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Peterzell,
mit Gräben, Haus, Kreuzlache, Haus, Zelleracker, Hof.
Gemeinde III. Klasse mit 509 Einw., worunter 7 Kath. a. Peterzell, Pfarrdorf, 354 Einw., b. Breitenwies, Hof, 47 Einw., c. Hönweiler, Weiler mit Neumühle, Hof, Mittelmühle, Hof, und Lochmühle, Hof, 108 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Winzeln eingepfarrt. 21/2 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt.


Wo die östlich vom Kinzigthal sich erhebende Hochebene mit südwestlich geneigtem Abhange gegen den Anfang des Zellerbachthales sich hinabsenkt, liegt weit zerstreut und uneben, zwischen Gärtchen und Wiesenflächen, auf denen hohe Waldbäume, namentlich herrliche Linden, wachsen, der freundliche, zum Theil aus schönen Bauernhäusern bestehende Ort. Die Straßen sind in ziemlich gutem Zustande und chaussirt. Auf der nördlich am Ort vorbeiführenden Landstraße, sowie beim Signalstein auf dem hohen Rain, hat man eine schöne Fernsicht an die Alb vom Hohenzollern bis an den Heuberg.

Die Kirche liegt malerisch am Südende des Dorfes auf einem künstlich gerundeten Hügel, der am Eingang in das Zellerbachthal steht; man hat von hier aus einen lieblichen Blick in das flache, von dunklen Tannenwäldern gesäumte Wiesenthal. Das hübsche gothische Kirchlein wird von dem noch ummauerten Friedhof umschlossen; der Thurm steht im Westen, seine beiden untern Geschosse sind ganz schlicht und nur von Schießscharten durchbrochen, das dritte Geschoß hat hübsche spätgothisch gefüllte Schallfenster, und darauf sitzt ein Satteldach| mit zwei alten Steingiebeln. An den Thurm schließt sich das Schiff mit gleichbreitem halbachteckig geschlossenem Chörchen an, dieses hat schöne gefüllte Spitzbogenfenster aus spätgothischer Zeit; durch die Seitenwände des Schiffes gehen 4 Eingänge, 2 gegen Norden mit den Jahreszahlen 1700 (dieser noch mit dem Eselsrücken) und 1750; 2 gegen Süden mit 1736 und 1735; über letzterem sind 3 Kragsteine, der mittlere mit uraltem Widderkopfe, eingemauert; an dieser Wand erhielt sich auch ein sehr schönes frühgothisches Fenster. In dem großen Rundbogenfenster der Nordseite steht wieder 1750; auf der Spitze des Chordaches sitzt ein merkwürdiger steinerner Zierrath: eine runde Scheibe und darauf ein birnförmiger Zapfen. Das Innere der Kirche ist ganz flachgedeckt und hat keinen Triumphbogen; Emporen sind im Osten und Westen, hier mit der Orgel, gestiftet von Trück in Hönweiler. Die Kanzel trägt die Jahreszahl 1763, ist von Stein, achteckig und gleich dem steinernen Altare mit erhabenen Blumen geschmückt. Der große, sehr alte und einfache Taufstein ist achteckig und hohl. Alte bearbeitete Steine sind zu Schwellen benützt, sie stammen, wie auch die außen angebrachten Steine, von dem früher hier gestandenen romanischen Kirchlein. Im Chor erhielten sich Theile von gothisch geschnitzten Chorstühlen; das hölzerne Kruzifix auf dem Altare scheint auch aus alter Zeit zu sein. Neben dem Taufstein liegen halbverdeckt einige Grabplatten, eine mit der Jahreszahl 1506. Das Kirchlein macht innen und außen einen sehr angenehmen freundlichen Eindruck. Durch die nördliche Chorwand führt ein spitzbogiges Pförtchen in die mit spätgothischem Netzgewölbe überspannte Sakristei. Das unterste Geschoß des sehr massiven Thurmes hat ein niederes Kreuzgewölbe; die Glocken sind 1851 und 1852 von Kurtz in Reutlingen gegossen.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege und weiterhin auf der Gemeinde.

Der ausgedehnte, um die Kirche gelegene Begräbnißplatz wurde 1862 gegen Norden vergrößert.

Das Pfarrhaus wurde 1712 in einfachem Stile erbaut, seine Unterhaltung hat der Staat.

Schul- und Rathhaus sind in einem 1833 errichteten Gebäude vereinigt, das neben den Gelassen für den Gemeinderath 1 Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters enthält.

Am nördlichen Ende des Dorfes steht ein steinerner Speicher mit der Jahreszahl 1717.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 13 Pump-, 5 Schöpf-| und 1 laufender Brunnen; der letztere ist die gerade unterhalb, südwestlich der Kirche entspringende starke Quelle des Zellerbaches, der eigentliche Ursprung des Röthenbaches; der Volkssage nach soll ein Mönch, Namens Peter aus dem Kloster Alpirsbach, dem Röthenbach entlang gehend, die hiesige Brunnquelle gefunden und oberhalb derselben, wo jetzt die Kirche steht, eine Kapelle gebaut haben. Dieser Brunnen, aus dem früher das Weihwasser geschöpft wurde, hieß der heilige Brunnen.

Außer dem Zellerbache, der auf Hönweiler Markung Frohnbach und weiterhin Krebsbach genannt wird, ist noch der Wäschbach, ein Zufluß des Röthenbaches, zu nennen; früher lag zwischen hier und Hönweiler im Thal ein Weiher, der jetzt zu Wiesengrund benützt wird.

Die Staatsstraße von Oberndorf nach Alpirsbach führt nördlich am Ort vorüber; Vicinalstraßen gehen nach Römlinsdorf, Reuthin und Röthenberg.

Die Einwohner, ein gesunder Menschenschlag, sind friedliebend, fleißig und geordnet; ihre kleidsame Volkstracht hat sich namentlich beim weiblichen Geschlechte noch erhalten. Gegenwärtig zählt Niemand im Orte 80 Jahre.

Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht, auch Obstbau; unter den Gewerbetreibenden sind Weber, Schneider, Schuster und Schmiede am meisten vertreten; die Leute verdienen auch durch Strohflechten für die Fabriken Schrambergs und durch Arbeiten im Walde; sodann besteht ein Bausteine liefernder Buntsandsteinbruch, eine Lehm- und eine Töpfergrube auf der Markung. Zwei Schildwirthschaften, wovon 1 mit einer Bierbrauerei verbunden ist, und 1 Kramladen sind vorhanden.

Die Vermögensumstände der Einwohner gehören im allgemeinen zu den mittelmäßigen, mit Ausnahme von einzelnen Wohlhabenden; so besitzt z. B. der reichste Gemeinde-Einwohner, welcher der Parzelle Hönweiler angehört, 400 Morgen Grundeigenthum, worunter gegen 80 Morgen Wald und überdieß auf der angrenzenden Markung Fluorn 100 Morgen, worunter 60 Morgen Wald. Bei den Mittelbegüterten machen sich zwei Klassen geltend, die eine mit 50–60 Morgen, worunter 5–20 Morgen Wald, die andere mit 10–20 Morgen Feld. Die Minderbemittelten haben 2–3 Morgen oder gar keinen Grundbesitz.

Die mittelgroße Gemeindemarkung ist mit Ausnahme der zum Theil beträchtlichen Abhänge gegen den Zellerbach und den Wäschbach| eben gelegen und hat einen mittelfruchtbaren, theilweise unergiebigen Boden, der theils aus einem tiefgründigen Lehm und den etwas thonigen Zersetzungen der Anhydritgruppe, theils aus mageren, häufig nur als Weide benützten Wellenmergeln und aus den Zersetzungen des Buntsandsteins besteht.

Das Klima ist nicht besonders rauh und die Sommernächte meist mild, so daß in den Gärten noch Gurken und Bohnen gedeihen, die allerdings zuweilen von Frühlingsfrösten leiden. Wegen der hohen Lage ist die Gegend den Winden ausgesetzt; Hagelschlag kommt selten vor.

Dem im allgemeinen guten Betrieb der Landwirthschaft steht der Mangel an Wiesen etwas entgegen, was durch einen kräftigen Futterkräuterbau zu ersetzen gesucht wird. Man baut außer den gewöhnlichen Getreidearten Kartoffeln, Luzerne, dreiblätterigen Klee, Esparsette, Wicken und für den eigenen Bedarf Reps, Mohn, Flachs und Hanf. Von den Getreideerzeugnissen können jährlich etwa 580 Scheffel Dinkel und 300 Scheffel Haber verkauft werden.

Der nicht ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes Futter, das für den Ort nicht zureicht, so daß noch Futter von außen zugekauft werden muß; die Wiesen, von denen 40 Morgen bewässert werden können, sind 2mähdig, auf den Parzellen Breitenwies und Hönweiler theilweise nur einmähdig.

Die Obstzucht, welche sich mit den gewöhnlichen Mostsorten und Zwetschgen beschäftigt, ist ziemlich ausgedehnt und erlaubt in günstigen Jahren einigen Verkauf nach außen. Einige kleinere Baumschulen sind vorhanden und ein besonderer Baumwart ist aufgestellt.

Aus den vorhandenen 100 Morgen Gemeindewaldungen werden jährlich etwa 40 Klafter und 4000 St. Wellen geschlagen; das meiste Holz wird als Langholz verkauft und ein Theil des Erlöses, wie auch die Wellen, unter die Bürgerschaft vertheilt; der Rest mit 3–400 fl. fließt in die Gemeindekasse.

Die vorhandenen Weideplätze werden nebst der Brach- und Stoppelweide von der Gemeinde theils an einen fremden Schäfer, theils an Privaten um 180 fl. verpachtet und die Pferchnutzung trägt jährlich etwa 160 fl. ein. In Breitenwies und in Hönweiler ist die Weide Eigenthum einzelner Bürger, welche sie für Schafe und Rindvieh benützen.

Eigentliche Pferdezucht ist unbedeutend; es wird hauptsächlich ein tüchtiger Wagenschlag gezüchtet, wobei die Stuten auf die Beschälplatte nach Waldmössingen zur Bedeckung gebracht werden.

| In gutem Zustand befindet sich die mit einer Kreuzung der Holländer und der Simmenthaler Race sich beschäftigende Rindviehzucht, zu deren Verbesserung in Peterzell, Breitenwies und Hönweiler je ein Simmenthaler Zuchtstier aufgestellt ist. Auf den Parzellen findet noch Viehaustrieb statt.

Die Schafzucht ist nicht unbedeutend, indem auf Peterzeller Markung ein Schäfer 140 und Privaten 125 St. Mittelbastarde laufen lassen. In Breitenwies werden 200, in Hönweiler 400 Stücke, ebenfalls Mittelbastarde, von Privaten gehalten. Die Wolle kommt theils auf Wollenmärkten, theils an Tuchmacher in der Umgegend zum Verkauf. Der Abstoß der Schafe geschieht nach Frankreich.

Die Schweine werden meist jung von außen bezogen und für den eigenen Bedarf aufgemästet.

Von Geflügel zieht man nur Hühner für den Selbstbedarf; die ohnehin nicht bedeutende Bienenzucht ist im Abnehmen begriffen.

Außer der öffentlichen Stiftung mit einem Kapital von 1500 fl. besteht ein Armenfonds mit 300 fl., die Johann Georg Fetsch zur Unterstützung von Armen stiftete und eine Stiftung von der Trück’schen Familie zur Unterhaltung der Orgel mit 60 fl.

Unter der Benennung Hochsträß führt eine ehemalige von Röthenberg herkommende Römerstraße östlich an Peterzell vorüber nach Breitenwies und vermuthlich weiter über die 24 Höfe.

Auf den sog. Fichtenäckern, 1/8 Stunde südlich vom Ort, wurde ein mit Steinen eingefaßtes Grab, das ein menschliches Skelett enthielt, aufgefunden.

Nach der Sage soll auf der sog. Käpelesegart eine Kapelle gestanden sein.

Der Ort hieß ehemals St. Peterszell. Er gehörte ursprünglich zum Hoheitssprengel der Grafen von Hohenberg und Herren von Falkenstein (s. u.). Hiesige Dienstmannen trugen wenigstens Lehen von den genannten Grafen (Schmid, Gr. v. Hohenberg 431). Graf Rudolf von Hohenberg gab am 19. Merz 1316 seine Einwilligung, als Wolfram, der Kirchherr zu P., und Hedwig, des Marschalks von Hohenberg Wittwe, nebst Hedwigs Töchtern ein Widem und eine Hube samt dem Kirchensatz in P. an das Kl. Alpirspach verkauften (Schmid, Mon. Hohenb. 207). Dieser Pfarrsatz ging übrigens damals noch nicht dauernd an das Kl. Alpirsbach über. Vom Jahr 1323 (und wohl schon früher) bis 1337 besaßen ihn die Herzoge Lutzmann und Friedrich von Teck, deren letzterer ihn 1337 dem| genannten Kloster schenkte. Mit päpstlicher Erlaubniß vom 1. Sept. 1346 durfte solches ihn sich incorporiren.

Es brachte den Ort nach und nach ganz in seinen Besitz, erkaufte den 4. Juli 1309 von Ulrich Hack von Oberndorf Güter in P., Hönweiler und Röthenberg, welche ihm die Lehensherren Konrad und Erkinger-Eigelwart von Falkenstein eigneten (Crusius 3, 200, Sattler, Topogr. 349) und am 30. April 1337 von den Herrn von Reuthin Besitzungen an den zwei erstgenannten Orten (eb. 3, 234). Das Alpirsbacher Oberamt errichtete in P., welches 1534 als dem Alpirsbacher Amt Reuthin zugetheilt erscheint (Reyscher, Stat. Rechte 55), späterhin einen besonderen Stab; solcher umfaßte nach dem Landbuch von 1623: P., Römlinsdorf, Reuthin, die Höfe Breitenwies, Lindenbuch, zur Birk (Birkhof), zur Eich (Eichhof), im Greut (Greuthof), Hönweiler, Adlersprang, nebst einigen Mühlen. Die Höfe Lindenbuch, Birkhof, Eichhof und Greuthof werden seit 1831 zu den vierundzwanzig Höfen gerechnet und der Hof Adlersprang gehört zu Reuthin.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Breitenwies, früher auf der breiten Wiese genannt, ein beträchtliches, 490 Morgen großes Hofgut, das eine schwache halbe Stunde nördlich vom Mutterort auf der Hochebene unfern der Landstraße liegt. Ein Pump- und ein Schöpfbrunnen sind vorhanden.

c. Hönweiler (auch Höhenweiler geschrieben), mit der Neumühle, Mittelmühle und Lochmühle, ein wohlhabender Ort, der 1/2 Stunde südwestlich vom Mutterort im Zellerbachthälchen liegt; von den 3 Mühlen enthält die eine 1 Mahlgang und Gerbgang nebst einer Beimühle mit 1 Mahlgang und 1 Ölgang, die 2 andern je 2 Mahlgänge und 1 Gerbgang. Gutes Trinkwasser liefern 3 laufende, 2 Pump- und 7 Schöpfbrunnen.

Die Lehensoberherrlichkeit über diese Parzellen stund im Mittelalter den Herren von Falkenstein zu. Beide kamen an das Kloster Alpirsbach, welches in der ersteren 1303, 1323 (damals von Ritter Johann von Brandeck), 1411 ff. und in der letzteren 1293, 1322, 1337, 1511 (von Wilh. von Bach) Erwerbungen machte.

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