« Kapitel B 30 Beschreibung des Oberamts Oehringen Kapitel B 32 »
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Ohrnberg,


Gemeinde III. Klasse, 628 Einw., wor. 22 Kath.; a. Ohrnberg, Pfarrdorf, mit 591 E.; b. Buchhof, Weiler, 28 Einw.; c. Ohrnbergerhof, Hof, 9 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Pfedelbach eingepfarrt.

Auf der linken Seite des Kochers, an den Einmündungen der Ohrn und des Pfahlbachs, hat der Ort eine romantische, jedoch etwas winterliche Lage und ist in Folge derselben und wegen seines Wasserreichthums feucht und schmutzig. Vicinalstraßen sind nach Sindringen (Kocherthalstraße), Friedrichsruhe und nach Baum-Erlenbach, beziehungsweise nach der 7/4 Stunden südöstlich gelegenen Oberamtsstadt, angelegt. Steinerne Brücken über den Kocher, die Ohrn und den Pfahlbach bestehen im Ort und zunächst desselben.

Die Kirche liegt in dem Ortstheil, der sich in das Ohrnthal hineinzieht; sie ist im Styl des 18. Jahrhunderts erbaut und nur an der Sacristei haben sich noch Spuren der ursprünglichen gothischen Bauart erhalten. Die Baulast der Kirche hat Hohenlohe-Oehringen.

Oberhalb des Orts im Ohrnthal liegt der Begräbnißplatz.

Das im Jahr 1833 neu erbaute Pfarrhaus befindet sich in gutem baulichen Zustande.

Eine Kelter ist vorhanden, in deren oberem Stockwerke die Gelasse für den Gemeinderath eingerichtet sind.

Das Schulhaus enthält zwei Schulzimmer und die Schulmeisterswohnung. Eine Kleinkinderschule, verbunden mit einer Industrieschule, besteht.

Ohrnberg, das in Folge der ungünstigen Zeitumstände und anderer Verhältnisse herunter gekommen war, hat sich in neuerer Zeit wieder sehr gehoben, so daß sogar namhafter Zuzug von Außen Statt gefunden hat. Güterbesitzer von 50–60 Morgen sind etwa 10–12 vorhanden. Feldbau, Viehzucht und etwas Weinbau| bilden die Haupterwerbsquellen und überdieß wird die Obstzucht, für die von Seiten der Gemeinde ein Baumwärter aufgestellt ist, eifrig gepflegt; es werden nicht nur die gewöhnlichen Kern- und Steinobstsorten, sondern auch viele Nußbäume gezogen.

Der Anbau der Äcker ist beschwerlich, indem die Güter größtentheils an den Abhängen oder auf den Anhöhen liegen, indessen sind sie wegen ihres fruchtbaren, kalkhaltigen Bodens zu den bessern des Bezirks zu rechnen. Man baut vorzugsweise Dinkel, Gerste, Kartoffeln und Flachs. Der Ertrag der Äcker ist wie in Verrenberg und der Verkauf an Getreidefrüchten nach Außen von Bedeutung.

Die in dem Kocher- und Ohrnthal gelegenen Wiesen sind vorzüglich und ertragen durchschnittlich 35–40 Centner Futter per Morgen.

Die Preise der Güter bewegen sich bei den Äckern von 200 bis 400 fl., bei den Wiesen von 250–600 fl. und bei den Weinbergen von 200–400 fl. per Morgen.

Weinberge sind 133 Morgen vorhanden; es werden hauptsächlich Trollinger und Sylvaner gepflanzt, die einen sehr guten, lagerhaften, auch auswärts gesuchten Wein liefern.

Der Rindviehstand ist ein mäßiger und nur einige größere Güterbesitzer befassen sich mit Rindermastung zur Ausfuhr nach Heilbronn und Oehringen.

Die Schafweide ist verpachtet und trägt samt der Pferchnutzung etwa 800 fl. ein.

Die Gemeindewaldungen sichern der Gemeinde eine jährlich, Rente von etwa 600 fl.

Auch war die Gemeinde im Besitz des 260 Morgen großen Ohrnberger Hofs (nunmehr Ruckartshausen genannt), der im Jahre 1856 angelegt wurde, wozu man den früheren Wald „Wachholder“ ausstockte; der Hof ist neuerdings an den Baron v. Müller um etwa 70.000 fl. verkauft worden.

Die Stiftungspflege hat ein Vermögen von 3000 fl. (siehe auch die Tabelle III.).

Standesherrlicher Gutsbesitzer und Patron ist der Fürst von Hohenlohe-Oehringen und ritterschaftlicher Gutsbesitzer Graf von Zeppelin; letzterer wegen Buchhof.

Auf dem Bergrücken zwischen dem Kocher- und dem Pfahlbachthale befindet sich ein künstlich aufgeworfener Hügel, der Buckelsberg genannt, in welchen früher Schatzgräber einen Stollen getrieben haben| und bei dieser Veranlassung Ziegel, Mauersteine, Mörtel, verkohltes Balkenwerk, eine bronzene, unkenntlich gewordene Münze und einen bronzenen Meisel (sog. Kelt) fanden.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Buchhof, eine Stunde nördlich vom Mutterort gelegen, besteht aus einem dem Grafen von Zeppelin gehörigen 3645/8 Morgen großen Gut, das verpachtet ist und von dem Pächter im Dreifeldersystem rationell bewirthschaftet wird. Daselbst sind 30–40 Stücke Rindvieh und 8 Pferde aufgestellt.

Im Ort besteht seit 1858 eine von dem Staat subventionirte Privatschule.

c. Ohrenbergerhof liegt 1/2 Stunde nördlich von Ohrnberg, wohin auch die Kinder in die Schule gehen (s. oben).

1) Ohrnberg. Die älteste Hinweisung auf Ohrnberg ist im Lorscher Schenkungsbuch von dem Jahr 795 „in Wachalincgheimer marcha basilica sita in loco ubi Oorana fluvius influit in Cochane.“ Damit ist entschieden eine Lokalität ganz in der Nähe des jetzigen Ohrnbergs bezeichnet. Die Krautgärten jenseits des Kochers, unmittelbar daran gelegen, heißen heute noch „Wächlingsgärten,“ so daß also der Name Uuachalinga, wie er in der Urkunde des hier seit 779 begüterten Klosters Fulda lautet (Wirt. Urk.-Buch 2, 437), Wachalincgheimer marca in pago Cochengowe (im Lorscher Codex) nicht ganz verklungen ist. Eine Volkstradition über die Verlegung des Orts „Wächlingen“ auf die andere Seite des Kochers, nach dem jetzigen Ohrnberg, soll an Ort und Stelle vorhanden sein. Historisch ist darüber nichts überliefert. Die erste Nennung von Ohrnberg ist in dem Oehringer Stiftungsbrief von 1037, wo es neben Pfahlbach, Eichach und Ernsbach aufgeführt ist als „villa Orenburc“ von Bischof Gebhard aus seinem und seiner Mutter Grundbesitz dem Kollegiatstift in Oehringen geschenkt, „cum pertinentiis omnibus, utilitatibus et mancipiis. Im Jahr 1270 schenkte Kraft I. von Hohenlohe dem Stifte Oehringen als Schadenersatz für begangene Unbilden „advocatiam omnium vinearum in parochia Orenburg sitarum“ mit der Bestimmung, daß keiner seiner Erben irgend welche Ansprüche daran zu erheben haben, sondern daß das Stift sie frei besitzen solle.

1403 verweist Hans von Berlichingen seine Hausfrau wegen ihrer Heimsteuer auf die Korngült zu Sindringen und Ohrnberg.

Eine Curia in Ornburg hatte das Stift 1371, wo es 15 Malter Dinkel zum gemeinen Brod darauf fundirte. Das Stift scheint| seinen Besitz an Hohenlohe verkauft zu haben, wie schon 1514 angedeutet wird, später hatte es noch den großen Frucht- und Weinzehnten, das Pfarrhaus und eine Kelter.

2) Buchhof (s. oben).

Im Jahr 1042 schenkte Kaiser Heinrich III. der Würzburger Kirche praedium Heroldi, das durch Richterspruch heimgefallen sei, in pago Cochengowe, darunter auch Buoch, ohne Zweifel der Buchhof, da Sindringen etc. daneben genannt werden. 1351 verkaufte Diether von Bachenstein und Albrecht Eisenhut all ihr Gut daselbst dem Kloster Schönthal, auch der Buchhof gehörte dem Kloster, stand aber unter herzoglich württembergischer Oberhoheit, bis er mit Schönthal ganz an Württemberg fiel. Im Jahr 1806 verlieh König Friedrich von Württemberg den Buchhof dem Grafen von Zeppelin und in den Händen dieser Familie ist er noch jetzt.


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