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Sulgau,
Gemeinde III. Kl. mit 361 Einw., worunter 97 Kath. a. Sulgau, Pfarrdorf, 97 Einw. b. Aitenbach, Hof, 5 Einw. c. Beschenhof, Hof, 14 Einw. d. Feurenmoos, Haus, 4 Einw. e. Hinter-Sulgen, Weiler, 47 Einw. f. Löchle, Haus, 3 Einw. g. Lienberg, Weiler, 26 Einw. h. Sulgerberg, Weiler, 50 Einw. i. Unnoth, Hof, 9 Einw. k. Schönbronn, Pfarrweiler, 93 Einw. l. Säuen, Hof, 8 Einw. m. Teufen, Hof, 5 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Sulgen eingepfarrt. Die Entfernung des Orts von der nordöstlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt nicht ganz 4 Stunden.


Der kleine Ort liegt weit zerstreut und malerisch am Rande der östlich vom Schramberger Thal sich erhebenden einsamen Hochebene, gerade am Beginn des westwärts gegen Schramberg hin ganz sanft einbrechenden Göttelbachthälchens. Seine schönen großen Schwarzwaldbauernhäuser haben noch Schindel- und Strohdächer, sind an den Wänden verschindelt und roth oder grau angestrichen. Große Linden,| Eschen und andere Waldbäume stehen neben den von freundlichen Wiesenflächen umgebenen Häusern. Die 2 hier im Ort zusammenkommenden Staatsstraßen bilden die Ortsstraßen. Verschiedene Stellen der Markung bieten weite Fernsichten an den Schwarzwald und an die Alb, vom Zollern bis zu den Heubergen.

In einem Privathause befindet sich ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; auch das Rathszimmer ist in einem Privathause gemiethet.

Die Kirche nebst dem Begräbnißplatz wurde im Jahr 1858 in dem Pfarrweiler Schönbronn neu erbaut, wohin die evangelischen Einwohner von Sulgau und den Parzellen kirchlich gewiesen sind. Die Gemeinde hat im Verein mit Schönbronn die Kirche zu unterhalten, auch muß sie dem Staat jährlich 15 fl. zur Unterhaltung des 1864 in Schönbronn erbauten Pfarrhauses entrichten. Die Verstorbenen werden in Schönbronn beerdigt.

Mittelmäßiges Trinkwasser liefern 8 Schöpf- und 20 Pumpbrunnen; Wassermangel tritt zuweilen ein und auch die Markung ist arm an Quellen; östlich und südlich vom Ort befindet sich je eine Wette.

Die Staatsstraße von Schramberg nach Rottweil führt durch den Ort, in welchem von ihr die Staatsstraße nach Oberndorf ablenkt; überdieß sind Vicinalstraßen nach Sulgen und Aichhalden angelegt.

Die Einwohner, ein gesunder Menschenschlag, sind fleißige, geordnete und kirchlich gesinnte Leute, die ihre kleidsame altherkömmliche Volkstracht noch beibehalten haben; ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; als Nebengewerbe werden für die Stroh-Manufaktur in Schramberg Strohgeflechte verfertigt.

Eine Bierbrauerei mit Wirthschaft, 2 Schildwirthschaften und 1 Kramladen sind vorhanden.

Die Vermögensverhältnisse gehören, mit Ausnahme einiger größeren Bauern, zu den weniger günstigen; der begütertste Bürger besitzt 100 Morgen Feld und 30 Morgen Wald, der Mittelmann 30 Morgen Feld und 5 Morgen Wald; die ärmere Klasse 5 Morgen Feld. Auf der Markung Sulgen liegen etwa 30 hiesigen Bürgern gehörige Morgen Feld.

Die nicht große, von der Markung Sulgen unterbrochene Markung liegt mit wenigen Ausnahmen beinahe eben und hat einen mittelfruchtbaren, theilweise ganz unergiebigen Boden, der größtentheils aus den mageren Zersetzungen des Buntsandsteins und auf einer kleinen| Strecke aus Wellenmergel besteht; an vielen Stellen ist er moorig und erzeugt saures Futter.

Das Klima ist rauh und die Luft zwar gesund, jedoch stets bewegt und häufig windig; viele Frühlingsfröste und kalte Nebel kommen vor, auch Hagelschlag gehört nicht zu den Seltenheiten und hat in den letzten 10 Jahren die Gegend dreimal heimgesucht. Feinere Gewächse gedeihen nicht.

Die Landwirthschaft wird mit großem Fleiße so gut als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, getrieben und den wenig ergiebigen Boden sucht man auch mit künstlichen Düngungsmitteln (Guano, Kompost, Gips, Knochenmehl, Salzasche) zu verbessern. Von neueren Ackergeräthen haben die Hohenheimer Pflüge, eiserne Eggen und Walzen Eingang gefunden.

Man baut Dinkel, Roggen und besonders viel Haber, wenig Gerste, dreiblätterigen Klee, Kartoffeln, etwas Reps und Flachs. Von den Getreidefrüchten können etwa 120 Scheffel Haber jährlich nach außen verkauft werden.

Der Wiesenbau ist ziemlich ausgedehnt, liefert aber im allgemeinen ein geringes, häufig saures Futter.

Die Obstzucht ist ganz unbedeutend und beschäftigt sich nur mit den rauhesten Kern- und Steinobstsorten. Ein Baumwart ist aufgestellt.

Die Rindviehzucht befindet sich in mittelmäßigem Zustande; man züchtet einen gewöhnlichen Landschlag, der mit der Tyroler- und Allgäuer Race sich kreuzt; zwei Farren (Landschlag) sind aufgestellt. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.

Eigentliche Schweinezucht besteht nicht und die Ferkel (verschiedene Racen) werden alle von außen bezogen und meist für den eigenen Bedarf aufgemästet.

Die Zucht der Bienen und die des Geflügels ist unbedeutend.

Sulgau ist altwürttembergisch und gehörte zum Amte Hornberg, dessen Hauptort 1810 an Baden abgetreten wurde; Graf Ludwig von Württemberg erkaufte unser Dorf i. J. 1444 mit Unterfalkenstein von Konrad von Falkenstein (Steinhofer 2, 865). Bis 1853 (s. Schönbronn) war dieser Stab zu Weiler, einer gleichfalls altwürttembergischen, auch 1810 an Baden abgetretenen Besitzung eingepfarrt und der dortige Pfarrer, dessen Stelle übrigens erst 1583 errichtet worden war, hatte jeden Monat einmal in der Wirthsstube zu S. zu predigen.

Sulgau und Sulgen (s. u.), im gemeinen Leben „auf dem Sulgen“,| ist ursprünglich ein und derselbe Name und erst in neuerer Zeit wurde der altwürttembergische oder protestantische Theil der Höfe auf erstere, der neuwürttembergische oder katholische zur Herrschaft Schramberg gehörige auf letztere Weise geschrieben. Die hohe Malefizobrigkeit auf beiden, jetzt getrennten Orten hatten abwechselnd Württemberg in den ungeraden, Rottweil in den geraden Jahren und die hohe Jurisdiction auf 3 Allmanden samt der Kirche und dem Widdum gehörte zu 1/3 Württemberg und zu 2/3 der Herrschaft Schramberg mit Strafen zu. Die württembergischen Unterthanen wählten einen Heiligenpfleger und die schramberg’schen zwei. Diese drei Pfleger verwalteten die Einkünfte des Heiligen auf Sulgau und mußten vor der ganzen Gemeinde Rechnung ablegen.

Bis 1435 war alles Filial von Thunningen. Am Mittwoch nach Lichtmeß d. J. kauften die Bewohner von den Edeln von Kürneck Kirchensatz Widum und Zehenten und machten nun ihre bisherige Capelle zu einer eigenen Pfarrei, deren Besetzung den Vögten und Bauern zustand. Beim Eindringen der Reformation ernannten sie evangelische Pfarrer. Als Rochus Merz, Besitzer der Herrschaft Schramberg 1558 der Kirche zu S. sich mit Gewalt bemächtigte, die Reformation unterdrückte und nach S. einen katholischen Pfarrer setzte, wurden die württembergischen Unterthanen, welche bei dem Augsburger Bekenntniß beharrten, nach Weiler eingepfarrt.

Von den oben angeführten, zu der Gemeinde gehörigen Parzellen, die meist nur aus zerstreut auf der Hochebene liegenden kleinen Weilern, Höfen und einzelnen Häusern bestehen, nennen wir nur noch den

Pfarrweiler Schönbronn, der eine Stunde südöstlich von Sulgau an der Vicinalstraße nach Mariazell hoch und angenehm gelegen ist und eine herrliche Aussicht an die ganze großartige Kette der Alb gewährt.

Der Ort nimmt sich mit seiner von Herrn Baurath De Pay in sehr ansprechendem Rundbogenstile aus Buntsandstein im Jahre 1858 erbauten Kirche, dem danebenstehenden schönen massiven Pfarrhause und den weitläufig hingebauten ländlichen Wohnungen recht freundlich aus.

Ein hübsches Schulhaus, das ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters enthält, wurde 1857 erbaut.

In S. (Scanebrunne) war bereits 1179 das Kloster St. Georgen begütert, dessen dortigen Besitz damals P. Alexander III. in seinen Schutz nahm (Wirt. Urk.-Buch 2, 199). Erst 1853 errichtete| Württemberg allhier eine Pfarrei, wodurch die Trennung der unter Sulgau vereinten Parzellen von dem badischen Pfarrdorf Weiler auch in seelsorgerischer Weise vollzogen wurde.
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