodurch der Landschlag wesentlich verbessert worden ist.

| Alle 4 Jahre in der Regel wird vom Verein ein landwirthschaftliches Bezirksfest abgehalten, bei welchem Prämiirungen stattfinden:

a) an Lehrer der landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen und an Schüler, welche sich besonders ausgezeichnet haben;

b) an Dienstboten, welche eine bestimmte Anzahl von Jahren ununterbrochen bei einer Dienstherrschaft im Dienste der Landwirthschaft treu und redlich gedient haben;

c) an tüchtige Baumwärter;

d) an Obstbaumzüchter;

e) für besondere Leistungen in der Pferde-, Rindvieh- und Schweinezucht;

f) für musterhafte Farrenhaltung und

g) für rationellen Futterbau.

Eine Vereinsbibliothek mit ungefähr 120 Bänden, welche sämmtlichen Mitgliedern zugänglich ist, wird fleißig benützt; auch werden Bücher, so weit es zweckmäßig erscheint, an Winterabendschulen ausgeliehen.

Landwirthschaftliche Fortbildungsschulen bestanden im Winter 1876/77 10, darunter 4 obligatorische und 6 freiwillige.

Endlich besitzt der Bezirk 7 schulmäßig gebildete Baumwärter in den Gemeinden Tuttlingen, Hausen o. V., Kolbingen, Oberflacht, Seitingen, Nendingen, Thuningen.


e. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Eisenbahnen.

a) Die Linie Immendingen-Rottweil (Zürich-Stuttgarter Linie), tritt, nachdem sie die Exklave Hohentwiel schon früher in der Nähe der badischen Station Singen gestreift hat, aus dem badischen Bezirksamt Engen in der Nähe der Spinnerei Donaufeld in den Bezirk ein und zieht sich, 1 Kilometer westlich von Tuttlingen die Donau überschreitend, eine kurze Strecke im Eltathal, dann das Faulenbachthal hinauf über Wurmlingen, Weilheim und Rietheim, um alsdann den Bezirk gegen Spaichingen zu verlassen. Die Länge dieser Bahn im Bezirk beträgt 10 Kilometer, die Stationen an derselben sind Tuttlingen, Wurmlingen und Rietheim.

b) Die Linie Villingen-Rottweil durchschneidet hart an der westlichen Grenze den Bezirk auf der Markung Mühlhausen in | einer Strecke von 1 Kilometer. Die Station Trossingen an dieser Linie liegt aber außerhalb des Bezirks auf der Markung Deißlingen O.-A. Rottweil.


2. Straßen.

Staatsstraßen, welche durch den Bezirk führen, sind:

1. Die Straße von Tuttlingen über Wurmlingen, Weilheim und Rietheim nach Spaichingen.

2. Die Straße von Tuttlingen über den Lohhof nach Engen.

3. Die Straße von Tuttlingen über den inneren und äußeren Thalhof gegen Stockach.

4. Die Straße von Tuttlingen über Neuhausen o. E. bis an die badische Grenze gegen Meßkirch.

5. Die Straße von Schwenningen nach Rottweil, welche die Markungen Mühlhausen und Weigheim auf eine Strecke von 13/4 Kilometer hart an der westlichen Grenze des Bezirks durchschneidet.

Von den Vizinalstraßen sind diejenigen, für welche Staatsbeiträge verwilligt sind, besonders hervorzuheben und zwar:

1. Die Straße von Trossingen auf den Trossinger Bahnhof.

2. Die Straße von Aldingen über Schura nach Thuningen.

3. Die Straße von Tuttlingen über Nendingen und Mühlheim nach Fridingen.

4. Die Straße von Tuttlingen über Thalheim, Thuningen, Mühlhausen nach Schwenningen.

5. Die Straße von Fridingen durch das Beerathal nach Nusplingen, und

6. die Straße von Spaichingen nach Schura.

Alle übrigen, hier nicht genannten, bloß dem Lokalverkehr dienenden Nachbarstraßen werden von den Gemeinden unterhalten.

Die ordnungsmäßige Unterhaltung der Straßen wird durch den Oberamtswegmeister kontrolirt.


3. Posten und Boten.

Im Oberamtsbezirk bestehen 4 Postämter: in Tuttlingen, Mühlheim, Trossingen und Wurmlingen, und 5 Postagenturen: in Fridingen, Nendingen, Neuhausen, Thalheim und Thuningen. Die Postbezirkseintheilung ist aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich:

|
Bezeichnung
der
Poststelle
Zugetheilte Orte und Parzellen
mit wöchentlich
6maliger 3maliger
Landpostboten-Verbindung
1. Postamt
Tuttlingen
Bahnhof, Deutscher Hof
Ludwigsthal, Donaufeld.
Brühlmühle, Lerchenhalde,
Bleiche, Papiermühle,
Maienthalhof, Innerer Thalhof,
Äußerer Thalhof, Aichhalderhof,
Württ. Hof, Lohhof.
2. Postamt
Mühlheim
Renquishausen, Kolbingen,
Stetten, Schützenwirthshaus
im Tiefenthal.
Altstadt-Neuhaus, Gutleuthaus,
Kraftstein, Meßnerhaus,
Mittlere Mühle, Obere Mühle,
Untere Mühle, Ziegelhütte.
3. Postamt
Trossingen
Mühlhausen,
Schura,
Weigheim.
Ziegelhütte bei Schura,
Wirthsh. z. schön. Aussicht,
Sägmühle, Obere Mühle,
Untere Mühle.
4. Postamt
Wurmlingen
Rietheim mit Schloß
und Rietheimer Mühle,
Weilheim, Seitingen,
Oberflacht mit Kirchberg.
Schmidten, Höfle, Rußberg,
Lupbühl, Bulzingen, Heuchen,
Kehlen, Spinnfabrik Elta,
Aumühle, Bruckmühle, Anstatt,
Oberflachter Ziegelhütte.
|
5. Postagentur
Fridingen
Irrendorf. Bärenthalhaus, Bergsteig,
Bronnen, Kapellenhaus,
Spinnfabrik, Stadtmühle, Ziegelhütte.
6. Postagentur
Nendingen
(Die Parzelle Altenthal
wird durch den täglich
durchfahrenden Postillon
bedient)
Kleemeisterei, Ziegelhütte,
Neumühle.
7. Postagentur
Neuhausen
Haßlenacker, Schafhaus,
Ziegelhütte.
8. Postagentur
Thalheim
Götzenlocherhof, Obere Mühle,
Untere Mühle.
9. Postagentur
Thuningen
Obere Mühle, Untere Mühle.
Dem Postamt
Spaichingen
sind zugetheilt
Die Orte:     Die Orte
Gunningen,
Hausen o. V.,
Durchhausen.
Hohenkarpfen.
Die württembergischen Exklaven Hohentwiel und Bruderhof sind dem Postamt Singen zugewiesen.


| Die Zahl der Landpostboten beträgt 8, die Zahl der Parzellenboten 7; sämmtlichen liegt die Beförderung von Briefpostgegenständen, Zeitungen und leichteren Päckereien ob.

Außer obigen Landpostbotengängen bestehen noch folgende Postverbindungen:

1) Täglich einmalige Postwagenverbindung zwischen Tuttlingen und Meßkirch (über Altenthal und Neuhausen).

2) Täglich zweimalige Postwagenverbindung zwischen Tuttlingen und Fridingen (über Ludwigsthal, Nendingen und Mühlheim).

3) Täglich einmal fahrende Botenpost zwischen Tuttlingen und Thuningen (über Thalheim).

Der Verkehr mit Wurmlingen wird mit der Eisenbahn vermittelt, ebenso der mit Trossingen bis Aldingen O.-A. Spaichingen, von wo täglich einmal eine Botenpost nach Trossingen fährt. Die Verbindung zwischen Trossingen und Thuningen ist durch wöchentliche 6malige Postbotengänge (zugleich über Mühlhausen, Weigheim, Schura) hergestellt.

Fast sämmtliche Orte sind mit der Oberamtsstadt auch durch Fahrboten verbunden.


4. Telegraphen.

Telegraphenstationen sind zugleich die Eisenbahnstationen Tuttlingen, Wurmlingen, Rietheim und Trossingen. Ferner Mühlheim, das durch einen Draht mit Tuttlingen verbunden ist.


(Entfernungs-Tabelle siehe im Anhang.)


f. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1. Gesundheitspolizei.

Im Oberamtsbezirk sind angestellt:

1 Oberamtsarzt, 1 Oberamtswundarzt und 1 Oberamtsthierarzt mit dem Sitz in Tuttlingen; ferner je 1 Distriktsarzt in Trossingen und Mühlheim. Ein weiterer praktizirender Arzt befindet sich in Tuttlingen.

Wundärzte II. Abtheilung gibt es im Ganzen 6 im Bezirk, wovon 5 zugleich Geburtshelfer sind. Wundärzte III. Abtheilung (aber nicht zugleich Geburtshelfer) sind es noch 2.

Hebammen sind vorhanden 34.

Nach dem Reichs-Impfgesetz läge das gesammte Impfgeschäft dem Oberamtsarzt ob. Mit Genehmigung der K. Kreisregierung | kann derselbe jedoch einen Theil des Geschäftes anderen approbirten Ärzten übertragen, nicht aber den Wundärzten. Letzteren ist nur die Vornahme von Privat-Impfungen gestattet.

Apotheken bestehen 4 im Bezirk, 2 in Tuttlingen und je 1 in Mühlheim und Trossingen.

Zur vorübergehenden Unterbringung von Geisteskranken ist in der Oberamtsstadt ein Bezirksirrenhaus mit 4 Krankengelassen eingerichtet.

Außer Seitingen und Oberflacht, welche entsprechend ihrem kirchlichen Verband einen gemeinsamen Begräbnisplatz haben, besitzen sämmtliche Gemeinden ihren eigenen.

Wasenmeister sind 2 im Bezirk, in Nendingen und in Trossingen.


2. Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Das Oberamtsgericht und Oberamt haben je abgesonderte Gefängnisgebäude, in welchen sich auch die Wohnungen der betreffenden Amtsdiener befinden.

Arrestlokale mit den erforderlichen Requisiten sind in allen Gemeinden, desgleichen sind überall Polizeidiener aufgestellt.

Landjäger sind 9 im Bezirk, davon der Stationskommandant mit 2 Landjägern in der Oberamtsstadt und je einer in Mühlheim, Neuhausen, Renquishausen, Seitingen, Thuningen und Trossingen.


3. Bau- und Feuerpolizeiliche Anstalten.

Ortsbaupläne sind in 15 Hauptorten vorhanden.

Die Oberfeuerschau wird in den Bezirksorten von dem durch die Amtskörperschaft bestellten Oberamtsbaumeister, welcher als solcher auch die von dem Oberamt zu erledigenden Baugesuche begutachtet, besorgt, wogegen dieselbe in der Oberamtsstadt durch einen besonderen Techniker, der seinen Wohnsitz in Wurmlingen hat, versehen wird.

Der ganze Oberamtsbezirk ist in 2 Kaminfegerbezirke eingetheilt.

Feuerlöschmannschaften sind in allen Gemeinden vorschriftsmäßig aufgestellt.

Feuerwehren bestehen im Bezirke 7, in Tuttlingen, Nendingen, Neuhausen, Thalheim, Thuningen, Trossingen und Wurmlingen. In Thuningen ist der Beitritt ein freiwilliger, in den übrigen Orten beruht er auf Zwang.

| Für die Kosten der Anschaffung und der Unterhaltung der erforderlichen Requisiten haben die betreffenden Gemeinden einzustehen.

Fahrfeuerspritzen fanden sich im Jahr 1877 in sämmtlichen Gemeinden u. zw.:

Stoßspritzen 23
Kastenspritzen mit Windkessel 14
Saugspritzen und Hydrophore 11
Zusammen      48
Trag- und Handspritzen 36
Feuerleitern ohne Stützen 90
Feuerlitern mit Stützen 23
Stockleitern 32
Dachleitern 53

Normalschläuche sind vorhanden: 1659 Meter und durchschnittlich auf den Ort 72 Meter, Hydrophorschläuche 300 Meter.

Brandfälle sind im Bezirk neuerdings ziemlich selten und wenig bedeutend, während in den 1840er und 50er Jahren der Bezirk durch häufige Brandfälle und Brandstiftungen theilweise einen üblen Ruf gehabt hat.

Die Zahl der im Bezirk vertretenen Mobiliarversicherungs-Gesellschaften beträgt 22, die der Agenten 72.

Versichert sind mit ihren Mobilien von den bei der Volkszählung vom 1. Dez. 1875 gezählten 4430 Haushaltungen 3604.


4. Gewerbepolizeiliche Anstalten.

Ein Eichamt für gewöhnliche Verkehrsmaße, Gewichte und Wagen, einschließlich der Faßeichung, wurde in der Oberamtsstadt im Jahr 1871 errichtet, ebenso eine Faßeichungsanstalt in Mühlheim.


Amtskörperschafts- und Gemeindehaushalt.
A. Amtskorporation.

Nach der letztgestellten und abgehörten Rechnung pro 1875/76 hatte die Amtspflege ein Aktivvermögen an

Kapitalien 17.331 M. 45 Pf.
anderen Forderungen 199
85
Rechners Remanet 6484
21
Zusammen      24.015 M. 51 Pf.
worauf jedoch 12.528
56

Schulden haften.

| Es betrugen pro 1875/76
die laufenden Einnahmen 166.438 M.
0e laufnden Ausgaben 159.954 0
der Amtsschaden 14.500 0

Korporationssteuern waren keine zu erheben.

An Grundeigenthum besitzt die Amtskorporation nur 13/16 an dem 3stockigen Oberamtsgefängnisgebäude mit der Wohnung des Oberamtsdieners und das zweistockige Bezirksirrenhaus in der Oberamtsstadt mit 4 Irrenlokalen.


B. Gemeindeverwaltung
pro 1875/76 s. Tabelle III.
1) Nach dieser Tabelle besaßen die Gemeinden:
An Grundeigenthum 11.607 ha.
an verzinslichen Kapitalien 518.193 M.
an sonstigen Forderungen, exklusive Remanet 17.490 0
2) Die Passiven betrugen an verzinslichen Kapitalien 185.229 0
3) Die jährlichen Einkünfte beliefen sich auf 357.452 0
4) Die jährlichen Ausgaben auf 358.782 0
5) Der Amtsschaden auf 14.269 0
6) Die Gemeindeumlagen, einschließlich die Schuldentilgungs-, beziehungsweise Grundstocksergänzungs-Raten auf 58.582 0


C. Stiftungspflegen.

Im Etatsjahr 1875/76 hatten die Stiftungspflegen zusammen einen Grundbesitz von 2511/2 ha. An weiterem Vermögen besaßen sie 615.837 M. verzinsliches Kapital, worauf 9269 M. Schulden hafteten.

Die laufenden Einnahmen betrugen 48.664 M.
0e laufnden Ausgaben betru 36.1360


Kataster und Steuern.

Die Katasteranschläge betrugen im Etatsjahr 1877/78

vom Grundeigenthum 383.660 M.
von den Gefällen
0
von den Gebäuden 18.640.300 0
von den Gewerben 750.672 0
| Die in demselben Jahr zur Umlage gebrachten Steuern betragen:
vom Grundeigenthum 00059.062 M.
von Gebäuden 22.615 0
von Gewerben 22.404 0

Einkommensteuer wurde im Etatsjahr 1876/77 erhoben:

vom Dienst- und Berufseinkommen 4079 M. 14 Pf.
vom Kapitaleinkommen 22.364
74
Zusammen      26.443 M. 88 Pf.

Die indirekten Steuern ertrugen in demselben Etatsjahr 1876/77:

1) Umgeld von Wein und Obstmost:
     Akkord 15.688 M. 24 Pf.
     Abstich 3296
43
18.984 M. 67 Pf.
2) Malzsteuer:
     Braumalzsteuer 83.989 M. 43 Pf.
     Brennmalzsteuer 212
56
84.201 M. 99 Pf.
3) Branntweinausschanksabgabe 5181 M. 73 Pf.
4) Accise:
von Lotterien, Theatern 573 M. 20 Pf.
00 Liegenschaftsverkäufen und den denselben
0„0 gleich gestellten Rechtsgeschäften
15.077
74
00 ausländischen Händlern 424
28
00 ausländischen Handelsreisenden 396
16.471 M. 22 Pf.
5) Hundeauflage 3487 M. 50 Pf.
6) Sporteln
vom Oberamtsgericht 1838
50
von den Notariaten 8593
80
vom Oberamt 2116
20
von der Verrechnung des Kameralamts 1156
56
13.705 M. 6 Pf.


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