« Kapitel B 4 Beschreibung des Oberamts Schorndorf Kapitel B 6 »
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Baltmannsweiler,
Gemeinde III. Kl. mit 945 Einw., wor. 2 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Pfauhausen O.A. Eßlingen eingepfarrt.


Das Pfarrdorf Baltmannsweiler liegt 21/2 Stunde südwestlich von Schorndorf auf dem Schurwald, wo sich derselbe in südlicher Richtung gegen das Fils- und das Neckar-Thal abdacht, nächst der von Schorndorf über Hohengehren nach Eßlingen führenden Straße. Die westlich an das Oberamt Eßlingen, südlich an das Oberamt Göppingen grenzende Markung ist östlich von dem bei Hohengehren genannten Katzenbach u. dem Eulisbach, südwestlich aber von dem Litzelbach, gleichfalls einem Filszuflusse, begrenzt, in welchen von Baltmannsweiler aus der Schachenbach und Gefallbach einmünden. Wassermangel ist oft fühlbar. Hart vom Dorf aus hat man einen herrlichen Ausblick gegen die Alp in ihrer ganzen Kette vom Hohenstaufen bis zum Hohenzollern. Die Luft ist gesund; aber doch finden sich auch hier Cretins (s. o. S. 26). Baltmannsweiler hat die meisten unehlichen Geburten (s. o. S. 26). Hinsichtlich der übrigen natürlichen und der landwirthschaftlichen Verhältnisse ist, so weit hier keine Abweichungen angegeben, das unter Aichelberg Gesagte maßgebend.

Die Zehenten, ausschließlich der der Ortspfarrei zustehenden kleinen, gehören dem Staat, dem auch die übrigen Gefälle mit Ausnahme von 6 fl. 1 kr. Hellerzinsen, die der Hospital Kirchheim erhebt, gebühren. Nachdem hieran 53 fl. 16 kr. Geld- und 9 Sch. 5 S. Fruchtgilten, der Heuzehente und 9 fl. 48 kr. Jagdfrohnen um 3376 fl. 12 kr. abgelöst worden, hat der Staat blos noch 26 fl. 12 kr. und 901/2 Sch. Frucht wegen der Zehenten zu erheben.

Die Lage des Ortes ist freundlich und das Innere mit seinen hinter Obstbäumen versteckten, wenn auch geringen, Häusern anziehend. Er zählt 123 Haupt- und 12 Neben-Gebäude. Gegenüber dem angenehm| gelegenen, 1846 neuerbauten Pfarrhause, steht die in ihren Hauptbestandtheilen sehr solide Kirche zum h. Egidius. Dieselbe ist im einfachen germanischen Styl erbaut und hat sowohl am Langhaus, als an den mit einem halben Achteck schließenden, mit Strebepfeilern versehenen Chor, spitzbogige Fenster und Eingänge; leider sind die gothischen Füllungen an den Fenstern des Langhauses herausgeschlagen worden, während sie am Chor, zur Zierde der Kirche, belassen wurden. Der viereckige massive, mit einem Zeltdache gedeckte Thurm, hat unten Schießscharten und im obern Stockwerk (Glockenhaus) spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Im Innern der Kirche befindet sich ein kleiner Rest eines ehemaligen Flügelaltars, auf den ein von Engeln gehaltenes Schweißtuch gut gemalt ist. Über dem Haupteingang ist die Jahreszahl 1486 eingehauen. In der Sacristei ist ein altes Wappen der Schwelher mit der Unterschrift: „Junker Hans Schwelher Stifter des würdigen Gottshuß,“ oben die Jahreszahl 1570, (1370?) welche auf die zuvor gestandene Kapelle weisen dürfte. Das Schulhaus, zugleich Rathhaus, wurde 1811 erbaut.

Die Markung hat an Baufeld 316/8 M. Gärten, 3705/8 M. Äcker und 4127/8 M. Wiesen, wovon die Mehrzahl einmähdig; (die Einwohnerzahl nimmt rasch zu; 1702 etwa 200, 1774 – 430, 1815 – 651 Einwohner). Die Einwohner sind erfahrener und fleißiger als die der übrigen Waldorte, aber doch in geringen Vermögensumständen. Da die Markung für sie zu klein ist – es kommen auf den Kopf nur 17/20 M. – so suchen Viele ihren Erwerb in auswärtigem Taglohn, wobei ihnen der Eisenbahnbau sehr zu Statten kam. Die südliche Abdachung des Ortes ist besonders dem Obstbau durchaus günstig, und der hiesige Most wird, weil von rohen, nicht veredelten Sorten erzeugt, für dauerhafter als der Thalmost gehalten, der Kirschengeist wegen seiner Feinheit gepriesen. Die Obstzucht wird darum mehr und mehr gepflegt. Im Jahr 1847 wurden 30.000 S. Kernobst und 800 Imi Kirschen gewonnen. Der mit einer schwachen Schichte Humus bedeckte Lehmboden gibt nur mittlere Getreide-Ernten; die Wiesen aber geben genügendes Futter, von dem sogar noch verkauft wird. Ein M. Acker wird zu 200–300 fl., Wiesen zu 200–500 fl. bezahlt. Die Einwohner verkehren auf den Märkten des nahen Eßlingen.

Die Gemeinde ist nicht vermöglich; sie besitzt 152 M. Grundeigenthum. Die Gemeindeumlage beträgt 450 fl., übrigens ist ein Armenhaus vorhanden. Die Stiftungspflege besitzt nur 730 fl. Die Pfarrei ist vom Könige zu besetzen und hat keine Filialien. An der Schule steht ein Schulmeister mit einem Gehilfen; ihr Fond ist nur 40 fl. Der Begräbnißplatz ist bei der Kirche.

Etwa 1/8 Stunde südlich vom Ort Baltmannsweiler soll auf| den sog. Hofäckern und Hausäckern ein Hof gestanden sein; man findet beim Pflügen häufig noch Bruchstücke von Ziegeln und Backsteinen, zuweilen auch Überreste von Grundmauern.

In der östlich vom Ort gelegenen Burrlesklinge, in welcher sich über wild zusammengeworfene Felsstücke ein munterer Waldbach stürzt und manche malerische Partie bildet, befindet sich ein vorgeschobener Hügel, der auf drei Seiten von senkrechten Sandstein-Felsen begrenzt, nur durch einen ganz schmalen Bergrücken von Westen her zugänglich ist; an der Südseite dieses Felsens ist eine namhafte Spalte, in der mehrere Personen Raum haben und in der sich, nach der Volkssage, das Burrlesfräulein aufgehalten haben soll. Nördlich von der Burrlesklinge wird ein Wald „im Kalkofen“ genannt; man trifft dort noch Vertiefungen, welche auf ehemalige Gebäude schließen lassen.

Die früheste Erwähnung des wahrscheinlich ehemals teck’schen Ortes, als „Baltreamswiler“ geschieht den 4. Okt. 1299, als das Eßlinger Spital hier einen Wald kaufte. Im J. 1510 heißt der Ort „Waltmannsweiler.“ Er gehörte zum Schlichter Waldgerichte (s. o. S. 74). Was den Zehenten betrifft, so verkaufte 1322 Febr. 24. Hedwig von Wildenau, Konrads von Nellingen Wittwe, ihren Theil hieran an Eberhard von Hochdorf zu Eßlingen um 131/2 Pfd. Heller (Staats-Arch.); am 8. Juni 1336 verlieh Herzog Ludwig von Teck an Konrad Holderlin zu Eßlingen den großen und kleinen Laienzehnten; im J. 1367 Okt. 9. verkaufte Walther Schwelher von Wildenstein 1/4 des großen und kleinen Zehenten an Kl. Adelberg, welches im J. 1442 Merz 21. diesen Besitz austauschte; im J. 1416 Juli 30. belohnte Hans Schwelher der ältere den Eßlinger Bürger Marquard Lutram mit dem hiesigen Laienzehenten (ebendas.). Im J. 1440 wurde mit Zustimmung der Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg von der Gemeinde eine eigene Pfarrei errichtet; früher war Baltmannsweiler ein Filial von Hochdorf (O.A. Kirchheim). Bis zum J. 1436 war hier ein Hof der Propstei Denkendorf, welchen dieses Kloster nebst 450 M. Wald, Gütern, Zinsen und Gülten in Baltmannsweiler und Hohengehren an Württemberg verkaufte; i. J. 1500, wo dieser Hof schon in 12 Theile getheilt war, besaß die Kellerei außerdem blos Gefälle von einzelnen Gütern; ein anderer Hof gehörte dem Geschlechte der Bürgermeister in Eßlingen. Der große Zehente stand früher wegen des Stiftes Göppingen theilweise der Pfarrei Reichenbach zu.

Aus Archival-Urkunden ist zu ersehen, daß am 19. April 1648 von Turenne’schen Soldaten, welche hier im Quartier lagen, neben mehreren andern Gebäuden, die „schöne, regulariter und wohlerbaute“ Kirche nebst dem Thurm abgebrannt u. die Glocken weggeführt wurden u. die Pfarrei von da bis 1679 unbesetzt blieb, in welcher Zeit der Ort nach Hohengehren| eingepfarrt war. Noch 1681 waren Kirche und Thurm nicht ganz hergestellt.

Die Entdeckung von Agat und die hieran sich knüpfende Hoffnung, Gold- und Silber-Lagerstätten zu finden, veranlaßte die Errichtung eines Bergwerks, welches Graf Ulrich von Württemberg i. J. 1457 verlieh, das aber bald wieder einging. (Sattler, Topogr. 125.)


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