« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg Kapitel A 7 »
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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.
In den meisten Orten des Bezirks war der Staat Grundherr und bezog als solcher theils ausschließlich, theils in Gemeinschaft mit Anderen die grundherrlichen Gefälle. Die einzelnen Körperschaften, Herrschaften und Privaten, welche neben ihm bis zum Vollzug der Grund-Entlastungsgesetze von den Jahren 1848 und 1849 in nachgenannten Orten grundherrliche Abgaben zu erheben hatten, sind: (vergl. Lit. D. unten) zu Bissingen die Stiftungspflege Markgröningen, die Meßnerei zu Ludwigsburg, die Gemeindepflege daselbst, die Stadt Bietigheim, und die Freiherrn von Kniestedt zu Heutingsheim; zu Beihingen, Benningen und Geisingen die Kniestedt’sche (jetzt Freiherrlich von Brussele’sche) Gutsherrschaft zu Kleinbottwar; zu Eglosheim die dortige Gemeinde- und Stiftungspflege; zu Heutingsheim neben der Kniestedt’schen Gutherrschaft die Kaplanei Beihingen und die von Schertel’sche Gutsverwaltung; zu Hoheneck die Kniestedt’sche und Schertel’sche Gutsherrschaft, die von Gemmingensche Gutsverwaltung und die Widdumhofs-Inhaber zu Neckarweihingen, sowie das Schulmeister- und Meßneramt zu Hoheneck; zu Kornwestheim die Inhaber des Zehnthofs, die Freiherrn von Leutrum-Ertingen zu Nippenburg und der Hospital Eßlingen; zu Markgröningen neben dem Hospital und Heiligen daselbst die dortige Stadtpflege und die Kniestedt’sche Gutsverwaltung zu Heutingsheim; zu Möglingen die Kniestedt’sche Gutsverwaltung zu Kleinbottwar; zu Neckarweihingen nebst der dortigen Heiligenpflege die Pfarrei, die Meßnerei und die Widdumhofsbesitzer daselbst; zu Oßweil die Inhaber des Hochberger- und Mährlenhofs, der Ortsheilige, die Stiftungsverwaltung Stuttgart, die Kniestedt’sche Gutsverwaltung zu Heutingsheim und die Pfarreien Mühlhausen und Hofen; zu Poppenweiler die Inhaber des sogen. Lechlenshofs, Röttershofs, Ba[n]derhofs, Kirchenpfleghofs und Schaafenhofs; zu Pflugfelden die Freiherrn von Gaisberg zu Ludwigsburg und die Freiherrn von Leutrum in Unterriexingen; zu Schwieberdingen neben der Kniestedt’schen Gutsverwaltung von Kleinbottwar die Besitzer des Fritzenhofs, die Hospitalverwaltung Markgröningen und die Besitzer des sog.| Verwaltungshofs, und zu Thamm neben der Ortsheiligenpflege die Stiftungsverwaltung Markgröningen und Major von Harling in Münchingen. Außerdem waren der K. Hofdomänenkammer gegenüber grundherrlich die in dem Hof-Kameralamt Stammheim vereinigten Orte: Möglingen, Pflugfelden, Schwieberdingen, Stammheim und Zuffenhausen, woselbst der Staat keine Gefälle zu beziehen hatte.

Das Gesetz vom 18. Juni 1849, betreffend die Ausdehnung des Amts- und Gemeindeverbands auf sämmtliche Theile des Staatsgebiets, kam in Ansehung einzelner Cameralgüterstücke und der Waldungen des Staats, sowie der hofdomänenkammerlichen Besitzungen den betreffenden Gemeinden des Bezirks wesentlich zu Statten.

B. Vormaliges Leibeigenschafts- und Lehenwesen.
Das Verhältniß der sog. Lokalleibeigenschaft, vermöge dessen ein Jeder, der sich in einem Orte, wo sie bestand, häuslich niederließ, leibeigen wurde, fand nur in den zu der früheren Beamtung Asperg gehörigen Orten statt, indem von den „Leibeigenen, so von Alters her die Leibsteuer uf Asperg gereicht und dahin gewiesen und von denselben Geschlechtern herrühren, bei ihrem Tode Ein Gulden von je 100 Pfund Heller eigen verlassenen Guts zu Hauptrecht erhoben“ wurde und jährlich „jeder Mann, solange er in der Ehe oder im Wittwerstande lebte, Einen Schilling zu Mannssteuer, jede Frauensperson aber eine Leibhenne zu reichen hatte, mit einziger Ausnahme derer, die zur Zeit Sammelns dieser Henne in Kindbett lagen und denen auf dasselbe Mal ihre Henne aß Gnaden geschenkt“ wurde. Auch hatten diese Leute sämmtlich „alle drei Jahre Ein Mal zu reichen d. h. in Asperg sich einzufinden, um gerechtfertigt zu werden, ob sich unter ihnen Veränderung zugetragen“ und hiefür mußte „Jedes drei Schillinge geben, erhielt übrigens dann von der Herrschaft einen ziemlichen Imbis.“ In Bissingen, Pflugfelden, Thamm und Eglosheim gaben nur die Weiber eine Abgabe, und zwar blos „eine alte Henne, die Faßnachtshenne;“ doch waren von dieser Abgabe die Weiber des Pfarrers, des Meßners, des Schultheißen und des Schützen befreit. In Oßweil dagegen mußten Männer und Weiber „eine Leibhenne reichen,“ welche bloß den „Wöchnerinnen und jenen, so nahend uf dem Ziele waren,“ erlassen wurde. Auch in den zu dem vormaligen Ämtchen Hoheneck gehörigen Orten, besonders in Hoheneck selbst, in Neckarweihingen und Benningen machte „die Luft leibeigen, also daß, wer dort seßhaft war, der Herrschaft Württemberg mit dem Leib zugethan wurde.| Das Hauptrecht des Manns war Ein Gulden von 100 Pfund Heller und das des Weibs die drei besten Kleider, nemlich Rock, Mantel und Schleier; denn diese hatte ein Schultheiß zum Ampt zu genießen.“ Sogenannte „Mannsteuern“ kamen übrigens schon seltener vor, dagegen die obenerwähnten „Leibhennen“ fast überall.

Personal-Leibeigene fanden sich fast in allen Oberamtsorten. Die persönlichen Abgaben der Leibeigenen wurden schon durch die K. Edikte von 1817 mit der Aufhebung der Leibeigenschaft gegenüber von dem Staatskammergut und den unter der Aufsicht des Staats stehenden Körperschaften erlassen und nur die auf Gütern radicirten Realleibeigenschafts-Gefälle mußten auch nachher noch entrichtet werden, indem die Leibeignen in das Verhältniß von Grundholden oder Gefällpflichtigen traten, bis die neueren Ablösungsgesetze von 1836 nebst den Personal-Frohnen auch diese Abgaben beseitigten.

Fall- oder Schupflehn trafen die Ablösungsgesetze von 1817–1819 keine im Bezirk. Dagegen kamen Erblehn sehr häufig vor, besonders auf den Markungen Ludwigsburg (2), Aldingen (2), Asperg (3), Beihingen (1), Benningen (3), Bissingen (50), Eglosheim (4), Hoheneck (2), Kornwestheim (35), Markgröningen (18), Neckargröningen (7), Oßweil (11), Poppenweiler (8) und Thamm (104). Auf diesen Erblehen lasteten in der Regel Fruchtgülten und nur in einigen wenigen Fällen kamen Ausnahmen vor, nämlich in zwei Fällen, wo Geldzinse von den Erblehnbesitzern zu entrichten waren und in einem Falle, wo die Last der Faselviehhaltung auf dem Erblehn ruhte. Bei den meisten dieser Erblehen wurden in Folge der K. Lehneignungsedikte vom Jahre 1817 das Obereigenthum unentgeltlich aufgehoben und die Leudemien in einem äußerst milden Maaßstabe abgelöst; eine gezwungene Geschlossenheit der Güter hatte schon zuvor nicht mehr bestanden.

Nichtleibeigenschaftliche Frohnen wurden in früherer Zeit wenn auch nicht überall, so doch in vielen Orten, namentlich in Aldingen, Beihingen, Geisingen, Bissingen, Heutingsheim, Markgröningen, Oßweil und Thamm geleistet, jedoch schon auf Grund der Gesetze von den Jahren 1817 und 1836 allenthalben abgelöst.

C. Grundlasten und ähnliche nunmehr abgelöste Abgaben.
Neben den Erblehngütern waren auch Zinsgüter nicht selten, und von diesen mußten in der Regel jährliche Zinsen und Gülten in Geld oder Naturalien gereicht werden. Auf den Weinbergen hafteten neben dem Zehnten häufig auch Bodenweine, die, weil sie ohne| Rücksicht auf den Herbst-Ertrag alljährlich gereicht werden sollten, besonders bei Weinfehljahren den Pflichtigen sehr beschwerlich wurden; ihre Ablösung hatten daher schon die Edikte von 1817 etc. sehr erleichtert, bis sie durch die jüngsten Gesetze von den Jahren 1848 und 1849 ganz beseitigt wurden.

Auch Theilgebühren waren nicht selten; sie kamen besonders in den Orten Benningen, Geisingen und Kornwestheim vor. Man findet Theilgebühren von allen möglichen Quoten, vom halben bis zum 30fachen Betrage sich bewegend; manchmal ruhten sogar auf Einem und demselben Grundstücke 3–4erlei Theilgebühren neben einander; so gaben z. B. nach dem Gröninger Kellereilagerbuch „von einem Weinberge zu Asperg, fünf Morgen groß, 31/2 Morgen den halben Theil, 1 Morgen den dritten und 1/2 Morgen den vierten Theil.“ Aus einem Gut von 741/2 Morgen hatte der Besitzer an Landacht zu reichen: „uß zwei Morgen das Viertel, uß 9 Morgen das Sechstheil, uß 4 Morgen das Fünftheil, uß 10 Morgen das Sechstheil, uß 5 Morgen auch das Sechstheil, uß 6 Morgen auch das Sechstheil, uß 11/2 Morgen das Siebentheil, uß 1 Morgen das Fünftheil und uß 36 Morgen das Sechstheil.“ Nach einer Angabe vom Jahre 1736 waren in dem damaligen Amte Gröningen „von den Äckern 22 M. 3 Vrtl. dreitheilig, 117 M. 2 Vrtl. viertheilig, 22 M. fünftheilig, und 1 M. 3 Vrtl. sechstheilig; und von den Weinbergen 9 M. 1 Vrtl. fünftheilig und 26 M. sechstheilig.“

Gemischte Gerichts- und grundherrliche Gefälle kamen ebenfalls in einzelnen Orten des Bezirks vor; sie standen theils der K. Staatsfinanzverwaltung, theils der Hofdomänenkammer, theils Privatpersonen zu. Dahin gehörten besonders Beeden, Kellereisteuern, Vogtfrüchte, Concessionsgebühren, Gebäudezinse und andere Gefälle dieser Art. So gaben z. B. „die von Tamme (Thamm) jährlich 40 Malter Vogthaber“ und zu Beihingen (einem Orte, welches mit Gericht und Vogtei halb zu Württemberg gehörte) „hatte die Herrschaft liegend 18 Mrg. Ackers, die vogtbar waren; derselben Morgen gab jeglicher 1 Simri nach der Zelge, was darauf wachst und so sie im Brauch (Brache) lagen, so gab jeglich Morgen 3 Heller.“ In Neckargröningen lasteten zwei bis zehn Simri „Vogthaber“ auf den Häusern. Erwähnenswerth ist noch als eine ganz sonderbare Gült eine Abgabe, von welcher das Lagerbuch sagt: „Nithart gibt uz sinem Hofe 61/2 Simri Vogthaber, dafür soll er geben L. Aychüre; wenn er aber die Aychüre nit gibt, so muß er den Haber geben und der Hof ist vogtbar.“ Die Orte Kornwestheim und Asperg „gaben jährlich 6 Pfund Waydrinder“ (welche Ähnlichkeit mit dem Hühnerzins hat, der in verschiedenen| Orten des Landes erhoben wurde). Alle diese Gefälle wurden gleich den eigentlichen Zins- und Lehngefällen und den aus der Leibeigenschaft herrührenden Abgaben und gleich den Frohnen, insoweit sie nicht schon durch die Gesetze vom 27. 28. u. 29. Okt. 1836 beseitigt, d. h. theils erlassen, theils abgelöst worden waren, vollends durch die Grund-Entlastungsgesetze von 1848 und 1849 gegen eine durch den Staat vermittelte Entschädigung der Privatberechtigten aufgehoben, beziehungsweise gegenüber von der Staatsfinanzverwaltung, der Hofdomänenkammer und den unter öffentlicher Aufsicht stehenden Körperschaften sowie den Kirchenpfründen abgelöst. Das in Folge der zuletzt erwähnten Gesetze ermittelte Ablösungskapital von sämmtlichen Gefällen des Bezirks beläuft sich (die von Seiten der Privatberechtigten etwa ohne Anrufung der Ablösungskasse zu Stande gekommenen Ablösungen abgerechnet) ungefähr auf –> 132.500 fl.
D. Die Zehnten.

Was die Zehnten anbelangt, so gehörte der große Frucht- und Weinzehnten in der Regel ganz oder zum größten Theile dem Staat oder der Hofdomänenkammer, der kleine Zehnten sowie der Heu- und Blutzehnten dagegen meistens den Stiftungspflegen und Ortspfarreien; von letzteren waren übrigens mehrere Zehnten gegen Äquivalente an den Staat oder an die Hofdomänenkammer zum Zwecke der Vereinigung mit dem großen Zehnten übergegangen, bevor die Ablösung der Zehnten überhaupt eintrat.

Vor der letzteren bestanden in dem Bezirk folgende Zehnt-Verhältnisse: In Ludwigsburg war die ganze Markung zehntfrei, indem für das ursprünglich dem Kameralamt zehntbare Feld schon früher Grundzins surrogirt worden war, der mit einem Kapital von 325 fl. 5 kr. abgelöst wurde. In Aldingen bezog den großen Zehnten und den Weinzehnten das Kameralamt, den kleinen Zehnten nebst dem Heu- und Blutzehnten aber die Pfarrei. In Asperg bezog den großen Zehnten gleich dem Wein- und Heuzehnten das Kameralamt. In Benningen wurde der große Zehnten und der Weinzehnten von dem Kameralamt, der kleine Zehnten aber von der Pfarrei und der Heuzehnten (jedoch nur aus 98 Morgen) je zur Hälfte vom Kameralamt und von der Pfarrei erhoben. In Beihingen erhob den Weinzehnten das Kameralamt in Gemeinschaft mit der Stiftungsverwaltung Stuttgart. Zu Bissingen hatte den großen Zehnten, den kleinen Zehnten, den Heuzehnten und den Weinzehnten das Kameralamt zu 13/36, den kleinen und Heuzehnten die Pfarrei zu 1/3 und den übrigen Theil der vier Zehntgattungen der Hospital und Heilige zu| Markgröningen zu beziehen. In Eglosheim gehörte der große Zehnten, der Heuzehnten und der Weinzehnten dem Kameralamt, der kleine Zehnten aber (nebst dem Heuzehnten aus 18 M.) der Pfarrei. In Geisingen bezog der Staat den großen Zehnten, den kleinen Zehnten, den Heuzehnten und den Weinzehnten. Zu Heutingsheim hatte die Krone Württemberg 1/3 des großen und Weinzehntens (welcher im Jahre 1815 als Lehen heimgefallen ist); der Gutsherr von Kniestedt bezog als Eigenthum 67/108 und die Familie von Schertel als Lehen 5/108; die Pfarrei aber bezog den kleinen und Heuzehnten. Zu den theilbaren Zehnten gehörte auch ein Distrikt auf Hohenecker Markung. In Hoheneck hatte der Staat den großen und den Weinzehnten (mit Ausnahme des vorhin erwähnten Distrikts, woraus die Familien von Kniestedt und von Schertel zusammen 2/3 bezogen) zu erheben; der Pfarrei dagegen gehörte der kleine Zehnten und der Heuzehnten aus den Gärten; die Widdumhofsinhaber zu Neckarweihingen erhoben den Heuzehnten aus den Wiesen und die Pfarrstelle zu Beihingen den Zehnten von einigen Weinbergen. In Kornwestheim bezog das Kameralamt den großen Fruchtzehnten und den Weinzehnten und die Pfarrei den kleinen Zehnten und den Heuzehnten von Gärten. In Markgröningen ferner gehörte dem Kameralamt der große Fruchtzehnten und der Weinzehnten größtentheils und der kleine und der Heuzehnten ganz; woneben übrigens noch der Hospital und der Heilige des Orts von einigen besonders abgetheilten Distrikten den großen und den Weinzehnten erhob. Zu Möglingen (einem hofkammerlichen Orte, s. oben) bezog die Pfarrei den kleinen Zehnten. Auf der Markung von Neckargröningen war das Kameralamt großzehntberechtigt, während der kleine Zehnten und der Heuzehnten der Pfarrei gehörte. In Neckarweihingen erhob das Kameralamt den großen Zehnten und den Weinzehnten, die Pfarrei aber den kleinen Zehnten. Zu Oßweil gehörte der große Zehnten nebst dem Weinzehnten dem Staat, der kleine Zehnten aber der Pfarrei. Zu Poppenweiler bezog der Staat den großen Zehnten, den kleinen Zehnten, den Heu- und Öhmdzehnten und den Weinzehnten. In dem hofkammerlichen Orte Schwieberdingen erhob die Pfarrei den großen Zehnten von 2 Morgen Äcker, den kleinen Zehnten aber auf der ganzen Markung und den Heuzehnten aus 25/8 M. Zu Stammheim (ebenfalls hofkammerlich) erhob die Pfarrei Kornwestheim ein Kleinzehntgeld unter dem Titel „Pfarrrecht.“ In Thamm gab es fünferlei Großzehntdistrikte, deren jeder besonders umsteint war; davon gehörten dem Staat drei Bezirke ausschließlich, und zwei in Gemeinschaft mit andern Zehntherrn (nämlich dem Herrn von Harling in| Münchingen und dem Heiligen zu Markgrönigen). Die Pfarrei bezog den kleinen Zehnten ausschließlich; der Heuzehnten gehörte dem Kameralamt, der Weinzehnten aber war ebenfalls getheilt. In dem hofkammerlichen Orte Zuffenhausen bezog die Pfarrei den kleinen Zehnten, den Heuzehnten und den Obstzehnten von der ganzen Markung ungetheilt.

Nachdem der Blutzehnten und der Heuzehnten schon durch die vorangegangenen Edikte von den Jahren 1817 und 1821 für ablösbar erklärt worden war und das allgemeine Zehntablösungsgesetz vom 17. Juni 1849 den Privatberechtigten gegenüber die Aufhebung und dem Staatskammergut, der Hofdomänenkammer und den unter öffentlicher Aufsicht stehenden Corporationen gegenüber die Ablösbarkeit aller Zehnten ausgesprochen hatte, sind nun in allen Orten die Zehnten vollständig abgelöst; wofür sich das Ablösungskapital überhaupt auf 629.645 fl. belauft.

E. Bannrechte.

Bannrechte wurden zur Ablösung in Gemäßheit des Gesetzes vom 8. Juni 1849 nur drei angemeldet, zwei Kelternbannrechte in Heutingsheim und Beihingen und ein Mühlbannrecht in Bissingen. Die Entschädigungs-Ansprüche für die beiden Kelternbannrechte wurden jedoch von Seiten der zuständigen Behörden wegen Mangels an dem erforderlichen Nachweise ihrer Erwerbung durch privatrechtlichen Titel zurückgewiesen; und nur das dritte Bannrecht, das Mühlbannrecht zu Bissingen, kam in Wirklichkeit zur Ablösung, indem es gegen eine zur Hälfte vom Staat und zur Hälfte von der betreffenden Gemeinde bezahlte Abfindungssumme von 300 fl. aufgehoben wurde.

2. Staats- und kirchliche Einrichtungen.
A. Eintheilung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk Ludwigsburg gehört zum Neckarkreis; der Sitz der Kreis-Regierung ist in Ludwigsburg, der Gerichtshof befindet sich in Eßlingen. Der den Bezirk Ludwigsburg und 9 weitere Oberamtsbezirke umfassende Schwurgerichtshof hält seine vierteljährliche Urtheilssitzungen in der Stadt Ludwigsburg. Als Bezirksbehörden sind in der Stadt Ludwigsburg vereinigt:

a) das Oberamtsgericht, welchem untergeordnet sind: das Gerichts-Notariat in Ludwigsburg für die Gemeinden Ludwigsburg,| Pflugfelden, Kornwestheim, Stammheim und Zuffenhausen; das Amtsnotariat Oßweil mit dem Sitz in Ludwigsburg für die Gemeinden Oßweil, Aldingen, Neckargröningen, Neckarweihingen, Hoheneck, Benningen, Beihingen, Geisingen, Heutingsheim, Poppenweiler, Eglosheim; das Amtsnotariat Markgröningen für Markgröningen, Bissingen, Asperg, Thamm, Möglingen und Schwieberdingen.

b) Das Oberamt mit der Oberamtspflege und Oberamtssparkasse, dem Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt, Oberamtsthierarzt; der Oberamtsgeometer wohnt derzeit in Oßweil, und der Oberamtsstraßenmeister in Kornwestheim. In Beziehung auf Straßen- und Brückenbau sowie bezüglich des Hochbaues ist der Bezirk den K. Inspectionen Ludwigsburg und in Absicht auf Flußbau, Flößerei und Schiffahrt der K. Wasserbau-Inspection Stuttgart zugetheilt.

c) Das Kameralamt Ludwigsburg, welches seit Einverleibung des bis zum Jahr 1819 bestandenen Cameralamts Markgröningen den ganzen Oberamtsbezirk umfaßt. In grundherrlicher Beziehung stehen die hofkammerlichen Orte Stammheim, Zuffenhausen, Pflugfelden, Möglingen und Schwieberdingen mit dem Hof-Cameralamt Stammheim, das jetzt seinen Sitz in Stuttgart hat, in Verbindung.

Das Umgelds-Commissariat Ludwigsburg erstreckt sich gleichfalls über den ganzen Bezirk.

Dagegen sind in forstlicher Beziehung zugetheilt dem Forstamt Leonberg: die Orte Zuffenhausen und theilweise Markgröningen, Schwieberdigen, Stammheim; dem Forstamt Bönnigheim: Ludwigsburg, Aldingen, Asperg, Bissingen, Eglosheim, Geisingen, Heutingsheim, Hoheneck, Kornwestheim, Möglingen, Neckargröningen, Oßweil, Pflugfelden, Thamm und theilweise die Markungen Beihingen, Benningen, Markgröningen, Schwieberdingen und Stammheim; dem Forstamt Reichenberg: Neckarweihingen, Poppenweiler und theilweise die Markungen Beihingen und Benningen.

Der Oberamtsbezirk begreift im Ganzen 22 politische Gemeinden, wovon 1 der ersten, 12 der zweiten und 9 der dritten Classe angehören.

Zusammengesetzte Gemeinden hat der Bezirk 2.: Eglosheim mit der K. Domaine Seegut und Dorf Asperg mit der Festung Hohenasperg.

Die Unterpfands-Geschäfte werden in zwölf Gemeinden durch die betreffenden Ortsvorsteher, in 4 Gemeinden durch den Bezirksnotar und in 6 Gemeinden durch einen Verwaltungs-Aktuar als Hülfsbeamten besorgt.

| Zu Besorgung der Verwaltungs-Geschäfte sind in allen Gemeinden Hülfsbeamte aufgestellt.
b. Kirchliche.

Die Bewohner des Bezirks gehören vorherrschend der evangelischen Confession an; außerdem sind vorhanden 461 Katholiken, 6 mit eigener Confession und 191 Israeliten. Ludwigsburg ist der Sitz eines Generalats, dem 8 Decanatämter und eines Decanats, dem 22 Pfarreien untergeben sind, welche von 2 Stadtpfarrern, 2 Diakonen, 19 Pfarrern und einem Stadtvikar versehen werden. Außerdem bestehen in Ludwigsburg und Hohenasperg je 2 Garnisonspfarreien, eine katholische und eine evangelische; auch ist bei dem Arbeitshaus in Ludwigsburg ein eigener evangelischer Pfarrer angestellt und als katholischer Geistlicher functionirt dort zugleich der Stadt- und Garnisons-Pfarrer.

Von den beiden mit Synagogen versehenen israelitischen Kirchengemeinden in Aldingen und Ludwigsburg gehört erstere zum Rabbinat Freudenthal und letztere in den Rabbinatsbezirk Stuttgart.

B. Anstalten.
a. Schul-Anstalten.

In der Stadt Ludwigsburg besteht ein Lyceum von 5 Classen mit 7 ordentlichen Lehrern, die Zahl der Schüler betrug an Georgi 1858 –> 143; in Markgröningen eine lateinische Schule, an welcher 1 Präceptor und 1 Collaborator angestellt sind und 35 Schüler Unterricht genießen.

Eine Reallehranstalt mit 4 Classen, worunter eine Oberreal-Classe mit 4 ordentlichen und 2 Fachlehrern, befindet sich in Ludwigsburg mit 128 Schülern. Für das Lyceum und die Realschule ist überdieß eine Vorbereitungsclasse (Elementar-Classe) eingerichtet, die 52 Schüler zählt.

Sodann besteht dort eine gewerbliche Fortbildungsschule, in welcher neben den einschlagenden Fächern Unterricht in der französischen und englischen Sprache sowie in der kaufmännischen Buchführung etc. gegeben wird. Diese Anstalt war an Georgi 1858 von 170 Lehrlingen und Gesellen besucht in 4 Cursen. Eine solche Fortbildungsschule befindet sich auch in Markgröningen.

Volksschulen sind 28 im Bezirk, 27 evangelische und eine katholische Schule in Ludwigsburg (woselbst überdieß im Arbeitshause von eigenen Lehrern Unterricht ertheilt wird) und eine für die Zöglinge des Mathildenstifts; eine israelitische Schule in Aldingen ist wegen| gesunkener Schülerzahl ihrer Aufhebung nahe. An den Volksschulen sind 29 Schulmeister, 18 Unterlehrer und 23 Lehrgehilfen angestellt. Die Gesammt-Schülerzahl an Georgi 1858 war 5201 in den evangelischen Volksschulen. Die katholische Confessionsschule zählte 52 Schüler.

Industrieschulen bestehen in sämmtlichen Gemeinden für Mädchen; die bedeutendste in der Stadt Ludwigsburg, wo in 5 Classen stufenweise vom Stricken bis zum Weißnähen, unter einem Lehrer als Vorstand, durch eine Oberlehrerin und 3 Lehrerinnen in eigenen Arbeitszimmern 300 Schülerinnen unterrichtet werden.

Klein-Kinderschulen findet man in Ludwigsburg, Oßweil, Markgröningen und Zuffenhausen.

Außer diesen öffentlichen Schulanstalten befinden sich in Ludwigsburg noch 2 Privatinstitute für Mädchen; das eine (von König) führt den Namen: „Höhere Töchterschule“ und zählte im Jahr 1858 80, das andere (von Föhr) heißt „Töchterbildungsanstalt“ und zählt 100 Schülerinnen; beide Anstalten werden als höhere Unterrichtsanstalten von Kindern aus den gebildeteren Ständen und Familien besucht. Die seit vielen Jahren auf dem sogen. Salon bestandene Knaben-Erziehungsanstalt von Ph. Paulus hat sich aufgelöst und nun daselbst Dr. Maisch eine ähnliche Anstalt unter dem Namen „Alumnat“ neu gegründet, welche unter der Aufsicht des K. Studienraths steht. In dieselbe werden Knaben im Alter von 10 bis 13 Jahren aufgenommen und in allen wissenschaftlichen Fächern unterrichtet, auch ist mit derselben ein Pensionat für die Vorbereitung von Jünglingen zur Aufnahme in die K. Kriegsschule verbunden.

b. Wohlthätigkeits-Anstalten.

Hospitäler und Armenhäuser befinden sich in Ludwigsburg und Markgröningen; der Stadtspital in Ludwigsburg dient auch fremden Kranken zur Aufnahme gegen Kostenersatz; in den Landgemeinden sind zwar mit Ausnahme einiger Orte, in welchen noch kein Bedürfniß hiezu vorliegt, gleichfalls Armenhäuser, sie sind aber nur zur Aufnahme weniger Familien geeignet.

In Ludwigsburg befinden sich außerdem noch: das Mathildenstift – eine Rettungsanstalt für arme, verlassene und verwahrloste Kinder. Den Namen trägt diese Anstalt mit Genehmigung der verewigten Königin Mathilde Majestät. Im Jahre 1834 wurde deren Verwaltung durch Vertrag mit der Stadt Ludwigsburg, welcher Haus und Garten gehört, einem Privat-Verein übergeben, welcher durch ein Comité, bestehend aus dem Vorstand und 5 Mitgliedern, für die Aufnahme der Zöglinge, ihre Erziehung und die| Beischaffung der erforderlichen Geld-Mittel sorgt. Der Hausvater ist zugleich geprüfter Schullehrer. Die Stadt und das Amt Ludwigsburg haben die Befugniß, eine Anzahl Kinder unentgeldlich der Anstalt zu übergeben, außerdem erfolgt die Aufnahme gegen angemessenes Kostgeld, welches nach Umständen ermäßigt oder ganz nachgelassen wird. Die Zöglinge, deren es gewöhnlich 60–65 sind, werden außer der Schulzeit mit landwirthschaftlichen Arbeiten beschäftigt, indem die Anstalt 16 Morgen Güter besitzt.

Ferner das Privat-Krankenhaus; dasselbe wurde 1836 errichtet und hat seine Entstehung vorzugsweise dem verstorbenen Arbeitshaus-Verwalter, Oberjustizrath v. Klett zu verdanken. Diese Anstalt dient zunächst Dienstboten und Handwerksgehilfen aus Stadt und Amt, sodann armen Kranken sowohl ortsangehörigen als fremden zur Aufnahme. Für Dienstboten werden jährliche Versicherungs-Beiträge von 2 fl.–2 fl. 24 kr. bezahlt; für andere arme Kranke wird ein mäßiges Verpflegungsgeld angesetzt, nach Umständen jedoch ganz oder theilweise nachgelassen.

Außer den Versicherungsbeiträgen und Verpflegungsgeldern deckt die Anstalt ihren Aufwand durch freiwillige Gaben, zu welchen auch Beiträge der Amts-Körperschaft und des Staates (in Brennholz) kommen. Im Durchschnitt werden jährlich 330–350 Kranke verpflegt. Die Leitung und Verwaltung ist einem Comité anvertraut; die Ärzte der Stadt leisten unentgeldlich Hülfe.

Die Kinder-Heilanstalt des Med. Dr. Werner, welche Heilung armer Kinder insbesondere von chronischen Krankheiten zum Zweck hat, wurde 1841 gegründet und bis jetzt mit aufopfernder unermüdlicher Thätigkeit und völliger Uneigennützigkeit durch ihren Gründer fortgeführt. Die Mittel zur Deckung des Aufwandes werden theils durch die Verpflegungsgelder, theils durch freiwillige Gaben und Staatsbeiträge aufgebracht. Von 1856/57 wurden 146 Kinder von 1/2–16 Jahren aus verschiedenen Landesgegenden und auch von dem Auslande aufgenommen, davon 32 unentgeldlich, und viele zu einem niederern, als dem gewöhnlich auf monatliche 3 fl. 40 kr. bestimmten Kostgeld. 70 sind genesen, 12 gebessert, 9 ungebessert entlassen worden, 5 gestorben und 50 in Behandlung geblieben. Die Einnahmen betrugen 4197 fl. 36 kr., die Ausgaben 4196 fl. 56 kr.

Mit dem Privatkrankenhause und der Kinder-Heilanstalt ist seit vielen Jahren die Einrichtung verbunden, daß christliche Jungfrauen zur Krankenpflege herangebildet werden. Die letztere Anstalt hat noch drei Filial-Anstalten für solche Kinder, welche zu ihrer Heilung der Bäder bedürfen; zwei derselben vorerst versuchsweise, das eine in| Boll mit Schwefelbädern, das andere in Jaxtfeld mit Soolenbad, wogegen die „Herrnhülfe zu Wildbad“ schon seit mehreren Jahren mit sehr günstigem Erfolge wirkt.

Der Bezirks-Wohlthätigkeits-Verein besteht seit 1847 und beschäftigt sich vorzugsweise mit der Unterbringung armer verwahrloster oder sonst der Fürsorge bedürftiger Kinder, mit Hebung und Errichtung von Kleinkinder- und Industrieschulen.

Der schon länger bestehende Local-Armenverein in Ludwigsburg, 268 Mitglieder zählend, hat den Zweck, arme Einwohner der Oberamtsstadt, ohne Rücksicht auf Bürgerrecht jedoch in Gemeinschaft mit den öffentlichen Behörden und Kassen ihrer Gemeinden, mit Arbeitgebung, Brod, Holz, Kleidern, Geld etc. zu unterstützen. Er hat deßhalb durch seinen Ausschuß die Stadt in 32 Distrikte getheilt und für jeden derselben einen Armenpfleger aufgestellt, welcher der Armen seines Distrikts sich anzunehmen, ihre Unterstützung persönlich bei dem Ausschuß, der alle 14 Tage sich versammelt, vorzutragen und auszuführen hat. Die Einnahmen des Vereins betrugen von 1856 bis 1857 1311 fl., die Ausgaben 1255 fl. An diesen Armenverein haben sich drei Zweigvereine angeschlossen; a) ein Verein von 109 Frauen, die den armen Kranken nach Anweisung des Armenvereins der Reihe nach kochen; b) ein Frauenverein zur Beschäftigung weiblicher Armen; c) ein Frauenverein zur leiblichen und sittlich religiösen Pflege weiblicher Kranken.

Überdieß besteht in Ludwigsburg ein Frauen-Verein zur Bekleidung armer Landleute.

Die seit 1851 bestehende Oberamtssparkasse ist ein Institut der Amtskörperschaft, und hat den Zweck, zunächst die ärmeren selbstständig oder unselbstständig im Oberamts-Bezirk lebenden Personen durch Verzinsung selbst kleiner Einlagen zu Ansammlung von Ersparnissen zu veranlassen. Zugleich nimmt sie Sparhafengelder von Kindern auf und gestattet den im Oberamtsbezirk befindlichen unter öffentlicher Aufsicht stehenden Verwaltungen Gelder bei ihr anzulegen. Die Einlagen werden von 1 fl. bis 200 fl. angenommen, mehr anzulegen ist Niemand gestattet. Am 1. Juli 1857/58 betrugen die Einlagen 64.097 fl., die Rückzahlungen 32.178 fl. Der Activstand betrug pro 1. July 1858 145.000 fl., der Passivstand 142.000 fl.

Eine Unterstützungs-Kasse für wandernde und arbeitsuchende Gewerbegehilfen besteht für den ganzen Bezirk seit 1851 in der Art, daß Wandernde unter gewissen Voraussetzungen in der Stadt Ludwigsburg eine Unterstützung von 6–12 kr. erhalten, wogegen die Geschenkabgabe von Zünften und sonstigen| Gewerbe-Genossenschaften so wie von andern Kassen im ganzen Bezirk wegfällt. Durch diese Einrichtung wurde der Häuserbettel der Handwerksburschen ganz unterdrückt. Die Mittel werden beschafft durch Jahresbeiträge der Zünfte und sonstiger Gewerbe-Genossenschaften, der Gemeinden und Privaten und aushülfsweise der Amts-Körperschaft.

Ferner besteht in Ludwigsburg ein Leichen- oder Begräbnißverein, dessen Mitglieder durch bestimmte Einlagen auf den Fall des Todes einen Anspruch auf einen angemessenen Beitrag zu den Beerdigungskosten erwerben.

Der Verein für entlassene Strafgefangene steht einerseits mit dem Centralverein in Stuttgart, andererseits zunächst mit dem Vorstand der Königl. Arbeitshaus-Verwaltung dahier in Verbindung und sucht hiedurch für die statutenmäßigen Zwecke zu wirken.

c. Landwirthschaftliche Anstalten.

Der früher unter der Leitung des Generallieutenants v. Röder, jetzt unter der des Gutsverwalters Haug in Heutingsheim stehende landwirthschaftliche Bezirksverein wurde im Jahr 1837 gegründet und zählt zur Zeit 227 Mitglieder. Außerdem besteht eine oberamtliche Farrenschau-Commission, welche alljährlich sämmtliche auf Gemeindekosten gehaltene Zuchtthiere untersucht, hiebei nach einer besondern Instruktion verfährt und die erhobenen Mängel, für deren Beseitigung sofort das Oberamt sorgt, zur Anzeige bringt. Nebenbei ist in jeder Gemeinde eine Localfarrenschau bestellt, welche von Zeit zu Zeit die Zuchtthiere besichtigt und den Erfund in ein fortlaufendes Protokoll niederlegt, bei erhobenen Anständen aber der Ortsbehörde Anzeige erstattet, welche sodann Abhülfe trifft.

Eine Beschälplatte besteht nicht im Bezirk, da die Pferdezucht unbedeutend ist.

d. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Posten- und Boten.

In Ludwigsburg hat ein Postamt seinen Sitz; außerdem sind Post-Expeditionen in Markgröningen und Schwieberdingen, sodann auf den Eisenbahnstationen Zuffenhausen und Asperg. Auch befindet sich in Ludwigsburg eine Telegraphenstation.

Zwischen Markgröningen und Asperg geht täglich zweimal, Morgens und Abends, ein zweispänniger Eilwagen hin und zurück, welcher auch die Verbindung mit Schwieberdingen und Leonberg herstellt. Sodann geht täglich 2mal von Ludwigsburg ab ein Eilwagen nach Marbach (Beilstein, Großbottwar) und Backnang. Im Übrigen wird der Postverkehr von Süden nach Norden beziehungsweise Westen durch die Eisenbahn vermittelt.

| Die Amtsboten kommen wöchentlich dreimal, nämlich am Dienstag, Donnerstag und Samstag in die Oberamtsstadt, außerdem findet eine tägliche Botenverbindung statt mit den Gemeinden Asperg, Aldingen, Eglosheim Kornwestheim und Oßweil.
2. Straßen.

Die Staats-Eisenbahn von Stuttgart nach Bruchsal und Heilbronn zieht über die Markungen Zuffenhausen, Kornwestheim, Ludwigsburg, Eglosheim, Asperg, Thamm und Bissingen. Außer dem Bahnhof zu Ludwigsburg sind Haltstationen in Zuffenhausen, Kornwestheim und Asperg.

Staatsstraßen führen von Stuttgart einerseits über Zuffenhausen nach Ludwigsburg und Heilbronn, sodann andererseits über Neuwirthshaus und Schwieberdingen nach Vaihingen; ferner von Ludwigsburg nach Marbach und von Bissingen (s.g. Holzstraße) auf die Staatsstraße nach Heilbronn und Ludwigsburg, welche bei der Hohenstange ausmündet.

Außerdem sind die bedeutenderen Verbindungs- und Verkehrs-Straßen in der Verwaltung der Amts-Körperschaft mit einer Länge von 12.555 Ruthen und zwar von Ludwigsburg a) über Oßweil nach Neckargröningen, b) über Pflugfelden nach Möglingen und Schwieberdingen, c) nach Benningen, d) von Eglosheim über Asperg nach Markgröningen, bis an die Grenze des Oberamts Vaihingen und e) von Asperg über Thamm nach Bissingen. Diese Straßenstrecken werden durch einen besonderen Beamten (Oberamts-Straßenmeister), welchem die erforderliche Anzahl von ständigen Straßenwärtern beigegeben ist, verwaltet und den Staatsstraßen gleich unterhalten.

Die übrigen Nachbarschaftswege werden von den betreffenden Gemeinden unter Aufsicht des Oberamtsstraßenmeisters im Stand erhalten. Zur Unterhaltung frequenter Strecken werden den Gemeinden Beiträge aus der Amtspflegkasse gereicht. Als Wasserstraße für Schiffe und Flöße durchfließt der Neckar und als Floßstraße die Enz den Bezirk.

Die Brücken über den Neckar zu Neckargröningen, Neckarweihingen und Benningen werden vom Staate unterhalten, die Enzbrücke zu Bissingen von dortiger Gemeinde.

e. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1. Gesundheitspolizeiliche Anstalten.
Die Stadt Ludwigsburg zählt außer dem Oberamtsarzt mit Einschluß von 8 Militärärzten 11 prakticirende Ärzte, wovon Einer| zugleich Arzt am Arbeitshause ist. In Markgröningen befindet sich ein prakticirender Arzt, zugleich Arzt am Arbeitshaus daselbst und überdieß Armenarzt für Markgröningen, Schwieberdingen, Thamm und Bissingen, wofür er aus der Amtskörperschafts-, sowie der Stadt- und Stiftungskasse in Markgröningen ein Wartgeld bezieht. Der auf Hohenasperg befindliche Militärarzt übt gleichfalls die Praxis in der Nachbarschaft aus. Wundärzte befinden sich 17 im Bezirk, und zwar außer dem Oberamtswundarzt noch 5 in Ludwigsburg, die übrigen in Zuffenhausen, Kornwestheim, Möglingen, Bissingen, Oßweil, Aldingen, Neckargröningen, Markgröningen und Poppenweiler, neben welchen sich in Ludwigsburg 6 geprüfte zur Praxis legitimirte Militär-Unterärzte befinden. Das Impfgeschäft wird von den Ärzten und Wundärzten des Bezirks besorgt.

Die Wundärzte haben eine Unterstützungskasse und eine kleine Bibliothek.

Der Oberamts-Thierarzt wohnt in Ludwigsburg, ein weiterer in der Veterinäranstalt gebildeter Thierarzt befindet sich zu Markgröningen.

Die Kleemeisterei in Ludwigsburg umfaßt den ganzen Oberamts-Bezirk.

Öffentliche Krankenhäuser befinden sich in Ludwigsburg und Markgröningen. Im städtischen Hospital zu Ludwigsburg sind Einrichtungen zur Verwahrung von Geisteskranken getroffen. Außerdem besteht daselbst eine Privatanstalt zur Aufnahme ruhiger Geisteskranken, welche unter Aufsicht steht.

Hebammen und Leichenschauer sind in allen Gemeinden aufgestellt.

Apotheken befinden sich in Ludwigsburg 3 und in Markgröningen 1.

2. Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Das Oberamtsgericht und Oberamt besitzen besondere Gefängnißhäuser, in welchen auch die Wohnungen der betreffenden Amtsdiener als Gefangenwärter sich befinden.

Das Oberamtsgerichts-Gefängniß wurde 1853 neu erbaut und enthält 22 Arrestlokale mit einem geschlossenen Hofraum für im Schwurgerichtsbezirk Ludwigsburg zu vollziehende Hinrichtungen. Das Oberamts-Gefängniß hat 6 Arrestlokale.

Alle Gemeinden besitzen die erforderlichen heizbaren und sonst gehörig ausgerüsteten Arrestlokale und Schließen.

Transport-Stationsgefängnisse befinden sich überdieß in Markgröningen und Schwieberdingen.

| Polizeidiener sind in allen Gemeinden aufgestellt, uniformirt und bewaffnet und mit der erforderlichen Instruktion versehen; in einzelnen Orten ist mit dieser Funktion jene des Amtsdieners verbunden.

Landjäger sind neun im Bezirk stationirt; der Stationscommandant mit 5 Mann am Oberamtssitz, sodann je 1 Mann in Asperg, Markgröningen und Schwieberdingen.

Das Arbeitshaus in Ludwigsburg für männliche und in Markgröningen für weibliche Strafgefangene wird betreffenden Orts näher erwähnt werden.

3. Bau- und feuerpolizeiliche Anstalten.

Ein Ortsbauplan besteht bloß für die Stadt Ludwigsburg und theilweise für Markgröningen. In den übrigen Bezirksorten wird bezüglich der Erweiterung nach festgesetzten Linien gebaut. Alle Baugesuche für Neubauten und Feuerwerks-Einrichtungen werden von den Oberfeuerschauern begutachtet, die zugleich Werkmeister sind, und von denen der eine für die Stadt Ludwigsburg, der andere für die Amtsorte bestellt ist.

Der Bezirk ist an zwei Kaminfeger vertheilt, wovon der eine in Ludwigsburg, der andere in Markgröningen seinen Sitz hat.

Alle Gemeinden sind mit den erforderlichen Feuerlösch-Geräthschaften versehen; 3 kleinere Gemeinden haben neben Handspritzen je nur eine Tragspritze, werden aber in kurzer Zeit vollends in den Besitz von Fahr-Feuerspritzen gelangen.

Brandfälle kommen im Ganzen verhältnißmäßig selten vor und waren bis jetzt nie von großer Ausdehnung.

Die Mobiliar-Versicherung wird in der Stadt Ludwigsburg häufig, um so seltener aber in den Landgemeinden benützt.

4. Gewerbepolizeiliche Einrichtungen.

Zu Pfechtung und Richtigstellung von Normalmaaßen und Gewichten ist Ludwigsburg gesetzlich eine Lagerstatt für die Oberämter des Neckarkreises, verbunden mit einem Pfechtamt für die Stadt und die Bezirksorte (Markgröningen, das ein eigenes Pfechtamt hat, ausgenommen), das in den gesetzlichen Fristen auch die Gewichte und Maaße in den Gemeinden visitirt, rectificirt und pfechtet.

In den Weinorten befinden sich überdieß Eichanstalten für Fässer und Kelterngeschirre.

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3. Amtskörperschafts- und Gemeindehaushalt.
A. Oberamts-Corporation.

Nach der letztgestellten Rechnung pro 1856/57 bestand bei der

1. Amtspflege

das Vermögen in

Ausständen 460 fl. 25 kr.
Capitalien 150 fl. 0‒ kr.
Rechners-Remanet 5470 fl. 09 kr.
–> 6080 fl. 34 kr.

worauf keine Schulden haften.

Grundeigenthum besitzt die Amtskörperschaft, außer einigen Steinbrüchen, nicht.

2. Oberamtssparkasse

nach der Rechnung auf 1. Jan. 1858.

Activ-Stand
Ersatzposten 4 fl. 450/0 kr.
Verweisposten 99 fl. 010/0 kr.
Capitalien und Zinse 113.552 fl. 491/2 kr.
Zieler 11.108 fl. 580/0 kr.
Rechners-Remanet 2026 fl. 050/0 kr.
126.791 fl. 381/2 kr.
Passiv-Stand
Ersatzposten 3 fl. 060/0 kr.
Einlagen und Zinse 124.255 fl. 221/2 kr.
124.258 fl. 281/2 kr.
mithin Überschuß oder Reservefonds 2533 fl. 100/0 kr.
3. Unterstützungskasse

für Reisende nach der Rechnung von 1856/57

Activ-Vermögen:
Ausstände 59 fl. 20 kr.
baarer Kassenbestand 808 fl. 05 kr.
–> 867 fl. 25 kr.

worauf keine Schulden haften.

B. Gemeindepflegen.
Vermöge der in der angehängten Tabelle III. gegebenen Zusammenstellung des Haushalts der einzelnen Gemeinden besaßen nach den Rechnungen von 1856/57 sämmtliche Gemeinden des Oberamtsbezirks|
1) neben 3081 Morgen Grundeigenthum
an verzinslichen Capitalien 209.271 fl. –
an sonstigen Forderungen mit Einschluß der
Passiv-Remanete der Rechner
41.791 fl. –
–> 251.062 fl. –
2) Die Schulden derselben betrugen:
an verzinslichen Capitalien 28.098 fl. –
an sonstigen Passiven 4312 fl. –
32.410 fl. –
3) Die jährlichen Einkünfte derselben berechnen sich auf 77.853 fl. –
4) Die Ausgaben auf 106.651 fl. –
5) Der Amtsschaden auf 10.990 fl. –
6) Die Gemeinde-Umlagen einschließlich dessen, was zur Schuldentilgung oder Grundstocks-Ergänzung umzulegen war, 41.882 fl. –
C. Stiftungspflegen.

Nach den Rechnungen von 1856/57 berechnet sich, wie aus der Tabelle III. zu ersehen, das Vermögen sämmtlicher öffentlicher Stiftungspflegen des Bezirks neben 368 Morgen Grundeigenthum auf 423.215 fl. Capitalien, die Schulden, einschließlich bloßer Zahlungs-Rückstände auf 4690 fl.

Die laufenden Einkünfte der Stiftungen berechnen sich auf 35.110 fl., die Ausgaben auf 43.261 fl.

4. Kataster und Steuern.

Gegenstände des Oberamts-Katasters sind nach den Berechnungen für das Etatsjahr 1857/58:

Grundeigenthum, eingeschätzt zu einem Reinertrag von 328.988 fl. 31 kr.
Gebäude, in dem zu diesem Behufe eingeschätzten Werthe von 4.738.849 fl. 0‒ kr.
Gewerbe, eingeschätzt zu einer Steuersumme von 6596 fl. 14 kr.

Die umgelegten Steuern betragen für dasselbe Jahr

vom Grundeigenthum 38.601 fl.
von den Gebäuden 12.038 fl.
von den Gewerben 6427 fl.
Zusammen 57.066 fl.
| Hiernach fallen an direkter Staatssteuer durchschnittlich
auf eine geographische Quadratmeile 18.369 fl. 520/0 kr.
auf einen ortsanwesenden Einwohner 1 fl. 341/2 kr.
und auf eine ortsanwesende Familie 7 fl. 361/2 kr.

An indirekten Abgaben wurden im Jahre 1857/58 erhoben:

1) an Wirthschaftsabgaben:
vom Wein und Obstmost 11.885 fl.
vom Branntwein:
     Fabrikationssteuer 1760 fl.
     Kleinverkaufsabgabe 874 fl.
     Übergangssteuer 1359 fl.
vom Bier (Malzsteuer) 24.889 fl.
2) an Accise:
von Güterveräußerungen 7400 fl.
von Lotterien 260 fl.
3) an Hundeauflage einschließlich des gesetzlichen
Antheils der Ortsarmenkasse
1700 fl.


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