« Kapitel B 9 Beschreibung des Oberamts Maulbronn Kapitel B 11 »
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Knittlingen,
Gemeinde II. Klasse mit 2538 Einw., worunter 14 Kath. a) Knittlingen, Stadt, 2078 Einw., b) Groß-Villars, zum größeren Theil, Pfarrdorf, 414 Einw., c) Störrmühle, Weiler, 18 Einw., d) Pflegmühle, Weiler, 9 Einw., e) Ziegelhütte, Haus, 19 Einw. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Michaelsberg, O.-A. Brackenheim, eingepfarrt, 11/4 Stunde nordwestlich von Maulbronn gelegen. Der Ort ist der Sitz des evang. Dekanatamtes, eines Diakons, eines Amtsnotars, einer Postexpedition, eines prakticirenden Arztes und einer Apotheke.


Wo die hohen, waldigen, viel und tief eingebuchteten Vorberge des Stromberges in leichten und niedrigen Ausläufern gegen das badische Flachland hin sich verlieren, liegt beim Zusammengehen zweier wenig eingeschnittener Thäler frei und freundlich die Stadt Knittlingen, und zwar liegt sie etwas uneben auf der äußersten Spitze eines solchen schmalen Ausläufers, der zwischen dem Weisach- und dem Eselbachthale sich erhebt. Um hier eine feste Stätte zu bekommen, erweiterte und schwellte man, was leicht zu bewerkstelligen war und vielleicht schon zur Zeit der Römer geschah, die beiden Bäche zu einem sehr breiten seeartigen Graben, der den Ort auf drei Seiten schützte, und nur gegen Osten, wo sich der leichte Rücken gegen den Stromberg hinzieht, mußte ein eigentlicher Graben angelegt werden. Auf diese Weise entstand eine vollständige Wasserveste; Mauern scheint Knittlingen nie gehabt zu haben, dagegen bestanden zwei Thore, das obere Thor an der nordöstlichen, das untere Thor an der südwestlichen Seite; vor ersterem entstand schon frühe eine Art Vorstadt. Die Umgebung der ziemlich gedrängt gebauten Stadt ist angenehm und fruchtbar; Gärtchen und Obstbaumwiesen gehen fast rings um dieselbe. Aussichten bieten sich auf den Ausläufern des Strombergs, am besten von dem Reichshalder Köpfle, eine Viertelstunde nördlich | vom Eilfinger Hof; man blickt über das milde fruchtbare flache Land hin an die blauen Höhenstreifen des Schwarzwaldes und an die scharf und edel geschnittenen Ketten der Vogesen und der Hardt. Die Stadt ist in den Vorstädten und in der sog. Marktstraße freundlich gebaut und hat meist ansehnliche, mit den Giebelseiten gegen die Straßen gekehrte Häuser, wogegen der übrige Theil, namentlich der an den See hingedrängte, ganz unregelmäßige und enge Straßen und ärmliche, oft bedenklich schief stehende Häuschen hat; eine Folge theils des Mangels an Raum, theils mehrerer Einäscherungen der Stadt im dreißigjährigen und in späteren Kriegen; doch würde ein größerer Reinlichkeitssinn auch diesem Stadttheil ein besseres Aussehen geben. Die steinernen Unterstöcke dieser Häuschen sind meist ziemlich alt, man liest daran Jahreszahlen wie 1568, 1685. Die Ortsstraßen sind in gutem Zustande, chaussirt und gekandelt. Die Hauptstraße (Marktstraße) erweitert sich in der Nähe des Rathhauses und dient hier als Marktplatz; ein weiterer Platz ist der an der Kirche südwestlich gelegene sog. Brandplatz.

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Die Kirche steht unweit des westlichen Endes der Stadt auf der äußersten Spitze jenes Ausläufers, auf den der Ort hingebaut ist, und zwar so, daß der im Westen sich erhebende Thurm schon am ziemlich steilen Abhange steht. Thurm und Schiff der Kirche stammen aus dem dreizehnten Jahrhundert, doch erlitt das Schiff bedeutende Veränderungen und von den ursprünglichen, in der Höhe angebrachten, schmalen Spitzbogenfenstern sieht man nur noch einige, daneben aber aus später gothischer Zeit größere Spitzbogenfenster, sowie einige Pforten eingebrochen. Im 17. Jahrhundert (s. unten) wurde das Schiff von den Franzosen eingeäschert und hierauf in seinem gegenwärtigen Stil wiederhergestellt. Der 141′ hohe Thurm, ein starker Vertheidigungsthurm, unter dem sich ein gewölbter Keller befindet, ist unten herauf mit Schießscharten versehen und auch im ersten und zweiten Geschosse tonnengewölbt. Seine im obersten Stockwerk angebrachten Schallfenster, sehr alterthümliche mit dem Kleeblatt gefüllte Doppelfenster mit einem tiefen Rundfensterchen zwischen den Bögen, erinnern an die Fenster des Paradieses an der Maulbronner Klosterkirche. Der halbachteckig schließende Chor ist in gutem spätgothischem Stil, mit schlanken, einst gefüllten Spitzbogenfenstern und starken Strebepfeilern aufgeführt. An dem südöstlichen Strebepfeiler sieht man das Wappen von Maulbronn und die Inschrift: Anno dni. 1469 ist gebuet dieser choir (Chor); darüber steht unter zierlich gearbeitetem Baldachin ein Steinbild der Maria mit dem Kinde; ein lebhaft, fröhlich und naturwahr behandeltes Werk. Am südlichen Strebepfeiler findet sich eine Rose (die Roßwag’sche?) und der Name Silberysin. Das freundliche Innere der Kirche hat überall flache Decken, die Gewölbe des Chors sind entweder herausgeschlagen | oder gar nie fertig geworden; der Triumphbogen ist spitz. Am Altare steht ein fast lebensgroßes Krucifix. Unten am Taufstein liest man: Anna Maria Geringre Hans Jörg Gering. 1703. Auf dem Thurm hängen drei Glocken, eine davon ganz oben und deßhalb unzugänglich; von den übrigen hat die größte die Umschrift: Gegossen von Carl Knittel in Cannstatt 1862 der Stadt Knittlingen. Ehre sei Gott in der Höhe! Auf der andern Glocke steht: Knittlingen. Anno 1700 gossen mich Stephann und Niclaus auch Petter Bernard. Soli Deo Gloria. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der schon sehr lang angelegte Begräbnißplatz liegt nordöstlich vor der Stadt und umschloß früher ein Kirchlein.

Das Dekanathaus (Stadtpfarrhaus) ehemalige Pflege, später Amthaus, ein ansehnliches, zweistockiges Gebäude mit spitzbogigem Eingang, an das die Kelter angebaut ist. Hinter dem Dekanathaus steht der Speicher, das sog. Steinhaus (s. unten), an denselben stößt das Heuhaus, ferner die Zehnt- und Pfarrscheuer; diese sämtlichen Gebäude, die mit Ausnahme des Heuhauses, des Speichers, und der Kelter dem Staat gehören, bildeten den Maulbronner Pfleghof und waren mit einer Mauer umfriedigt.

Das Diakonathaus ward im Jahre 1680 erbaut, diese Zahl steht über der Thüre, ferner befindet sich an seiner Westseite ein Stein mit der Inschrift: A. 1632 ist Knitlingen ganz verbrandt worden. hatte 280 Burger. 1500 Seelen. A. 1662 ists wider halb verbronnen. Die Unterhaltung des gegen vorne zweistockigen, gegen hinten einstockigen Hauses ruht auf dem Staat.

Das schon alte Rathhaus wurde 1840 und 1860 verändert und verbessert; in seinem untern Stock befinden sich die Zimmer für den Ortsvorstand und für den Amtsnotar, im mittleren der Bürgersaal und im oberen Stock das Gerichtszimmer und die Partienstube.

Das 1835 erbaute Schulhaus enthält 4 Lehrzimmer und ein kleines Wohnzimmer für den unständigen Lehrer; außer diesem unterrichten noch 3 Schulmeister, wovon die beiden ersten in einem der Stadt gehörigen Hause wohnen; der dritte Schulmeister wohnt in einem Privathause. Auch eine Realschule befindet sich hier, in einem besonderen städtischen Hause, welches zugleich die Wohnung des Reallehrers enthält.

Das nördlich an der Kirche stehende Fausthaus, Nr. 258, wo der berühmte Doktor Johannes Faust geboren sein soll, zeigt durchaus nichts Merkwürdiges und höchstens der untere steinerne Stock könnte noch aus jener Zeit stammen.

Bemerkenswerther ist die am Nordostende der Stadt stehende alterthümliche Gebäudegruppe, die alte Post genannt. An der Südseite führt eine große, schön verzierte, im Renaissancestil gehaltene Einfahrt herein, und hier sieht man über dem Thorbogen zwei Wappen | ausgehauen, die von Anna Maien und Th. Heckel, und die Jahrszahl 1624; links davon steht:

Ain Schöffl Rocken 7 fl.
Der Schofel Dinkel 3 fl.
Ain Aimer Wein 16 R.

Neben ist ein Hifthorn und die Jahrszahl 1594 angebracht.

Innen im Hof über dem Eingang der Scheune ist ein altes Wappen von Knittlingen samt Abtstab eingemauert, darunter steht 1733 und über der Thüre des Hauptgebäudes sieht man ein Posthorn und die Jahreszahl 1572.

Das merkwürdigste Gebäude jedoch nach der Kirche ist der zum ehemaligen Maulbronner Pfleghof gehörige Speicher, der sich als ein großartiges dreistockiges Steinhaus erhebt, aufgeführt aus schönen Sandsteinquadern mit Buckelsteinen an den Ecken und an den schmäleren Seiten mit hohen spitzigen Giebeln. Die Fenster seiner zwei obersten Geschosse sind in geradgestürzte spätgothische verändert, das erste Geschoß aber hat noch die alten schönen frühgothischen, tief eingeschrägten Spitzbogenfensterchen; auch oben im nördlichen Giebel erhielten sich noch einige solche, und unten an dieser Seite führt ein sehr alter rundbogiger Eingang herein. Plumpe Strebepfeiler stützen hier das Gebäude. Das Innere enthält jetzt auf starken Holzpfeilern ruhende Fruchtböden und das städtische Gefängniß, indessen sieht man noch deutlich, daß es früher zu Wohnungen eingerichtet und das älteste Wohnhaus des Maulbronner Pfleghofes war. Spuren von Mauern ziehen sich noch von der Nordwestecke des Steinhauses an der Nordseite des westlich daneben und ziemlich erhöht stehenden Schulhauses hin. Ursprünglich bildete der Pfleghof samt der Kirche einen stark befestigten Gebäudecomplex, der vermuthlich auf einer schon früher hier bestandenen Befestigung errichtet wurde, und noch wird ein angrenzender Stadttheil das Bollwerk genannt.

Gutes Trinkwasser liefern hinlänglich 6 laufende und 15 Pumpbrunnen, ferner noch 3 Schöpfbrunnen in der Nähe der Stadt und einige auf der Markung. Drei Wasserleitungen in hölzernen Deucheln, von denen eine über den See bei der Stadt geführt ist, bestehen; auch die Markung ist reich an guten Quellen, die bedeutendsten sind im Klotzbrunnen und im Engenthalbruch. Das beste Wasser liefert der am südwestlichen Ende der Stadt gelegene Badbrunnen, bei dem früher ein Bad bestand.

Von Bächen fließen über die Markung der Seebergerbach, der Eselbach und die Weisach; die beiden letzteren werden im Stadtgraben zu einem 3 Morgen großen Weiher (Pfleggartensee) geschwellt, der zur Fischzucht benützt wird. Ein zweiter, über zwei Morgen großer See liegt eine halbe Stunde südwestlich von der Stadt; der sog. Weiher bei der Pfütze ist eine von den umliegenden Feldern zusammengelaufene | Wasseransammlung, die in heißen Jahrgängen den Sommer über eintrocknet. Früher besaß der Staat im Seeberg einen 183/8 Morgen großen, jetzt ausgetrockneten See, den Stegersee, der jetzt in Privathänden ist und dessen Bodenfläche theils als Ackerfeld, theils als Wiesengrund benützt wird. Hungerbrunnen kommen einige vor.

Die Staatsstraße von Maulbronn nach Bretten, im weiteren Sinne von Stuttgart nach Mannheim und Frankfurt, geht hier durch; Vicinalstraßen führen nach Groß-Villars, Freudenstein und Klein-Villars mit einer Abzweigung gegen den badischen Ort Ruith. Über die verschiedenen Bäche gehen 17 steinerne und 4 hölzerne Brücken, dann 3 Stege; hievon haben der Staat 3 steinerne, Privaten 3 hölzerne Brücken zu unterhalten; die übrigen unterhält die Gemeinde. Sie hat auch das Recht, Weggeld zu erheben, wovon sie jedoch, unter Vorbehalt der Wiedereinführung, seit 8 Jahren keinen Gebrauch mehr machte.

Die im allgemeinen fleißigen und sparsamen Einwohner haben zwar kein besonders kräftiges Aussehen, erreichen aber dennoch nicht selten ein hohes Alter und gegenwärtig befinden sich 8 Personen im Ort, die über 80 Jahre zählen; ihre Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht, Weinbau und Obstzucht; die Gewerbe haben wenig Bedeutung; viele leben von Taglohnarbeiten. Unter den Gewerbetreibenden sind am meisten vertreten Bauhandwerker, Schneider und Schuhmacher; letztere und die Steinhauer arbeiten viel nach außen. Dann bestehen hier eine Ziegelei, zwei Mundharfengeschäfte (letztere mit gutem Erfolg), und drei Mahlmühlen, die Störrmühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Pflegmühle und die obere Mühle, je mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang; ferner eine Ölmühle, elf Schildwirthschaften, wovon zwei mit Bierbrauereien verbunden sind, eine Bierbrauerei mit Speisewirthschaft und endlich vier Kauf- und drei Kramläden. Die beiden erstgenannten Mühlen stehen eine Viertelstunde unterhalb des Ortes. Einige Frucht- und Steinfuhrleute fahren in’s Badische.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören im allgemeinen zu den mittleren; der vermöglichste Grundbesitzer, Eigenthümer der Störrmühle, hat 115 Morgen; der sog. Mittelmann 15–18 Morgen; auch die ärmere Klasse ist nicht ganz ohne Güterbesitz. Auf auswärtigen Markungen (Klein-Villars, Bretten und Ruith) besitzen hiesige Bürger etwa 70 Morgen, wogegen auswärtige Bürger ebensoviel auf hiesiger Markung inne haben. Gemeindeunterstützung erhalten 8 bis 10 Erwachsene, und 18–20 Kinder sind in die Kost gegeben. Der Ort hat das Recht, in den Monaten März, Mai, August, Oktober und December je einen Krämer- und Viehmarkt und in den Monaten | Januar, Februar, April, Juni, Juli, September und November je einen Viehmarkt abzuhalten. Die Märkte, namentlich die Viehmärkte sind von Bedeutung.

Die große, schön arrondirte Markung, welche gegen Westen an das Großherzogthum Baden grenzt, hat, soweit sie für den Feldbau benützt wird, eine ziemlich ebene, etwas wellige Lage und wird nur von einigen, nicht tief eingefurchten Thälchen durchzogen; die in die Markung eingreifenden, ziemlich steilen Ausläufer des Strombergs dienen meist dem Waldbau und an den südlich gelegenen Abhängen dem Weinbau.

Der im allgemeinen fruchtbare Boden besteht größtentheils aus einem tiefgründigen Diluviallehm, der gegen die Strombergsausläufer hin allmählig in die thonigen, etwas schweren Zersetzungen des unteren Keupermergels übergeht und der an den Ausläufern selbst dann ungemengt als solcher auftritt.

An der alten Straße nach Maulbronn, etwa 1/2 Stunde südöstlich vom Ort, sind 4 großartige Steinbrüche angelegt, aus denen vorzügliche Keuperwerksteine gewonnen, und weithin, bis nach Karlsruhe abgesetzt werden. Zwei Muschelkalksteinbrüche bei der Ziegelhütte liefern hauptsächlich Straßenmaterial und Kalk zum Brennen. Eine Lehmgrube ist vorhanden, auch wird Töpferthon gewonnen.

Die klimatischen Verhältnisse sind günstig und gestatten den Anbau aller in Württemberg üblicher Kulturgewächse; Nord- und Westwinde haben ziemlich freien Zutritt und schädliche Frühlingsfröste kommen zuweilen vor, dagegen ist Hagelschlag selten.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter Pflug, Walze, eiserne Egge, Repssäe- und Dreschmaschine) sehr fleißig und umsichtig betrieben und der Boden mittelst beinahe aller Düngungsmittel zu verbessern und nutzbringender zu machen gesucht. Man baut neben den gewöhnlichen Getreidearten, Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättrigen Klee und Luzerne), Angersen, Mais, Zuckerrüben (80–100 Morgen), Reps, Mohn, Tabak (20–30 Morgen), Hanf, Cichorie (10 Morgen) etc.; die Handelsgewächse werden alle, jedoch nicht in großer Ausdehnung verkauft, nur bei den Zuckerrüben ist der Verkauf von Bedeutung. Von den Getreidefrüchten wird etwa die Hälfte des ganzen Ertrags nach außen abgesetzt.

Der ausgedehnte Wiesenbau liefert größtentheils ein gutes Futter, das durchaus im Ort verbraucht wird.

Der Weinbau wird auf etwa 200 Morgen mit bestem Erfolg getrieben; die gewöhnliche Bauart ist der Pfahlbau und nur einige Morgen sind mit Rahmen versehen. Die Reben, von denen etwa 3000 auf einen Morgen zu stehen kommen, werden nicht bezogen; | man pflanzt vorzugsweise Drollinger, ferner Silvaner, rothe und weiße Elblinge und erzielt einen meist rothen, theilweise auch weißen Wein, der zu den besseren des Landes gehört, indessen meist im Ort verbraucht wird. Der Morgen liefert etwa 4 Eimer, dessen Preise sich in den letzten 10 Jahren zwischen 25 fl. und 96 fl. für den Eimer bewegten; letzterer Preis wurde im Jahr 1865 erzielt; im Jahr 1868 bewegten sich die Preise von 36–66 fl.

Von Bedeutung ist die immer noch im Zunehmen begriffene Obstzucht, welche sich hauptsächlich mit Mostsorten, Luiken, Fleinern, Knausbirnen, Kugelbirnen, theilweise auch mit Tafelobst und Zwetschgen beschäftigt. In günstigen Jahren, wie z. B. 1857, können gegen 10.000 Simri Obst nach außen abgesetzt werden. Die Gemeinde allein besitzt über 5000 Obstbäume auf Allmanden, deren Ertrag schon einen Erlös von 1000 fl. lieferte.

Aus den vorhandenen 1800 Morgen Gemeindewaldungen werden jährlich 380 Klafter und 25.000 Stück Wellen geschlagen, hievon erhält jeder Bürger 1/2 Klafter und 40 Stück Wellen; das übrige Holz wird verkauft, was der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von 6–7000 fl. sichert. Überdies bezieht die Gemeinde aus der Brach- und Stoppelweide jährlich 700 fl. und 16–1700 fl. Pfercherlös; ferner aus verpachteten Güterstücken und Allmanden etwa 1100 fl.

Die Pferdezucht ist ganz gering, dagegen die Pferdehaltung von einiger Bedeutung.

Sehr namhaft und in gutem Zustande ist die Rindviehzucht, welche sich mit einem tüchtigen Neckarschlag und der Simmenthaler Race beschäftigt; auch Allgäuer Vieh wird gehalten. Im Ort sind 5 Farren, worunter 2 Simmenthaler, und in Groß-Villars 2 Zuchtstiere aufgestellt. Handel mit Vieh wird in bedeutender Ausdehnung nach Baden und Frankreich getrieben.

Die Schafzucht betreibt ein fremder Schäfer, der vom 15. Aug. bis 1. März 700 Stück Bastardschafe auf der Markung laufen lassen darf.

Die mit halbenglischer und Landrace sich beschäftigende Schweinezucht ist sehr bedeutend und erlaubt nicht nur einen beträchtlichen Verkauf an Ferkeln, sondern auch an aufgemästeten Schweinen; gegenwärtig sind gegen 60 Mutterschweine im Ort aufgestellt.

Fischerei wird nur in dem Feuersee (Pfleggartensee), den die Gemeinde um 95 fl. 30 kr. verpachtet, getrieben; man zieht Karpfen und Hechte, die meist nach Baden verkauft werden.

Von Anstalten sind außer der Real- und Volksschule noch zu nennen die Winterabendschule für die ledigen Söhne, welchen auch der Besuch des Zeichenunterrichts gestattet ist; ferner eine Industrieschule mit 2 Lehrerinnen, ein Kochverein für bedürftige Kranke und | überdies vertheilt der Gemeinderath das sonntägliche Kirchenopfer an Hausarme. Eine aus 110 Mann bestehende Feuerwehr ist vorhanden.

Das Vermögen der Stiftungspflege beträgt 4238 fl. 40 kr., hierunter sind 2304 fl., deren Zinse theils zu Armenunterstützungen, theils zur Anschaffung von Lehrmitteln etc. verwendet werden.

Wappen der Stadt Knittlingen.
Wappen der Stadt Knittlingen.
Das Wappen der Stadt enthält im silbernen Feld zwei kreuzweis über einander gelegte schwarze Knittel, über welchen, wo sie sich kreuzen, ein goldener Abtsstab liegt.

Spuren aus der Vorzeit, namentlich aus der römischen Periode finden sich auf der etwa 1/2 Stunde östlich von Knittlingen gelegenen Flur „Feierabend“, wo nach der Volkssage früher die Stadt gestanden sein soll, man findet daselbst noch Grundmauern, römische Ziegel und Gefässefragmente, die einen hier abgegangenen römischen Wohnplatz nachweisen. Eine alte Straße, der sog. Herrenweg (d. i. Heerweg), auch Pforzheimer Graben (ein Hohlweg) zieht, von Groß-Villars herkommend, an dieser Niederlassung vorüber, kreuzt 1/4 Stunde südöstlich von Knittlingen die alte Straße nach Maulbronn, führt alsdann durch die Weinberge, wo man noch Spuren von ihr hat, und nimmt ihre Richtung gegen Pforzheim. Nach der Sage soll diese alte Straße der Postweg von Heilbronn nach Pforzheim gewesen sein, jedenfalls verdankt sie ihre erste Anlage den Römern, die auch eine weitere aus der Gegend von Maulbronn herführende Straße (s. den allgemeinen Theil) hier angelegt und durch das jetzige Knittlingen geführt haben. Letztere Straße, welche die rothe, auch Kaiserstraße genannt wird und noch entschiedene Spuren ihrer ursprünglichen Pflasterung zeigt, lief über den Salzacker bei Maulbronn, weiter durch den Steigwald und auf einem Flachrücken nach Knittlingen, wo sie das Thal übersetzt und alsbald die Anhöhe bei dem sog. Burgweg wieder gewinnt, um auf derselben bis Bretten fortzulaufen.

Die Thalübergangsstelle bei Knittlingen scheinen die Römer durch irgend eine Anlage gesichert und gedeckt zu haben, so daß die Vermuthung, die Umfriedigung eines Theils der Stadt mit einem sehr breiten mit Wasser gefüllten Graben möchte von den Römern herrühren, keine zu gewagte ist.

Überdies kommen auf der Markung mehrere Benennungen vor, die auf frühere, längst abgegangene Wohnplätze etc. schließen lassen, wie z. B. „Groß- und Klein-Hegenach“ (1/2 Stunde südwestlich vom Ort), „Altenhof“ (1/4 Stunde nordöstl. vom Ort), „ob Oberhofen“ (1/4 Stunde östlich vom Ort), „Wartbühl“ (1/2 Stunde nördlich vom Ort), „Stetten“ (1/8 Stunden nordöstlich von Groß-Villars) u. s. w.

| An der alten Straße von Knittlingen nach Maulbronn befindet sich oben an der Steige eine viereckige, mit Graben umgebene Schanze, von der jede Seite 30 Schritte lang ist; die Tiefe des Grabens, von dem Rücken des Walls an gerechnet, beträgt etwa 10′ und gegen das Innere der Schanze 4′. Von dieser Schanze zieht der sog. Landgraben weiter. Eine ähnliche Schanze liegt auf der Spitze der Reishalde (s. hier. die Ortsbeschreib. von Maulbronn).

Knittlingen heißt zuerst Cnudelingen, dann Cnutelingen, Cnuddelingen und Cnuttelingen, auch Clutelingen, Knittlingen 1295.

Es wird schon im Jahr 835 in dem Schenkungsbuch des Kl. Lorsch erwähnt, das übrigens im Ort selber keinen Besitz hatte (Cod. Laur. 2, 430). Es gehörte zum Comitat Bretten (Stälin, Wirt. Gesch. 2, 417), dem die Grafen von Laufen vorstanden. Vasallen von ihnen waren die Herren von Bretten, die Besitzer Knittlingens, welches sie im 13. Jahrhundert an das Kloster Maulbronn verkauften (s. u.). Dieselben trugen hier auch Güter von den Herrn von Roßwag zu Lehen. Von Knittlingen selber nannte sich eine Familie von Ministerialen, aus der um 1100 ein Adelbert vorkommt (Cod. Hirs. 28 a), welcher, wenn nicht ein späterer, auch 1152 als Zeuge in einer Urk. B. Günthers von Speier vorkommt. Kl. Hirschau bekam im 12. Jahrhundert in Knittlingen ein Gut (Cod. Hirs. 70 b). Kl. Maulbronn hatte schon 1156 hier einen Hof, den ihm am 8. Jan. dieses Jahrs K. Friedrich I. bestätigte (St. arch.). 18. Jan. 1231 bestätigt König Heinrich VII. den Spruch eines Schiedsgerichts vom Jahr 1225 zwischen dem Kloster und den königlichen Ministerialen Diemo und Marquard von Bretten, wornach diesen der Neubruchzehnte, dem Kloster aber ein Weiderecht und die Beholzung im Knittlinger Allmandwald zukam. 5. Jan. 1250 geben Marquard von Bretten und seine Söhne Theodorich, Marquard, Berthold und Albert alles, was sie in Unter-, Ober- und Mittelknittlingen besitzen, mit Ausnahme der gemeinschaftlichen Leibeigenen im oberen Dorf, dem Kloster gegen den Hof Weißach (abgegangen, lag an dem gleichnamigen, von Freudenstein herkommenden Bach), den sie nun den Herrn von Roßwag gegen Verzicht auf ihre Knittlinger Lehensrechte aufgaben, und 658 Mark Silber. – 20. Nov. 1254 verkauft Diemo von Bretten mit Einwilligung des Eberhard von Eberstein dem Kloster alle seine Güter in Knittlingen für vierzehnhundert Mark. – 27. Juli 1311 vermacht der Kleriker Hugo von Bretten dem Kloster noch einige Güter hier. – 1366 verkauft ihm Elisabeth von Wunnenstein hier Leibeigene, und 23. Febr. 1370 Conrad von Enzberg seine Güter, Rechte und Leibeigene.

Was das Kirchliche betrifft, so bestand hier eine Pfarrei (plebania) und eine Frühmesserei.

Der Pfarrei war 1/3 des Stiftungsguts vom Kl. Maulbronn | zehntpflichtig. Den ganzen Zehnten erkauft Bischof Günther dem Kloster gegen eine jährliche Abgabe von 10 Brettener Schillingen, wovon die Pfarrei ihr Drittel erhielt. Pfarrer war damals Altmann von Bretten, Vogt Conrad von Lomersheim. – Einen Streit des Klosters mit Wernher von Roßwag entschied zwischen 1178 und 1180 K. Friedrich I. dahin, daß dem Kl. das Investiturrecht zukommen sollte. – 1203 verzichten Walther von Bromburg und andere viri nobiles zu Gunsten des Klosters auf das Patronat der Kirche zu Knittlingen. – 1254 oder vielleicht früher wird die Kapelle in Knittlingen, zu der die Kirche in Illingen und vier Huben in Weißach, eine halbe in Schützingen, drei in Knittlingen, eine in Füllmenbach gehören, dem Hochstift Speier geschenkt (Cod. min. Spirens. 49 b.) – 8. Dec. 1289 incorporirt B. Friedrich von Speier dem Kl. Maulbronn wegen der Gastfreundschaft, die es übt, die Kirche. – Die Besoldung des Vikars wird 26. August 1295 auf jährlich 16 Malter Roggen, ebensoviel Spelt und Haber, eine Fuhr guten weißen Wein von dem dort wachsenden, den kleinen Zehnten innerhalb der Umzäunung beider Dörfer Knittlingen und in Diefenbach samt dem Opfer festgesetzt. Er hatte demnach auch die Pfarrei Diefenbach zu versehen, bis diese 1420 von Knittlingen getrennt ward. – 3. Jan. 1532 bevollmächtigte das Bisthum Speier den Abt von Maulbronn, wegen des in Folge der Reformation erlittenen Schadens die Pfründen des heil. Kreuzaltars, St. Johanns- und Unserer Frauen-Altars zu combiniren.

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Was die Schicksale des Orts betrifft, so hatte er wiederholt traurige Zerstörungen zu erleiden. Schon 1360 wurde er von Pfalzgraf Ruprecht verbrannt (Martens Kriegsereignisse 67). – 1504 ergab sich die pfälzische Besatzung schnell den Wirtembergern, wodurch der Ort, wie es scheint, vor Schaden bewahrt blieb. Am 2. und 3. Juli wurde hier der Vertrag zwischen den beiden Parteien abgeschlossen, der Wirtemberg die Herrschaft über Maulbronn verlieh. 1505, Dienstag nach St. Michaelstag, Stuttgart, nimmt H. Ulrich die Stadt Knittlingen in Schutz und Schirm auf 51 Jahre, indem er sie bei ihren Freiheiten schützen will, gegen 100 Goldgulden jährlich, und so oft der Herzog in offenen Krieg zieht, sollen sie 100 gerüstete Mann schicken und auf ihre Kosten erhalten (Pflummern, Annal. Biber.). – 1534 machten die Österreicher hier Verschanzungen, weil sie den Einfall H. Ulrichs zuerst von pfälzischer Seite erwarteten. – 1632 gieng Knittlingen bis auf 3 Häuser zu Grunde, auch die Kirche brannte aus; 1692 wurde es wieder abgebrannt. Dadurch kam der Ort, der ehmals 280 Bürger gehabt, auf 60 herunter, so daß i. J. 1699 Waldenser auf der Markung sich niederlassen konnten (s. Großvillars). – 12. Mai 1705 marschierten die württembergischen Truppen hier durch an den Rhein. – Mai 1734 | plünderten 4 Regimenter Franzosen 2 Tage lang. – 24. Aug. 1741 kamen wieder Franzosen durch, die aber diesmal bessere Ordnung hielten. – Auch 1799 waren sie noch zweimal, 28. August und 31. Okt. vorübergehend hier. – 1800 fand eine revolutionäre Bewegung statt, die durch persönliches Auftreten des Landesfürsten unterdrückt werden mußte. – 20. Febr. 1840 wurde Knittlingen das Prädikat einer Stadt zurückgegeben.

In Knittlingen ist ohne Zweifel der Schwarzkünstler des 16. Jahrhunderts geboren, welcher unter dem Namen Faust neben andern Orten auch in Wittenberg sein Wesen trieb und der Mittelpunkt der Faustsage wurde. Denn Melanchthon bezeugt von jenem (Manlius loci communes. Basel 1568, S. 38 ff.), daß er aus Kundling bei seiner Vaterstadt Bretten gewesen sei, was nur ein Fehler für: Knudlingen = Knittlingen sein kann. Auch bezeichnet die Knittlinger Tradition, die schwerlich erst später aus der Faustsage sich gebildet hat, noch jetzt ein Haus gegenüber der Kirche als sein Geburtshaus. (S. auch Maulbronn; vergl. Köstlin in der deutschen Vierteljahrsschrift 1866. Okt.–Dez. S. 419; Dünzer in Scheible’s Kloster Bd. 5). – 1546 ist hier geboren Stephan Gerlach, Professor der Theologie zu Tübingen.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Groß-Villars, ein Pfarrdorf aber keine selbständige Gemeinde, indem dieselbe im Jahr 1866 zu 5/6 der Gemeinde Knittlingen und zu 1/6 der Gemeinde Derdingen zugetheilt wurde; jeder Theil hat seinen eigenen Anwalt.

Der Ort hat 1/2 Stunde nördlich von Knittlingen und 13/4 Stunden nordwestlich von Maulbronn eine hohe, freie Lage an der Landstraße von Knittlingen nach Derdingen, an die er und an eine rechtwinkelig darauf einziehende Nebenstraße freundlich und reinlich hingebaut ist.

Die Gebäude sind meist einstockig und mit den Giebelseiten gegen die Straßen gekehrt, vor oder neben ihnen liegen freundlich angelegte Gärtchen und hinter den Gebäuden stehen frei die Scheunen.

Die einfach erbaute Kirche steht ziemlich in der Mitte des Orts an der Hauptstraße und in der Nähe das zweistockige, gut erhaltene Pfarrhaus.

Der Begräbnißplatz liegt außerhalb des Orts an der Straße nach Knittlingen.

Eine Schule, an der nur ein Schulmeister unterrichtet, ist vorhanden.

Gutes Trinkwasser liefern 3 Pumpbrunnen.

Die Einwohner, ursprünglich eingewanderte Waldenser, sind fleißige, rührige und geordnete Leute, die sowohl in ihrem meist ansprechenden Äußeren, wie in ihrem Charakter ihre fremde Abstammung | nicht verläugnen können. Die anfänglich ganz kleine Gemeinde hat sich allmählich ausgedehnt und Güter auf der Knittlinger und Derdinger Markung angekauft; die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind daher die gleichen wie auf den genannten Markungen. Die Vermögensverhältnisse gehören zu den ziemlich guten; der vermöglichste Bürger besitzt 40 Morgen, der sog. Mittelmann 5–10 Morgen und die unbemittelte Klasse 1/2 Morgen oder gar kein Grundeigenthum.

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Groß-Villars ist eine der waldensischen Kolonien, welche Württemberg am Ende des siebzehnten und Anfang des achtzehnten Jahrhunderts besonders in das durch Krieg vielfach verödete Amt Maulbronn aufnahm, das zudem wegen der Nähe der reformirten Pfalz zu einer stillen Religionsübung der Flüchtlinge gute Gelegenheit zu bieten schien. Schon 6. Mai 1687 wurden die Beamten dieses und anderer Grenzämter erstmals in Stuttgart zu Protokoll vernommen und sodann zu einem schriftlichen Bericht aufgefordert, der von ihnen ausführlich und im ganzen günstig erstattet wurde. Anfangs Juli 1687 kamen aus der Schweiz die ersten 50 Exulanten ins Land, von denen aber nicht bekannt ist, wo sie untergebracht wurden. Anfangs August trafen weitere 200 Waldenser ein, wovon 78 durch den Vogt Hauff in vier Maulbronner Amtsflecken vertheilt wurden, sich fleißig und bescheiden aufführten und mühsam mit Hilfe holländischer Unterstützung nährten. Eine umfassendere Niederlassung verzögerte sich aber, theils durch die wiederholten Versuche der Waldenser, in ihre Heimath zurückzukehren, theils durch die intoleranten Bedenklichkeiten von württembergischer Seite. Erst 1698, als aufs neue 3000 Waldenser unter Führung des Heinrich Arnaud aus Piemont flohen, kam die Sache wieder in Gang. Arnaud unterhandelte im Oktober in Stuttgart, worauf am 31. der Vogt Greber in Maulbronn den Befehl zur neuen Untersuchung der Ämter Maulbronn, Derdingen, Neuenbürg, Güglingen, Brackenheim, Möckmühl, Weinsberg, Neustadt erhielt, welche wieder günstig ausfiel. Die Waldenser stimmten aber nicht zu, weil sie sich nicht so weit zerstreuen lassen wollten. Arnaud ging inzwischen nach Holland und England, um die Fürsprache bei Württemberg sowie die Kollekten zu betreiben. Endlich im Frühjahr 1699, als die Waldenser aus der Schweiz die Gränzen Württembergs erreicht hatten, geschah die wirkliche Niederlassung. Im April kamen ihrer etwa 1800 im Oberamt Maulbronn an, die in den daselbst von den französischen Kriegen her vorhandenen Redouten und Blockhäusern eng und beschwerlich untergebracht wurden. Der Vogt Greber wies an mehreren Orten des Bezirks die zur Gründung von Kolonien tauglichen Plätze nach. – 24. Mai gieng durch ihn und eine fürstliche Kommission in Anwesenheit des holländischen Gesandten Valkenier die Austheilung | und Anweisung des ersten Platzes bei Knittlingen an die 396 Personen starke Communauté de Villars (aus Villaret am Cluson) mit Eintracht und allseitiger guter Zufriedenheit von Statten. Die Kirche sollte nach der Instruktion der Kommissäre nur auf einem der Landschaft nicht inkorporirten Fleck erbaut werden dürfen, da aber ein solcher sich nicht fand, so ward der Ausweg getroffen, sie zwar nicht in die Nähe von Knittlingen, wohl aber in die der pfälzischen Grenze zu stellen und hier zugleich einen Weiler anzulegen. So entstand jenseits Knittlingen der Ort Groß-Villars mit der Kirche, diesseits Klein-Villars. Zur Güterausstattung mußten die Knittlinger von ihrem Weidgang, die Derdinger 150 Morgen Wald samt dem anstoßenden Bernhardsweiler Thal, sodann ein Stück Ackerfeld und Wiesen am Flehinger Weg abgeben, außerdem bekam die Gemeinde 350 Morgen wüste Güter und den trocken liegenden Stegersee, sowie die Güter der geistlichen Kammer im Amt Knittlingen zu billigem Preis oder gegen einen geringeren Zins, und die in Gant begriffenen. Der Vogt Greber hatte sie nun zu ungesäumter Erbauung ihrer Häuser und Hütten zu ermuntern. Im Sommer bestellte er der Gemeinde nach vorausgegangener Wahl von ihrer Seite einen Syndic, vier Conseillers, einen Secretair und einen Sergeant und konnte bereits ihre Geschicklichkeit in Bebauung der Felder, sowie die Bereitwilligkeit der Nachbargemeinden zur Beihilfe rühmen, welch letztere sich freilich nicht überall gleich blieb (vergl. Ötisheim). – An die Gründung der Gemeinde zu Villars schloß sich unmittelbar die Niederlassung zu Dürrmenz-Mühlacker, zu Pinache und Serres, später noch die zu Wurmberg, Schönenberg, Corrès und Sengach (s. die einzelnen Orte). 15. Sept. erfolgt zu Dürrmenz die Huldigung der Waldenser in Anwesenheit der Kommissäre, Valkeniers, sowie 35 Waldenser und deutscher Schultheißen und Bürgermeister. Der erste schwere Herbst und Winter, da es noch an Obdach, an Saatfrucht und Vieh gebrach, wurde mit Unterstützung des holländischen Gesandten und der Landesregierung überstanden.

Zu Groß-Villars gehörten ursprünglich außer Klein-Villars, welches erst 1826 eine selbständige Gemeinde und kirchliches Filial von Ölbronn wurde, noch die Waldenser zu Gochsheim und zu Diefenbach, welche 1795 davon getrennt wurden.

In Groß- und Klein-Villars plünderten im Mai 1734 die Franzosen.

c) Die Störrmühle, liegt eine starke Viertelstunde unterhalb des Mutterorts an der Weisach (s. oben).

d) Die Pflegmühle, nur 1/8 Stunde von der letzteren thalaufwärts gelegen (s. oben).

e) Die Ziegelhütte liegt ebenfalls im Weisachthale, 1/8 Stunde westlich von Knittlingen.

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