« Kapitel B 4 Beschreibung des Oberamts Marbach Kapitel B 6 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Beilstein,


Gemeinde II. Kl. mit 1408 Einw., wor. 2 Kath. a. Beilstein, Stadt, 1083 Einw., b. Etzlenswenden, Weiler, 99 Einw., c. Farnersberg, Weiler, 23 Einw., d. Söhlbach, Weiler, 43 Einw., e. Stocksberg, Weiler, 139 Einw., f. Obere Ölmühle, Haus, 13 Einw., g. Untere Ölmühle, Haus, 8 Einw. – Ev. Pfarrei, die Kath. sind nach Thalheim O.-A. Heilbronn eingepfarrt. Sämtliche Parzellen sind Filiale von Beilstein mit Ausnahme von Farnersberg, das nach Unter-Heinrieth, O.-A. Weinsberg, eingepfarrt ist.[1]
Die Stadt Beilstein war bis 1810 der Sitz eines Oberamts, jetzt ist sie noch der Sitz eines Amtsnotars, einer Postexpedition| und eines prakticirenden Arztes; auch befindet sich daselbst eine Apotheke.

Der Ort liegt unterm 26° 58′ 34,46″ östlicher Länge und 49° 2′ 37,54″ nördlicher Breite (Stadtkirchthurm), 31/4 geometrische Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt; die Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der Erdfläche des Rathhauses 870 Württemb. oder 768 Pariser Fuß.

Die nicht große, enge und unregelmäßig angelegte Stadt ist theils in die Ebene des anmuthigen Söhlbachthals, größtentheils aber terrassenförmig steil aufsteigend an dem schön gerundeten Schloßberg hinangebaut, auf dessen Kuppe die großartigen Ruinen des ehemaligen Schlosses Beilstein, genannt Langhans, ernst sich erheben. Zwischen der Stadt und dem Schloß steht frei und hoch am Schloßbergabhange die altehrwürdige St. Magdalenen Kirche, zur sehr malerischen Ansicht des Orts wesentlich beitragend. Die Stadt war mit Mauern umgeben, die größtentheils noch erhalten sind und sich bis zu dem ehemaligen Schloß hinaufziehen, so daß der Ort mit den Befestigungen des Schlosses zusammenhieng und von demselben aus geschützt und vertheidigt werden konnte. An der zu dem Schloß hinauf führenden nördlichen Mauer sieht man noch Reste der Treppe, welche innerhalb des sog. Umgangs von der Stadt bis zum Schloß angelegt war. Als weitere Befestigung der Stadt diente ein an der Westseite hinziehender, noch vorhandener Wassergraben, der seinen Zufluß aus mehreren, zum Theil in den Kellern der angrenzenden Häuser entspringenden Quellen, besonders aber aus dem kleinen See beim ehemaligen Klausthor erhält und zunächst der Stadt in den Söhlbach mündet. Durch den Ort führt gut erhalten und gekandelt die Marbach–Heilbronner Landstraße; die Nebenstraßen sind mit wenig Ausnahme enge, winkelig und durchaus gepflastert. Von öffentlichen Plätzen sind erwähnenswerth der an der Hauptstraße in der Mitte der Stadt gelegene Marktplatz und der Kelterplatz im westlichen Theil des Orts. Die Stadt hatte zwei Thore, das Kreppthor an der Südseite und das Klausthor an der Nordseite; beide waren mit Thürmen versehen und wurden 1840/42 abgebrochen. Im allgemeinen ist die Stadt reinlich gehalten und die Gebäude, unter denen mehrere im modernen Styl erbaute, von Holz und meist mit steinernen Unterstöcken versehen; sie sind nicht besonders alt, indem am 21. (31.) Juli 1693 die Franzosen anderthalbhundert Gebäude, fast die ganze Stadt, niederbrannten.

Von öffentlichen Gebäuden sind zu nennen:

| 1. Die 500 Schritte außerhalb (nördlich) der Stadt gelegene St. Annakirche, jetzt Pfarrkirche; sie ist ursprünglich im gothischen Styl erbaut, der jedoch am Langhaus mehrfältig verändert wurde, während sich der mit einem halben Achteck schließende, mit Strebepfeilern versehene Chor noch ziemlich unverdorben erhalten hat und in den spitzen Bogentheilen der Fenster noch spätgothisches Maßwerk zeigt. Auf dem westlichen Giebel sitzt ein kleines Thürmchen (Dachreiter) ohne Glocken und Uhr. Das Innere der Kirche hat nichts Bemerkenswerthes. An die Nordseite der Kirche grenzt der ziemlich große, ummauerte Begräbnißplatz.

2. Die St. Magdalena-Kirche, auch Schloßkirche genannt, welche früher zu Wochengottesdiensten gebraucht wurde, seit dem Jahr 1803 aber kirchlichen Zwecken nicht mehr dient, indem damals die Kirchenstühle herausgenommen, und gefangene, von einer ansteckenden Krankheit heimgesuchte Soldaten in ihr untergebracht wurden; seit dieser Zeit ist sie dem Muthwillen und dem Zerfall Preis gegeben; durch die offenen Fenster bläst der Sturm und schlägt der Regen in die altehrwürdige Kirche, diese täglich mehr dem Untergang entgegen führend. Die Kirche enthält frühgothische Fenster, aus denen theilweise das Maßwerk herausgeschlagen ist; an der Nordseite des Langhauses befindet sich neben gothischen Fenstern, noch ein kleines aus der Übergangsporiode. Der Chor ist abgebrochen und der ehemalige spitzbogige Chorbogen jetzt zugemauert. An der Westseite steht ein monströser, niedriger Thurm, nur mit dem vierseitigen Zeltdach über den First der Kirche emporragend; er enthält Schießscharten und später eingebrochene Lichtöffnungen. Im untern Geschoß des Thurms befindet sich ein spitzbogiger Durchgang, an dessen westlicher Innenseite noch Reste sehr alter Wandmalereien, den von Pfeilen durchbohrten Sebastian vorstellend, sichtbar sind. Einzelne Theile des Thurms erinnern noch an dessen ursprünglichen romanischen Baustyl. Von den auf dem Thurme hängenden Glocken wurde die größte 1856 von Heinrich Kurtz in Stuttgart, die mittlere 1771 von Christ. Ludwig Neubert in Ludwigsburg und die kleinste 1811 von C. C. Neubert in Ludwigsburg gegossen. Das Innere der Kirche bietet ein Bild betrübender Verkommenheit; die noch allein übrig gebliebenen muthwillig verstümmelten Steinbilder auf den Grabdenkmalen der alten Wunnensteiner rufen bei dem Beschauer ein trauriges Gefühl und zugleich einen begründeten Unwillen gegen den hier verübten Vandalismus hervor. An der südlichen, kahlen Innenwand stehen in der Richtung von Ost nach West folgende Denkmale:

| a. Zwei Wappenschilde, von denen der eine die 3 Wunnensteinischen Beile enthält, der andere ist senkrecht in 2 Felder getheilt und trägt auf dem Stechhelm zwei Büffelhörner.

b. Das angebliche Standbild des gleißenden Wolfs von Wunnenstein, von dem nur noch der geharnischte Rumpf mit dem Schwertgürtel und an der linken Seite der Schild mit dem Wunnenstein’schen Wappen sich erhalten haben; Kopf, Vorderarm und Füße sind abgeschlagen. Auch der Löwe an den Füßen der Ritterstatue ist noch vorhanden, ebenso das Polster, auf dem das Haupt ruhte.

c. Eine Frau mit gefalteten Händen auf einem Hund stehend; zu beiden Seiten des Kopfs ist je das v. Niefern’sche (Enzberg’sche) Wappen angebracht. Von der Inschrift ist nur „Anno domini 1399“ leserlich; es stund noch weiter: feria secunda ante nativitatem S. Mariae virginis obiit Margaretha de Niefern. Margaretha war die erste Gemahlin Wolfs von Wunnenstein des gliesenden. (Württ. Jahrb. 1851 b, 57).

d. Das Wunnensteinische Wappen mit der Inschrift: Anno domini 1399 [feria sexta ante exaltationem sanctae crucis] obiit [Conradus] de Wuninstein.

Auf dem Fußboden der Kirche liegt eine sehr alte Grabplatte mit dem Wappen der Herren v. Wunnenstein, und an dem zugemauerten Chorbogen sind 3 Grabsteine aus späterer Zeit aufgestellt.

Gabelkofer (Hdschr. der kgl. öffentl. Bibl. in Stuttgart, hist. Oct. Nr. 16 d. S. 228) las noch: A domini 1309 feria quinta post … obiit Joannes de Winnenstein cujus anima requiescat in pace und Crusius Ann. Suev. 2, 338: da man zalt von Christus geburt 1413 am nechsten Donnerstag vor sanct Martinus tag, starb Herr Wolff von Winnenstain.

Um die Kirche liegt der ehemalige Begräbnißplatz, auf den bis zum Jahr 1855 theilweise noch beerdigt wurde; an der nordöstlichen Ecke der Kirchhofmauer stand der sog. Rodisthurm, von dem nur noch wenige Spuren sichtbar sind.

Die Unterhaltung der beiden Kirchen hat die Stiftungspflege, die jedoch wegen Mittellosigkeit von der Gemeindepflege unterstützt werden muß. An der Kirche stehen ein Stadtpfarrer und ein Helfer, der zugleich die Stelle eines Präceptors zu versehen hat.

Der erste evangel. Stadtpfarrer war vor dem Interim Valent. Vannius (Wanner) von 1535–37 (s. unten), nach dem Interim Johann Gayling, der bekannte Reformator von 1551–52; beide waren eifrige Beförderer der neuen Lehre. Der erste evangel. Diakon| war Joh. Binder von 1557–62 und der erste Präceptor M. Sebastian Kneer von 1683–85. Die Präceptorsstelle wurde anfänglich von 1557–80 von den Diakonen versehen und war bis 1683 unbesetzt (s. auch Binder, Kirchen- und Lehrämter S. 207 ff.).

3. Das Stadtpfarrhaus (vormaliges Oberamteigebäude), welches Eigenthum des Staats ist, steht an der Hauptstraße und befindet sich in gutem Zustande.

4. Das Helferathaus, bis zum Jahr 1829 Stadtpfarrhaus, steht am Berg im nordöstlichen Theil der Stadt, unfern des Schulgebäudes und muß von der Gemeinde unterhalten werden.

5. Das geräumige Schulhaus enthält ein Lehrzimmer für die lateinische Schule, drei Lehrzimmer für die deutsche Volksschule und die Wohnungen des Schulmeisters und des Unterlehrers. Eine Industrieschule besteht.

6. Auf dem Marktplatz steht das sehr ansehnliche, dreistockige am Ende des 17. Jahrhunderts erbaute Rathhaus mit Thürmchen und Glocke auf dem First und mit einer Uhr an der Giebelseite; es hat einen steinernen Unterstock und zeigt in den übrigen Theilen einen sehr soliden Holzbau. Über dem rundbogigen Eingang ist das Wappen der Stadt angebracht. Neben dem Rathhaus steht das städtische Archiv.

Außer diesen Gebäuden besitzt noch die Gemeinde: eine große Kelter mit 5 Bäumen und einer Klein’schen Presse, ein Armenhaus, ein Backhaus, ein Arrestlokal, in welchem zugleich die Feuerlöschgeräthschaften aufbewahrt sind, und ein außerhalb der Stadt stehendes Schafhaus.

Mit mittelgutem Trinkwasser, das 4 laufende Brunnen, worunter 2 vierröhrige, und 2 Pumpbrunnen liefern, ist der Ort hinreichend versehen. Das Trinkwasser wird mittelst zwei, aus hölzernen Deucheln bestehenden Wasserleitungen, die eine 1/4, die andere 1/8 Stunde lang, zur Stadt geführt. Vor etwa 80 Jahren bestand noch in der Nähe des Kreppthors ein wohl eingerichtetes, häufig besuchtes Badhaus, dessen noch vorhandene Quelle 14° R. hat und in geringen Mengen schwefelsauren Kalk, schwefelsaure Talkerde, kohlensauren Kalk, kohlensaure Talkerde und kohlensaures Gas enthält. Außer dem mit Wasser gefüllten Stadtgraben läuft noch der Söhlbach ganz nahe an der Westseite der Stadt vorüber, überhaupt ist die Markung ziemlich wasser- und quellenreich.

Etwa 3/4 Stunden nordöstlich von der Stadt liegt im Gemeindewald auf der Anhöhe bei Gagernberg der über 6 Morgen| große St. Annasee, der als Fischwasser benützt, und von der Gemeinde um 33 fl. jährlich verpachtet wird.

Die Einwohner sind im allgemeinen gesund, jedoch minder ansehnlich und unter den älteren Leuten trifft man mehrere kretinenartige, was bei der jüngeren Generation seltener vorkommt. Sparsamkeit, Fleiß und kirchlicher Sinn sind im allgemeinen die Eigenschaften der Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht und Weinbau bestehen; der Gewerbebetrieb ist nicht beträchtlich und dient meist nur dem örtlichen Bedürfniß, mit Ausnahme eines tüchtigen Uhrmachers, eines Secklers, eines Messerschmieds und zweier Seifensieder, die ihre Fabrikate auch auswärts absetzen, namentlich macht der Uhrmacher bedeutende Geschäfte sogar über die Grenzen des Landes hinaus. Ferner sind vorhanden 2 Kaufläden, eine Conditorei, ein Nadler mit Specereihandlung, ein Krämer und 4 Schildwirthschaften. Die Vermögensumstände sind im allgemeinen nicht zu den besseren zu zählen, da die Haupterwerbsquelle der Weinbau bildet, dessen Erträgnisse erst in den günstigen Jahren der neueren Zeit manchem verschuldeten Bürger wieder einigermaßen aufgeholfen haben. Die vermöglichsten Bürger besitzen 40–50 Morgen, die mittelbegüterten 10–12 Morgen und die unbemittelsten 2 Morgen Grundeigenthum. Vollständige Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 10 Personen; mehreren werden blos wöchentlich Almosen gereicht.

Ausgezeichnete Beilsteiner sind: Valentin Wanner, genannt Vannius, erst Mönch in Kl. Maulbronn, ging zum Protestantismus über, Prediger in Löwenstein, darauf in Culmbach, 1535 in Beilstein und nach weiterem Wechsel 1558 Abt in Maulbronn, † 27. Aug. 1567. Ein tüchtiger Theologe, dessen Schrift wider die Messe viel Aufsehen machte.

Matthäus Esenwein, geb. 5. Mai 1620, 1651 Diacon in Urach und gleich darauf in Tübingen, 1659 Decan in Leonberg, 1661 in Kirchheim, 1669 Abt in Hirschau, als welcher er den 24. Sept. 1672 verschied. Er war ein gründlicher Kenner der hebräischen Sprache, welche er 1652–59 auf der Universität Tübingen lehrte.

Friedr. Philipp Immanuel (v.) Niethammer, Sohn des hiesigen Stadtpfarrers, geb. den 26. Merz 1766, 1793 Professor der Philosophie, 1797 der Theologie in Jena, 1804 Professor und Consistorialrath in Würzburg, 1806 protestantischer Kreis-, Consistorial- und Schulrath in Bamberg, 1807 Centralschul- und Studienrath in München, 1829 erster evangelischer Consistorialrath daselbst,| † 1. April 1848. Ein ausgezeichneter Philosoph und von großen Verdiensten um das Schulwesen.

Die von Südwest nach Nordost in die Länge gezogene Markung, von der die Parzellen mit Ausnahme von Söhlbach getrennt liegen, ist im Verhältniß zur Einwohnerzahl nicht groß; nur der auf der rechten Seite des Söhlbachs gelegene Theil bildet ein flachwelliges Land, während der auf der linken Seite des Söhlbachs gelegene bergig ist und zu den Ausläufern der Löwensteiner Berge gehört. Die hervorragendsten Berge auf der Markung sind der nordöstlich von Beilstein sich kräftig erhebende, mit Reben und Wald bepflanzte Wartberg und der zunächst der Stadt gelegene Schloßberg, welcher gleichsam als ein vorgeschobener Ausläufer des ersteren zu betrachten ist. Von dem Wunnenstein greifen nur noch die Ausläufer in den südwestlichen Theil der Markung ein.

Die Bodenverhältnisse sind im allgemeinen gut und bestehen im Flachlande aus einem fruchtbaren Lehm; gegen die Berge hin, welche durchaus dem Keuper angehören, wird er allmählig schwerer, gebundener, ein sog. schwarzer Boden, der minder ergiebig ist, aber ein sehr gutes, mehlreiches Getreide liefert.

Die Keuperberge hingegen liefern mit ihren Mergeln und Sandsteinen einen vortrefflichen Boden für den Wein- und Waldbau; ersterer wird an den sommerlichen Abhängen mit bestem Erfolg getrieben, während die winterlichen Abhänge und Hochebenen dem Wald eingeräumt sind. Steinbrüche sind in dem Gemeindewald, einer im Stubensandstein, der andere im Werkstein angelegt; in der Nähe des letzteren wird auch Töpfererde gewonnen; ein Gipsbruch liegt an den Ausläufern des Wunnensteins, auch ist eine Lehmgrube vorhanden.

Die klimatischen Verhältnisse begünstigen den Anbau aller in Württemberg vorkommenden Kulturpflanzen; Hagelschlag kommt sehr selten vor, dagegen schaden zuweilen Frühlingsfröste und kalte Nebel, namentlich in den Niederungen.

Die Landwirthschaft wird im allgemeinen sehr fleißig und gut betrieben; verbesserte Ackergeräthe wie der Brabanterpflug, die Walze etc. haben Eingang gefunden, dagegen läßt die Anlegung der Düngerstätten noch manches zu wünschen übrig. Zur Besserung des Bodens kommen die gewöhnlichen Düngungsmittel und der Gips in Anwendung.

In dreizelgiger Flureintheilung, mit vollständigem Bracheinbau| kommen Dinkel, Gerste, Haber, wenig Weizen und Roggen, Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen und viel Welschkorn, das hier ausgezeichnet gedeiht, zum Anbau; von Fabrik- und Handelsgewächsen baut man nur Flachs und Hanf für das eigene Bedürfniß in besonderen Ländern. Auf einen Morgen sät man 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Haber, 4 Sri. Gerste, 4 Sri. Einkorn und erntet 10 ausnahmsweise 12 Scheffel Dinkel, 7 Scheffel Haber, 6 Scheffel Gerste und 7–8 Scheffel Einkorn.

Die höchsten Preise eines Morgens betragen gegenwärtig 800 fl., die mittleren 400 fl. und die geringsten 100 fl. Von den Getreideerzeugnissen können nur einige größere Güterbesitzer nach außen absetzen.

Gartenbau treibt man nur für das eigene Bedürfniß; als schöne Gärten sind die des Dr. Reichert und des Apothekers Speidel zu nennen.

Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt, liefert aber ein sehr gesundes Futter und zwar 25–30 Cent. Heu und 12 Cent. Öhmd vom Morgen. Die Wiesen sind durchgängig zweimähdig und können theilweise bewässert werden; der höchste Preis eines Morgens ist derzeit 800 fl., der mittlere 500 fl. und der geringste 200 fl.

Von großer Bedeutung ist der Weinbau, welcher in der gewöhnlichen Weise betrieben wird; man rechnet 3000 Stöcke auf den Morgen und bezieht die Reben den Winter über. Die häufigsten Sorten sind Drollinger (vorherrschend), Silvaner, Elblinge und Gutedel. Die erzeugten Weine gehören zu den besseren des Landes und sind wegen ihrer Lagerhaftigkeit besonders schätzbar. Das Auslesen der weißen und rothen Sorten ist in den letzten Jahren nur von einigen Weinbergbesitzern angewendet worden, daher die Weine meist roth oder sog. Schiller sind. Die beste Lage ist hinter der St. Annakirche im sog. Ruhl.

Die Weinberge sind ergiebig und ertragen in ganz günstigen Jahrgängen 8–10 Eimer vom Morgen; die Preise eines Eimers waren in den Jahren: 1846 48–66 fl., 1856 37–66 fl., 1857 43–60 fl., 1858 30–50 fl., 1859 40–66 fl., 1860 16–29 fl., 1861 55–74 fl., 1862 50–66 fl., 1863 40–60 fl., 1864 32–55 fl., 1865 70–96 fl. Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich von 300–800 fl.

Der Absatz des Weins geht hauptsächlich in die Oberämter Backnang, Aalen, Welzheim und Gmünd.

| Im Jahr 1856 wurde ein Verein von kleineren Weinbergbesitzern gebildet, in der Absicht, für ihre Erzeugnisse einen verhältnißmäßig ebenso großen Erlös zu erzielen, wie die reicheren Weinbergbesitzer. Die Theilnehmer des Vereins verpflichten sich die Trauben sorgfältig zu lesen und zu raspeln, was unter besondere Aufsicht gestellt ist; das Erzeugniß wird alsdann zusammengelegt und in größeren Quantitäten verkauft, wodurch höhere Erlöse erzielt werden.

Von nicht besonderer Ausdehnung ist die Obstzucht, welche sich meist mit Mostsorten beschäftigt und deren Ertrag im Ort selbst verbraucht wird. Die Jungstämme werden größtentheils von den Einwohnern selbst nachgezogen. In den fünfziger Jahren ließ die Stadt ein etwa 7 Morgen großes Baumgut anlegen, das der Gemeindekasse jetzt schon einen jährlichen Pacht von 50 fl. einträgt.

Einen großen Reichthum besitzt die Gemeinde in ihren 2288 Morgen großen, sehr gut bestandenen Waldungen, von denen der auf der eigentlichen Markung gelegene sog. kleine Wald 738 Morgen, der sog. große Wald, welcher abgesondert von der Markung von den Höhen bei Gronau bis gegen Prevorst sich hinzieht, 1550 Morgen hält. Der jährliche Ertrag der Waldungen besteht in 450 Klaftern und 36.000 St. Wellen; hievon erhält jeder Bürger 1 Klafter und 100 St. Wellen und überdieß fließen noch 4–6000 fl. als Erlös aus dem verkauften Holz in die Gemeindekasse, welche zu Gemeindezwecken und besonders zur Deckung des 1000–1500 fl. betragenden Gemeindeschadens verwendet werden.

Eigentliche Weiden oder Allmanden sind 25 Morgen vorhanden, die nebst der Brach- und Stoppelweide an einen Schäfereibeständer den Winter über um 330 fl. verpachtet sind; überdieß trägt die Pferchnutzung etwa 300 fl. der Gemeindekasse ein.

Der Pachtschäfer hält 300 Stück deutsche und Bastardschafe und setzt die Wolle auf inländischen Märkten ab.

Die Pferdezucht, wie auch die Pferdehaltung ist unbedeutend und die Rindviehzucht wegen Mangels an Futter und wegen des ausgedehnten Weinbaus nicht so namhaft wie in den meisten Orten des Bezirks; man hält einen gewöhnlichen Neckarschlag, zu dessen Nachzucht 3 Farren aufgestellt und einem Ortsbürger in Pacht gegeben sind. Seit dem Jahr 1855 besteht eine Vieh-, Leih- und Sparkasse um ärmeren Bürgern durch Zutheilung von Vieh, dessen Kapitalwerth von ihnen zu verzinsen und durch Abschlagszahlungen abzutragen ist, einen eigenen Viehstand zu ermöglichen. Handel mit Vieh wird nicht getrieben.

| Schweinezucht wird in mäßiger Ausdehnung getrieben, so daß etwa ebensoviel Ferkel im Ort gezogen als von außen eingeführt werden; man züchtet Land- und halbenglische Race meist für den eigenen Bedarf.

Ziegen halten ärmere Familien der Milch wegen und Geflügel zieht man nur für den Selbstbedarf; ebenso ist die Bienenzucht nicht von Belang und wird mit wenig Glück betrieben.

Die Stadt hat das Recht den 2. April einen Holz-, Vieh- und Krämermarkt, den 12. Juni und den 30. November einen Vieh- und Krämermarkt abzuhalten; der Besuch derselben ist ziemlich lebhaft.

Eine eigentliche Staatsstraße berührt die Markung nicht, weil die durch den Ort führende Landstraße von Marbach nach Heilbronn, soweit sie die Markung berührt, von der Gemeinde mit nicht unbedeutenden Kosten unterhalten werden muß; übrigens ist in neuerer Zeit zur Unterhaltung dieser Straße um einen Staatsbeitrag nachgesucht worden. Auch ist zu beklagen, daß eine Postverbindung mit Heilbronn oder Lauffen nicht stattfindet und der täglich ankommende Eilwagen von hier wieder zurück nach Marbach und Ludwigsburg geht.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet. Neben der allgemeinen Stiftungskasse mit einem Fonds von 9000 fl. für Arme bestimmt, ist noch eine besondere Schulfondskasse für lateinische und deutsche Schüler, und eine von J. Schuler angefallene Stiftung von 300 fl. zu Gunsten der Armen in Stocksberg vorhanden.

Das Wappen der Stadt enthält in einem rothen Schild einen sechseckigen silbernen Stein, in welchen 3 silberne Mauerhämmer eingehauen sind. Die Erfindung dieses Wappens ging aber nicht von der richtigen Deutung des Stadtnamens aus; die nicht selten vorkommenden Orte Beilstein oder Bielstein bedeuten ursprünglich Jagdplätze, wo das Wild zu Stande gebracht und erlegt wurde. (Grimm. Förstemann).

Es ist wohl außer Zweifel, daß die Römer, welche von ihrem Aufenthalt in der Umgegend vielfältige Spuren hinterlassen haben, auch hier festen Sitz hatten, allein sichere Beweise lassen sich hiefür nicht finden; die Sage, daß der Thurm auf dem Schloßberg, der sog. Langhans, ein Werk der Römer sei, ist unrichtig, obgleich wir nicht in Abrede ziehen wollen, daß der vorgeschobene Schloßberg einst auch von den Römern als fester Punkt benützt wurde (s. hier. unten).

| Ein alter Weg, welcher vermuthlich römischen Ursprungs ist, führt unter der Benennung „Heerweg“ westlich am Ort vorüber in der Richtung gegen Abstatt; er zieht südlich von diesem Ort an den sog. Heeräckern vorbei und nördlich von denselben über die Flur Heerstraße. Bei dem sog. Unholdenbäumle geht in diesen Heerweg ein alter Weg, der Maurerweg genannt, ein, der von einer auf Abstatter Markung gelegenen ehemaligen römischen Niederlassung herkommt. Nach der Volkssage spuckts beim Unholdenbäumle, namentlich läßt sich dort ein Hund sehen, der schon die Leute von dem Bäumle aus begleitet haben soll.

In dem 3/4 Stunden östlich von Beilstein gelegenen Walde Bräunersberg, soll ein Schloß gestanden sein, von dem man noch Trümmerschutt gefunden haben will.

Im Bruderthal findet man unfern der untern Ölmühle noch Gemäuer und Ziegel von einem früher hier gestandenen Bruderhaus. Auf dem Wartberg nördlich von der Stadt stand ein Wartthurm, der vor etwa 100 Jahren abgegangen sein soll.

Das merkwürdigste Denkmal des Alterthums ist die Ruine des Schlosses Beilstein, der sog. Langhans. An der Ostseite der Stadt erhebt sich der wohlgerundete Schloßberg, der mit Ausnahme der mit Obstgärten angelegten Nordseite, durchaus mit Reben bepflanzt ist; auf der nicht unbeträchtlichen Kuppe desselben ragen die altehrwürdigen Reste des Schlosses kühn und kräftig empor, eine Zierde der weiten Umgegend bildend. Das Schloß zerfällt in die innere Burg und in die Vorwerke, erstere steht auf einem senkrechten Keuperwerksteinfelsen und ist auf der von Natur allein zugänglichen Ostseite durch einen tiefen in den Felsen gehauenen Graben von den Vorwerken getrennt. Die Vorwerke bestehen noch in einer Mauer, welche an die Stadtmauer von Beilstein sich anschließend an der Nord-, Ost- und Westseite um die Burg lauft; an der nördlichen bis zur Stadt hinunter führenden Vormauer haben sich noch 2 Halbrondele erhalten. Über den Burggraben führt an der Ostseite eine steinerne Brücke, welche an die Stelle der ehemaligen Zugbrücke gesetzt wurde, zu einem Halbrondel; von hier gelangt man durch einen rundbogigen Eingang in den innern Schloßhof, der rings mit einer 25–30′ hohen und 8′ dicken Mauer, der ursprünglichen Ringmauer, umgeben ist. Die Mauer ist äußerst massiv, an der Außenseite mit Buckelquadern, an der inneren gegen den Schloßhof gekehrten Seite aber mit schön behauenen Quadern aufgeführt. Außer| der Ringmauer und den Vorwerken hat sich von dem ehemaligen sehr festen Schloß nur noch ein Thurm erhalten, der wegen seiner seltenen fünfeckigen Form zu den interessantesten Thürmen des Alterthums, nicht nur in Württemberg, sondern auch weit über dessen Grenzen hinaus, gehört; er steht zunächst am Eingang links (südlich) und wurde offenbar zum Schutz des Eingangs und hauptsächlich zur Vertheidigung der am leichtesten zugänglichen Ostseite der Burg erbaut. Der bis zur Zinne ganz erhaltene Thurm hat eine Höhe von 85′ und die durchaus aus Buckelquadern errichtete Mauern sind 10′ dick; auf der westlichen, gegen den Burghof gerichteten Seite befindet sich 30′ über der Erdfläche der ursprüngliche rundbogige Eingang (der später an der Erdfläche eingebrochene ist an der Südseite), die Ostseite enthält hoch oben am Thurm einen Abtritt, während an der Südseite drei, jedoch nicht ganz senkrecht über einander stehende, schöne rundbogige Schießscharten angebracht sind, die sich gegen Innen sehr erweitern und daher im Verhältniß zu ihren schmalen Öffnungen viel Licht in den Thurm bringen. Das Innere des Thurms ist, wie überhaupt seine Grundanlage quadratisch, und nur die Ostseite bildet einen auswärts gerichteten stumpfen Winkel, wodurch in der äußeren Form des Thurms ein unregelmäßiges Fünfeck entstand. Diese seltene, von andern Thürmen abweichende Anlage wurde offenbar gewählt, um dem andringenden Feinde an der schwächsten Seite der Burg nur schräge, in stumpfen Winkeln sich brechende Flächen des Thurms entgegen zu stellen. Der Thurm bestand aus 5 Stockwerken, welche durch Absätze an den Innenseiten, auf denen das Balkenwerk lag, deutlich angedeutet sind; überdieß befindet sich unter ihm noch ein weiteres Gelaß, das Burgverließ.

1

Was die noch erhaltene Ringmauer der eigentlichen Burg betrifft, so enthält dieselbe an den Außenseiten gegen Osten, nahe der südöstlichen Ecke, einen Abtritt, an der Nordseite ebenfalls einen Abtritt und einen rundbogigen Eingang und an der Südseite ein leider zugemauertes Doppelfenster aus der besten romanischen Periode; letzteres, wie überhaupt alle noch vorhandenen Spuren, liefern ein sicheres Zeugniß über das Alter der Burg, deren Erbauung in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts fallen dürfte. In dem Innern des Burghofes und an den Innenseiten der Ringmauer lassen sich die Stellen, an denen Gebäude standen, nicht mehr erkennen, so viel aber steht fest, daß da, wo Fenster und Abtritte an der Mauer angebracht sind, auch Wohngebäude gestanden haben. Weitere Zeugen| von dem hohen Alter der Burg sind die am Thurm und an der Ringmauer zahlreich angebrachten Steinmetzzeichen.

Diese Zeichen, welche an der Ringmauer wie auch an dem Thurme die gleichen sind, beweisen, daß beide aus einer Periode stammen, zugleich haben sie die größte Ähnlichkeit mit den an frühmittelalterlichen Burgen vorkommenden Zeichen, wie an Lichtenberg, Helfenberg, Liebenstein, Neipperg, an den Besigheimer Thürmen etc., was einen weiteren Beleg für das hohe Alter des Schlosses Beilstein liefert, dagegen die Ansicht, dasselbe sei ein Werk der Römer, gründlich widerlegt. Die Burg erkaufte im Jahr 1836 der bereits erwähnte Oberkonsistorialrath v. Niethammer von dem Staate um 600 fl. und vererbte sie auf seine Familie.

Noch ist zu bemerken, daß der Thurm mittelst eines in neuerer Zeit aufgeführten hölzernen Treppenbaus leicht besteigbar gemacht wurde. Wer ihn bis zur Zinne besteigt, wird lohnend überrascht von der herrlichen Aussicht, die sich hier dem Auge entfaltet; gegen Westen schweift der Blick über Beilstein in das anmuthige Söhlbach-Thälchen und jenseits desselben erhebt sich der nahe gerückte Wunnenstein, mit seinen Nebenhügeln einen imposanten Mittelgrund der Landschaft bildend, die im Hintergrunde von dem Strom- und Heuchelberg begrenzt wird. Gegen Südwest breitet sich ein fruchtbares, durch stattliche Ortschaften belebtes Flachland bis in die Gegend von Ludwigsburg und Asperg aus und gegen Süden wird das reizende Bottwarthal mit den angrenzenden Höhenzügen und dem stattlichen Schloß Lichtenberg sichtbar. Gegen Nordwesten reicht der Blick über das Flachland hinweg bis in die Gegend von Heilbronn und freundlich winkt die Burg Stettenfels herüber. Gegen Norden ist die Aussicht durch den vorliegenden Wartberg beschränkt, gegen Osten aber entfaltet sich plötzlich ein ganz anderes landschaftliches Bild; während sich nach den andern Richtungen nur fruchtbare Felder ausbreiten, erblickt man hier eine ausgedehnte, vollendete Waldgegend, die| Löwensteiner Berge, welche von abgeschiedenen, engen Wiesenthälchen vielfältig durchzogen sind.

Ein Schloß in B., dessen Bau Herzog Christoph begonnen und sein Sohn Herzog Ludwig vollendete (Sattler Topogr. 185), wurde in den Kriegszeiten des 17. Jahrhunderts zerstört.

B. scheint in frühester Zeit zu dem Besitze der Grafen von Calw gehört zu haben, wenigstens war ohne Zweifel der Graf Berthold, welcher sich im Jahr 1230 von „Beilstein“ schrieb, von diesem Grafenhause (vrgl. A. VII. 1.). Nicht lange nachher mag übrigens der Ort an die in der Gegend ohnehin begüterten Markgrafen von Baden gekommen sein; wenn nämlich am 25. Juli 1304 K. Albrecht dem Grafen Eberhard dem Erlauchten verspricht, ihn nicht irren zu wollen „an der Burg und der Stadt zu B. und was dazu gehöret, an der Burg zu Reichenberg und was dazu gehöret, an der Stadt Backnang und was dazu gehöret, und an andern Gütern, die er von dem Markgrafen von Baden hat“ (Sattler Grafen 1 Beil. Nr. 34), so scheinen dieß alles Erwerbungen zu sein, welche der Graf, Tochtermann des Markgrafen Rudolf von Baden, ebenmäßig aus markgräflich badischen Händen gemacht hatte. Indeß war hiemit noch kein dauernder Erwerb für Württemberg begründet; es trat vielmehr ein zeitweiliger Zwischenbesitz seitens der Grafen von Tübingen-Asperg dazwischen. Graf Ulrich von Asperg der Alte, dessen Ausdehnung in dieser Gegend durch seine Heirath mit Anna, Tochter Albrechts Grafen von Löwenstein, und durch den Erlös aus seinem 1308 an Württemberg verkauften Hauptbesitz zu und um Asperg vermittelt worden sein mochte, verkaufte den 29. April 1338 an seine Söhne, die Grafen Ulrich, Wilhelm und Johann, seine Burg und Stadt B. mit Zugehörungen um 1200 Pfd. Heller. Die 2 letztgenannten Söhne veräußerten nach dem Tode ihres älteren Bruders, aber noch bei Lebzeiten ihres Vaters, solchen Besitz nebst 160 Pfd. rechter Herrengült für 1600 Pfd. Heller an den Herrn Ulrich von Württemberg, Probst zum Weidenstift in Speier, † 1348, (Sattler Grafen 1 Beil. Nr. 93. 94), von welchem er nicht lange nachher an das regierende Haus Württemberg gelangte.

Im J. 1361 wurde B. von den Grafen Eberhard dem Greiner und Ulrich von Württemberg dem K. Karl IV. als König von Böhmen zu Lehen aufgetragen (A. VII. 1.).

Das Loos vorübergehender Verpfändung traf B. im J. 1397, als Graf Eberhard der Milde von Württemberg Burg und Stadt an den Edlen Heinrich Göldlin, – im J. 1435, als die Grafen| Ludwig und Ulrich von Württemberg beides an Conrad von Stammheim versetzten, ferner im J. 1453, als Graf Ulrich von Württemberg dasselbe den Grafen Ulrich und Conrad von Helfenstein Gebrüdern statt der ihnen versetzten Burg und Stadt Leipheim, welche er an die Stadt Ulm verkauft hatte, zum Leibgeding unter Vorbehalt der Öffnung übergab.

Es verschrieb jedoch 1456 Graf Ulrich von Helfenstein für 200 fl. das Öffnungsrecht dem Ritter Eberhard von Neipperg und der Württemberger Graf wurde an diesem Rechte gekränkt. Hierüber entrüstet zog letzterer im J. 1457 Burg und Stadt B. mit bewaffneter Hand wieder an sich und brachte es dahin, daß der Graf von Helfenstein in die Acht erklärt wurde. (Näheres bei Stälin, Wirt. Gesch. 3. 506.).

Endlich im J. 1463 versetzte abermals derselbe Graf Ulrich von Württemberg, welcher damals eine große Summe für die Lösung aus pfälzischer Gefangenschaft zu bezahlen hatte, Burg und Stadt B. der Wittwe Conrads von Gemmingen, geb. von Weingarten, und ihrem Sohn Dieterich von Gemmingen, und löste solches Pfand erst 1474 von Hans und Diether von Gemmingen gegen Erstattung von 800 fl. und 95 fl. Baukosten an letzteren wieder ein.

Verheerend wirkte in B. der 30jährige Krieg; 1634 waren allhier 200 Bürger und 205 Gebäude (Häuser, Scheunen), wogegen 1655 (sieben Jahre nach dem westphälischen Frieden) nur 87 Bürger und 117 bewohnte Häuser gezählt wurden.

Bei ihrem Einfall im J. 1693 raubten und mordeten die Franzosen neben dem, daß sie, wie erwähnt, die Stadt fast ganz in Asche legten; die Einwohnerschaft schmolz auf 45 Bürger herab und der Schaden der Stadt wurde auf 124.775 fl. geschätzt.

Frühe erscheint eine Adelsfamilie, welche sich von Beilstein nannte; Dietrich von B., welcher um 1150 das Kloster Hirschau beschenkte (Cod. Hirs. 55b), ist das älteste bekannte Glied derselben und eine frühere Erwähnung des Ortsnamens hat sich überhaupt nicht erhalten. Die Geschichte hat uns nicht aufbewahrt, welcher dieser Dienstmannen erstmals auf der hiesigen Burg saß; gegen Ende des 14ten und am Anfang des 15ten Jahrhunderts waren es die Herren von Wunnenstein (s. W.).

Unter den Adelsfamilien, welche einen hiesigen Hof von der Herrschaft Württemberg zu Lehen erhielten, steht oben an Albrecht von Tachenhausen unter dem J. 1361.

| Von benachbarten geistlichen Stiften war das zu Backnang bereits im J. 1245 allhier begütert.

Den Rechtsantiquitäten gehört an die Thatsache, daß die Unterthanen im Amt B. die Burg in der Frohne beholzen mußten.

Eine Curiosität ist, daß am 5. August 1583 „im Wassergraben hinter dem Städtchen, wohl an 16 Orten, Blut aufquoll, so daß der Wassergraben blutroth wurde, als wenn es lauter Blut wäre und das fließende Wasser bis gen Oberstenfeld roth färbte,“ was über 8 Tage andauerte. Wie dieß ein Augenzeuge berichtete und mit schlimmer Prophezeiung aus diesem Vorfall im J. 1583 drucken ließ, als: Newe Zeytung, wahrhafftige Geschicht und ernstliche Erklerung göttliches Zorens wider die Sünd, welchen Gott der jetzigen gottlosen Welt durch Wunderzeichen verkünden lest. MDLXXXIII. 4 Blätter. 4°[2].

Das Patronat der St. Annakirche war von jeher landesherrlich, das der jetzt unbenützten St. Magdalenenkirche gehörte ursprünglich dem Stift Oberstenfeld, welchem es P. Innocenz IV. 1247 bestätigte. Aus der Erwerbung der Schutzvogtei über das Stift (im J. 1357) leitete Herzog Christoph im Reformationszeitalter das Recht ab, die Einkünfte dieser Kirche mit dem evangelischen Kirchengut in Württemberg zu vereinigen, und suchte seine Ansprüche in einen langwierigen Prozeß beim Reichskammergericht im J. 1555 u. ff. durchzusetzen. Sein Sohn Herzog Ludwig mußte sich im Jahr 1588 zu einem Vergleich bequemen, wonach er an das Stift 500 fl. bezahlte, aber dafür die Kaplanei in der Magdalenenkirche und der auf dem nahen Petersberge gelegenen St. Blasiuskapelle, die Pfarrei zu Kleinaspach und einen halben Morgen Garten zu Oberstenfeld erhielt. (Württ. Jahrb. 1840, 330.).

Zu der Gemeinde gehören:

b. Etzlenswenden, liegt von der Gemeindemarkung getrennt auf den Löwensteiner Bergen, 11/2 Stunden nordöstlich von Beilstein, zunächst der nördlichen Oberamtsbezirksgrenze. Der Ort hat eine eigene Schule, an der ein Schulmeister unterrichtet. Gutes Trinkwasser ist hinreichend vorhanden.

Die wenig bemittelten Einwohner treiben auf ihrer kleinen,| minder fruchtbaren Markung Feldbau und überdieß beschäftigen sie sich mit Holzhandel und Waldarbeiten. Der Ort gehört, wie auch die übrigen Parzellen, Söhlbach ausgenommen, zu den sog. Waldorten, deren Bewohner im allgemeinen aufgeweckter und lebensfroher sind, als die des Mutterorts.

E. kam zum Theil 1456 mit dem Schloß Helfenberg durch Kauf an Württemberg, welches noch 1771 von Friedrich von Weiler dessen Antheil erwarb.

c. Farnersberg, nur 1/4 Stunde nordwestlich von Etzlenswenden auf der Anhöhe gelegen; die natürlichen und ökonomischen Verhältnisse gleichen denen des letzteren Orts, dessen Schule die Kinder zu besuchen haben. Die kleine Markung bildet eine Exklave des diesseitigen Oberamtsbezirks und liegt innerhalb des Oberamts Weinsberg.

d. Söhlbach, ein aus stattlichen Bauernwohnungen bestehender Weiler, 1/2 Stunde nördlich vom Mutterort am Söhlbach freundlich gelegen. Die Einwohner sind wohlhabend und finden ihre Haupterwerbsquelle in der Landwirthschaft.

Das Trinkwasser liefern Pumpbrunnen, die zuweilen so sehr nachlassen, daß Wassermangel entsteht.

Die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind wie in Beilstein, auf dessen Markung der Ort liegt.

Die schulpflichtigen Kinder besuchen die Schule im Mutterort.

e. Stocksberg, der höchst gelegene Ort des Oberamtsbezirks, hat 2 Stunden nordöstlich von Beilstein eine freie Lage auf den Löwensteiner Bergen an der Grenze des Mainhardter Walds, zu dem er zuweilen gerechnet wird.

Der ziemlich große Weiler, dessen minder ansehnliche Gebäude die Mittellosigkeit der Einwohner verrathen, hat ein eigenes Schulhaus, das jedoch wegen beschränkten Raumes nicht mehr tauglich ist, daher die Schule im Jahr 1858 bis zur Herstellung eines neuen Schulhauses, zu welchem ein Fonds angesammelt wird, aufgehoben wurde; bis dahin sind die Kinder der Schule in Neulautern, Oberamts Weinsberg, zugetheilt.

Die Einwohner sind, mit Ausnahme einiger Ackerbau treibender Familien, unbemittelt und suchen sich durch Handel mit Holzwaren, Töpfergeschirr etc. ihr spärliches Auskommen zu sichern.

Die kleine, theilweise unebene Markung liegt getrennt von der Gemeindemarkung und hat größtentheils einen unergiebigen Sandboden (Zersetzung des weißen Keupersandsteins).

| Das nöthige Trinkwasser ist vorhanden.

Zunächst (südwestlich) am Ort erhebt sich ein wohlgerundeter Hügel mit dem Stocksberger Jägerhaus, das jedoch schon über der Grenze des Bezirks liegt und in den Oberamtsbezirk Weinsberg gehört. Dieser 1889 württemb. Fuß = 1666 Pariser Fuß sich über das Meer erhebende Punkt ist nicht allein der höchste Punkt des diesseitigen Oberamtsbezirks, sondern auch der weiten Umgegend (Mainhardter Wald, Löwensteiner Berge, Welzheimer Wald) und erlaubt eine herrliche, weitgedehnte Rundsicht über den Mainhardter Wald, den Welzheimer und Murrhardter Wald, die Löwensteiner Berge hinweg an die Höhen der Kocher- und Jagstgegenden an den Strom- und Heuchelberg etc.; im fernen Hintergrunde erscheinen die Alb, die Hochebenen der Filder mit dem Schönbuch, ein Theil des Schwarzwaldes, der Odenwald mit dem frei sich erhebenden Katzenbuckel und durch die Lücke zwischen Schwarzwald und Odenwald schweift der Blick an dem Steinsberg im Badischen vorüber bis an die fernblauen Vogesen.

Am 15. Jan. 1279 erscheinen Richerus et Waltherus fratres de Stockesberg in einer Urkunde Konrads von Magenheim. (Remling, Bischöfe von Speyer. Ältere Urk. 385; letzterer, Waltherus nobilis de Stoicgosberc, gleichfalls Zeuge Konrads von Magenheim am 27. Mai 1281 in einer Urkunde betreffend die Kirche auf dem Michaelsberg).

An Württemberg kam St. dadurch, daß Graf Ulrich 1444 und 1446 einen Theil von Hansen, Petern und Konrad von Liebenstein, auch Gebhard von Thalheim um 600 fl. rhein., einen andern 1456 von Konrad von Heinrieth mit der Herrschaft Helfenberg erkaufte.

f. Obere Ölmühle liegt im Prevorster Thal 5/4 Stunden östlich von Beilstein, und 1/4 Stunde unterhalb derselben die

g. Untere Ölmühle, mit beiden ist je eine Hanfreibe verbunden.

Auf einer der Ölmühlen lebte im Jahr 1825 ein hundert Jahre alter Mann (Sylvester Klotz), der mit seinem 60jährigen Enkel und seinen Kindern in einem Hause wohnte (s. Schwäbische Kronik vom 21. April 1825).


  1. Literatur: Hoch, Immanuel, Präceptor zu Beilstein, kleine Chronik der Stadt Beilstein. Im Verlage des Verfassers. 1823. 8.
  2. Ohne Zweifel ein Infusionsthierchen, das blutfarbige Augenthier (Euglena sanguinea), welches zuweilen in ungeheurer Menge auf der Oberfläche der Gewässer erscheint und alsdann von weniger Unterrichteten für Blut gehalten wird.
« Kapitel B 4 Beschreibung des Oberamts Marbach Kapitel B 6 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).