« Kapitel B 28 Beschreibung des Oberamts Neuenbürg Kapitel B 30 »
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Schömberg,
Gemeinde III. Kl., mit 632 Einw., a. Schömberg, Pfarrdorf, b. Bühlhof, Weiler, c. Thannmühle. – Evang. Pfarrei; mit Ausnahme von Parcelle c., die nach Calmbach eingepfarrt ist.


Schömberg, 2 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt, liegt auf dem Plateau zwischen Enz und Nagold an dem Anfang des Reichenbachthals, über dem sich der größere Theil des Dorfs an dem linken Thalrande weitläufig gebaut beinahe 1/4 Stunde lang in einem Bogen hinzieht. Ein kleinerer Theil des Orts lagert in dem Thälchen selbst und reicht noch auf die rechten Gehänge desselben, wo auch am Ende dieser Abzweigung etwas erhöht die Pfarrkirche steht. Im Allgemeinen ist die Lage freundlich, wozu namentlich die schönen Wiesengründe, welche den Ort umgeben, Vieles beitragen. Obgleich der Ort 2210′ über dem Meere liegt, so genießt doch ein großer Theil desselben durch das gegen Norden sich etwas erhebende Terrain einigen Schutz gegen rauhe Winde. Die Gebäude sind großen Theils unansehnlich und häufig mit Schindeln gedeckt; übrigens trifft man auch einzelne stattliche Baurenhäuser.

Die sehr geräumige Pfarrkirche wurde im Jahr 1832/34 in einem modernen Rundbogenstyl von Seiten des Staats erbaut; auf dem 4eckigen, mit gedrücktem Zeltdach versehenen Thurm hängen 2 Glocken, von denen die größere 1715, die kleinere 1801 gegossen wurde.

Der ummauerte Begräbnißplatz liegt unfern der Kirche und zunächst des gut erhaltenen, frei stehenden Pfarrhauses, dessen Unterhaltung dem Staat obliegt.

Das Schulhaus ist alt und schon mehreremal, namentlich im Jahr 1839 verbessert worden; es enthält 2 Lehrzimmer, wie auch die Wohngelasse für den Schulmeister und Lehrgehilfen. Für den Gemeinderath ist ein Lokal in einem Privathause gemiethet.

Der Ort wird durch 8 laufende Brunnen mit gutem Trinkwasser im Überfluß versehen; auch sind einige periodisch fließende Quellen vorhanden. Im Thälchen am Ort besteht ein kleiner Weiher, dessen Abfluß eine zunächst stehende Sägmühle treibt, die jedoch öfters wegen Mangels an Wasser stille steht.

Die im Allgemeinen kräftigen Einwohner werden höchst selten von Epidemieen heimgesucht, dagegen kommen wegen der scharfen Luft Entzündungskrankheiten, namentlich Lungenentzündungen häufig vor; übrigens erreichen die Leute nicht selten ein hohes Alter. Mit Ausnahme einzelner Vermöglicheren sind die Einwohner trotz ihrer | einfachen Lebensweise und ihres Fleißes ziemlich unbemittelt und ein großer Theil derselben (etwa 40 Männer) sucht sich durch Holzmachen zu ernähren; die übrigen Erwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und Holzhandel. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 150 Morgen, der mittlere 30 Morgen; die Ärmeren besitzen 2–3 Morgen und nur Einzelne haben gar keinen Grundbesitz. Im Armenhaus sind 3 Familien untergebracht und überdieß werden noch 3 Männer umgeäzt.

Die ziemlich große Markung, von der etwa 2/3 mit Wald bestockt sind, bildet mit Ausnahme der Gehänge gegen die Thäler des Calmbachs, des Forellenbachs und des Reichenbachs, eine flachwellige Ebene und hat im Allgemeinen einen mäßig fruchtbaren Sandboden, der mit wenig Humus gemengt ist und dem in geringer Tiefe der bunte Sandstein als Unterlage dient. Das Klima ist rauh und die Luft häufig nebelig, weniger trocken; schädliche Frühlingsfröste kommen häufig vor, dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten. Die Ernte tritt um 3–4 Wochen später ein als in dem Unterlande.

Die Landwirthschaft befindet sich wegen der minder günstigen, natürlichen Verhältnisse und wegen des Mangels an Dünger in mittelmäßigem Zustande; im Allgemeinen findet willkürliche und Wechselwirthschaft statt. Die geringsten Güter sog. Wildfelder läßt man 8 Jahre zu Weiden liegen, dann werden sie gebrannt und 2 Jahre mit Roggen und Hafer eingebaut; andere werden 5 Jahre gebaut und bleiben dann eben so lange zur Grasnutzung liegen. Von den Cerealien baut man hauptsächlich Hafer, Roggen und nur wenig Dinkel; die Aussaat wie die Ernte sind dieselben wie in dem nur eine starke Viertelstunde entfernten Langenbrand und die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 30–120 fl. Überdieß kommen zum Anbau Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Wicken, Hanf und Flachs; letzterer gedeiht sehr gut und liefert in guten Jahrgängen ein gesuchtes Produkt, aus dem öfters 12–16 Schneller pr. Pfund gesponnen werden. Die Wiesen sind theilweise nicht sehr ergiebig und häufig zu naß; die besseren ertragen durchschnittlich 30 Cent. Heu und 15 Cent. Öhmd und ihre Preise steigern sich von 200–400 fl. pr. Morgen. Wegen Mittellosigkeit verkaufen viele Einwohner einen Theil ihres Futterertrags zum Nachtheil der Landwirthschaft nach Außen.

Der mit rauhen Mostsorten sich beschäftigende Obstbau ist unbedeutend, übrigens doch im Zunehmen begriffen.

An Waldungen besitzt die Gemeinde nur 12 Morgen, dagegen haben die Ortsbürger in 2000 Morgen Staatswaldungen nicht | nur das Abholz und Streu zu beziehen, sondern auch die Weide auszuüben.

Die Weide wird hauptsächlich für das Rindvieh benützt; eigentliche Schafweiden, die mit einer Heerde beschlagen werden, gibt es nicht, dagegen lassen einzelne Bürger ihre Schafe (im Ganzen etwa 130 Landschafe) auf den weidebaren Plätzen laufen.

Die Rindviehzucht befindet sich in mittelmäßigem Zustande; man hält vorzugsweise eine gewöhnliche Landrace, die mit der Rigirace gekreuzt wird. Zur Nachzucht sind 2 Farren vorhanden, welche ein Bürger Namens der Gemeinde gegen eine Entschädigung von jährlich 66 fl. hält. Die Stallfütterung ist nur bei Einzelnen eingeführt.

Die Schweinzucht ist unbedeutend, dagegen nimmt die Ziegenzucht in neuerer Zeit etwas zu.

Die Gewerbe beschränken sich außer 3 Schildwirthschaften auf die nöthigsten Handwerker. Als Nebengewerbe ist die Handspinnerei, welche den Winter über lebhaft betrieben wird, zu nennen.

Durch den Ort führt die aus Staatsmitteln unterhaltene Vicinalstraße von Neuenbürg nach Liebenzell, und eine weitere Vicinalstraße ist nach Calmbach angelegt.

Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III.; von den öffentlichen Stiftungen mit einer jährlichen Rente von etwa 170 fl. erhält Schömberg 5/12; das Übrige wird für die Filialien Igelsloch etc. verwendet.

Als Merkwürdigkeit ist die große Tanne zu erwähnen, welche 3/4 Stunden westlich vom Ort stund und im Jahr 1839 gefällt wurde; aus dem 32′ im Umfang haltenden Stocke erhoben sich 4 80–100′ hohe Stämme, von welchen jeder 5 Sägklötze à 16′ lang und der Rest noch 5 Klafter Holz lieferte.

Der Ort erscheint erstmals im 12. Jahrhundert, als die Herzogin Uta († um 1196), geb. Gräfin von Calw, Gemahlin Welfs VI. das Kl. Hirschau damit beschenkte (Cod. Hirs. 64 a).

An Württemberg ist Schömberg mit Liebenzell durch Tausch von Baden im Jahr 1603 gekommen.

Das Kirchenpatronat ist landesherrlich.

Von den zugehörigen Parcellen liegt der Bühlhof nur einige 100 Schritte westlich vom Ort an der Straße nach Calmbach.

Die Thannmühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, ist 1 Stunde südwestlich vom Ort am Calmbach gelegen.

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