« Kapitel B 31 Beschreibung des Oberamts Neckarsulm Kapitel B 33 »
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32. Unter-Griesheim,


Gemeinde III. Kl., Pfarrdorf, mit Eisenbahnstation, 479 Einw., wor. 23 Ev., welche nach Neckarsulm eingepfarrt sind.

Der etwas lang von Süden nach Norden sich erstreckende Ort liegt angenehm und freundlich im Jagstthal unmittelbar am linken Ufer des Flusses. Eine reizende Partie ist besonders drüben auf dem rechten Ufer der Jagst in dem schönen Thal, beim Eisenhammer, wo der erlenbewachsene Tiefenbach herabkommt und mündet. Auch im Innern ist der Ort sauber und freundlich. Eine Hauptstraße führt von Norden nach Süden durch den Ort und setzt sich nach Überschreitung der Bahnlinie fort als neue Vizinalstraße nach Heuchlingen. Eine zweite, vom Ort aus westlich führend, überschreitet die Jagst auf schöner, neuer steinerner Brücke und führt nach Höchstberg und Herbolzheim. Die Brücke überspannt die Jagst in einem Bogen, 104′ weit und 27′ hoch; der Damm auf dem rechten Ufer hat 2 gewölbte Durchlässe. Die Brücke wurde 1829/30 an der Stelle der früheren Bockbrücke mit einem Aufwand von 4755 fl. gebaut. Die Eisenbahnlinie von Jagstfeld nach Osterburken bleibt auf der Markung, welche sie südlich vom Ort betritt, immer auf dem linken Ufer des Flusses und führt dann hart am Ort, östlich von demselben vorbei.

Die Johannes Baptista geweihte Kirche, 1840 erbaut, im Kanzleistil, steht von West nach Ost an der östlichen, offenen, etwas höher gelegenen Seite des Orts, von Gärten umgehen. In das etwas breit angelegte Schiff führt im Westen ein rundbogiges Portal, über dem die Worte stehen: Gott allein die Ehre 1840; zwei weitere Eingänge sind im Norden und Süden. Die kahlen Seitenwände sind getüncht, die flache Decke in weißem Ton ist durch durchgezogene Balken in Felder getheilt. Vier hohe, rundbogige Fenster erhellen das Schiff, welches 2 Nebenaltäre enthält, sowie die einfache, hölzerne Kanzel an der Nordwand. Im Osten schließt sich in halbkreisförmiger Apsis der um 3 Stufen erhöhte, durch hölzerne Schranken abgeschlossene Chor an; ein Rundbogen führt aus dem Schiff zu ihm; er selbst, den Hochaltar enthaltend, hat 2 große rundbogige Fenster und ein Rundfenster mit farbigem Glas. – Der 125 Fuß| hohe Thurm steigt viereckig in 3 Stockwerken auf; das oberste mit abgeschrägten Ecken hat rundbogige Doppelfenster. Darüber schließt eine etwas hoch gestreckte, granatenartige schiefergedeckte Kuppel. – Auf dem Thurm hängen 3 Glocken mit folgenden Inschriften: 1. die kleinste: Osanna heis ich, in Unterfrangen .... Jos Glockengieser gos mich 1496. 2. die mittlere mit Deutschordenswappen: Zu des höchsten Gottes Ehren meinen Schall der Christenschaar In Unter Griesheim thu vermehren und offenbaren Freud und Gfahr. Joh. Georg Rohr in Heilbronn goß mich 1714. 3. die größte: Für die Gemeinde Untergriesheim gegossen von A. Bachert in Kochendorf 1840. Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine versammle sie die liebende Gemeine. Pfarrer Baumann. Schultheiß Kühner. – Der ganze Bau der Kirche kostete 27.209 fl.; dieselbe ist von der Stiftung zu unterhalten.

Der Begräbnisplatz liegt an der nordöstlichen Seite des Dorfes; er ist mit einer Mauer umgeben und wurde 1833/34 erweitert. Im westlichen Theil des Kirchhofs stand früher die jetzt spurlos verschwundene, seit 1845 auf den Abbruch verkaufte und abgetragene gothische Pfarrkirche, angeblich der Cäcilia geweiht. An der westlichen Mauer des Kirchhofs sind einige früher in der alten Kirche befindliche Grabdenkmäler aufgestellt. 1. In 2 Stücken der Grabstein eines Ritters mit Panzerhemd, spitzig zulaufendem Helm sammt Schwert (Bewaffnung des 15. Jahrhunderts); darüber eine gothische architektonische Verzierung. Rechts ein Wappen mit Querbalken, links ein Stechhelm mit Büffelhörnern (die Jahrszahl 1442 darüber ist neu). Das Wappen mit Querbalken findet sich auch auf dem Schwertknauf; auf der Vorderseite des Helms ist eine Verzierung in Doppelkreuzform. Auf dem oberen Theil, rund um den Kopf steht: burkart von witstat anno .... (das weitere sowie der Fuß des Steins fehlt). Ferner die Grabsteine des früheren parochus Georgius Freytag † 1711, des paroch. Dr. Joseph Anton Walter † 1785, des Pfarrers Spleiß † 1831, des Maeister Conrad Fen, gewesenen Bestandmüllers zu Heuchlingen † 1671.

Das Pfarrhaus, westlich neben dem Kirchhof stehend, zeigt über der Hausthüre die Jahrszahl 1628; seine Unterhaltung liegt dem Staat ob.

An der Hauptstraße steht das neue, 1860 erbaute Rath- und Schulhaus, ein zweistockiges Gebäude. Das Schullokal befindet sich im unteren Stock, die Lehrerwohnung ist in dem| gegenüber stehenden alten Schulhaus; auf dem Eckbalken gegen die Straße steht: Lernet Gerechtigkeit und Gottes Wort, so wirds euch wohl gehen hie und dort. 1752. – Auch eine Industrieschule besteht.

Die Gemeinde besitzt ein öffentliches Backhaus sowie eine Kelter mit einem Baum.

An der Ecke der jetzt zur Jagstbrücke führenden Straße soll früher der Hof des früher hier begüterten Klosters Komburg gestanden haben (s. u.); der untere Theil des Hauses habe dicke Mauern mit nach innen sich erweiternden Fensteröffnungen gehabt.

Am südlichen Ende des Dorfs steht das zweistöckige, von Kalkstein gebaute Stationsgebäude.

Das Trinkwasser im Ort, das von 7 Pumpbrunnen und einem Ziehbrunnen geliefert wird, ist nicht gut. Die Markung ist überhaupt arm an Quellen. Durchflossen, beziehungsweise begrenzt wird sie von der Jagst und dem Tiefenbach; beide treten zuweilen aus und verursachen Uferbeschädigungen.

Der Boden der kleinen, im ganzen ca. 1300 Morgen betragenden Markung ist im allgemeinen mittelfruchtbar, meistens leichter Lehmboden. Das Klima ist ziemlich mild, doch kommen schädliche Frühjahrsfröste und kalte Nebel vor. Hagelschlag ist selten. Es bestehen auf der Markung Steinbrüche, aus welchen Kalksteine gewonnen werden.

Die Ortseinwohner, von denen gegenwärtig 3 über 80 Jahre zählen, sind zum Theil verarmt durch Parzellirung der Güterstücke; im Jahr 1852 wanderten über 50 Ortseinwohner nach Amerika aus. Die Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau und Viehzucht. Zwei Schildwirthschaften und 3 Krämer sind im Ort; außerhalb desselben, auf dem rechten Jagstufer am Tiefenbach ist ein Eisenhammer.

Der Zustand der Landwirthschaft kann als ein guter bezeichnet werden. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich zwischen 1000 und 300 fl.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt, das Futtererzeugnis gut.

Der Weinbau ist nicht von Bedeutung (s. oben S. 147).

Die Obstzucht ist im Zunehmen; von der Gemeinde ist ein Baumwart aufgestellt.

Die Gemeinde besitzt 25 Morgen Wald, vorherrschend Laubwald, welcher pro Morgen 6 Klafter Holz und 600 Wellen erträgt. Der Erlös des verkauften Holzes, ca. 350 M., fließt in die Gemeindekasse. Außer dem Gemeindewald ist noch ein| sog. Gerechtigkeitswald vorhanden, 92 Morgen enthaltend, dessen Erträgnis, (beziehungsweise das dafür erlöste Geld) unter 46 Berechtigte vertheilt wird.

Die Brach- und Stoppelweide wird im Sommer mit 80 bis 100, im Winter mit 200 Stück Schafen von der Bastardrace, welche im Ort überwintert werden, befahren. Die Verpachtung trägt der Gemeinde jährlich 400 M., die Pferchnutzung 700 M. Die Gemeinde besitzt eigene Äcker und Wiesen, die jährlich ca. 2000 M. einbringen.

Stiftungen. Es existirt eine Stiftung, zurückgehend auf Burkhard v. Wittstatt um 1442, und Konrad v. Wittstatt, 1462, die zum Theil für Arme, zum Haupttheil für kirchliche Zwecke verwendet wird. Ihr Kapital beträgt ca. 13.000 fl. Einige kleinere Stiftungen, ausdrücklich für Arme bestimmt, tragen ca. 30 fl. Zinsen. – Außerdem hat der Ort Antheil an der Gundelsheimer Hospitalstiftung.

Zur Pfarrei Unter-Griesheim gehören noch Hagenbach und Heuchlingen, früher bis 1713 auch Höchstberg mit Tiefenbach.

Alterthümer. Die schon mehr erwähnte Römerstraße zwischen Kocher und der Jagst begrenzt die Markung im Südwesten. Ob hinter (d. h. östlich von) Unter-Griesheim eine Römerstraße vorbeiführte, ist zweifelhaft; Funde von Pfeilen u. dergl. sollen schon hier gemacht worden sein.

Bei Gelegenheit des Eisenbahnbaus deckten die Arbeiter hinter dem Kirchhof eine Grabstätte auf. (Reihengrab mit mangelhafter Ausmauerung und Überdeckung.) Es fanden sich Knochen, ein Stück eines Schädels und die großen Kalkdeckplatten in einer Lange von über 3′ Länge und 22″ Breite. (W. F. 1867.)

Flurnamen: Hohe Straße, Alte Wart, im Städtle, Kirchenwald (Waldtheil); Stöcklesgraben, Edelmannsrain.

Unter-Griesheims älteste Geschichte ist in der Hauptsache die von Ober-Griesheim (siehe oben). Von den Weinsberg um 1460 an die Sickingen verpfändet, dann an Kurpfalz verkauft, wurde es, wohl mit Ober-Griesheim 1484, deutschherrisch.

Zur Pfarrei, deren Patronat im 16. Jahrhundert einige Zeit bei Wirtemberg stand (W. F. 5, 343), gehörte bis 1713 auch Höchstberg (s. o.).

Pfarrer: Joseph Haas 1790. Jos. Abele 1802. Steph. Mielinger 1812. Jos. Heß 1821. Joh. Bapt. Spleiß 1825.| Ge. Baumann 1839. Mich. Winghofer 1850, Ant. Vogelmann 1862.

1347. Heinrich Caplan v. Oedheim bekommt durch Aufgeben Swigers v. Nagelsberg den Zehnten zu Nieder-Gr. (Mitth. des Frhrn. v. Bautz.)

1372. Konrad v. Weinsberg, Domherr in Würzburg, hat den Pfarrsatz von Unter-Gr. W. F. 5, 349.

c. 1450. Engelhard Caplan v. Oedheim verpfändet seinen Theil am Zehnten zu Nieder-Gr. um 200 Gulden an Kunz Depfer. Biedermann.

1459. Engelhard Caplans Witwe, Margarete v. Wolmershausen, erbt die Anblum von dem Zehnten dieses Jahrs zur Hälfte.

1460. Albrecht, Pfarrer zu Unter-Gr., Hans Mezler, Heimbürge (Schultheiß), Heiligenpfleger und ganze Gemeinde, verkaufen mit Wissen ihres Herrn, Hansen v. Sickingen, dem geistlichen Herrn Johs. v. Rinderbach, Probst zu St. Egidien, und dem Kloster Komburg für 20 Gulden die Heiligenkelter, welche an den Komburgischen Garten stößt und dem Kloster Schönthal eine jährliche Gilt gibt. W. F. 5, 349.

1463. Pfalzgraf Friedrich präsentirt dem Bischof von Würzburg zu der Pfarrei Unter-Gr. den Priener Matthias v. Kemnat, welchen er 1462 zu seinem Schloßkaplan in Heidelberg gemacht und welcher, wie es scheint, 1476 starb. Quell. und Forsch. z. d. und b. Gesch. 2, 388. 404. 497. Über Matthias’ Geschichte des Kurfürsten v. d. Pfalz siehe Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2. A. I, 115 f.

1485. In das Dominikanerkloster zu Wimpfen stiftet Junker Stickel v. Vilchband den jährlichen Zins von 2 Gänsen, 2 Erntehühnern und 10 Simri Korn von Hans Reubers Gütern zu Unter-Gr. St.A.

1523 s. Höchstberg-Ilgenberg.

1581. Kurpfalz verkauft den an die Heiliggeistkirche in Heidelberg gekommenen Pfarrsatz von Unter-Griesheim an Deutschorden. W. F. 5, 349.

1623. Georg Leutz v. Unter-Griesheim wird Deutschordischer Pfarrer in Klepsau (bad. BA. Tauberbischofsheim.) Zeitschr. f. d. Gesch. d. OR. 32, 224.


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