« Kapitel B 1 Beschreibung des Oberamts Ravensburg Kapitel B 3  »
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2. Gemeinde Altdorf,
bestehend aus 6 Parz. mit 2362 Einw. Der Gemeindebezirk liegt am östlichen Hange des Schussenthals; er gehörte ehemals theils zu der östreichischen Landvogtei, theils zu Weingarten. Die Zehnten und Gefälle, welche dem Kloster Weingarten| zustanden, hat jetzt die königl. Finanzkammer zu beziehen. Die Bestandtheile sind:
  • 1) Altdorf, ein k. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, 1 St. nordöstlich von Ravensburg an der Hauptstraße an den Bodensee, im Schussenthale und an dessen östlichem Hange mit 2343 Einw., darunter 71 Evangelische. Die Zehnten hat die königl. Kammer (vorm. Weingarten) zu beziehen, mit Ausnahme des Heuzehnten von 3 M., den die Pfarrstelle hat, und zweier zehentfreier Güter.

    Die Lage des Orts ist sehr angenehm, die Umgebung freundlich und fruchtbar; der Ort selbst bietet mit den auf einer Anhöhe gelegenen schönen Klostergebäuden einen äußerst malerischen Anblick dar. Er wird von der Scherzach und dem Stillenbach bewässert. Außer der Haupt-Straße von Biberach und Altshausen vereinigen sich noch die Straßen nach Aulendorf, Wolfegg und Leutkirch in dem Orte. Der Ort besteht aus 2 Theilen, dem vormals östreichischen Flecken Altdorf und dem vormaligen Kloster Weingarten mit den dazu gehörigen Häusern. Beide Theile sind, obwohl fast durchgängig durch eine hohe Mauer geschieden, doch so eng mit einander verbunden, daß sie nur Einen Ort ausmachen.

    Altdorf hat ein gutes, ganz städtisches Aussehen. Es ist der Sitz eines k. Cameralamts und eines Forstamts, eines Amts-Notars und eines Unter-Amtsarztes. In vorigen Zeiten und bis 1806 war es ein östr. Municipalflecken und Sitz der östr. schwäb. Landvogtei, des Landgerichts und der Landschafts-Kasse und von 1806 bis 1810 eines königl. würtemb. Oberamts und einer Kreisbehörde, so wie von 1810 bis 1817 der Landvogtei am Bodensee. Unter den einzelnen Gebäuden von Altdorf bemerken wir das Waisenhaus vormal. Kloster Weingarten mit der Pfarrkirche, s. u. Das Cameralamts-Gebäude, zu östreichischen Zeiten die Oberamtei, 1828 dem Cameralamt eingeräumt, das vorher seinen Sitz in einem Nebengebäude des Klosters hatte. Das Forsthaus, Sitz des Oberförsters, vormals des königl. Zollamts. Das Rathhaus, worin ein Ölgemälde aufgehängt| ist, das die Sage von der Geburt der 12 Welfen darstellt. Das Schulhaus, ehem. Landschafts-Gebäude, 1825 von der Gemeinde gekauft. Die vormalige Landvogtei, seit 1812 Privathaus. Das vormalige Forsthaus, jetzt Gasthaus zum Löwen. Der schloßartige Fruchtkasten. Das Kornhaus. Das vormal. Frauenkloster, jetzt Privathaus. Außer der Pfarrkirche hat A. noch 2 Kapellen, die Gottesacker-Kapelle zur heil. Maria und die Kapelle zu den 14 Nothhelfern, s. u.
Weingarten, eine vormal. Reichs-Abtei, Benedictiner-Ordens, ist seit 1825 Sitz eines der beiden Waisenhäuser des Königreichs und einer Erziehungsanstalt für Vagantenkinder, bei welcher ein Ober-Inspector, der zugleich evangelischer Pfarrer ist, und ein Ökonomieverwalter, nebst 4 Lehrern etc. angestellt sind. Es liegt auf einem Hügel über Altdorf, an der von da aufsteigenden Bergwand, und stellt sich ebenso großartig als freundlich und malerisch dar. Von Altdorf führt für die Fußgänger eine große steinerne Treppe den Hügel hinauf auf einen Vorplatz, auf dem man eine herrliche Aussicht über das Schussenthal hat. Die Gebäude, wozu außer dem eigentlichen Klostergebäude mehrere Ökonomie-, Officialen- und andere Gebäude gehören, sind durch eine mit Thürmen besetzte Mauer von Altdorf geschieden. Sie sind sehr ansehnlich und würden einer fürstlichen Residenz zur Ehre gereichen, obgleich sie in einem zum Theil noch unvollendeten aus neuem und altem zusammengesetztem Werke bestehen. Alt sind nämlich noch das auf der linken, südlichen Seite stehende Convent, worin die Klostergeistlichen wohnten, und andere damit verbundene Gebäude; neu dagegen sind die auf der andern Seite stehenden ehemaligen Abtei-, Priorats-, Gast- und Beamten-Gebäude. Sie wurden in den Jahren 1745 bis 1792 von den Äbten Domin. Schnitzer und Anselm Rittler erbaut. Der franz. Revolutions-Krieg hinderte die Fortsetzung und Ausführung des Ganzen. In der Mitte der Vorderseite zwischen Neuem und Altem steht die schöne Martinskirche, vormals die Klosterskirche, jetzt die Pfarrkirche der Gemeinde| Altdorf. Sie wurde 1715 bis 1724 erbaut und ist eine der schönsten und größten Kirchen der neuern Zeit, in Kreuzesform erbaut, 353' lang, 100' im Chor und Langhaus, 150' im Kreuze, breit; mit einer mit Kupfer bedeckten Kuppel, mit der die Kirche 232', der Vordergiebel 140' hoch ist. Zu beiden Seiten steht ein massiver von Quadern erbauter, 208' hoher Thurm. Den Riß zu diesem Bau fertigte Frisoni, herzogl. würtemb. Landbau-Director; die Fresco-Malereien sind von E. D. Assam, kur-bayerischen Hofmaler, die Statuen u. Stuckaturarbeiten von Diego Carloni, H. Corbellini und Schmuzer. Den 22 August 1715 wurde der Grundstein gelegt, den 10 Sept. 1724 die Kirche eingeweiht. Eine besondere Zierde dieser Kirche ist die eine Orgel, die größte in Deutschland, mit einem Glockenspiel, 76 Registern, 6666 Pfeifen, von welchen die größte zinnerne 32 See-Eimer – 4 Eimer, 4 Imi W. M. faßt. Sie ist ein Werk des bekannten Orgelbauers J. Gabler, eines Ravensburgers, der mit seiner Familie nach Frankreich übersiedelte. Er fing sie 1736 an und vollendete sie mit einiger Unterbrechung im J. 1750. Unter den Wand- und Deckengemälden befinden sich solche, welche auf die Geschichte des Klosters und dessen Stifter, die Welfen, Bezug haben, und deren Gegenstände aus der alten Klosterskirche hergenommen sind, wovon man noch die Überreste sieht. In der Kirche wird unter andern Reliquien ein Theil von dem heil. Blut (Christi) aufbewahrt. Wie derselbe nach Weingarten gekommen, ist in der Kirche zu lesen und in einer besondern Druckschrift „Wunderwürkender auf dem heil. Calvariberg entsprungener Gnaden-Brunnen, d. i. gründlicher Bericht und außführliche Beschreibung deß Hochheiligen Herz- und Seiten-Bluts Christi Jesu, welches von Longino, dem Soldaten, erstlich nach Mantua gebracht etc.“ Altdorf 1735. Dieser Longinus soll derselbe Kriegsknecht gewesen seyn, der dem Erlöser mit einem Speer die Seite öffnete, glaubig soll er einen Theil des Bluts in einem Gefäße aufgefaßt und später dasselbe in Mantua vergraben haben. Später dort aufgefunden, sey es in 3 Theile getheilt worden, wovon der| eine in Mantua geblieben, der andere nach Rom gebracht und der dritte von K. Heinrich III. zur Hand genommen und durch diesen an den Grafen Balduin von Flandern und nachher an dessen Tochter, Gemahlin Welfs IV, gekommen seyn, die dann dem Kloster Weingarten damit ein Geschenk machte, wo es reich gefaßt aufbewahrt wurde. Zu Ehren der Reliquie wird alle Jahr ein besonderes Fest gefeiert und der sg. Blutsritt gehalten. Dieser Blutsritt besteht in einer feierlichen Prozession, der eine Menge von Glaubigen aus weiter Umgegend theils zu Fuß, größtentheils aber zu Pferd beiwohnen. In früheren Zeiten belief sich die Zahl der Theilnehmer auf mehrere Tausend. Die Reiter oder Blutritter waren dabei in militärische Kleidung gesteckt, welche von der Landschafts-Kasse angeschafft wurde. In der Mitte des Zugs ritt der Pater Custos mit dem heil. Blut, umgeben von Geistlichen und 6 Geharnischten nebst 4 Fahnenträgern. Der ganze Zug war mit vielen religiösen Feierlichkeiten verbunden.

Nach Aufhebung des Klosters wurden die Gebäude 1803 Schloß und Sitz der Regierung des Prinzen von Nassau-Oranien, 1809 der königl. würtemb. Landvogtei am Bodensee; später standen sie mehrere Jahre leer, bis sie 1825 zum Waisenhaus verwendet wurden. (S. u. Geschichte des Klosters.) Zu Weingarten gehören noch als Staats-Domänen Nessenreben und Unter-Senn, s. u.

Die Bevölkerungs-Verhältnisse vermögen wir nicht näher anzugeben, da die ältern Bevölkerungslisten sich nirgends mehr vorfinden. Die Einwohner leben theils vom Feldbau, theils von Gewerben. Altdorf hat eine schöne und wohlgebaute Markung, welche auch einige Morgen Weinberge enthält. Neben dem Feldbau werden auch die Gewerbe von alten Zeiten um so fleißiger betrieben, als der Ort nach seinen Verhältnissen immer zu den Städten gerechnet werden konnte. Außer den gewöhnlichen Gewerben hat Altdorf eine Lithographie, von einem Taubstummen unternommen, 2 Apotheken, wovon die eine Staats-Eigenthum ist, 10 Kaufleute und 48 Kleinhändler, 2 Büchsenmacher, 1 Feilenhauer, 1 Goldarbeiter, 1 Gürtler, 2 Mühlärzte,| 1 Pfeifenmacher, 2 Schirmmacher, 5 Uhrmacher, im Ganzen 223 Meister mit 84 Gehülfen. Der Schreiner Jos. Pfleghaar betreibt die Fabrikation von Strohsesseln in nicht unbedeutendem Umfang, Jakob Huber hat einen ausgedehnten Getreidehandel. Außerdem hat die Gemeinde 12 Schildwirthschaften und 1 Speisewirthschaft, 7 Bierbrauereien, 14 Branntwein-Brennereien und 1 Essigsiederei: 5 Mahlmühlen, 2 Säg-, 2 Öl- und 2 Loh-Mühlen, 2 Hanfreiben und 1 Ziegelhütte.

Der Gemeinde-Haushalt ist geordnet. Die Gemeinde besitzt noch einiges Grundeigenthum, mehr Activ- als Passiv-Kapital und ein ansehnliches Stiftungs-Vermögen, s. Tab. IV. Altdorf ist eine von den wenigen Gemeinden des Oberamts, welche noch Allmanden hat. Sie sind vertheilt und werden gegen Zins vergeben. Der Besitz rührt aus Vereinödungs- und Weide-Ablösungs-Verträgen mit dem letzten Abt her, der sie der Gemeinde mit zus. 121 Morgen einräumte. Der Ort hat 4 Jahrmärkte – 2 Vieh- und Korn-Märkte und 2 Krämer-Märkte, wovon besonders der sg. Blutfreitag-Markt von alten Zeiten her sehr besucht ist, s. u. Der Ort hat auch das Recht eines Pflaster- und Brücken-Gelds, dessen Ausübung aber denselben mehr zum Nachtheil als Vortheil gereichen muß, weil man ihn deßhalb möglichst zu vermeiden sucht.

Kirchliche Verhältnisse.

A. ist eine der ältesten Pfarreien Oberschwabens; die Kirche wurde schon zu Anfang des 10ten Jahrhunderts an das Frauen-Kloster zu Altdorf gestiftet. In die Pfarrei gehörten ehemals auch die L. Fr. Kirche zu Ravensburg, die Pfarreien Waldburg, Schlier, mehrere Parzellen von Vogt, Baindt etc. als Filiale. Nach mehreren ältern und neuern Aus- und Umpfarrungen besonders in den Jahren von 1810–1812 und 1823/24 gehören jetzt in den Pfarrsprengel außer den Gemeinde-Parzellen noch ein großer Theil der Gemeinde Baindt und Schlier und einige Parzellen von der Gemeinde Ravensburg, im Ganzen 36 Parzellen.

| Das Patronat ist königlich. Die jetzige Pfarrkirche ist die ehemalige Klosterkirche; früher hatte A. seine eigene Pfarrkirche, die Kirche zum h. Oswald, welche schon zu Anfang des 10ten Jahrhunderts vorkommt, s. u. Die Kirche wurde 1740 neu hergestellt, im J. 1808 aber mit der Klosterkirche vertauscht und 1816 auf den Abbruch verkauft. Zur Unterhaltung der neuen Pfarrkirche wird der Fonds der alten verwendet, zu dem aber, da er nicht zureicht, die königl. Kammer noch beitragen muß. Bei der Kirche sind jetzt angestellt: 1 Pfarrer mit einem beständigen Vikar und 1 Kaplan.

Bis auf unsere Zeiten waren 3 gestiftete Kaplaneien vorhanden: 1) die Martins-Kaplanei, nach Schlier verlegt, s. u.; 2) die Gregors-Kaplanei, welche aus der alten Helfersstelle und einer von der Gemeinde im J. 1474 gestifteten und mit jenen vereinigten Frühmesse bestand und im J. 1826 der Pfarrstelle zum Unterhalt des beständigen Vikars einverleibt wurde; und 3) die Georgs-Kaplanei, welche Georg Walch und seine Hausfrau im J. 1549 stifteten.

Die Pfarrkirche von A., ursprünglich ein Stiftungsgut des alten Frauenklosters (s. u.), wurde 1274 von Papst Gregor X dem Kloster, und zwar zum Tisch des Abts, einverleibt, unter der Bedingung, daß der Abt sie durch einen Weltgeistlichen versehen lasse. Der Pfarrsitz und die Wohnung des Kaplans befinden sich in den vormaligen Kloster-Gebäuden, ihre Unterhaltung liegt dem Staat ob.

Die Schulanstalten von Altdorf bestehen in einer deutschen Schule mit 3 Lehrern.

Wohlthätige Anstalten.
Spital zu den 14 Nothhelfern. Es liegt an der Straße nach Ravensburg, 1/8 St. von Altdorf und enthält etliche und zwanzig alte und arme Leute, welche Kost und Wohnung genießen. Die Anstalt war ursprünglich zu einem Leprosenhaus bestimmt. Sie wurde von der Gemeinde gestiftet, und durch Privatstiftungen befördert. Das| Gebäude, womit auch ein Kirchlein verbunden ist, wurde 1821/25 ganz neu hergestellt. Das Stiftungsvermögen des Spitals und der Kirchenpflege erlitt durch Zwangs-Darlehen, die ihr unter österreichischer Regierung auferlegt wurden, einen Verlust von mehr als 20.000 fl. Außerdem bemerken wir noch:

Das Rettichische Stipendium, das unter öffentlicher Verwaltung steht und 10.000 fl. beträgt. Es wurde 1750 von dem Constanzer Domherrn Andreas Rettich für Studierende seiner Familie gestiftet.

Ehemals hatte Altdorf auch ein Nonnenkloster. Schon vor dem J. 1297 bildete sich zu A. ein religiöser Verein mehrerer weiblicher Personen, welchen Abt Herrmann im obigen Jahr eine eigene Wohnung einräumte und eine Hausordnung vorschrieb. Sie lebten von ihrer Handarbeit und einigen Schankungen, und nahmen um das J. 1407 die dritte Regel des h. Franz an. In Folge des Bauernkrieges und der spätern Unruhen, welche die Reformation herbeiführte, löste sich 1545 dieser Klosterverein auf. Abt Gerwick von Weingarten aber versammelte 1549 die Klosterfrauen wieder, stellte ihr Klösterlein her und überließ ihnen einige Güter. So bestand dieses Frauenkloster bis 1783, wo es mit den übrigen Klöstern dieses Ordens von Kaiser Joseph II. aufgehoben, verkauft und der Erlös mit dem übrigen Vermögen dem vormals österreichischen Religionsfond einverleibt wurde. Ein ganz altes Frauenkloster, das sich zu A. befand, werden wir bei Weingarten kennen lernen.

Unter die Merkwürdigkeiten von Altdorf und Weingarten gehört dermalen auch eine schöne Gemälde-Sammlung des Kaplans Buck. Eine Erwähnung verdient hier auch noch: Der Veteranen-Verein von Altdorf; er wurde 1828 gegründet, und hat zum Zwecke, das religiöse Dankgefühl für das glückliche Entkommen aus so vielen drohenden Gefahren zu nähren, freundschaftliche Geselligkeit und das Andenken an die auf dem Schlachtfeld gebliebenen Kameraden zu erhalten und den verblichenen Vereinsmitgliedern durch feierliche Bestattung die letzte Ehre zu erweisen.| Der Verein zählte Ende Augusts 1835 – 143 Mitglieder, wovon 94 Würtemberg, 7 Bayern und 42 Österreich gedient hatten. Vergl. W. Jahrb. 1835. I. Hft. S. 209.


Geschichte.

[1]

a) Geschichte der Landvogtei und des Ortes Altdorf.

Altdorf war der Hauptort der alten Welfischen Grafschaft Altdorf, später die Landvogtei genannt. Die Geschichte des Welfischen Hauses, und wie die Reste seines Besitzthums in Ober-Schwaben an das Hohenstaufische Haus gekommen, nach dessen Erlöschen aber zum Reich eingezogen und durch Reichslandvögte verwaltet worden, wie die Reichslandvogtei 1415 an das Waldburgische Haus verpfändet, die Pfandschaft aber 1486 von dem Hause Österreich ausgelöst worden und von dieser Zeit an bis 1806 unter der Benennung Landvogtei in Schwaben im Besitze des österreichischen Hauses geblieben, wie jedoch dieser Besitz keine oder nur äußerst unbedeutende Grund- und Eigenthumsrechte in sich begriffen, sondern nur ein Inbegriff von Hoheitsrechten und Regalien gewesen und wie die Landvogtei an Würtemberg gekommen, dieß Alles ist schon in der I. Abtheilung, S. 70 u. ff., abgehandelt. Dort ist auch gezeigt, wie zwischen der Reichslandvogtei Schwaben und zwischen der Landvogtei im engern Sinne, der Landvogtei Altdorf, unterschieden werden muß. Wir haben daher nur noch einen Blick auf den Bestand und die Einrichtung dieses kleinen Staatskörpers während der Zeit der österreichischen Herrschaft zu werfen.

Die ganze Landvogtei im weitern Sinne wurde in die obere und die untere Landvogtei getheilt. Die obere Landvogtei begriff die Landvogtei im engern Sinne, oder die Landvogtei Altdorf. Sie war in 15 Ämter getheilt, welche größtentheils in den jetzigen Oberamtsbezirk Ravensburg,| zum Theil aber auch noch in die gegenwärtigen Oberamtsbezirke Tettnang, Wangen, Leutkirch, Waldsee und Saulgau fielen. Das Amt Gebratshofen, das die im J. 1415 mit der Landvogtei verbundenen freien Leute auf der Leutkircher Haide umfaßte, wurde wegen seiner Lage auch das obere Amt, und uneigentlich häufig auch die obere Landvogtei genannt, im Gegensatz von den andern davon getrennten Ämtern, welche man dann manchmal fälschlich die untere Landvogtei nannte. Die untere Landvogtei, ein reiner Überrest der k. Reichslandvogtei in Schwaben und der ihrer Wahrung und Verwaltung anvertrauten kais. Rechte, war in drei Ämter getheilt, hatte aber kein bestimmtes Gebiet. Theils unter der Landeshoheit, theils unter der hohen Gerichtsbarkeit, theils unter dem Schutz und Schirm der Landvogtei Altdorf standen die Herrschaften Ingoldingen, halb Emerkingen, Berg und Schelklingen, das Gericht Reute, die Lehensherrschaften U. Sulmetingen, Warthausen, Orsenhausen und Bußmannshausen, Hirschlatt und Neu-Ravensburg, die Klöster Weingarten, Weissenau und Baindt, nebst Urspring. Die österreichischen Donaustädte Riedlingen, Munderkingen und Waldsee waren bloß in Folge späterer Einrichtungen der Landvogtei Altdorf in der Eigenschaft eines Oberamtes zugetheilt. Mit der Landvogtei waren aber ferner verbunden die s. g. Schwabenlehen und das Landgericht auf der Leutkircher Haide. Die Schwabenlehen waren solche Lehen, über welche die Landvogtei als über Reichslehen im Namen des Kaisers zu verfügen hatte. Das Recht dazu wurde schon 1379 von K. Wenzel bei der Verpfändung der Landvogtei an den Herzog Leopold ertheilt. Ein Verzeichniß der Schwabenlehen ist in dem Lexicon von Schwaben, B. II. S. 657 u. ff., zu finden. Das k. Landgericht auf der Leutkircher Haide, wovon bei Leutkirch ausführlicher die Rede seyn wird, stand wahrscheinlich noch von den Zeiten der Gaugrafschaft her in Verbindung mit der Landvogtei; als derselben oder dem Landvogt untergeordnet erscheint der Landrichter ausdrücklich in Urkunden bei Wegelin von 1378 und 1380. Altdorf, Ravensburg,| Isny und Wangen waren die Mahlstätten; statt Altdorf und Isny früher Lindau und Leutkirch. Die Bevölkerung der Landvogtei, d. h. die Zahl der zu derselben steuerbaren Unterthanen, wurde auf 30.000 Einwohner berechnet. Die Einkünfte waren unbedeutend, da sie bloß in Hoheitsgefällen, Schutz- und Schirmgeldern, Jagdgerechtigkeiten, sodann noch in einem Antheil an dem Altdorfer Walde bestanden. Die hauptsächlichste Einkommensquelle waren zur großen Plage der Nachbarn die Zölle. Altdorf und Gebratshofen waren die Hauptzollstätten. Die Steuern flossen in die Landschaftskasse; nur von dem Flecken Altdorf und dem Cameraldorf Baienfurt kamen sie unmittelbar nach Ehingen.

Die Verwaltungsstellen der Landvogtei bildeten ein Collegium, das den Namen „Oberamt“ führte und aus fünf Mitgliedern bestand: 1) dem Landvogt, als Vorstand, 2) dem Landrichter, als Oberamtsrath, 3) einem Oberamtsrath, als solchem, 4) dem Rentmeister und 5) dem Landschreiber mit einem Registrator und zwei Kanzlisten. Unter dem Oberamte standen der Landschafts-Einnehmer, der Forstmeister, der Landvogtei-Arzt und andere Beamte, welche alle ihren Sitz zu Altdorf hatten. Das Amt eines Landvogts bekleideten die Grafen von Königsegg von 1644 bis 1806. Die Regalien hatte der Landvogt oder sein Amtsverweser allein zu verwalten. In Rechtssachen ging der Zug nach Innsbruck, im Übrigen stand das Oberamt Altdorf unter der Regierung in Freyburg. Die Gerichtsbarkeit der Landvogtei war getrennt von der des Landgerichts. Die erstere umfaßte die Civil- und Criminal-Gerichtsbarkeit, und wurde von dem Landvogtei-Amt ausgeübt, die letztere bestand bloß in der Civil-Gerichtsbarkeit über eigene und fremde Rechtsstreitigkeiten, und wurde von dem Landrichter und seinen Schöffen an den 4 Mahlstätten, gemeiniglich unter freiem Himmel, gehalten. In peinlichen Sachen, wobei es „um Haut und Haar ging“ übte der Flecken Altdorf, kraft kais. Privilegiums, das Blutrichter-Amt aus, nachdem die Untersuchung von dem Landvogtei-Amt geführt war.

| Die Altdorfer Landschaft war Mitstand der schwäbisch-österreichischen Landstände zu Ehingen und wurde dort in dem Ausschusse durch Munderkingen vertreten, s. Ehingen S. 94 und oben 1. Abthlg. Die Landschaftskasse war bei dem Übergang an Würtemberg schuldenfrei, die Staatsschulden hafteten auf der ständischen Kasse zu Ehingen, wozu jene gehörte; als Corpor. Kasse hatte die Altd. Landsch. Kasse sogar noch Activ-Vermögen. S. S. 82. auch Kappel. Altdorf der Flecken ist ein sehr alter Ort, wie schon daraus hervorgeht, daß die alte Grafschaft und die alten Grafen von Altdorf davon ihren Namen führten. Hier auf dem Martinsberge saßen sie, jenes mächtige Geschlecht, das unter dem Namen der Welfen einst eine so große Rolle in der Geschichte von Deutschland und Italien gespielt hat und noch auf den heutigen Tag die Throne von Großbritannien, Hannover und Braunschweig einnimmt. Am Fuße der Martinsburg entstand der Flecken Altdorf, von den Dienstleuten und Leibeignen der Welfen bewohnt. Ein Gürtel von Burgen, theils von den Welfen selbst abwechselnd bewohnt, theils von ihren Dienstmannen besetzt, umgab den alten Stammsitz. Altdorf schien bestimmt zu seyn, eine bedeutende Stadt zu werden; aber die Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes der Welfen nach Ravensburg hemmte sein Aufblühen. Gleichwohl verschaffte ihm die Nähe des berühmten Klosters, der Umfang des Pfarrsprengels und der Sitz der Landvogtei eine Bedeutung, die ihm den Vorzug vor mancher Landstadt gab, und ohne Zweifel wäre es, wie das benachbarte Ravensburg, zur Selbstständigkeit gelangt, wären ihm nicht eben seine Verbindungen mit dem Kloster in dem Wege gestanden. Als Bestandtheil der kais. Reichslandvogtei war Altdorf ein unmittelbarer Reichsflecken; als solcher wurde es auch, entweder ganz oder theilweise, mehrmals von den Kaisern verpfändet. So verpfändete K. Ludwig V. 1330 an den Grafen Hugo von Bregenz mit der Reichsstadt Wangen auch die Steuer zu Altdorf. Ebenderselbe gab dem Grafen (1332) das Dorf Altdorf mit allen seinen Rechten und Nutzungen. K. Karl IV.| verpfändete 1366 dem Grafen Ulrich von Helfenstein mit dem Ammannamt in Buchau und mit den Freien auf der Haide auch das Ammannamt des Markts Altdorf, die Vogtei über die Klostersleute (darin) und die Steuer, welche dem Grafen schon früher für 3000 Pf. H. von dem Reiche verpfändet waren, gegen weitere 2000 fl. Als eine besondere Reichspfandschaft wurde in demselben Jahre (1370) Ammannamt, Steuer und Vogtei mit Genehmigung des Kaisers von dem Grafen Ulrich an das Kloster Weingarten um 2000 fl. abgetreten. Als ein bedeutender Reichsflecken erhielt Altdorf auch verschiedene Rechte und Freiheiten: der Pfalzgraf Friedrich setzte als k. Landvogt in Ober-Schwaben 1370 ein ordentliches Gericht ein; K. Karl IV. verlieh ihm (1377) Stock und Galgen, d. h. den Blutbann, und einen Wochenmarkt; K. Wenzel befreite (1394) „Unsere und des Reichs Liebe Getreue die zu Uns und dem Kloster Weingarten gehörend“ von fremden Gerichten; und die nachfolgenden Kaiser erneuerten und bestätigten nicht nur die Rechte und Freiheiten des Fleckens, sondern ertheilten ihm auch noch neue, wie das Beholzungsrecht (auf Brennholz) im Altdorfer Wald, das dem Ort gegen eine kleine Abgabe von K. Maximilian 1518 ertheilt wurde. K. Karl V. verlieh ihm 1555 auch ein eigenes Wappen.[2] So war Altdorf ganz auf dem Wege, ein selbstständiger Reichskörper zu werden; dennoch wurde es durch seine eigenthümlichen Verhältnisse daran gehindert. Als die Grafschaft Altdorf Reichsgut geworden war, hatte das Kloster Weingarten bereits Antheil an dem Flecken erhalten. Mit der Pfarrkirche hatte das Kloster, wie unten zu sehen ist, schon bei seiner Stiftung von den Welfen und nachher von Andern, insbesondere von den Truchsessen von Waldburg, Güter und Leute zu Altdorf empfangen, und es entstanden dadurch zwei Klassen von Einwohnern daselbst, nämlich „Klosters-Leute“ mit Lehens- und Leibeigenschafts-Verband und freie Leute, welche „Burger“ genannt wurden, und die eigentliche| reichsunmittelbare Gemeinde bildeten. Indem nun das Kloster nicht nur seine Leute in der hergebrachten Abhängigkeit festhielt, sondern auch sonst weiter um sich zu greifen suchte, sahen sich die Burger veranlaßt, um so fester an der Landvogtei zu halten. Aber dadurch ging die Zeit verloren, in der sich die völlige Unabhängigkeit hätte erringen lassen: die Landvogtei wurde eine östreichische Hausbesitzung und der Flecken Altdorf ein östreichischer Municipalort. Gleichwohl behielt er seine Rechte und Freiheiten und entrichtet auch fortwährend seine Reichssteuer, steuerte aber daneben noch in die landständische Kasse zu Ehingen.

Die Reichssteuer, die übrigens nicht mehr als 24 Pf. H. betrug, war, so wie das Ammann-Amt, fortwährend in pfandschaftlichem Besitze des Klosters Weingarten. Nach einem Vertrage, der nach langen Streitigkeiten 1533 geschlossen worden, hatte der Landvogt dem Abt drei Männer zu der Stelle eines Ammanns vorzuschlagen, von welchen der Abt einen wählte, der Landvogt aber den Gewählten bestätigte und beeidigte. Einen langen Kampf zwischen Altdorf und Ravensburg hatte die Marktgerechtigkeit veranlaßt. K. Karl IV. verordnete in einem Briefe von 1377, daß Altdorf Markt seyn solle, wie er es schon in der Urkunde von 1366 geheißen hatte, und bewilligte ihm, wie schon oben bemerkt worden, einen Wochenmarkt, den K. Rupert (1408) aufs Neue verlieh. K. Friedrich III. hob 1464 die Wochenmärkte und zwei Jahrmärkte, die er Altdorf neuest gegeben, zu Gunsten der Stadt Ravensburg wieder auf, und verordnete, daß in dem Umkreise von 1 Meile um die Stadt kein Jahr- oder Wochenmarkt gehalten werden dürfe. Gleichwohl verlieh K. Maximilian dem Flecken Altdorf 1494 wieder zwei Jahrmärkte. Aber noch 1625, 1637, 1659 bestätigen die K. Friedrich und Leopold die von Friedrich III. verfügte Aufhebung der Altdorfer Wochen- und Jahrmärkte.

Im Jahr 1806 kam Altdorf mit der schwäb. östreichischen Landvogtei an Würtemberg und war bis 1810 Sitz des Kön. Oberamts.

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b. Geschichte des Klosters Weingarten.[3]
Über die Zeit der ersten Stiftung Weingartens und den Stifter herrschen zwar abweichende Meinungen; doch darin treffen sie zusammen, daß es seinen Ursprung einem ehemaligen Nonnenkloster verdanke, das Anfangs des 10ten Jahrhunderts ums Jahr 920, in Altdorf auf dem Platze bei der Pfarrkirche stand, und von den alten Welfen gestiftet worden sey. Die erste Vorsteherin und Begründerin des Klosters hieß Irmentrud, nach andern Irmengard, die wir für die Tochter Ulrichs und die Schwester des Gr. Rudolph v. Altdorf halten, welche in den Urkunden ihres Vaters als Äbtissin des Kl. Ahdorf im Turgau (890) vorkömmt.[4] Einige Jahre später stiftete Welf zu Altomünster ein Benediktiner-Manns-Kloster, oder vielmehr erneuerte ein von seinen Voreltern von mütterlicher Seite schon gestiftetes Kloster. Welf II., Graf zu Altdorf, beschloß, das Frauenkloster nach Altomünster, die Benediktiner-Mönche aber von da nach Altdorf zu versetzen. Allein erst sein Sohn Welf III., Herz. von Kärnthen, brachte diese Übersiedlung i. J. 1047 zu Stande. Im J. 1053 brannte das Kloster in Altdorf ab. Herzog Welf, dem diese Stiftung, welche er mit bedeutenden Gütern vermehrt hatte, sehr angelegen war, räumte den Klostergeistlichen sein eigenes Schloß auf dem Martinsberge bei Altdorf ein, und richtete es zu einem Kloster zu, welches, auf einer mit Reben bepflanzten Anhöhe liegend, von da an bald Weingarten, bald Altdorf genannt wurde, bis der letztere Name den erstern verdrängte[5]. Der erste Abt,| welcher von Altomünster herkam, hieß Heinrich. Auf ihn folgten noch 40 Prälaten, in einer Reihe von 736 Jahren, bis diese im J. 1803 mit Anselm Rittler sich schloß. Unter diesen Prälaten zeichnete sich Gerwig Blarer, geb. zu Constanz, aus. Er hatte seine Jugendjahre auf den hohen Schulen zu Freiburg, Paris und Bologna zugebracht, wurde 1520 Abt in Weingarten und als solcher später kaiserl. Rath und Hofkaplan und in der damaligen bewegten Zeit von K. Karl V. sowohl, als seinem Bruder Ferdinand gar häufig gebraucht. Sein Ruf und die allgemeine Achtung, die er genoß, waren so groß, daß das Kl. Ochsenhausen ihn im J. 1547 auch zu seinem Abt erwählte, und Papst Julius II. ihn zu seinem Legaten, Kaiser Karl V. aber zu seinem Kommissär (1556) bei dem Reichs-Kammergerichte ernannte. Der Reichthum und die Freigebigkeit der Welfen zeigte sich durch die vielen diesem Kloster zugetheilten Güter und Gefälle. Dem Beispiel ihrer Herren folgten die vielen adeligen Vasallen der Welfen, welche miteinander wetteiferten, das Kloster immer mehr zu bereichern. Das Kloster nahm daher auch auffallend schnell zu. Unter den Stiftungen, welche zu demselben gemacht wurden, befanden sich nach den oben angeführten Urkunden auch viele Güter in Tyrol und in Vorarlberg, wovon aber der größte Theil später wieder in andere Hände kam. Sie rührten theils| von den Welfen, theils von Andern her, und geben einen Beweis für den Besitzstand des Welfischen Hauses in jenen Ländern. Vergl. 1. Abthl. Geschichte. Ein Theil jener Güter, namentlich die zu Lana, wurden i. J. 1547 an das Kloster Stambs in Tyrol gegen einen Kaufschilling von 12.000 fl. und die Abtretung der nach Stambs gehörigen Pfarr- und Patronatsrechte zu Leutkirch überlassen. Güter zu Ulten und Braunsberg, welche Berchtold zu Cuonon und Braunsberg i. J. 1082 dem Kloster Weingarten geschenkt hatte, verkaufte dieses, als es das Priorat in Feldkirch 1695 nach Hofen verlegte. Ungeachtet das Kloster im Laufe der Zeit manches harte Schicksal zu erfahren hatte, und insbesondere durch Feuersgefahr Vieles litt, indem es in den Jahren 1053, 1215, 1247, 1476 mit Ausnahme der Kirche ganz, i. J. 1375 und 1578 zum Theil abbrannte, zum Theil sehr beschädigt wurde, in den Jahren 1546 aber von den Schmalkaldischen Bundesvölkern, in den J. 1632, 1646 und 1647 von den Schweden ausgeplündert und im letzten J. 63 Weiler und einzelne Höfe des Klosters auf einmal niedergebrannt wurden, so erhielt es sich nicht nur in dem Besitze des größern Theils seiner ursprünglichen Stiftungsgüter, sondern erwarb auch noch bedeutende neue Güter, darunter auch die Herrschaft Blumeneck in Vorarlberg mit der Propstei St. Gerold, welche es 1613 von dem Grafen Alwig von Sulz, an den die Herrschaft durch Heirath gekommen war, um 150.000 fl. erkaufte.[6]

Nach dem in Regensburg im J. 1802 gemachten nur zu niedrigen Anschlage besaß das Kloster Weingarten ein Gebiet von 6 Quadratmeilen mit 11.000 Einwohnern und 100.000 fl. Einkünften, und wird als das reichste Kloster in Schwaben angegeben. Die Zahl der Klosterangehörigen (Priester, Fratres und Laienbrüder) wechselte; in den letztern Zeiten waren es 42 Patres, 7 Fratres und 10 Laienbrüder.

| Das Gebiet des Klosters war in Ämter eingetheilt, und zwar in die Ämter Aichach, Bergatreute, Blitzenreute, Blönried, Bodneck, Brochenzell, Essenhausen, Fronhofen, Haßenweiler, Karsee, Schlier, Waldhausen, das Zehentamt diesseits der Schussen und das Zehentamt jenseits der Schussen (Altdorf und Berg), das Vogtei-Amt Hagnau, das Priorat und Amt Hofen, und das Gericht Ausnang. Sodann gehörten noch zu dem Gebiete des Klosters: die Herrschaften Blumeneck, Liebenau und Brochenzell, und noch viele zerstreute Güter und Höfe. Reichsunmittelbare Besitzung war eigentlich nur die Herrschaft Blumeneck; die Herrschaften Liebenau und Brochenzell waren reichsritterschaftlich, standen jedoch unter der hohen Gerichtsbarkeit, jenes der Grafschaft Tettnang, dieses der Landvogtei. In den angeführten Ämtern hatte das Kloster nur theilweise die Niedergerichtsbarkeit mit Collectations-Recht; in den meisten Orten war es bloß Lehensherr unter landvogteilicher Hoheit und Gerichtsbarkeit. Sämmtliche Ämter standen unter der hohen Gerichtsbarkeit der Landvogtei. Nur auf dem Klosterberge hatte das Kloster solche als Lehen, und durch einen Vertrag von 1740 wurde ihm von Östreich in den Orten, wo es die Niedergerichtsbarkeit hatte, gegen eine Summe auch der Blutbann pfandschaftlich überlassen. Einzelne Orte standen auch unter der Hoheit der Stadt Ravensburg.[7] Das Kloster hatte die Stifter, die Welfen, zu Schirmvögten. Noch zu Lebzeiten der Herz. Welf V. und VI. (1153) nahm Kais. Friedrich I. das Kloster in seinen und des Reiches Schutz, welcher| auch um so mehr bei seinem Hause blieb, da er der Erbe der Welfen in ihren oberschwäbischen Stamm-Besitzungen war. Nach der Behauptung des Klosters waren aber die Hohenstaufen nicht so fast als die Erben der Welfen, sondern vielmehr als deutsche Kaiser Schirmvögte des Klosters, als welches dem Reiche unmittelbar unterworfen sey.[8] Im Übrigen hatte das Kloster, wie dieß häufig der Fall war, für einzelne, besonders entferntere Besitzungen auch besondere Schirmvögte bestellt, so z. B. die Truchsessen von Waldburg, derer s. g. Vogteigüter daher rührten.

In Beziehung auf das deutsche Reich hatte Weingarten auf dem Reichstage Sitz und Stimme auf der schwäbischen Prälaten-Bank, und beim schwäb. Kreistage zwischen Salem und Ochsenhausen.

Gelehrte, die einen Namen sich erworben haben, besaß das Kloster wenige; unter diesen sind vornehmlich zu bemerken: Gerhard Heß, geb. zu Oberstetten bei Ochsenhausen, Prior des Klosters und von 1785 an Statthalter in Blumeneck. Er gab die Monumenta hist. Guelphor. und einen Prodromus cum Hist. Abbatum in 2 Quartbänden heraus. Georg Bucelin, geb. 1599, von 1616 bis 1645 Conventual in Weingarten; gest. 1681, als Prior in Waldkirchen. Er hat nicht weniger als 53 meist historische Werke geschrieben, wovon aber nur der kleinste Theil gedruckt worden. Sein Hauptwerk ist: Germania topochrono-stemmatopographica sacra et profana. Vol. VI. Aug. Vind. 1655-78.

Der anonyme Verfasser des Chronicon Weingart., einer der schätzbarsten Handschriften, soll Werner, der eilfte Abt von Weingarten, gewesen seyn, dessen hist. Werke drei Folio-Bände ausmachen. Ungeachtet die Bibliothek und mit derselben eine Sammlung zahlreicher Handschriften zweimal| (1215 und 1578) verbrannte, so fand sich doch bei der Aufhebung des Klosters eine zahlreiche Bibliothek mit mehreren vorzüglichen Werken und Handschriften vor und ein an Urkunden reiches Archiv; unter den Handschriften der große Frauenlob, Minnelieder aus dem zwölften Jahrhundert, und verschiedene andere aus dem neunten und zehnten Jahrhundert.

Durch den Reichs-Deputations-Schluß vom 25 Febr. 1803 und die Schluß-Verträge gelangte die Reichs-Abtei Weingarten mit allen Rechten und Besitzungen als Entschädigung an den Fürsten von Nassau-Oranien, vorm. Erbstatthalter in Holland, Wilhelm V. Noch i. J. 1802 nahm sein Sohn, der jetzige König von Holland, an den es der Vater überlassen hatte, davon Besitz. Das Kloster wurde nun aufgehoben und Weingarten der Sitz einer nassauischen Regierung. Aber zu gleicher Zeit nahm Östreich, vermöge des Heimfallsrechts, als Besitzer der schwäbischen Landvogtei, alle diejenigen Güter in Beschlag, worüber diese die Landeshoheit hatte oder zu haben behauptete. Um sich daher den neuen Besitz wenigstens theilweise zu sichern, sah sich Nassau genöthigt, unter dem 12 Jun. 1804 mit Österreich einen Vertrag einzugehen, wovon folgendes die Hauptpunkte sind:

  1. Oranien-Nassau tritt an Österreich ab: die Reichsherrschaften Blumeneck und St. Gerold, nebst der Pflegei Bendern im Vorarlberg, die Herrschaft Liebenau, die in der Grafschaft Tettnang inclavirten Dörfer und Höfe Amts Bodneck (im Ganzen 32 Höfe), sammt den im Gebiet der nun k. k. Stadt Lindau gelegenen Gütern, das ehemalige Priorat und die Vogtei „Hofen“ am Bodensee, die weingartischen Höfe im Dorf Bayenfurth und das Amt Ausnang in der obern Landvogtei.
  2. Den reinen Ertrag dieser Besitzungen vergütet Österreich an reinem Ertrag von mittelbaren Immobilien also, daß es für jede 15 fl., die Oranien-Nassau abtritt, 40 fl. liefert, wozu dann sowohl die Güter, welche das Stift Weingarten im Österreichischen besaß, als auch andere anständige Domänen in der Nähe verwendet werden könnten.
  3. Diese vorhin Weingartischen Güter werden, mit Vorbehalt der unbedingten Landeshoheit und alljeglicher Gerichtsbarkeit, wie| sie bisher von der Landvogtei ausgeübt worden, von Österreich abgetreten.
  4. Der Vertrag von 1740, wodurch der Blutbann über die Herrschaft Weingarten von Österreich pfandschaftlich und widerruflich überlassen worden, wird sammt der bedungenen jährlichen Recognition aufgehoben, das Pfandschafts-Capital dem Haus Österreich, der Blutbann dem Hause Oranien-Nassau auf ewige Zeiten eigenthümlich überlassen. Das merum Imperium auf dem Klosterberg und die Frevelbestrafung am Feste St. Joh. d. T., welche gegen Capital dem Stift Weingarten als ein ewiges Lehen übertragen worden, wird freies Eigenthum von Nassau, das Capital aber bleibt Österreich überlassen.
    Österreich entsagt allen übrigen Regalien, die es in der gericht- und steuerbaren Herrschaft Weingarten ausgeübt und angesprochen hat, namentlich der vertragsmäßigen Schirmgerechtigkeit, Jagdbarkeit und Forstaufsicht, so lange Weingarten bei dem Hause Oranien-Nassau bleibt etc.
  5. Österreich wiederholt und bestätigt den Grundsatz, daß der angelegte Beschlag auf säcularisirte Güter nur solche Gegenstände treffe, die unter alljeglicher östreichischer Gerichtsbarkeit liegen.
Dieser Vertrag war wegen des darin ausgestellten Tauschgrundsatzes für Nassau in finanzieller Beziehung sehr günstig; er hatte die Folge, daß ein großer Theil der vormals Weissenauischen und Baindtischen Güter, auf welche Österreich ebenfalls das Epavenrecht angewendet hatte, an Nassau kam. Aber der Besitzstand des Fürsten war nur von kurzer Dauer. Nachdem durch den Presburger Frieden am Ende des J. 1805 die österr. Landvogtei an Würtemberg gefallen war, wurde durch die rheinische Bundesacte 1806 die Herrschaft Weingarten, wie sie damals bestand, mit Ausnahme des Amts Hagenau am Bodensee, das unter badische, und einiger andern Theile, die unter bayerische Hoheit fielen, der würtembergischen Landeshoheit unterworfen. Und auch dabei blieb es nicht; noch in demselben Jahre wurde von dem König Friedrich, vermöge königl. Decrets vom 25 Nov. 1806, das Besitzthum ganz in Beschlag genommen, weil der Fürst von Nassau-Oranien (in dem preuß. Krieg) die Waffen gegen den König geführt hat. Durch königl. Decrete vom 10 September und 14 November 1808 wurde sodann die Herrschaft dem Königreiche völlig einverleibt; der| Bezirk wurde dem Oberamt Altdorf, die entferntern Orte den Oberämtern Waldsee und Saulgau zugetheilt; die bis dahin noch durch nassauische Beamte fortgeführte Verwaltung wurde aufgelöst und ein eigenes k. Kameralamt Weingarten errichtet. Von denjenigen Theilen der ehemaligen Klosterherrschaft, welche Nassau durch den oben berührten Vertrag von 1804 diesseits des Bodensees an Österreich abgetreten hatte, war die vormalige Propstei und Vogtei Hofen (Friedrichshafen) am Bodensee, mit den Höfen in Baienfurt, schon durch den Presburger Frieden mit der Landvogtei an die Krone Würtemberg gekommen, Bayern dagegen hatte durch denselben Frieden mit der Grafschaft Tettnang die Herrschaft Liebenau, nebst den in jener Grafschaft eingeschlossenen 32 Höfen, auch das Amt Ausnang erhalten. Durch den Staatsvertrag von 1810 kamen dann auch diese Theile an Würtemberg, und es war dieses nun Herr sämmtlicher vormals Kloster-Weingartischen Besitzungen, mit Ausnahme der Güter in Vorarlberg und des Amts Hagenau, das im Besitze von Baden blieb, und mit Ausnahme einiger von Nassau noch 1810 verkauften Gefälle und Rechte.[9] Es ist schon oben bemerkt worden, daß die Landschaftskasse Weingarten sehr belastet war; die Herrschaft Weingarten| ging daher auch mit einer großen Schuldenmasse noch an Würtemberg über. Sie betrug noch im J. 1816 die Summe von 657.614 fl. Im J. 1821 wurden auf den Staat 460.000 fl. übernommen. Außerdem ist Würtemberg wegen der vormaligen Herrschaft Weingarten in einen unangenehmen Streit mit ihrem vormaligen Besitzer, dem König der Niederlande, verwickelt, indem Letzterer die Einkünfte der Herrschaft von den Jahren 1806 bis 1815 anspricht, weil er in dem letzten Jahre erst durch die Wiener-Congreß-Acte der Herrschaft entsagt habe. Die Umgebung von Weingarten und Altdorf ist reich an Naturschönheiten, wie an geschichtlichen Erinnerungen. In beider, besonders aber in letzterer, Hinsicht zeichnet sich insbesondere das sogenannte Laurathal aus. Weingarten gegenüber, auf der südwestlichen Seite des Thals, fällt „der Schloßberg“ in die Augen, der jetzt, nach dem Besitzer eines darauf erbauten Bierkellers, der Hallersberg genannt wird. Dort stand einst ein Welfisches Schloß, wovon man noch einzelne Spuren wahrnimmt. Aus verschiedenen Gründen will man annehmen, daß es das Hauptschloß der Welfen gewesen sey. Weiter hinauf, am Walde Haslach, stand unfern Zundelbach eine Burg und eine dritte oberhalb derselben. Von ersterer, der sogenannten Haslachburg, findet man noch Überreste; sie soll 1748 vollends abgebrochen und zum Bau der Pfarrkirche in Altdorf verwendet worden seyn. Jetzt kennt man freilich nicht einmal mehr die wahren Namen dieser Burgen. Die Urkunden erwähnen zweier Burgen, die in dieser Gegend gestanden haben müssen, wovon die eine Reuti, die andere Wildeneck genannt wird. Im J. 1294 verkaufte der kaiserl. Landvogt, Graf Hugo von Werdenberg-Heiligenberg an das Kloster Weingarten um 109 M. S. „die Burg zu Rüti ob Altdorf gelegen.“ Das Abteibuch setzt hinzu: „Die Ruinen der Burg liegen nahe am Wald Haslach, auf der linken Seite, wenn man von Altdorf ausgeht.“ Dieß war also wohl die s. g. Haslachburg. Eine Sage läßt auf dieser Burg – eben so aber auch auf dem Hallersberg und wieder auf dem Veitsberg – den Kaiser Friedrich den Rothbart| geboren seyn. Vielleicht gehörten auch die Herren von Reuti, welche häufig in Urkunden des 13ten Jahrhunderts vorkommen, dieser Burg an; vergl. Reute bei Essenhausen und Richlisreute. Wildeneck war vermuthlich die andere, oberhalb Reute gelegene Burg. Von ihr und ihren Bewohnern hat man noch mehrere Nachrichten. 1269 vertragen sich Heinrich d. ä., der Wildemann genannt, und seine Söhne, Hermann, Friedrich und Johannes, mit dem Kloster Weingarten wegen der Vogtrechte, „die sie von K. Conrad empfangen hatten.“ Sie treten dabei das Eigenthum von 2 Höfen zu Fenken (das zu der Burg Wildeneck gehörte) an das Kloster ab. Die Urkunde ist gegeben „in Castro nostro (der Wildemänner) super Rüti“ Sehr wahrscheinlich war Wildeneck dieses Castrum. 1283 wird ein Streit über die Burg Wildeneck dadurch geschlichtet, daß Ortolf von Irmendegensperch seinen Rechten an die Burg – castrum antiquum Wildenegg – mit drei dazu gehörigen Gütern zu Fenken, gegen das Kloster Weingarten, das Lehensherr der Burg und Zugehör gewesen zu seyn scheint, für 1 M. S. entsagt. Zeugen sind: Ulricus de Wildenegge miles, Rudolphus de Irmendegensperch, Frid. de Angenrüti etc. Unter Castrum antiquum Wildenegg ist vermuthlich nur ein Theil der Burg verstanden. 1299 verkauft Heinrich der Wildemann wegen der Schulden, in die er sich durch das Zusammenkaufen (per choemtionem, wie die Urkunde sagt) der Burg Wildenegg gesteckt, einen Hof zu Richlisreute an das Kl. Weingarten, s. u.; 1301 verzichten Ulrich der Wildemann von Wildenegg und Burkhard von Stein, ein Bruder der Gemahlin Heinrichs des Wildemanns, im Namen der letztern auf das Zinslehen an der Burg zu Wildenegg. Die Besitzer der Burg waren also die Wildemannen, welche sich daher auch „Wildemann von Wildeneck“ schrieben. Ob die Burg Stammburg der Wildemann, oder eine spätere Erwerbung war, ist zweifelhaft, da dieselben erst gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts „Wildemann von Wildeneck,“ vorher bloß „Wildemann“ genannt werden, wogegen in der angeführten Urkunde ein Ulrich als Zeuge steht, der sich bloß| Ulrich von Wildenegge nannte, und eben so auch in einer Urkunde 1302 neben den Brüdern Hermann, Wilhelm und Hildebrand von Wildenegg ein Conradus dictus Wildemann erscheint.

Die Wildemann scheinen zu einem alten Ministerialengeschlechte der Welfen und Hohenstaufen gehört zu haben und waren in der Gegend vielfach begütert, kommen daher auch sehr häufig in Urkunden von 1251 an vor, bis sie endlich als Bürger in Ravensburg verschwinden. Als solche erscheinen zuletzt noch 1384 Panthil und Erhard die Wildemannen, welche mit ihrem Vater Cunz oder Conrad noch 1355 und nachher verschiedene Güter, z. B. Höfe zu Gessenried und Vogteirechte, an das Kloster Weingarten verkauften. Die Benennung Wildemann findet man in ihrem Siegel, das zwei schräge Balken enthält, durch „Indomiti“ übersetzt; so z. B. an Urkunden von 1299, 1304: Sig. Henrici (Ulrici) Militis Indomiti Viri.

Zwischen den beiden Burgen Reuti und Wildeneck liegen noch im Thale die Trümmer des großen Steins, an den sich eine Sage von „dem wilden Ritter“ anknüpft: „Ein junger Ritter von Wildeneck verliebte sich in Gunda, die Tochter eines benachbarten Ritters. Aber er machte weder auf den Vater, noch auf die Tochter Eindruck. Gunda gab einem Andern die Hand. Am Hochzeitfeste schleicht sich Wildeneck mit einer Bande in die Burg, zündet die Burg an, dringt in das Brautgemach, ermordet den Bräutigam und entführt die ohnmächtige Braut. Im Thale bei dem Stein hält er mit ihr. Gunda entreißt ihm sein Schwert und stürzt sich in dasselbe. Verfolgt von der Vehme, und noch mehr von seinem Gewissen, irrt Wildeneck Jahre lang unstät und flüchtig umher; in einer Nacht kommt er während eines Gewitters wieder in das Laurathal zu dem Stein und wird hier vom Blitz erschlagen.“

Zu der Gemeinde und der Kirche Altdorf gehören:

  • 2) Die Kleemeisterei, Haus mit 8 Einw.
  • 3) Nessenreben, auf einem Berge zwischen Wäldern, eine ehemalige Sennerei des Klosters Weingarten, und jetzt Staatsdomäne,| mit 3 Einw., die schon im J. 1143 in dem Verzeichniß der Klostergüter unter dem Namen Nascaha vorkömmt. Es befindet sich eine Kapelle z. h. Wendelin dabei, die im J. 1575 erbaut wurde.
  • 4) Obersäge, eine Sägmühle mit 9 Einw., 1/4 St. östlich von Altdorf, an einem Bach, der, aus dem Grundelweiher hervorfließend, in Altdorf sich mit der Scherzach vereinigt.
  • 5) Untersenn, mit 8 Einw., 1/2 St. von Altdorf, östlich gegen den Schussenfluß, an der Straße nach Altshausen. Eine ehemalige Kloster-Sennerei, jetzt k. Staatsdomäne.
  • 6) Vierzehn Nothhelfer, s. o. Spital. Außerdem liegen noch 10 vereinödete Hofgüter auf der Altdorfer Markung, welche noch unter dem Namen Altdorf laufen, obgleich einige der Nähe wegen in den Baienfurter Schulsprengel eingetheilt sind. Sie wurden bei der Vereinödung der Markung im J. 1796 hinausgebaut.

  1. In Beziehung auf die folgende Geschichte gilt wieder, was wir bei Ravensburg, S. 119, bemerkt haben.
  2. Das Wappen des Fleckens bestand in einem in 4 Felder getheilten Schilde mit 4 Löwen, wovon die beiden untern die Welfischen Löwen sind, von den beiden obern der eine den Reichsschild mit dem Reichsadler, der andere den östreichischen Schild hält.
  3. Auch dieser Abschnitt ist zum Theil ein Werk des Herrn Dr. v. Vanotti.
  4. Sonst wird die Stiftung des Frauenklosters gemeiniglich dem Welfen Heinrich und seiner Gemahlin zugeschrieben, welche die Eltern des h. Conrad und seiner Brüder gewesen seyn sollen, was freilich Herr v. Vanotti nicht annehmen will. Vergl. S. 71 u. f. Das Stiftungsgut bestand in der sehr reichen Kirche zu Altdorf und in mehreren andern Gütern, welche von den Brüdern Conrads noch ansehnlich vermehrt wurden.
  5. Im Jahre 1090, 15 Junius, stellte der Herzog Welf IV., der das Kloster neuerdings sehr freigebig bedachte, eine Urkunde über die Stiftung des („von meinen Vorfahren begonnenen und von meinem Oheim, dem Herz. Welf, auf den Berg versetzten“) Klosters aus, welche [Anm. S. 151] gemeiniglich die Stiftungs-Urkunde genannt wird. Der Herzog erklärte darin das Kloster von aller Abhängigkeit frei, entsagte für sich und seine Nachkommen aller Gewalt über dasselbe, und übergab es dem Schutz des h. Vaters, Urbans II. Durch eine Bulle Urbans vom letzten Februar 1098 wird das Kloster in den päpstlichen Schutz genommen, und Welf und nach seinem Tode seine Söhne werden als Schutzherren desselben erklärt. In dieser Bulle, so wie in einer spätern von Papst Paschalis vom 5 April 1106, und in der Welfischen Urkunde selbst, werden sämmtliche Besitzungen des Klosters namentlich aufgezählt. Unter den Rechten, welche dem Kloster von dem Herzog Welf verliehen wurden, befand sich insbesondere auch das Recht, in dem Altdorfer Walde Holz aller Art nach Bedürfniß zu hauen und Schweine darin zu weiden, ferner das Eigenthum aller Neugereute, welche das Kloster und seine Leute in dem Wald anlegen. Durch mehrere kaiserl. Urkunden werden später die Besitzungen, Rechte und Freiheiten des Klosters bestätigt: von K. Friedrich dem Rothbart 1153, von seinem Sohne K. Heinrich 1193, von K. Philipp 1197, und so später von Andern.
  6. Wie das Klostergut schon in früheren Zeiten hauptsächlich auch durch Käufe vermehrt wurde, kann man aus der Ortsbeschreibung noch näher ersehen. Im J. 1350 verkaufte der Truchseß Eberhard von Waldburg allein an 60 Höfe an das Kloster.
  7. Das Kloster hatte in jeder Beziehung, besonders aber in Beziehung auf Hoheits-Verhältnisse einen bösen Nachbar an der östreich. Landvogtei, mit der es daher auch in fortwährendem Streite lebte. Im J. 1499 nahm Östreich die Gerichtsbarkeit und das Besteuerungsrecht von 565 Gütern des Klosters mit Gewalt weg. Alle Klagen und Vorstellungen dagegen halfen nichts; erst im J. 1675 erhielt das Kloster endlich durch einen Vergleich von K. Leopold die Gerichtsbarkeit und Besteuerungs-Rechte von 180 Gütern zurück, gegen Verzichtleistung auf die übrigen 385 Güter. Von dieser gewaltsamen Maßregel rührte hauptsächlich auch die Überbürdung der Landschaft Weingarten bei Reichs- und Kreis-Anlagen her.
  8. Daß sie es wirklich nur als Kaiser waren, beweisen die oben angeführten Urkunden. Noch in einem Briefe v. J. 1418 erklärte K. Sigismund, daß der König allein des Klosters Advocat sey. Indeß hatte Östreich, nachdem es in den Besitz der Landvogtei gekommen war, auch die Schirmsgerechtigkeit über das Kloster an sich zu bringen gewußt.
  9. Es hatte im J. 1806 auch Bayern, wie Würtemberg und Baden, auf die, unter seiner, der vormals Ravensburgischen, Hoheit gelegenen, jedoch nicht bedeutenden, Einkommenstheile Beschlag gelegt, diesen Beschlag aber im J. 1808 wieder aufgehoben, und es dadurch dem Hause Nassau möglich gemacht, noch 1810, ehe Ravensburg und die Umgegend von Bayern an Würtemberg überging, sie an die Gutsherrschaft Ratzenried zu verkaufen. Der Kauf geschah am 5 April 1810. Nach dem Kaufbrief überließ der Fürst von Nassau-Oranien an den Freiherren Franz Conrad von Ratzenried für die Summe von 38.000 fl. die in dem vormals Ravensburgischen Gebiete gelegenen Weingartischen Lehenhöfe und Waldungen, Zehnten, Vogt- und Patronatsrechte in Leutkirch und Ravensburg, Capitalien und Ausstände etc. Von Ratzenried kam die Besitzung nachher mit Ratzenried an den Grafen von Beroldingen. Die Lehenshöfe liegen in den Gemeinden Berg, Blitzenreute, Schmaleck, Wolpertschwende und Zogenweiler. Unter den Zehnten sind auch die zu Mochenwangen und Schmaleck. Der Ertrag des Ganzen, das jetzt einen Bestandtheil des Ritterguts Ratzenried bildet, ist in der Adels-Matrikel zu 2000 fl. angeschlagen.