« Kapitel B 29 Beschreibung des Oberamts Neuenbürg Kapitel B 31 »
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Schwann,
Gemeinde III. Kl. mit 806 Einw., wor. 5. Kath.; Ev. Filialdorf von Feldrennach.


Das Dorf Schwann, Sitz eines Revierförsters, liegt 3/4 Stunden westlich von der Oberamtsstadt und 1/4 Stunde südöstlich von dem Mutterort.

An dem nördlichen Saume des eigentlichen Schwarzwaldes hat der Ort eine freie, hohe Lage, die eine weite Fernsicht in das Rheinthal und an die Vogesen erlaubt. Der reinlich gehaltene, freundliche Ort besteht nur aus einer Straße, an der sich zu beiden Seiten die meist sauberen, durchgängig mit Ziegeln gedeckten Gebäude in einer Ausdehnung von etwa 1/4 Stunde, ziemlich enge gebaut, lagern. Im östlichen Theil des Orts steht das alte Kirchlein, dessen 3seitig schließender Chor spitzbogige Fenster enthält, von denen eines noch in den Bogentheilen mit früh germanischen Füllungen geziert ist. Von dem schmucklosen Innern des Langhauses führt ein spitzer Triumphbogen in den mit einem Netzgewölbe gedeckten Chor. In einem der Chorfenster ist das, jedoch nicht vollständig erhaltene Wappen der Herren von Straubenhardt auf Glas gemalt angebracht, mit der Unterschrift Vitt Schoner von Strauwenhartt anno .... Der 4eckige, mit einem Zeltdach versehene Thurm enthält in seinem untern Stockwerke ein sehr altes Tonnengewölb; von den beiden Glocken ist eine in neuerer Zeit, die andere 1425 gegossen. Die Unterhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu. Die Verstorbenen werden auf den Gottesacker im Mutterort beerdigt.

Hinter der Kirche stand das Schloß der von Schöner zu Straubenhardt, welches im 17. Jahrhundert in Privathände überging; es sind noch Mauerreste und der untere Theil eines Thurms vorhanden. Das zunächst stehende, massiv erbaute Schulhaus, welches 2 Lehrzimmer enthält, soll zu den Schloßgebäuden gehört haben. Der Schulmeister und dessen Lehrgehilfe wohnen in einem nahe stehenden, der Gemeinde gehörigen Gebäude. Die Gemeinderathssitzungen werden in dem Hause des Schultheißen gehalten; ein Gemeindewaschhaus ist vorhanden.

Unfern der Kirche steht frei an der Straße das vor einigen Jahren in einem modernen Styl massiv erbaute Försterhaus, von dem man eine sehr ausgebreitete und anziehende Aussicht genießt.

Der Ort wird mit gutem Trinkwasser, welches 2 laufende und ein Schöpfbrunnen liefern, das ganze Jahr hindurch hinreichend versehen.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gut gewachsene gesunde Leute, die sich durch Fleiß und Betriebsamkeit, wie durch ein höfliches | Benehmen auszeichnen; ihre Erwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht, Holzhandel, Arbeiten in den Waldungen, Taglohnen, Handel mit Victualien etc. Die öconomischen Verhältnisse sind mit wenigen Ausnahmen ziemlich gering, so daß der größte Güterbesitz nur 12 Morgen, der mittlere 8 Morgen und der geringste 1–2 Morgen beträgt; viele Einwohner haben gar keinen Grundbesitz.

Die nicht große, beinahe zur Hälfte mit Wald bestockte Markung liegt meist eben und hat im Allgemeinen einen leichten, wenig fruchtbaren Sandboden; die klimatischen Verhältnisse sind etwas rauher als in dem Mutterort. Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird, soweit es die natürlichen Verhältnisse erlauben, gut betrieben und zur Besserung der Felder kommt außer dem Stalldünger auch Compost in Anwendung, während die Jauche immer noch nicht in der gehörigen Ausdehnung benützt wird. Zum Anbau kommt hauptsächlich Hafer und Roggen, weniger Dinkel, besonders aber Kartoffeln, etwas dreiblättriger Klee, Kohlraben, Kraut, Flachs und Hanf. Ein Morgen erträgt durchschnittlich 6 Scheffel Hafer, 2 Scheffel Roggen, 8 Scheffel Dinkel. Die meist 2mähdigen Wiesen, von denen etwa 2/3 bewässert werden können, ertragen durchschnittlich etwa 50 Centner Futter pr. Morgen, das jedoch etwas sauer ist. Die Preise der Äcker bewegen sich von 60–250 fl., und die der Wiesen von 155–500 fl. pr. Morgen.

Die Obstzucht ist beträchtlich und immer noch im Zunehmen begriffen; man pflegt hauptsächlich Schnitz und Mostobst, das theils im Ort verbraucht – in günstigen Jahren aber auch vielfältig nach Außen abgesetzt wird. Einige Baumschulen sind vorhanden und überdieß zieht beinahe jeder Bürger sein Bedürfniß an Jungstämmen selbst nach.

Die Rindviehzucht, welche sich mit einer gewöhnlichen Landrace beschäftigt, ist mittelmäßig, erlaubt jedoch einen nicht unbeträchtlichen Handel in das badische; zur Nachzucht sind 2 Farren aufgestellt, die ein Bürger Namens der Gemeinde gegen jährlich 80 fl. und Nutznießung einiger Güterstücke hält. Die Stallfütterung ist eingeführt.

Die Schweinezucht wird ziemlich gut betrieben und gestattet einen mäßigen Verkauf an Ferkeln besonders nach Pforzheim und in das Oberamt Calw. Die Schweine werden auf die Weide getrieben. Ziegen sind wenige vorhanden und mit der Bienenzucht beschäftigen sich Einzelne, die den gewonnenen Honig nach Außen verkaufen.

Von den Gewerben sind außer den gewöhnlichen Handwerkern 5 Schildwirthschaften, eine bedeutende Potaschesiederei, die ihr Fabrikat | in das Badische absetzt, und einige Rechenmacher, die ihre Arbeiten gleichfalls nach Außen verkaufen, zu nennen.

Durch den Ort führt die einerseits von Neuenbürg, anderseits von Pforzheim herkommende Landstraße nach Herrenalb, überdieß sichern den Verkehr mit der Umgegend Vicinalstraßen nach Arnbach, Gräfenhausen, Feldrennach, Conweiler und Dennach.

Der Gemeindehaushalt (s. Tab. III.) ist geordnet und eine Gemeindeschadensumlage nicht nöthig; die Gemeinde besitzt neben 7000 fl. Kapitalien 634 Morgen Waldungen, deren jährlicher, in 245 Klaftern bestehender Ertrag meist als Nutzholz verkauft wird, was der Gemeindekasse eine Rente von etwa 2000 fl. sichert. Das Abholz wird an die Bürger unentgeldlich abgegeben. Auch die Stiftungspflege ist bemittelt; an besonderen Stiftungen sind vorhanden: a) das von den Herzogen Ulrich und Eberhard Ludwig gestiftete Spendallmosen mit 150 fl. 17 kr.; b) für den Heiligen: von Susanna Schaible 4 fl., von Alt Mich. Merkles Wittwe 10 fl., von Ludwig Schüßler 5 fl., von Christoph Rapps Wittwe 15 fl., Antheil an der Klein’schen Stiftung mit 23 fl. 30 kr. c) für Hausarme: von Barbara Schmidin 5 fl., von Michael Schüßler 2 fl.. von Ludwig Seegers Wittwe 4 fl., von dem pens. Revierförster Hettmannsperger 100; d) für die Schule von Joh. Georg Seeger, Bäcker, 60 fl., von ungenannten Personen 20 fl., von dem pens. Revierförster Hettmannsperger 100 fl., von Gemeinderath Scholl 10 fl.

Schwann besaßen im 15. Jahrh. Württemberg und Baden je hälftig und hatten allda einen „gemeinen Amptmann“ (Urk. v. 1479); am 1. Juli 1528 ertauschte Württemberg die badische Hälfte von dem Markgrafen Philipp. Zugleich war Schwann ein Adelssitz der hier begüterten Herrn von Straubenhardt und deren Verwandten der Herren von Schmalenstein, hernach der Schöner von Straubenhardt; Conz von Schmalenstein trug den 28. März 1368 1/4 des Dorfes an Wolf von Wunnenstein zu Lehen auf. Von den Erben Hansens von Straubenhardt erkaufte Graf Ludwig von Württemberg 1442 deren Antheil und Herzog Friedrich von Württemberg 1598 von Sebast. und Georg Schöner von Straubenhardt 2/3 des hiesigen Schlosses und 2/6 des Stabs und Gerichts und 1599 von Achior von Ulm Schönerschem Tochtermann 1/3 am Schlosse und 1/6 am Dorfe. Durch den Landtagsabschied vom 25. Januar 1605 wurde Schwann der Landschaft incorporirt. (Über die hiesige Collectation des ritterschaftlichen Cantons Neckarschwarzwald s. Rudmersbach.)

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