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Baum-Erlenbach mit Zuckmantel,


Gemeinde III. Klasse, 496 Einw., worunter 3 Kath. – Ev. Pfarrei, die Katholiken sind nach Pfedelbach eingepfarrt.

Der ziemlich große, mit Obstgärten und Wiesengründen umgebene Ort liegt 7/4 Stunden nordwestlich von Oehringen und 1/4 Stunde südlich vom Kocherthal, in einem unbedeutenden Thälchen, an dessen Gehänge die Gebäude größtentheils hingebaut sind, während nur der kleinere Theil des Dorfs in der Thalebene selbst liegt. Die Wohnungen lagern sich in mäßigen Entfernungen an den unregelmäßig angelegten Ortsstraßen und viele derselben verrathen durch ihr stattliches Aussehen die Wohlhabenheit der Einwohner.

Auf einem vorgeschobenen Hügel, dem höchsten Punkte am nördlichen Ende des Orts steht die mit dem Begräbnißplatz umgebene Pfarrkirche, welche die älteste des Bezirks ist und schon ums Jahr 788 genannt wird (s. hier. unten); außerhalb der Kirchhofmauer lauft ein ziemlich tiefer Graben und ein Wall, die ehemalige Befestigung der Kirche beurkundend. Die Kirche selbst wurde 1732 styllos verändert, während der viereckige, aus 5 Stockwerken bestehende Thurm, wenigstens in seinen untern 4 Stockwerken unverändert blieb; er ist mit Ausnahme des später aus Holz aufgesetzten fünften Stockwerks, massiv aus Steinen erbaut und enthält im untern Stockwerk ein spitzbogiges Fenster, aus dem die Füllungen herausgeschlagen wurden. Das Innere der Kirche ist durch sehr mittelmäßige Emporen, durch die Orgel etc. verbaut und enthält nichts Interessantes; das untere Stockwerk des Thurms vertritt die Stelle des Chors. Von den 3 Glocken sind 2 in neuerer Zeit von Neubert in Ludwigsburg, die kleinste dagegen von Bernhard Lachaman in Eßlingen 1523 gegossen worden.

Unfern der Kirche steht das 1819 erbaute freundliche Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem inkamerirten Stift Oehringen obliegt. Das 1839–40 erbaute ansehnliche Schulhaus enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath; die Schule besuchen gegenwärtig 70 Kinder. An der Schule unterrichtet nur ein Lehrer.

Ein Armenhaus und ein Schafhaus sind vorhanden.

Ganz vortreffliches Trinkwasser liefern in seltener Fülle 8 laufende und viele Pumpbrunnen. Der zunächst am Ort im sogen.| Hungerbrunnen entspringende Erlenbach fließt mitten durch den Ort und setzt unterhalb des Dorfs eine Ölmühle in Bewegung.

Der Verkehr mit der Umgegend ist durch Vicinalstraßen nach Möglingen, Ohrnberg, Langenbeutingen und zugleich auf die Oehringen–Neuenstadter Landstraße hinlänglich gesichert. Drei steinerne Brücken sind innerhalb des Orts über den Erlenbach angelegt.

Die im allgemeinen körperlich wohlgestalteten Einwohner, welche vorzugsweise Landwirthschaft und Viehzucht mit Umsicht und großem Fleiß betreiben, befinden sich in guten Vermögensverhältnissen; etwa sechs Bürger besitzen je 60–70 Morgen, die Mehrzahl 30–40 Morgen und die Minderbemittelten 5–10 Morgen Grundeigenthum.

Einige Steinbrüche, aus denen Muschelkalk zu Straßen- und Baumaterial gewonnen wird, sind vorhanden.

Die 1978 Morgen große Markung liegt mit Ausnahme der Gehänge gegen die Thäler des Kochers, der Ohrn und des Erlenbachs ziemlich eben und hat einen vortrefflichen Diluviallehmboden, der zu den fruchtbarsten des Bezirks gehört.

Unter diesen günstigen natürlichen Verhältnissen, verbunden mit dem Fleiß der Einwohner, hat sich die Landwirthschaft auf eine blühende Stufe gehoben und den Feldertrag namhaft gesteigert.

Im nicht strenge eingehaltenen Dreifeldersystem, mit vollständig angeblümter Brache, baut man die gewöhnlichen Cerealien, unter denen Dinkel und Weizen vorzugsweise gut gedeihen; auch Reps wird in namhafter Ausdehnung mit gutem Erfolg gebaut. Bei einer Aussaat von 6–7 Simri Dinkel, 3 Sri. Weizen, 21/2–3 Sri. Roggen, 3 Sri. Gerste und 3 Sri. Haber, beträgt der durchschnittliche Ertrag eines Morgens 8–10 (ausnahmsweise 12) Scheffel Dinkel, 4–6 Scheffel Weizen, 3–5 Scheffel Roggen, 4–5 Scheffel Gerste und 6–7 Scheffel Haber. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 3–600 fl.

Über die Befriedigung des örtlichen Bedürfnisses können jährlich von den Getreideerzeugnissen etwa 800–1000 Scheffel nach Außen abgesetzt werden. Überdieß werden in günstigen Jahren 2–300 Scheffel Reps verkauft.

In der Brache werden außer den gewöhnlichen Brachgewächsen auch Getreidefrüchte und insbesondere Reps gebaut; auch Hanf, Flachs, Hirsen etc. kommt zum Anbau.

Der Wiesenbau ist gut; besonders liefern die im Kocher und Ohrnthal gelegenen Wiesen sehr nahrhaftes Futter; der Morgen erträgt 45 Centner Futter und hat den gleichen Preis wie die Äcker.

| Der Weinbau ist ganz unbedeutend, dagegen verbessert sich die Obstzucht, und nicht nur die Privaten nehmen Bedacht, dieselbe immer mehr auszudehnen, sondern auch die Gemeinde hat auf ihren Gütern Obstbäume pflanzen lassen, die ihr in günstigen Jahren für 5–600 fl. Ertrag geliefert haben. Es werden hauptsächlich die gewöhnlichen Mostsorten und Zwetschgen gezogen.

Waldungen sind 432 Morgen vorhanden, hievon gehören 3286/8 Morgen 74 Realberechtigten, welche jedoch in neuerer Zeit 89 Morgen ausrodeten und in Feld verwandelten, wovon jeder Berechtigte seinen Antheil hat. Der Rest mit 1032/8 Morgen gehört der Gemeinde, die jedoch erst im Jahr 1871 zum Hieb kommen sollen.

Die Schafweide ist Eigenthum der Realberechtigten; der Schafweidepacht im Betrag von 2–300 fl., fließt, falls das Schafrecht ausgeübt wird, in die Gemeindekasse, während der Pfercherlös unter die Realberechtigten vertheilt wird.

Die Pferdezucht wird mit gutem Erfolg betrieben und der Ort gehört in dieser Beziehung zu den besseren des Bezirks. Pferde werden nicht selten an das Militär und sonst um gute Preise verkauft.

Der ausgedehnte Kleebau, verbunden mit reichlichem Wiesenfutterertrag, begünstigt einen namhaften Rindviehstand und eine bedeutende Ochsenmastung, die man hier zur Ausfuhr im größeren Maßstabe betreibt; es wird ein tüchtiger Landschlag gehalten, der durch 2–3 Simmenthaler Farren nachgezüchtet und verbessert wird. Die Farren hält ein Bürger unter der Controle der Gemeinde und erhält hiefür die Nutznießung von 12–15 Morgen Wiesen und Äcker.

Die Zucht des Geflügels, namentlich der Gänse, ist namhaft und erlaubt einigen Verkauf nach Außen.

Eigentliche Schweinezucht wird wenig betrieben, dagegen werden viele Ferkel (halbenglische und Hallerrace) aufgekauft und theils für den eigenen Bedarf, theils für den Verkauf gemästet.

Die Bienenzucht ist nicht unbedeutend.

Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen (s. auch Tab. III). Standesherrlicher Gutsbesitzer und Patron ist der Fürst von Hohenlohe Oehringen.

Zu der Gemeinde gehört Zuckmantel, ein Haus, das 1/4 Stunde südöstlich vom Ort an der Oehringen-Neuenstadter Landstraße liegt. Die Kinder besuchen die Schule im Mutterort.

Baum-Erlenbach und seine Kirche werden vor allen anderen unseres Bezirkes genannt, im Jahre 788, als Hiltisnoot das von ihr gestiftete Kloster „Alirinbach“, wovon sie| Vorsteherin war, und dessen Widem der berühmten Abtei Lorsch an der Bergstraße unter Bedingungen schenkte; monasterium quod a novo aedificavit in propria alode sua in pago Brethachgowe in Wachelincheimere marcha et in Magelingunin marca in loco nuncupato Alirinbach, id est basilicam constructam in hon. St. Salvatoris et St. Mariae etc. (Cod. Laur. 1, 30). Die Urkunde unterzeichneten nach ihr ihre Brüder, Graf Maorlach und Anto.

Derselbe Maorlach ist noch in einer weiteren Schenkung an Lorsch genannt; über den Zusammenhang seiner Familie mit den später in dieser Gegend vorkommenden Geschlechtern läßt sich nicht einmal etwas vermuthen.

Eine weitere Schenkung an Kloster Lorsch ist vom Jahr 853 in villa Erlinbach in pago Bretachgowe (ib. nr. 3536).

Weitere Spuren des von Hiltisnoot gestifteten Klosters sind nicht vorhanden; die Karte führt auf der linken Kocherseite bei Baumerlenbach einen Waldbezirk „Nonnenstühle“ an; es mag sein, daß dieser Name auf die ältesten Zeiten zurückweist.

Wiederum kommt Baumerlenbach vor in dem Oehringer Stiftungsbrief von 1037 „in Erlebach parochia et novem hubae“ unter den Schenkungen, welche von den Verwandten des Bischofs Gebhard an das Stift in Oehringen gemacht wurden, und es ist wohl anzunehmen, daß das Übrige an das Hochstift Regensburg fiel und von diesem zu Lehen verliehen wurde an die Herren von Neideck und von Berlichingen. Hermann von Neideck verkaufte 1341 an Hohenloh seinen Antheil an Gericht und Gütern in Baumerlenbach und 1415 Friedrich Tumyng an Albrecht von Hohenlohe den dritten Theil zu Erlenbach am Dorf und Leuten, an Gütern und Vogteien, Gerichten, Herrlichkeiten, Holz, Wäldern, Äckern, Wiesen, Wassern und Weide mit allem Nutzen, Gülten, Zinsen, Diensten, Rechten, Fällen und alle Zugehörung groß und klein um 280 Goldgulden auf eine ewige Wiederlösung.

Sieben Zwölftel des Ortes wurden Hohenlohisch, fünf Zwölftel gehörten den Freiherrn von Berlichingen zu Jagsthausen im inneren Schloß.

A. 1565 hatten sich „Etliche nachbarliche Gebrechen und Irrungen ergeben zwischen Graf L. Kasimir und Thomas von Berlichingen zu Jagsthausen, in Folge von welchen festgesetzt wurde … 3, sollen auch Alle und Jede Apellationes so von dem Gericht zu Erlinbach herrührt undt ergehen, hinfüro, wie bißher an das Hohenl. Hofgericht ohnmittel gehörig sein und bleiben, an kein ander Ort| appellirt werden, noch auch sich die Richtere zu Erlinbach andrer Ort den zu Oehringen, als Ihren von Alters herkommen Ober-Hoff sich Urtheil und Rath zu holen.“

Kirchliches. Die Pfarrei gehörte seit 1037 dem Stift Oehringen und noch im 18. Jahrhundert hatte das Stift, den alten Frucht- und Wünzehnten, ausgenommen den Schulzehnten und das Neugereuth an Frucht und Wein, das der Herrschaft Hohenlohe gehörte, während auch das Pfarrhaus und einige Gülten dem Stifte gehörten. Als Pfarrer (rector ecclesiae paroch.) zu Baumerlenbach wird unter anderen genannt: Johannes Rude † 1390. Im Jahr 1410, den 6. Januar, bestätigte Bischof Johannes zu Würzburg die Stiftung einer präbenda sacerdotalis oder vicaria perpetua, welche die ehrbare Frau Husing und die Gebrüder Berthold und Conrad Husing und die universitas villanorum villae in Beumerlbach mit Willen und Wissen des Dekans und Kapitels von Oehringen und des Pfarrers von Baumerlenbach gestiftet hatten.

Der Presbyter oder Vicarius soll Messe lesen, im Orte wohnen, dem Pfarrer gehorchen und assistiren. Die Oblationen sollen dem Pfarrer gehören; das Präsentationsrecht zu der Vicarie dem Stifte in Oehringen.

Bis zum Jahr 1373 war Ohrnberg ein Filial von Baum-Erlenbach gewesen; in diesem Jahr aber fand die Lossagung Statt durch Bischof Gerhard von Würzburg. Die magistr. fabricae et alii rustici atque villani villae in Ornburg, filialis ecclesiae paroch. matricis in Erlbach hatten die Kapelle St. Basilidis, Cyrini et Naboris so dotirt, daß ein eigener Priester darauf gehalten werden konnte. Diese Kapelle wurde also von der Mutterkirche getrennt mit Bewilligung vom Dekan und Kapitel des Oehringer Stiftes, als der Patrone und des Johannes Ruden, Pfarrers von Baumerlenbach. Das Patronatsrecht verblieb bei dem Stift Oehringen und kam von da an Hohenl. Oehringen.


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