« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Tübingen Kapitel A 7 »
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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.[1]
A. Grundherren.

Nachstehende Orte des Oberamtsbezirks gehörten folgenden Grundherren an:

dem Freiherrn v. Tessin: Kilchberg,
dem Freiherrn v. St. André: Wankheim,
dem Grafen v. Dillen: Rübgarten.

Bis zum Vollzug der Ablösungsgesetze aus den Jahren 1848 und 1849 hatten die genannten Herren grundherrliche Gefälle in den bezeichneten Orten des Bezirks zu beziehen, in den übrigen Orten bezog sie der Staat, zum Theil auch die Universität. Diese letzteren hatte der Staat pachtweise zu erheben. Eine geschlossene Staatsdomäne befindet sich nicht mehr im Bezirk, nachdem schon seit mehreren Jahren das Schäfereigut zu Lustnau aufgelöst ist, und ein Theil davon an die Gemeinde Lustnau verkauft wurde, der bei weitem größere Theil aber in einzelnen Theilen verpachtet ist.

B. Vormaliges Lehen- und Leibeigenschaftswesen.

Mit Ritterlehen waren belehnt:

Der Graf v. Dillen mit dem Schloß und Gut Rübgarten.
Neues Mannlehen von der Krone Württemberg.
Der Freiherr Schott v. Schottenstein, genannt Hopfer mit Bläsiberg.
Alt-Württemberg: Mann- und Erblehen.
Der Freiherr v. Tessin mit einem Theil von Kilchberg.
Alt-Württemberg: Mannlehen.

Die Kirchen- und Schulpflege zu Reutlingen, sowie mehrere Privaten zu Kirchentellinsfurth und Oferdingen besaßen mehrere Höfe als Lehen von Österreich, welche wie Bauernlehen behandelt wurden.

Dieses Lehensystem war überhaupt im ganzen Bezirk verbreitet.

In den Kameralbezirken Tübingen und Lustnau, welche im Jahr 1843 vereinigt wurden gab es keine Falllehen. Die Erblehenhöfe,| längst in kleine Theile zertrümmert, befanden sich im Eigenthum des Staats und des obgenannten Adels; sie waren mit verschiedenen Abgaben an Geldzinsen, Küchengefällen und Früchten belastet. Das Obereigenthum wurde, wie im ganzen Land, durch die Gesetze vom Jahr 1817 unentgeldich aufgehoben und die Laudemien für ablösbar erklärt.

Gefälle von Personal-Leibeigenen wurden zu Tübingen, Dußlingen, Derendingen, Gönningen, Hagelloch, Immenhausen, Kilchberg, Mähringen, Nehren, Weilheim bezogen und zwar jährlich Manns- und Leibsteuern, Leibhennen, bei Verheirathungen Salzscheiben und Brautlauf, bei Sterbfällen das beste Stück Vieh, auch Oberkleid und Gürtelgewand.

Eine Lokal-Leibeigenschaft bestund nicht.

Diese Gefälle wurden durch die Gesetze v. J. 1817 aufgehoben.

C. Grundlasten und ähnliche nunmehr abgelöste Abgaben.

Falllehen waren, wie schon erwähnt, keine im Bezirk vorhanden; dagegen Erblehen in beinahe sämtlichen Orten desselben: diese wurden durch das Edikt vom 18. Nov. 1817 §. 7 in Zinsgüter verwandelt, welche mit Hellerzinsen, Kirchengefällen Gülten, Landachten, Frohngeldern und in Veränderungsfällen zum Theil auch mit Handlohn und Weglöse belastet waren. Durch die Gesetze von 1817, 1836, 1848 und 1849 kamen sie ohne Ausnahme zur Ablösung; die durch die Gesetze von 1848 und 1849 zuletzt festgestellten Ablösungssummen wurden in Renten bis zu einer Dauer von 25 Jahren zerschlagen, von welchen die letzten auf den 18. April 1873, beziehungsweise 11. Nov. 1877 verfallen.

D. Zehenten.

Tübingen. Den großen, kleinen, Heu- und Weinzehenten hatte der Staat großen Theils zu beziehen; von einigen Gewanden stund er dem Hospital Tübingen, der Pfarrei Rottenburg und der Pfarrei Kilchberg zu.

Altenburg. Der große Zehente stund dem Staat, der kleine der Pfarrei Oferdingen, der Heuzehnte den Widdumbauern zu Oferdingen zu.

Bebenhausen. Der Staat hatte den großen, kleinen und Obstzehenten von einem Ackerbezirk und ebenso den Heu- und Öhmdzehenten von einem Bezirk, Gärten und Wiesen, zu beziehen.

| Derendingen. Den großen und Heuzehenten bezog der Hospital Tübingen, den kleinen der Ortspfarrer.

Dettenhausen. Der große und kleine Zehente gehörte dem Staat.

Dußlingen. Den großen und Heuzehenten bezog der Staat, den kleinen der Ortspfarrer.

Degerschlacht. Der Staat hatte den großen, die Ortspfarrei den kleinen Zehenten.

Dörnach. Den großen und kleinen Zehenten hatten die Hospitäler Nürtingen und Urach zu beziehen.

Gönningen. Der große, Heu- und Weinzehente, mit Ausnahme von zwei Bezirken, in welchen die Universität Tübingen den Zehenten zu beziehen hatte, gehörte dem Staat, der kleine der Ortspfarrei.

Gniebel. Den großen Zehenten bezog der Staat, den kleinen die Pfarrei Walddorf.

Hagelloch. Der große und Weinzehente stand dem Staat, der kleine, Heu- und Obstzehente dem Ortspfarrer zu.

Häslach. Der große Zehente gehörte dem Staat, der kleine und Heuzehente theils der Pfarrei Walddorf, theils der Pfarrei Schlaitdorf.

Immenhausen. Den großen und Weinzehenten hatte der Staat, den kleinen die Pfarrei Mähringen.

Jettenburg. Den großen Zehenten bezog der Staat, den kleinen die Pfarrei Mähringen.

Kilchberg. Den großen Zehenten bezog der Staat, den kleinen die Ortspfarrei.

Kirchentellinsfurth. Von einem Bezirk von 654/8 Morgen bezog der Staat den großen Zehenten ungetheilt, den sogenannten Vorzehenten, von der übrigen Markung, also von circa 770 M. war er je zur Hälfte getheilt zwischen der Hospitalpflege Reutlingen und dem Staat; der kleine Zehente gehörte dem Ortspfarrer, der Weinzehente wieder dem Staat.

Kusterdingen. Der große Zehente gehörte dem Hospital Tübingen, der kleine der Ortspfarrei.

Lustnau. Der Staat bezog den großen, Heu- und Weinzehenten, die Ortspfarrei den kleinen Zehenten.

Mähringen. Der große und Heuzehente gehörte dem Staat, der kleine der Ortspfarrei.

Nehren. Der große, Heu- und Weinzehente stund dem Staat zu, der kleine der Ortspfarrei.

| Oferdingen. Der große Zehente gehörte dem Staat, der kleine der Ortspfarrei und der Heuzehente den Widdumbauern.

Pfrondorf. Der Staat bezog den großen, die Pfarrei Lustnau den kleinen und Obstzehnten.

Pliezhausen. Der große und kleine und Weinzehente gehörte dem Hospital Nürtingen und Urach, der Heuzehente der Ortspfarrei.

Rommelsbach. Der Staat hatte den großen, die Ortspfarrei den kleinen und die Widdumbauern zu Oferdingen den Heuzehenten zu beziehen.

Rübgarten. Der große Zehente gehörte dem Staat und der kleine der Pfarrei Walddorf.

Sickenhausen. Den großen Zehenten bezog der Staat, den kleinen die Pfarrei Degerschlacht.

Schlaitdorf. Der Staat bezog aus zwei besonderen Bezirken von ungefähr 50 und 72 Morgen den großen Zehenten allein, von der übrigen Markung etwa aus 620 Morgen bestehend, kam er aber zu 13/24 dem Spital Kirchheim u. T. und zu 11/24 dem Staat zu. Der kleine und Obstzehente gehörte der Ortspfarrei, der Weinzehente je zur Hälfte dem Spital Kirchheim und dem Staat, der Heuzehente aber dem Staat.

Walddorf. Hier gab es einen Forst oder Waldzehent- und einen Dorfzehentbezirk; der große Zehente von beiden Bezirken gehörte dem Staat, ebenso der kleine vom Forstbezirk; der Pfarrei des Orts aber der kleine und Heuzehente vom Dorfbezirk.

Wankheim. Der große Zehente gehörte dem Staat, der kleine der Ortspfarrei, der Heuzehente der Pfarrei und dem Freiherr v. St. André.

Weilheim. Dem Hospital Tübingen gehörte der Frucht-, Heu- und Weinzehente, der Ortspfarrei der kleine Zehente.

Der Weinzehente wurde unter der Kelter an lauterem Wein vom Vorlaß und Druck entrichtet; eine sogenannte rauhe Verzehentung – die der getretenen oder geraspelten Trauben – fand nicht statt. In verschiedenen Orten wurden von einzelnen Weinbergen neben und nach dem Zehenten zum Theil sehr lästige Theilgebühren erhoben, wofür der Staat Dünger etc. anschaffen mußte.

Der Öhmdzehente kam nur selten vor; der Zehente vom Obst wurde in einigen Fällen zum großen, in den meisten Fällen aber zum kleinen Zehenten gerechnet.

Der lebendige oder Blutzehente kam im ganzen Bezirk nicht vor.

Alle vorstehenden Zehentrechte wurden in Folge des Gesetzes vom 17. Juni 1849 abgelöst und die Bezahlung der Ablösungssummen| erfolgt je nach dem Übereinkommen mit den Betheiligten in mehrjährigen Renten; die letzte dieser Renten verfällt am 1. Januar 1878.
E. Bannrechte.

Eine Mühle zu Dußlingen und eine zu Gönningen besaß ein Bannrecht, dessen Ablösung in Folge des Gesetzes v. 8. Juni 1849 erfolgte.


2. Staats- und kirchliche Einrichtungen.
A. Eintheilung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk bildet einen Bestandtheil des Schwarzwaldkreises und steht als solcher in gerichtlicher Hinsicht unter dem Gerichtshof in Tübingen, in administrativer unter der Kreisregierung in Reutlingen.

Von den Bezirksbehörden haben das Oberamtsgericht, Oberamt, Dekanat und Kameralamt und Bezirkshochbauamt ihren Sitz in Tübingen, das Forstamt in Bebenhausen. Zwei Gemeinden des Bezirks, Gönningen und Nehren, gehören zum Forstbezirk Urach.

a. Oberamtsgericht.

Demselben sind untergeordnet: das Gerichtsnotariat in Tübingen für die Gemeinden Tübingen, Bebenhausen, Hagelloch und Lustnau. Das Amtsnotariat Dußlingen, mit dem Sitz in Tübingen, für die Gemeinden: Derendingen, Dußlingen, Gönningen, Jettenburg, Immenhausen, Kilchberg, Kusterdingen, Mähringen, Nehren, Wankheim, Weilheim.

Das Amtsnotariat in Walddorf, für die Gemeinden: Altenburg, Degerschlacht, Dettenhausen, Dörnach, Gniebel, Häßlach, Kirchentellinsfurth, Oferdingen, Pfrondorf, Pliezhausen, Rommelsbach, Rübgarten, Schlaitdorf, Sickenhausen, Walddorf.

b. Das Oberamt mit der Oberamtspflege, dem Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt, Oberamtsthierarzt und Oberfeuerschauer.

In Beziehung auf Straßen- und Wasserbau ist der Bezirk der Inspektion Reutlingen zugewiesen.

c. Dem Kameralamt in Tübingen ist der ganze Oberamtsbezirk zugetheilt. In Bezug auf die indirekte Steuerverwaltung bildet der Bezirk einen Bestandteil des Umgeldskommissariatsbezirks Reutlingen.

Der Oberamtsgeometer hat seinen Wohnsitz in Lustnau.

d. Das Forstamt Bebenhausen hat im Bezirke zwei Revierämter: Bebenhausen und Einsiedel.

| Die Zahl der Gemeinden des Oberamtsbezirks beträgt 30, nämlich 1 erster, 9 zweiter und 20 dritter Klasse.

Zusammengesetzte Gemeinden sind: Tübingen mit der Parzelle Ammern, Bebenhausen mit der Parzelle Waldhausen, Derendingen mit der Parzelle Bläsiberg, Kirchentellinsfurth mit der Parzelle Einsiedel, Weilheim mit den Parzellen Cresbach und Eckhof. Die genannten Parzellen bilden eigene Theilgemeinden, deren Verhältnisse durch Ortsstatute normirt sind.

An der Spitze jeder Gemeinde steht ein Schultheiß, der seinen Wohnsitz im Hauptort hat und in allen Gemeinden, mit Ausnahme der Oberamtsstadt und der Gemeinde Dußlingen, zugleich Rathschreiber ist.

In der O.-A.-Stadt ist dem Stadtschultheißen auf Grund des Art. 25 des Ges. vom 6. Juli 1849 für die Verwaltung der Polizei ein Hilfsbeamter (Polizeiamtmann) beigegeben.

Für die Verwaltung des Gemeindevermögens sind überall besondere Rechner (Gemeindepfleger) bestellt, welche auch den Steuereinzug besorgen. Verwaltungsaktuare sind im Bezirk 6, wovon einer in 13, einer in 6, einer in 5 und zwei in je 2 Gemeinden die Verwaltungsgeschäfte besorgen; in Gönningen besorgt diese Geschäfte der Ortsvorsteher, in der Oberamtsstadt besorgen die Hauptrechner (Stadt- und Stiftungspfleger) die Rechnungsstelle und sonstige Geschäfte selbst. Die Unterpfandsgeschäfte werden nur in wenigen Gemeinden durch die Ortsvorsteher, in den meisten durch die Notare und Verwaltungsaktuare besorgt; die Oberamtsstadt hat einen eigenen Pfandhilfsbeamten.

b. Kirchliche.

Der Bezirk ist protestantisch, die Zahl der Katholiken beträgt nur 2,7% der Gesamtbevölkerung. Die sämtlichen protestantischen Gemeinden stehen unter dem Dekanat und mit diesem unter der Generalsuperintendenz Tübingen, deren Inhaber seit vielen Jahren in Stuttgart wohnt und zugleich Mitglied des K. evangelischen Consistoriums ist.

Der Bezirk zählt 23 evang. Pfarreien mit 23 ständigen und 2 unständigen Geistlichen. Nur in Tübingen befindet sich eine katholische Pfarrei, die mit der Vorstandschaft des Wilhelmsstifts verbundene Stadtpfarrei, welche zum Landdekanat Rottenburg gehört.

Soweit die Katholiken des Bezirks nicht nach Tübingen eingepfarrt sind, sind sie folgenden Pfarreien zugetheilt: Reutlingen die aus den Orten Altenburg, Degerschlacht, Gönningen, Oferdingen,| Sickenhausen; Neuhausen, O.-A. Eßlingen, die der Orte: Dörnach, Häßlach, Schlaitdorf, Walddorf; Bühl, O.-A. Rottenburg, die des Ortes Kilchberg.
B. Anstalten.
a. Schulanstalten.

In Tübingen befindet sich

1) ein Gymnasium mit 8 Klassen, 2 oberen und 6 unteren; an der oberen Abtheilung sind einschließlich des Rektors 4, an der unteren 6 ordentliche Lehrer thätig.

Die Zahl der Schüler an der oberen Abtheilung hat 1867 betragen 57, die Zahl der Schüler der untern Abtheilung 116.

2) eine Realschule mit Oberrealklasse mit 4 ordentlichen, sowie 5 außerordentlichen Lehrern, letztere für das Zeichnen, Turnen und Singen, den Religionsunterricht und für englische Sprache.

Besucht war die Realschule im Jahre 1867 von 113 Schülern; davon kommen auf die Oberklasse 31 Schüler.

3) eine gewerbliche Fortbildungsschule, deren Kosten mit Beiträgen Seitens des Staats und der Amtskorporation die Stadt bestreitet und an der auch auswärtige Schüler Theil nehmen.

Die Zahl der Lehrer beträgt sechs, die Zahl der Schüler war im Winter 1866/67 32.

Der Unterricht wird in folgenden Fächern in der beigesetzten wöchentlichen Stundenzahl ertheilt,

im obern Kurs

Technologie 2 Stunden
Buchführung 2 Stunden
Geometrie 11/2 Stunden
Zeichnen u. Modelliren 31/2 Stunden
Projektionslehre 11/2 Stunden
Fachzeichnen 2 Stunden

im untern Kurs

Rechnen 2 Stunden
Geschäftsaufsätze 2 Stunden
Linearzeichnen 2 Stunden
Freihandzeichnen 51/2 Stunden

4) Volksschulen zählt der Bezirk 32, nämlich 31 protestantische, darunter eine Mittelschule (in Gönningen) und 1 katholische (in Tübingen).

An den 31 protestantischen Schulen sind thätig 41 Schulmeister,| 10 Unterlehrer und 6 Lehrgehilfen. Die Zahl der Schulkinder beträgt 4111, es kommen demnach auf einen Lehrer im Durchschnitt 72 Kinder.

Die katholische Konfessionsschule in Tübingen mit 1 Lehrer zählt 34 Schüler.

Winterabendschulen für die sonntagsschulpflichtige männliche Jugend befinden sich in 20 Gemeinden mit zusammen 21 Klassen, 27 Lehrern und 550 Schülern.

Arbeitsschulen bestehen fast in allen Gemeinden; in drei, Tübingen, Kilchberg und Lustnau, werden die Mittel dazu von Stiftungen bestritten, in 12 Gemeinden werden sie hauptsächlich durch Staatsbeiträge erhalten, im Übrigen bestreiten die Gemeinden den Aufwand. Eine höhere Töchterschule besteht in Tübingen in organischer Verbindung mit der Volksschule (siehe Ortsbeschreibung).

Kleinkinderschulen sind in Tübingen.

b. Wohlthätigkeitsanstalten und Vereine.

An solchen sind außer den mit der Universität verbundenen folgende hervorzuheben:

1) der Bezirkswohlthätigkeitsverein. Dieser entwickelte in den 1850ger Jahren eine ausgedehnte Thätigkeit theils durch unmittelbare Unterstützung der Armen, theils und vor Allem durch Beschaffung von Arbeit für den Bedürftigen. In letzterer Beziehung hat er außerordentlich wohlthätig gewirkt, namentlich ist hervorzuheben, daß die durch seine Bemühungen ins Leben gerufene gewerbsmäßige Strickerei in vielen Gemeinden auch nach dem Wegfall des dringenden Anlasses zu ihrer Einführung als häusliche Nebenbeschäftigung fortbesteht und den minder bemittelten Klassen lohnenden Erwerb gewährt. Der Verein hat einen Vorstand, Ausschuß und etwa 1000 fl. Vermögen. Seine Thätigkeit ruht vorläufig, er ist aber in der Lage, sie alsbald wieder zu eröffnen, wenn ein Bedürfniß sich zeigt.

2) Der Bezirksverein zur Fürsorge für entlassene Strafgefangene mit 63 Mitgliedern, der einen Theil der eingehenden Beiträge selbst verwendet, einen Theil derselben an den Centralverein in Stuttgart abliefert.

3) Die von der Amtskorporation gegründete und garantirte Oberamtssparkasse. Auf den 1. Jan. 1867 haben bei derselben betragen

die Aktiven 119.370 fl. 43 kr.
die Passiven, worunter 106.031 fl. 30 kr.
Einlagen der Sparer 109.349 fl. 44 kr.
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der Vermögensüberschuß, welcher die Bestimmung hat, als Reservefonds zu dienen 10.020 fl. 59 kr.,

also nahezu 10% der Einlagen, welch günstiges Verhältniß sich wohl bei wenigen derartigen Kassen findet und in Verbindung mit der Garantie der Amtskörperschaft den Einlegern absolute Sicherheit bietet.

4) Eine Agentur der württembergischen Sparkasse in Stuttgart befindet sich in Tübingen.

Ebendaselbst bestehen ferner:

5) ein Verein zur Unterstützung reisender Handwerker,

6) ein Verein für Beschäftigung unbemittelter Frauenspersonen,

7) ein Verein für Bekleidung armer Landleute,

8) ein Wohlthätigkeitsverein der Studirenden,

welche Vereine sämtlich ihre Thätigkeit nicht blos auf die Stadt, sondern auch auf den Bezirk erstrecken.

In Lustnau ist eine Anstalt zur Erziehung verlassener und verwahrloster Kinder, die im Jahre 1840 gegründete Sophienpflege, welche durch ein Komite in Tübingen geleitet wird.

c. Gewerbliche Anstalten.

Der gewerblichen Fortbildungsschule ist oben Erwähnung geschehen.

Hier ist noch anzuführen: in Tübingen ein „Handwerker-Verein“ mit 186 Mitgliedern, dessen Zweck ist: die Bildung des Handwerkerstandes durch Vorträge, Lesen nützlicher Bücher und gesellige Unterhaltung zu fördern. Die Bibliothek des Vereins zählt 450 Bände. Jeden Winter wird eine größere Zahl belehrender Vorträge gehalten und es erfreut sich hiebei der Verein auch der Mitwirkung ausgezeichneter Lehrer der Universität.

Eine Handwerkerbank besteht in Tübingen mit 150 Mitgliedern und einem Jahresumsatz, der 1866 248.000 fl. betrug.

d. Landwirthschaftliche Anstalten.[2]
Der landwirthschaftliche Verein wurde am 1. Mai 1839 gegründet und zählt gegenwärtig 310 Mitglieder, welche einen Jahresbeitrag von 1 fl. entrichten. Jährlich werden 4 Generalversammlungen abwechslungsweise in verschiedenen Ortschaften des Bezirks abgehalten, bei welchen durch Vorträge, Ausstellungen von Vieh und| Geräthschaften, durch Preispflügen und Besichtigung trefflich bewirthschafteter größerer Güter mit ihren Einrichtungen schon mancher gute Samen ausgestreut wurde. Im Ausschuß, der sich etwa alle 6 Wochen versammelt und aus 15 Mitgliedern, hauptsächlich vom Lande, besteht, werden die laufenden Geschäfte besorgt und die Verhandlungen für die Generalversammlungen vorbereitet, von denen alle 2 Jahre Eine mit einem Feste zusammenfällt, welches in der Hauptsache wie in anderen Bezirken abgehalten wird. Außerdem sind für die einzelnen landwirthschaftlichen Zweige Sektionen mit eigenen Vorständen errichtet, welche sich speciell die Förderung dieser einzelnen Zweige angelegen sein lassen, ihre besonderen Sitzungen halten und jährlich in einer Generalversammlung über ihre Thätigkeit durch ihre Vorstände Bericht erstatten. Die Letzteren werden auch zu allen Ausschußsitzungen eingeladen, in welchen sie Stimmrecht haben. – Die ältesten dieser Sektionen, im Jahre 1856 gegründet, sind folgende:

1) Die für Obstbau mit einem Jahresbeitrag von 35 fl. aus der Vereinskasse, welche die richtige Behandlung der Obstbäume und die Einführung und Verbreitung passender Obstsorten sich zur Aufgabe gemacht hat und eine eigene Baumschule von 1/2 Morgen unter der Leitung eines tüchtigen Baumwarts auf Tübinger Markung besitzt. Unter seiner Aufsicht steht zugleich der über 30 Morgen haltende Centralobstgarten in Mähringen mit 1000 Hochstämmen und den edelsten Obstsorten, durch den energischen Ortsvorsteher Digel daselbst ins Leben gerufen.

2) Die Sektion für Weinbau mit einem Jahresbeitrag von 50 fl. Sie besitzt einen auf Aktien erworbenen und durch namhafte Beiträge von der Centralstelle in tüchtigen Stand gesetzten, von ihrem Vorstand, Institutsgärtner Hochstetter, musterhaft angelegten und bewirthschafteten 1 Morgen großen Weinberg, und hat einen dreifachen Zweck, nämlich:

a) die Pflanzung und Verbreitung von Weinreben, welche in hiesige Gegend passen;
b) Aufmunterung zu musterhafter Anlegung und Bewirthschaftung anderer Weinberge, und
c) zweckmäßige Weinlese und Kelterung des Weinerzeugnisses.
Diesen Zweck sucht der Verein zu erstreben durch billige Abgabe selbstgezogener Rebstöcke, durch gemeinsame belehrende Begehungen des Musterweinbergs und anderer Weinberge, durch gemeinschaftliche Kelterung der verschiedenen Erzeugnisse, sowie durch gemeinsame Versteigerungen der letzteren nach ihrer verschiedenen Güte, wofür sich| eine eigene Weingärtnergenossenschaft gebildet hat, welche mit den erzielten Resultaten sehr zufrieden ist.

3) Eine Sektion für Bienenzucht mit einem Jahresbeitrag von 30 fl., deren Aufgabe rationelle Bienenzucht nach Dzierzon, möglichste Verbreitung Dzierzon’scher Wohnungen und italienischer Bienen, und Vervollkommnung in der Honigbereitung ist. Sie hat schon sehr erfreuliche Resultate geliefert durch Verlosungen von Prinzstöcken und Strohlagerbeuten, und hat sich namentlich Friederich Gonser von Lustnau durch seine rastlose Mitwirkung, Errichtung einer Weiselbrutanstalt, Einführung italienischer Bienenstöcke direkt aus Italien, und neuerdings durch Anschaffung einer Centrifugalhonigmaschine namhafte Verdienste erworben. 266 Dzierzon’sche Stöcke sind im Bezirke eingeführt, und es steht die Bienenzucht in demselben auf einer hohen Stufe.

4) Im Jahre 1863 wurde eine Hopfenbausektion ins Leben gerufen, und ihr ein Jahresbeitrag von 50 fl. vom Verein zur Verfügung gestellt. Dieser Beitrag kam seither hauptsächlich der Genossenschaft für Ankauf billiger Hopfenstangen zu gut, soll aber jetzt zu einem Versuchsfeld verwendet werden, dessen Bestimmung die Erzielung eines eigenen Tübinger Frühhopfens ist, zu dem man durch Auswahl der frühesten Sorten aus sämtlichen Hopfengärten zu gelangen hofft. Der Hopfenbau hat hier einen ungemeinen Aufschwung genommen, voran steht die Stadt mit 43 Morgen, und hat es sich der hiesige Hopfen im Auslande den Rang erster Klasse erworben.

5) Im gleichen Jahre folgte die Sektion für das Fortbildungswesen, welche unter der tüchtigen Leitung des Pfarrers Heuß in Weilheim ihre schwierige Aufgabe mit Eifer und mit Erfolg zu lösen sucht. Sie hat die 17 Fortbildungsschulen des Bezirks zu prüfen und vertheilt Prämien, bestehend in nützlichen landwirthschaftlichen Schriften, an die fleißigsten Schüler, die Lehrer erhalten Belohnungen von 3 und 4 fl. Die Zwecke dieser Sektion werden durch Beiträge der Centralstelle von jährlich 100 fl. unterstützt. Unter ihr steht aber auch die ungefähr 300, zum Theil sehr werthvolle Bücher enthaltende Bibliothek, welche nach einem Turnus den Winter über in die Ortschaften hinausgegeben und fleißig benützt wird (Wanderbibliothek).

6) Die Sektion für das Versuchsfeld in Mähringen. Seit 3 Jahren werden dort in 5 gleichen Schlägen á 10 Ruthen unter Aufsicht und Leitung der Sektion und auf Kosten des Vereins vergleichende Versuche über die Wirkungen künstlicher Düngerarten auf verschiedene| Früchte angestellt, welche nach einer Reihe von Jahren zusammengestellt werden sollen.

7) Die Farrenschausektion besorgt auf Vereinsrechnung die jährliche Farrenschau und den zeitweise je nach 3 Jahren wiederkehrenden Einkauf von tüchtigen Farren im Simmenthal, welche versteigert werden und wobei der Verein die Einbuße leidet. Der Verein sucht außerdem die Viehzucht durch Preise, welche für schöne Exemplare aller Nutzvieharten ertheilt werden, zu heben. Die Errichtung eines Farrenmarktes in Tübingen, sowie der Ankauf von Oldenburger Stutenfohlen steht in Aussicht.

Außer dem Angeführten sucht der Verein sich nützlich zu machen durch Vermittlung aller Arten von Saatfrüchten und Sämereien, durch Ausleihung von werthvolleren Werkzeugen und Maschinen an Einzelne, denen die Anschaffung solcher zu schwer fallen würde. Bis jetzt ist derselbe im Besitz eines Schrauben- oder schweren Rajol-Pflugs und einer Brabanter-Egge, eine Sämaschine steht in nächster Aussicht; ebenso werden zur Vervollkommnung und zur Verbreitung besserer Geräthe Preise an Schmied- und Wagnermeister gegeben, auch wird durch Verlosungen, welche mit den landwirthschaftlichen Festen verbunden werden, für Verbreitung derselben gesorgt.

Daß die Thätigkeit des Vereins eine sehr nützliche ist, dafür spricht außer dem Angeführten die immer zunehmende Theilnahme an demselben.

e. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Eisenbahnen.

Die am 15. Oktober 1861 eröffnete Oberneckarthalbahn tritt von Reutlingen durch das Echatzthal herkommend bei Kirchentellinsfurth in das Neckarthal und in den Bezirk ein, zieht sich von da entlang dem Neckar über die Markungen der Gemeinden Kirchentellinsfurth, Kusterdingen, Lustnau, Tübingen, Weilheim und Kilchberg, wo sie den Bezirk verläßt, nach Rottenburg. Ihre Länge im Oberamtsbezirk beträgt 1,6 Meilen, ihr Fall auf der ganzen Strecke etwa 70′. Zwei eiserne Brücken, die eine über die Blaulach bei Kirchentellinsfurth, die andere über die Steinlach bei Tübingen, sind die einzigen Kunstbauten auf dieser Strecke.

Stationen haben: Kirchentellinsfurth (dessen Bahnhof übrigens auf der Markung Wannweil liegt), Tübingen und Kilchberg.

Seit Spätjahr 1866 ist eine weitere Eisenbahn im Bezirk in Angriff genommen, welche von Tübingen abzweigend über die Markungen| Derendingen, Cresbach, Dußlingen, Nehren nach Hechingen zieht, von wo sie nach Balingen fortgesetzt werden soll. Die Vollendung der Strecke von Tübingen bis Hechingen wird im Jahr 1868 erwartet.
2. Straßen.

Die durch den Bezirk führenden Staatsstraßen sind:

1) von Tübingen über Jettenburg nach Reutlingen,
2) von Tübingen nach Herrenberg,
3) von Tübingen über Weilheim, Kilchberg nach Rottenburg,
4) von Tübingen über Dußlingen nach Hechingen,
5) von Tübingen über Bebenhausen, Dettenhausen nach Stuttgart.

Alle übrigen Straßen sind Vicinalstraßen, welche, mit Ausnahme von 2 kleineren, von der Amtskörperschaft unterhaltenen Strecken der neugebauten Gönninger und Neckarthalstraße, durch die Markungsgemeinden unterhalten werden.

Die Aufsicht über die Unterhaltung der Vicinalstraßen führt ein von der Amtskörperschaft bestellter Oberamts-Wegmeister, welcher dieselben jährlich 2mal zu visitiren hat.

Wasserstraße für die Langholzflößerei ist der Neckar.

3. Telegraphen.

An Telegraphenstationen befindet sich im Bezirk nur eine einzige, die seit 1. Oktober 1857 in Tübingen bestehende Station; auf derselben kommen 5 Leitungen zusammen, von Reutlingen, Plochingen, direkt per Urach von Ulm, von Stuttgart per Herrenberg, von Oberndorf, Tuttlingen und von Hechingen-Sigmaringen.

4. Posten und Boten.

Der Bezirk hat 7 Poststellen, und zwar je ein Postamt in Tübingen und Dettenhausen und je eine Postexpedition in Bebenhausen, Dußlingen, Gönningen, Kilchberg und Kirchentellinsfurth; Postställe befinden sich in Tübingen und Dettenhausen; Postablagen sind keine vorhanden.

Landpostboten, welche sämtlich ihre Gänge nach Tübingen zu machen haben, sind seit 1. Februar 1864 10 angestellt und haben dieselben ihre Wohnsitze in Derendingen, Hagelloch, Immenhausen, Kusterdingen, Nehren, Pfrondorf, Pliezhausen, Rommelsbach und Walddorf, welch’ letzterer Bote 3mal wöchentlich sich eines Fuhrwerks zu bedienen und noch einen Nebenboten hat.

| Sämtliche Orte des Bezirks, welche keine eigene Expeditionen haben, sind dem Bestellbezirk des Postamts Tübingen zugetheilt.

Fahrpostverbindungen bestehen von Tübingen aus

3mal täglich nach Dußlingen, Hechingen, Rottweil;
2mal täglich nach Herrenberg;
1mal täglich über Dettenhausen nach Böblingen.

Gönningen hat eine tägliche Postverbindung mit Reutlingen.

Regelmäßige Frachtfuhren sind im Bezirk folgende vorhanden:

4mal wöchentlich nach Hechingen, Balingen, Ebingen, Rottweil;
1mal wöchentlich nach Tuttlingen;
2mal wöchentlich nach Herrenberg, Nagold, Calw;
2mal wöchentlich nach Ofterdingen;
1mal wöchentlich nach Mössingen.

Der sonstige Güterverkehr wird durch die K. Eisenbahn vermittelt.

f. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1. Gesundheitspolizeiliche.

Im Oberamtsbezirk sind angestellt: 1 Oberamtsarzt, 1 Oberamts-Wundarzt, 1 Oberamts-Thierarzt, sämtlich mit dem Sitz in Tübingen.

Außerdem sind im Bezirk

praktische Ärzte: in Tübingen (einschließlich der prakticirenden Universitätslehrer) 16, in Gönningen 1, zusammen 17, wovon 12 zugleich Wundärzte sind;

Wundärzte II. Abtheilung, die sämtlich zugleich Geburtshelfer, sind in Tübingen 2; Dußlingen, Kirchentellinsfurth, Schlaitdorf, Walddorf, Pliezhausen je 1;

Wundärzte III. Abtheilung 1 in Wankheim, 1 in Gönningen.

Thierärzte sind im Bezirk 5, in Tübingen, Gönningen, Jettenburg, Kirchentellinsfurth, Walddorf.

Hebammen haben alle Gemeinden, die größeren mehrere; ihre Gesamtzahl beträgt 52. Leichenschauer sind ebenfalls in allen Gemeinden aufgestellt.

Die öffentlichen Impfungen werden theils von Ärzten, theils von Wundärzten II. Abtheilung besorgt.

Apotheken sind in Tübingen 3, in Gönningen 1.

Alle Gemeinden haben eigene Begräbnißplätze.

In Tübingen ist von der Stadt ein Wasenmeister aufgestellt. Vertragsmäßig hat dieser auch in den Landgemeinden auf Verlangen| Dienste zu leisten, wie auch die bezüglichen städtischen Einrichtungen von den Landgemeinden mitbenutzt werden dürfen.
2. Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Die Gefängnisse des Oberamtsgerichts sind auf dem Schloß eingerichtet. Für das Oberamt ist kein besonderes Gefängniß-Gebäude vorhanden, dasselbe benützt zur Verwahrung seiner Gefangenen 6 städtische Arrestlokale, welche im Dachstock des Rathhauses eingerichtet sind. Orts-Arreste befinden sich in allen Gemeinden des Oberamts, ebenso haben alle eigene Polizeidiener. Es besteht die Einrichtung, daß die letzteren durch den Landjägerstationskommandanten bei ihrer Anstellung instruirt werden.

Die Landjägermannschaft ist folgendermaßen im Bezirk vertheilt: in Tübingen: der Stationskommandant und 4 Mann; in Dußlingen, Gönningen, Walddorf und Dettenhausen je 1 Mann.

3. Bau- und feuerpolizeiliche Anstalten.

Von der Amtskörperschaft sind 2 Oberfeuerschauer bestellt, einer mit dem Sitz in Rottenburg für die Oberamtsstadt, einer für die Amtsorte. Diese Oberfeuerschauer haben die Baukoncessionsgesuche, über welche das Oberamt zu entscheiden hat, zu begutachten.

Ein Wasserbautechniker wohnt in Tübingen.

Kaminfeger sind 2 im Bezirk: in Tübingen und Dußlingen.

Feuerwehren haben Tübingen, Lustnau, Dußlingen und Kirchentellinsfurth.

Feuerlösch- und Rettungsmannschaften sind überall organisirt.

Es ist die Einrichtung getroffen, daß durch den Oberamtsbaumeister nicht nur alljährlich die Feuerlöschgeräthe aller Gemeinden untersucht, sondern daß hiebei auch die Löschmannschaften instruirt werden.

Mit Fahrfeuerspritzen sind 27 Gemeinden versehen, darunter sind mehrere, erst in der jüngsten Zeit angeschaffte, sehr gute Spritzen neuester Konstruktion; in den übrigen Gemeinden sind wenigstens Trag- und Handspritzen, sowie die sonstigen Feuerlösch-Requisiten an Leitern, Hacken, Bütten und Eimern.

Brandfälle sind im Bezirk nicht häufig, solche von großer Ausdehnung kamen in diesem Jahrhundert nicht vor. Die Zahl der im Bezirk vertretenen Mobiliar-Feuerversicherungs-Gesellschaften ist 19, die Zahl ihrer Agenten, die sich auf 21 Gemeinden vertheilen, 61.| Die Versicherung des Mobiliar-Vermögens hat in neuerer Zeit sehr an Ausdehnung zugenommen und besonders auch auf dem Lande mehr Eingang gefunden.
4. Gewerbepolizeiliche Anstalten.

Bezirkspfechtämter befinden sich nur in Tübingen, welches Lagerstadt für die Originale der Normalmaße ist.

Eich-Anstalten mit der Berechtigung zum Eichen von Fässern haben außer Tübingen die Gemeinden Dußlingen, Gönningen und Walddorf.


3. Amtskörperschafts- und Gemeindehaushalt.
A. Oberamtskorporation.

Nach der letzt gestellten Rechnung pro 1865–66 bestand bei der

1. Amtspflege
das Vermögen in:
Ausständen 65 fl. 29.
Kapitalien 16.180 fl.
Rechners Remanet 125 fl. 40.
Summe 16.371 fl. 9.
Darauf haften:
Passivkapitalien 32.300 fl.
Deficit 15.928 fl. 51.
2. Oberamtssparkasse:

Nach der Rechnung auf den 1. Januar 1867.

Activstand:
Kapitalien und Zinse 115.228 fl. 45.
Laufende Ausstände – fl.
Rechners Remanet 3.304 fl. 49.
118.533 fl. 34.
Hiezu die Stückzinse von 837 fl. 9.
Summe 119.370 fl. 43.
Passivstand :
Einlagen und Zinse 109.349 fl. 44.
B. Gemeindeverwaltung.

Vermöge der angehängten Tabelle über den Haushalt der einzelnen Gemeinden besaßen nach den Rechnungen pro 1865–66 sämtliche Gemeinden des Bezirks:

|
1) Neben 15.8786/8 Morgen Grundbesitz:
      an verzinslichen Kapitalien 254.040 fl. –
      an sonstigen Forderungen (incl. Remaneten der Rechner) 39.796 fl. –
293.836 fl. –
2) Die Passiven betrugen:
      an verzinslichen Kapitalien 64.888 fl. –
      an sonstigen Schulden 1.700 fl. –
66.588 fl. –
3) Die jährlichen Einkünfte betrugen 211.931 fl. –
4) Die jährlichen Ausgaben 202.063 fl. –
5) Der Amtsschaden 7.323 fl. –
6) Die Gemeindeumlagen, einschließlich der Schuldentilgungs-,
      beziehungsweise Grundstocksergänzungs-Quoten
20.870 fl. –
C. Stiftungsverwaltung.

Vermöge vorstehender Tabelle über den Haushalt der einzelnen Stiftungen besaßen nach den Rechnungen pro 1865–66 sämtliche Stiftungen des Bezirks:

1) Neben 5873/8 Morgen Grundbesitz an verzinslichen Kapitalien 395.892 fl. –
2) Die Passiven betrugen 16.516 fl. –
3) Die jährlichen Einkünfte 38.388 fl. –
4) Die jährlichen Ausgaben 34.639 fl. –
4. Kataster und Steuern.

Nach den Berechnungen auf das Etatsjahr 1866/67 sind Gegenstände des Oberamtskatasters:

Grundeigenthum, eingeschätzt zu einem Reinertrag von 250.979 fl.
Gefälle, eingeschätzt zu 329 fl.
Gebäude, eingeschätzt zu 4.323.335 fl.
Gewerbe 6.908 fl.
      Die in demselben Jahre zur Umlage gebrachten Steuern betrugen:
vom Grundeigenthum 29.547 fl.
von den Gefällen 39 fl.
von den Gebäuden 10.240 fl.
von den Gewerben 5.690 fl.
zus. 45.716 fl.
| An indirekten Abgaben sind im Jahr 1865/66 erhoben worden:
1) an Wirthschaftsabgaben:
      von Wein und Obstmost 19.580 fl.
      Branntweinfabrikationssteuer 290 fl.
      Branntweinausschanksabgaben 1.086 fl.
20.956 fl.
      vom Bier 29.873 fl.
2) an Accise:
      von Güterveräußerungen 8.459 fl.
      von Lotterien 144 fl.
      von Markt und Handelswaren 56 fl.
3) an Hundeauflagen, einschließlich des den
      Ortsarmenkassen gesetzlich gebührenden Antheils
2.234 fl.

Die Steuer aus dem Kapital-, Dienst- und Berufseinkommen betrug pro 1865/66 für den Staat:

a) aus Kapitalien 19.912 fl.
b) aus Dienst- und Berufseinkommen 5.373 fl.
zus. 25.285 fl.
für die Amtskörperschaft:
      ad a b zusammen 1.959 fl. 15 kr.
für die Gemeinden:
      ad a b zusammen 3.554 fl. 13 kr.



  1. Von Kameralverwalter, Finanzrath v. Schall mitgetheilt.
  2. Von Professor Dr. Weber in Tübingen mitgetheilt.
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