« Kapitel B 5 Beschreibung des Oberamts Oberndorf Kapitel B 7 »
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Beffendorf mit Ober-Aichhof,
Gemeinde III. Kl. mit 514 Einw., worunter 27 Ev. – Kath. Pfarrei; die Ev. sind nach Oberndorf eingepfarrt. 1 Stunde südwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.


Der äußerst ansehnliche und reinliche, ziemlich unebene Ort liegt frei und freundlich zwischen Wiesenflächen auf der westlich vom Neckarthal sich erhebenden Hochebene. Seine stattlichen Bauernhäuser, meist mit den Scheunen unter einem vorspringenden Dache und auf der Wetterseite verschindelt, stehen weit und unregelmäßig zerstreut, von Gärtchen, Hofräumen und Wiesen mit Waldbäumen angenehm unterbrochen, an den breiten gutgehaltenen gekandelten und chaussirten Straßen. Von verschiedenen Anhöhen der Markung aus genießt man eine reizende Fernsicht an die Alb, namentlich den Hohenzollern und an die Höhen des Schwarzwaldes. Erdfälle finden sich gegen 100 auf der Markung zerstreut.

Die dem h. Urban geweihte, inmitten des Dorfes freistehende Kirche ist in modernem Rundbogenstil mit vieleckig geschlossenem Chore aus schönem buntem Sandstein 1827 erbaut. Der Thurm, nördlich am Chore stehend, ist in den zwei unteren Stockwerken noch alt, das dritte aus Holz aufgeführte trägt ein stumpfes vierseitiges Zeltdach.

Das flachgedeckte, mit Bildern und Altären geschmückte, und schön bemalte Innere ist sehr freundlich und ansprechend; die Decke des Chors hat goldene Sterne auf blauem Grund. Die moderne Kanzel zieren die gemalten Bilder der vier Evangelisten. Im Chore ist ein großes Renaissance-Ölbild, die Kreuzigung, aufgestellt, ein gutes, höchst figurenreiches Werk. Von den 3 Glocken hat die größte folgende Umschrift: gegossen von A. Hugger in Rottweil 1857. Maria ist mein Name. Die zweite, schön verzierte hat die Umschrift: Vicit leo de tribu Juda radix David Alleluia. Durch Anordnung der Gemeind Beffindorf hat mich Meinrad Antoni Grieninger gegossen in Villingen anno 1720. – Auf der dritten Glocke steht: Meinrad & Benjamin Grüninger gossen mich in Villingen. 1841. Die Baulast der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Der 1825 errichtete Begräbnißplatz liegt nördlich am Ort.

Das 1831 erbaute Pfarrhaus wurde 1838 von der Gemeinde renovirt und ist auch von dieser zu unterhalten.

Das ansehnliche Schulhaus ward 1805 erbaut und enthält ein| Lehrzimmer; die Wohnung des Schulmeisters befindet sich daneben in einem eigenen Gebäude.

Im Jahre 1810 wurde ein besonderes Rathhaus erbaut.

Ein öffentliches Back- und Waschhaus, ein Armenhaus und eine ehemalige Zehentscheuer sind vorhanden. Der Ort wurde in früheren Zeiten von Feuersbrünsten öfters ganz oder theilweise zerstört, so den 11. April 1540 (40 Häuser nebst Kirche), den 18. Juni 1739 (beinahe ganz), am Frohnleichnamsfest 1773 (4 Häuser), den 22. November 1811 (2 Häuser) und im October 1835 mehrere Gebäude.

Im allgemeinen gutes Trinkwasser liefern 3 laufende Brunnen, deren Wasser in hölzernen Deucheln hergeleitet wird, und etwa 30 Pump-, Zieh- und Schöpfbrunnen; Wassermangel tritt nur in den seltensten Fällen ein; dann wird das Wasser aus zwei eine Viertelstunde entfernten Quellen (Stellenquelle und Brühlquelle) geholt, erstere enthält Schwefeltheile und wird besonders für Pferde und Rindvieh benützt; außer diesen hat die Markung wenig Quellen.

Eine Wette besteht.

Die Staatsstraße von Oberndorf nach Schramberg führt durch den Ort; die trefflich angelegte Oberndorfer Steige wurde im Jahre 1847 erbaut; Vicinalstraßen gehen nach Hochmössingen, Bösingen und Winzeln.

Die Einwohner, meist gesunde, kräftige, sehr geordnete Leute erreichen selten ein sehr hohes Alter; 80 Jahre zählt gegenwärtig Niemand im Orte; ihre Tracht nähert sich mehr und mehr der städtischen.

Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht, auch Handel mit Vieh; unter den Handwerkern sind Schmiede, Schreiner und Schuster am meisten vertreten; 2 Schildwirthschaften mit Bierbrauereien und Branntweinbrennereien, 1 Kauf- und 1 Kramladen bestehen.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören zu den besten des Bezirks; der begütertste Bürger besitzt 225, der Mittelmann 20 bis 30, der weniger bemittelte 2–4 Morgen. Gegenwärtig erhalten 3 Personen Gemeindeunterstützung. Auf angrenzenden Markungen besitzen hiesige Bürger 25–30 Morgen.

Die mittelgroße, wohlarrondirte Markung bildet eine wellenförmige, theilweise etwas hügelige Hochebene und hat im allgemeinen einen sehr fruchtbaren Boden, der theils aus einem tiefgründigem Lehm, theils aus den Zersetzungen des Muschelkalkdolomits (Malmboden) und der Lettenkohlengruppe besteht; an einzelnen Stellen bildet der Hauptmuschelkalk| die Oberfläche, dessen Zersetzungen noch kalkreicher sind als die des Dolomits.

Wegen der hohen Lage ist die Luft frisch, gesund, meist bewegt und nicht selten sogar windig, daher auch die Nächte den Sommer über immer etwas kühl sind. Schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel sind selten; Hagelschlag kommt zuweilen vor.

Die Landwirthschaft wird mit großem Fleiß umsichtig betrieben und Beffendorf gehört in dieser Beziehung zu den besten Orten des Oberamtsbezirks. Von verbesserten Ackergeräthen ist der Brabanter (Hohenheimer) Pflug allgemein, überdieß sind eiserne Eggen, Walzen, Repsmaschinen, Dreschmaschinen etc. theils einfach, theils mehrfach, eingeführt. Zur Besserung des Bodens werden nicht nur die gewöhnlichen Düngungsmittel, sondern auch Gips, Hallerde, Mergel, Kompost, Asche etc. in Menge angewendet.

Die gewöhnlichen Getreidearten werden alle gebaut und von diesen vorherrschend Dinkel, Gerste, Weizen und Haber; von Brach- und Handelsgewächsen zieht man Kartoffeln, sehr viel Futterkräuter, namentlich Luzerne, Wicken, Rüben, Linsen, Ackerbohnen, Flachs, Hanf, Mohn und Reps; von den beiden letzteren kommen jährlich etwa 50 Scheffel zum Verkauf.

Über den eigenen Bedarf können jährlich etwa 2000 Scheffel Dinkel, 30 Schffl. Gerste, 1500 Schffl. Haber und 30 Schffl. Weizen nach Rottweil, Oberndorf und Schramberg abgesetzt werden.

Der sehr ausgedehnte Wiesenbau liefert das beste Futter im Oberamtsbezirk und erlaubt einen jährlichen Verkauf von 800 bis 1000 Centnern.

Die im Zunehmen begriffene Obstzucht ist nicht besonders ausgedehnt und beschäftigt sich hauptsächlich mit Mostsorten; das Obst gedeiht gerne und wird im Ort selbst verbraucht.

Die Gemeinde besitzt 110 Morgen Nadelwald, deren jährlicher Ertrag der Gemeindekasse etwa 2000 fl. einträgt.

Eigentliche Weiden sind etwa 30 Morgen vorhanden; sie werden mit der Brach- und Stoppelweide an einen Ortsschäfer und einige Bürger um ungefähr 500 fl. jährlich verpachtet und überdieß trägt die Pferchnutzung gegen 300 fl. der Gemeindekasse ein. Allmanden sind an die Bürgerschaft ausgetheilt, wofür jeder Bürger jährlich 3 fl. an die Gemeinde zu entrichten hat.

Die Zucht und Haltung von Pferden ist nicht unbedeutend und überdieß noch im Zunehmen begriffen; die Stuten werden zur Bedeckung auf die Beschälplatte nach Waldmössingen gebracht.

| Die Rindviehzucht ist in sehr gutem Zustande und bildet eine Haupterwerbsquelle der Einwohner; man hält einen tüchtigen Neckarschlag mit Simmenthaler Kreuzung, der durch 3 reine Simmenthaler Zuchtstiere immer mehr verbessert wird. Der Handel mit Vieh ist sehr beträchtlich und es werden jährlich 5–600 Stück nach verschiedenen Gegenden abgesetzt. Gemästet wird wenig.

Auf der Markung laufen 300 Stück Bastardschafe, die auch im Ort Überwinterung finden; die Wolle kommt nach Kirchheim zum Verkauf und der Abstoß der Schafe geschieht meist nach Frankreich.

Die eigentliche Schweinezucht ist unbedeutend, daher die meisten Ferkel (bayerische und halbenglische) von außen bezogen und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf aufgemästet werden.

Die Zucht des Geflügels beschränkt sich auf den eigenen Bedarf und die der Bienen auf etwa 50 Stöcke.

An Stiftungen sind etwa 5000 fl. vorhanden, deren Zinse zu kirchlichen Zwecken verwendet werden.

Als Naturmerkwürdigkeit ist anzuführen, daß man im Jahr 1822 in dem Aichwald eine große Höhle entdeckte, die jedoch nicht mehr zugänglich ist.

Zu der Gemeinde gehört:

Ober-Aichhof, der eine starke Viertelstunde östlich vom Mutterort auf der Hochebene liegt (Köhler 133). Ehedem herrschaftlich, jetzt in Privathand.

Beffendorf theilte die Schicksale der Herrschaft Oberndorf, jedoch nicht immer bezüglich der Verpfändung (s. O.)

Die erstmalige Nennung ist vom 25. Sept. 769, als das Kloster St. Gallen Güter und Leibeigene in „Beffindoraf“ geschenkt erhielt (Wirt. Urk.-Buch 1, 11). Gülten besaß das Kloster Alpirsbach, Gütchen das Augustinerkloster und das Dominikanerinnenkloster zu Oberndorf. Das Kloster Gengenbach hatte etliche Höfe, mit der Niedergerichtsbarkeit darüber, während die hohe Gerichtsbarkeit der benachbarten Herrschaft, namentlich um 1550 den Grafen von Zimmern als Pfand zustund. Damals wurden diese Höfe von Kloster Gengenbach an die Stadt Rottweil verkauft. Das Gotteshaus hatte die Gewohnheit, daß der Schaffner oder Amtmann von Abtes wegen drei Tage jedes Jahres das Gericht erforderte. Der anreitende Gerichtsherr durfte bei solchen Gerichtstägen unterwegs Begegnende („einen fahrenden Schüler oder eine gute Metz“) mitbringen, doch nur solche, welchen er auch unabgemahnt den Rock nicht zerreißen würde, also blos anständige Leute (Zimmerische Chronik 3, 471.[WS 1]).

| Im Frühjahr 1540 fiel Christoph von Landenberg in seinen Streitigkeiten wegen der Pürschgerechtigkeit mit der Stadt Rottweil und dem Grafen Gottfried von Zimmern in Beffendorf ein und ein Duzend Landenbergische Reiter steckten am 11. April durch Feuergeschosse den größten Theil des Dorfes samt der Kirche in Brand (Ruckgaber, Rottweil 2b, 196).

Beffendorf erhielt zwar 1486 eine eigene Kapelle (Köhler 42). Im Jahr 1509 wurde festgesetzt, daß ein jeweiliger Frühmesser zu Oberndorf in dieser Kapelle an jedem andern Fest- oder Sonntage ein Hochamt halten und das Wort Gottes predigen solle. Dagegen wurde 1816 von dem katholischen geistlichen Rathe die bis dahin mit der Kaplanei zu St. Johann in Oberndorf verbundene Gemeinde Beffendorf davon getrennt und zum Filial von Hochmössingen gemacht. Der Vikar, welcher Beffendorf excurrendo mit allen pfarrlichen Gottesdiensten versah, wohnte in Hochmössingen, dessen Pfarrer ihn zu verköstigen hatte. Im Jahr 1843 wurde allhier eine eigene Pfarrei errichtet.

Den Zehenten besaßen ehedem die Herren Grafen von Zimmern als österreichisches Mannlehen und Graf Wilhelm erhielt ihn 1580 von dem Erzherzog Ferdinand geeignet. Später hatte die Stadtkasse in Oberndorf den großen Zehenten von 60 Jaucherten, den kleinen Zehenten besaß die Heiligenpflege des Dorfes.

Am 18. Juni 1739 hatte Beffendorf das Unglück beinahe ganz abzubrennen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. In der zweiten verbesserten Auflage: Zimmerische Chronik 3, 394 ff.
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