« Kapitel B 6 Beschreibung des Oberamts Tübingen Kapitel B 8 »
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Dörnach,

Gemeinde III. Klasse mit 211 Einw. – Evangelisches Dorf, Filial von Pliezhausen. 3 Stunden nordöstlich von Tübingen gelegen.

Auf der Hochebene zwischen dem Neckar- und dem Schaichthale, in einer sanften gegen Süden geneigten Mulde liegt zwischen Obstbäumen und fruchtbaren Ackergeländen das freundliche Dörflein, und als herrlichen Hintergrund erblickt man von ihm aus die ganze Kette der Alb, vom Hohenstaufen bis zum Hohenzollern. Die zum Theil stattlichen Häuser lagern sich zerstreut und unregelmäßig,| von Blumengärtchen und Hofräumen unterbrochen, an den reinlichen gekandelten Straßen. Inmitten steht im ummauerten Friedhofe die kleine Kirche; sie ward 1801 mit Benützung einer alten Kapelle in einfachem Stile erbaut, hat eine rechteckige Grundform und flachbogige Fenster. An ihrer Südseite erhielt sich eine spitzbogige Pforte und darüber die Jahreszahl 1541; das Innere ist flachgedeckt; auf dem Westgiebel sitzt ein hölzerner Dachreiter mit zwei unzugänglichen Glocken.

Der Begräbnißplatz wurde mit der Vergrößerung der Kirche 1801 angelegt; früher begrub man die Todten nach Pliezhausen.

Das mit dem Schulhaus vereinigte Rathhaus wurde 1831 erbaut und enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath ein Schulzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Mittelgutes aber hinreichendes Trinkwasser liefern ein durch hölzerne Deuchel hergeleiteter laufender Brunnen, der nie versiegt, und ein Pumpbrunnen; überdieß fließt durch die quellenreiche Markung der Merzenbach, über den zwei von der Gemeinde zu unterhaltende Stege gehen.

Die nicht besonders kräftigen Einwohner sind fleißig, sparsam, religiös und ernähren sich meist mühsam durch Ackerbau und Obstzucht.

Von den Gewerben setzt nur die Linnenweberei von ihren Erzeugnissen nach außen ab; eine Schildwirthschaft besteht.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den minder günstigen; der begütertste Bürger besitzt 18, der Mittelmann 10 Morgen und die ärmere Klasse, der über die Hälfte der Ortsbürger angehört, kaum einen Morgen Grundeigentum.

Der Boden der kleinen, beinahe ebenen Markung ist wegen seiner thonigen Unterlage meist naßkalt und gehört zu den mittelfruchtbaren. Das Klima begünstigt noch den Anbau feinerer Gewächse, übrigens kommen schädliche Frühlingsfröste ziemlich häufig vor, dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten.

Die Landwirthschaft hat sich seit 25 Jahren sehr gehoben und wird nun gut betrieben; die Brabanter und Suppinger Pflüge sind allgemein geworden. Von den vorzugsweise zum Anbau kommenden Getreidearten, Dinkel, Gerste, Haber, können in günstigen Jahren etwa 150 Scheffel Dinkel nach außen verkauft werden. Von Brach- und Handelsgewächsen zieht man Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Wicken, wenig Reps, ziemlich viel Flachs und Hanf, letztere theilweise zum Verkauf.

| Die durchaus zweimähdigen Wiesen, welche zeitweise bewässert werden können, ertragen ein sehr gutes Futter.

Die Obstzucht, welche sich vorherrschend mit Knaus- und Palmischbirnen und Zwetschgen beschäftigt, ist verhältnißmäßig ausgedehnt; das Obst geräth und erlaubt in günstigen Jahren einen namhaften Verkauf nach außen. Die Jungstämme werden selbst nachgezogen.

Die vorhandenen 80 Morgen Gemeindewaldungen ertragen jährlich 24 Klafter und 2100 St. Wellen; hievon erhält jeder Bürger 1/6 Klafter und 25 St. Wellen. Zuweilen kann noch Holz verkauft werden, was alsdann der Gemeindekasse 60–100 fl. einträgt.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden und nur die Brach- und Stoppelweide wird an Ortsbürger um 150 fl. verpachtet, überdieß sichert die Pferchnutzung der Gemeinde eine jährliche Rente von 150 fl. Auf der Weide laufen den Herbst und Frühling über 200 St. Bastardschafe.

Die Rindviehzucht ist wegen Mangels an größerem Grundeigenthum unbedeutend.

Bienenzucht wird nur von einem Bürger, übrigens mit gutem Erfolg getrieben.

Stiftungen, deren Zinse theils zu Brod, theils in Geld an Ortsarme vertheilt werden, sind 355 fl. vorhanden.

Westlich vom Ort in den Bronngartäckern und im Heimengarten ist man schon auf Grundmauern, römische Ziegel, Gefässefragmente etc. gestoßen; auch hat man daselbst schon öfters thönerne Röhren von einer römischen Wasserleitung aufgedeckt.

Dörnach, welches in frühester Zeit unter die Hoheit der Grafen von Achalm-Urach gehört haben mochte, tritt erst spät in die Geschichte ein, im Besitz der Ministerialenfamilie Schilling von Canstatt, aus welcher Ursula, Wittwe Schillings, geb. Kayb, und ihre Söhne Hans, Konrad, Burkhard, Wilhelm und Jörg das Dorf mit Vogtei, Gericht, Leuten und Gütern um 1080 Pf. H. 1416 an den Grafen Eberhard den Milden verkauften. Von dem Grafen Jost Nikolaus von Zollern ertauschte 1473 der Graf Eberhard im Bart dessen hiesige Steuer.

Einen bedeutenden Besitz allda und in Pliezhausen hatte das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, welches um das Jahr 1092 auch hier, wie sonst in der Gegend, festen Fuß gefaßt haben mag (s. Degerschlacht); es verkaufte solchen in beiden Dörfern 1528 an die Spitäler Urach und Nürtingen.


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