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15. Hagenbach,


Dorf, Gem. III. Klasse, mit 315 Einw., worunter 2 Evang., welche nach Kochendorf eingepfarrt sind.

Das kleine Dorf liegt auf der rechten Seite des Kochers, an einer großen Biegung des Flusses, unmittelbar am Uferrand, der hinter dem Ort steil abfällt. Es führt nur eine Hauptstraße durch den Ort, die Straße von Kochendorf nach Unter-Griesheim. Eine Vizinalstraße führt westlich auf die von Kochendorf nach Heuchlingen ziehende Straße.

Die kleine Kirche steht links ab von der nach Unter-Griesheim führenden Straße. Über dem Hauptportal im Westen mit abgebrochenem Schnörkelgiebel ist die Jahreszahl 1753; das Schiff enthält 2 Seitenaltäre, an der nördlichen Wand steht die hölzerne, zopfige Kanzel, im Westen die Empore mit kleiner, alter Orgel, 1878 renovirt. Die Decke ist mit Fresken bemalt. Ein runder Chorbogen führt zu dem im Halbkreis anschließenden Chor mit dem Hauptaltar. Die flache, durch eine Hohlkehle mit den Wänden verbundene Decke zeigt auf einem unbedeutenden Freskobild die Dreieinigkeit. Über dem Chorbogen im Schiff,| am Kanzeldeckel und am Altar im Chor befindet sich gemalt das Wappen des Deutschordens-Komthurs v. Buseck. Auf dem kleinen Glockenthürmchen an der Ostseite des Giebels hängen 2 kleine Glocken, gegossen von Bachert in Kochendorf 1853, und von Neuber in Ludwigsburg 1804.

Der Begräbnißplatz befindet sich etwas erhöht links von der Straße am nördlichen Ende des Orts mit einer zum Theil zerfallenden Mauer umgeben. Auf ihm steht eine kleine, im J. 1611 erbaute Kapelle ohne Thurm. Der Altar darin stand früher in Heuchlingen. Die Kapelle war die ursprüngliche Pfarrkirche von Hagenbach. Außen an der östlichen Mauer ist ein Stein mit einem roh gearbeiteten Kopf und erhobenem linkem Arm eingemauert, sowie ein anderer, auf dem einige Buchstaben noch lesbar sind.

Am Eingang in den Ort von Kochendorf her steht ein steinernes Kruzifix, gestiftet von Erlewein 1755.

Ein Pfarrhaus ist nicht vorhanden, der Ort ist Filial von Unter-Griesheim.

An der Hauptstraße rechts steht das Rathhaus, welches zugleich das Schullokal enthält. Gleich hinter dem Haus, das nach Osten von steinernen Grundmauern gehalten wird, fällt das Terrain zum Fluß hinunter steil ab.

Ein Lehrer unterrichtet an der Schule, seine Wohnung befindet sich in einem eigenen Gebäude. Auch eine Industrieschule ist im Ort. Der Gemeinde gehört noch eine Kelter mit 2 eisernen Spindeln, ein Backhaus und ein Schafhaus. Gegenüber dem Rathhaus steht ein älteres Haus mit der Jahreszahl 1608; es soll eine frühere, nach Heuchlingen gehörende Kelter gewesen sein.

Mit Wasser versorgen den Ort 3 laufende Brunnen und 1 Pumpbrunnen; ein Schöpfbrunnen gehört einem Privaten.

Der Kocher berührt die Markung im Osten und fließt unmittelbar unter dem Ostabhang des Dorfes; Uferbeschädigungen kommen zuweilen bei seinem Austreten vor. Der Abstand des Kochers von der Jagst beträgt hier nur 1/3 km in gerader Linie. Einige hundert Schritte unterhalb des Orts nimmt der zur Saline Friedrichshall führende Kanal seinen Anfang. Über den Kanal führt eine steinerne Brücke, die vom Staat unterhalten wird.

Die Erwerbsmittel der Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht. Von Handwerkern sind die nöthigsten vorhanden.| Außerdem gibt es 2 Krämer und 1 Schildwirthschaft. Die Vermögensverhältnisse sind mittelmäßig, da die Markung sehr klein ist und die Güter äußerst zerstückelt sind. Der Grundbesitz des vermöglichsten Einwohners beträgt circa 36 Morgen, der des Mittelmanns 15 Morgen, der ärmeren Klasse bis zu 2 Morgen. Der Boden der Markung ist mittelfruchtbar, theils leicht, theils schwer; besonders gedeihen auf ihm Körnerfrüchte. Frühjahrsfröste und kalte Nebel schaden zuweilen; Winde und Gewitter sind nicht häufig, auch Hagel ist selten. Ein Kalksteinbruch ist auf der Markung, sowie eine Lehm- und eine Sandgrube.

Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich zwischen 750 und 250 fl., einer Wiese zwischen 600 und 400 fl.

Der Weinbau ist nicht bedeutend (s. o. S. 146).

Stärker wird die Obstzucht betrieben. Es ist ein Gemeindebaumwart aufgestellt.

Die Gemeinde besitzt 146/8 Morgen Laubwald. Der Erlös des verkauften Holzes fließt in die Gemeindekasse. Die Brach- und Stoppelweide wird mit einheimischen Schafen befahren, im Sommer von circa 100, im Winter von 150 Stücken, welche im Ort überwintert werden. Die Gemeinde bezieht 590 M. Pacht, außerdem trägt die Pferchnutzung 250 M.

Güterstücke besitzt die Gemeinde circa 75 Morgen, darunter 36 Morgen Allmanden, welche einen Jahrespacht von 360 M. tragen.

Das Fischrecht im Kocher gehört dem Staat; es gibt Forellen, Aale, Barben und Weißfische.

Es besteht eine Heiligenstiftungspflege für kirchliche Zwecke im Betrag von circa 28.000 M. Die Stifter sind unbekannt. – Außerdem hat Hagenbach Theil an der Gundelsheimer Hospitalstiftung.

Alterthümer. Auf der Wasserscheide des Höhenzugs zwischen Kocher und Jagst führt der westlichen Grenze der Markung entlang, von Jagstfeld, bezw. Wimpfen kommend, eine alte Römerstraße unter dem Namen Hohestraße. Dieselbe gewährt an manchen Stellen eine schöne, weite Aussicht. Noch auf der Markung Jagstfeld lenkt von dieser Straße nach Osten ein Weg ab nach Hagenbach, der ohne Zweifel weiter führte zu den römischen Niederlassungen auf Oedheimer Markung. Das frühere feste Haus der ehemaligen Herren von Wittstadt genannt Hagenbach, die im Ort saßen, das sog. Steinschloß, läßt sich nicht mehr| finden; es stand wahrscheinlich an der Stelle, wo heutzutage das Rathhaus steht.

Flurname: Kapelrainäcker.


Hagenbach, alt Hagenbuch, von hagan oder hag = Dornbusch, Dorn, Gestrüpp und buoch, ist altes Reichsgut, womit im 15. Jahrhundert die Herren von Wittstadt (BA. Tauberbischofsheim), die sich darnach von Hagenbach nannten, belehnt erscheinen. Sie verkauften 1506 den Ort an den Deutschorden, der es dem Amt Heuchlingen zutheilte.

Begütert war daselbst seit dem 14. Jahrhundert das Ritterstift St. Peter in Wimpfen.

Kirchlich ist der Ort von jeher dem nahen Unter-Griesheim zugetheilt, dessen Pfarrer dafür ein Drittel des Hagenbacher Zehnten und einen Widdumhof hatte; nur im 18. Jahrhundert versahen einmal die Dominikaner von Wimpfen den Gottesdienst in H. für jährlich 70 Gulden (Frohnhäuser, Wimpfen 283.)


1296. Streitigkeiten des Stifts Wimpfen mit dem Ritter Rudeger v. Wittichestat wegen Zehnten zu Hagenbuoch. St.A.

1356. Ludwig Lutz verkauft an Konrad von Gundelsheim, Pfründner zu Wimpfen im Thal, 1 Pfd. Hllr. aus Gütern zu Hagenbuch und Jagstfeld. St.A.

14. Jahrh. Stift Wimpfen hat in H. einen Hof. Frohnhäuser, Wimpfen 84.

1467. Kaiser Friedrich III. belehnt Konrad v. Wittstadt, genannt v. Hagenbach, mit dem von seinem Vater ererbten Dorf H. am Kocher sammt Vogtei, Gericht und allem Zugehör. Chmel, Regesten Kaiser Friedrichs III. S. 503.

1487. Deutschorden kauft von Hans v. Königsbach die Fischwasser zu H. auf und ab um 35 Gulden. W. F. 5, 347.

1506. Philipp v. Wittstadt, genannt Hagenbach, Ritter, verkauft mit Zustimmung seiner Gemahlin Agathe v. Ramstein das Dorf H. sammt allen Zubehörden, so Lehen vom Kaiser und Reich, an Deutschorden um 2000 Gulden. Ebend. 346.

1512. Der Widdumhof in H., welcher der Pfarrei der Mutterkirche Unter-Griesheim gehört, wird mit Genehmigung des Patrones Pfalzgrafen Ludwig dem Heinz Erlewein gegen eine jährliche Fruchtgilt als Erblehen verliehen. Später bezog das Amt Heuchlingen die Gilt und gab dem Pfarrer dafür 15 Gulden. Heuchl. Lagerbuch von 1686.

1516. Agathe v. Wittstadt verzichtet auf ihren Witwensitz zu H. W. F. 5, 346.

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