« Kapitel A 1 Beschreibung des Oberamts Leutkirch Kapitel A 3 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
II. Natürliche Beschaffenheit.


1. Bildung der Oberfläche im Allgemeinen.


Das Terrain des Oberamtsbezirks läßt sich in drei Hauptparthieen bringen, und zwar:

| 1) Der Distrikt zwischen der Ach, der Eschach und der Nibel und der südwestlichen Oberamtsgrenze.

2) Der Distrikt zwischen der Ach, der Iller und der nördlichen Oberamtsgrenze, und

3} der Distrikt zwischen der Eschach und der Nibel, der Aitrach und der östlichen Oberamtsgrenze.

In der Parthie 1) tritt eine zahllose Menge flacher, abgerundeter hie und da halbkugelförmiger Hügel auf, die durch Moor und Torfgründe oder sonstige kleine Ebenen unterbrochen sind, und öfters wie Inseln aus diesen auftauchen. Sie haben keinen eigentlichen Zusammenhang, sind meist regellos vertheilt, so daß sich hier nicht einmal Hügelzüge, viel weniger aber Gebirgszüge, sondern höchstens nur Hügelgruppen herausfinden lassen. Obgleich diese Parthie sehr wasserreich und sumpfig ist, so durchschlängeln sie dennoch nur unbedeutende Bäche, dagegen befinden sich, mit geringer Ausnahme, sämmtliche Seen und Weiher in dieser Bildung.

Die Bäche schlängeln sich träge durch die Ebenen und Hügelgruppen, und sind zu kraftlos, als daß sie sich eine Rinne oder ein Thälchen hätten furchen können. Diese Terrainbildung scheint im ruhigen Zustande vor sich gegangen zu seyn, und mehr ihren Grund im allmähligen Ablaufen und Setzen der Gewässer, welche diese Gegend bedeckten, zu haben, daher hier auch keine Gebirgsrücken, keine Züge, sondern nur langsam niedergeschlagene Erhöhungen vorkommen. Wir müssen offenbar diesen Distrikt als einen Theil des ehemaligen Seegrundes betrachten, der zu einer Zeit, in welcher die nördlich gelegenen höhern Terrainparthieen schon trocken lagen, noch mit Wasser bedeckt war.

Wir bemerken übrigens an den Grenzen dieser Hügelbildung zwei frühere Strömungen, die eine kam aus den Vorbergen der Alpen und scheint der ehemalige Ablauf der Gewässer, von denen nun die Argen den Rest dem Bodensee zuführt, gewesen zu seyn. S. Oberamts-Beschreibung| von Wangen S. 8 f. Jedenfalls ist gleichsam das Übereich der Fluthen eine Zeitlang der Iller zugeströmt, und hat sich am Rande der Hügelparthie, im jetzigen Eschachthale ein Flachthal gebildet; und indem es durch die stärkere Strömung der Gewässer die im Wege gestandenen Hügel wegführte, ist es die Ursache der Ebene, der Leutkircher Heide geworden. Die andere Strömung gieng der Ach, die aus dem Wurzacher Ried kommt, entlang. Die Gewässer, welche früher das Wurzacher Ried bedeckten, und unläugbar dort einen nicht unbedeutenden See bildeten, scheinen in derselben Periode, in der die Alpen-Gewässer eine Zeitlang der Iller zuströmten, sich ebenfalls eine Bahn in das jetzige Achthal gebrochen zu haben, sie strömten zwischen dem Hügelland und der höheren Terrainparthie herunter, trafen dann auf dem Punkt, wo gegenwärtig die Nibel in die Ach mündet, zusammen, und verursachten, gemeinschaftlich wirkend, den Durchbruch der gegenwärtigen Aitrach gegen die Iller.

Der Distrikt 2) erhebt sich bedeutend über den vorhergehenden, und zeigt einen durchaus verschiedenen Charakter von diesem.

Man sieht hier eine ehemals zusammenhängende Masse, die erst durch die Gewässer, welche sich in dieselbe viele Rinnen eingegraben haben, getheilt wurde. Schon an dem Lauf und an der Richtung der jetzigen Gewässer dieser Gegend, kann man den raschen Ablauf der ehemaligen Fluthen wahrnehmen, da beinahe alle die gleiche Richtung haben, und auf dem kürzesten Wege der Donau zueilen. Sie furchten sich Thäler, die, ohne tief zu seyn, meistens steile Abfälle haben. Die Rücken zwischen solchen Thälern sind lang hinziehend, sehr flach und öfters beinahe eben, ebenfalls auf einen schnellen Ablauf der Gewässer hindeutend, da diese alle ihnen im Wege stehenden Erhöhungen weggeführt haben, was, bei der geringen Consistenz der dort lagernden Gebirgsarten, sehr leicht vor sich gehen konnte. Der ganze Distrikt senkt sich sanft gegen| die Donau (gegen Norden), während er gegen Süden hoch und öfters schroff abfällt und an den vielen von dem Wasser ausgewaschenen Parthieen, sich als früheres Ufer beurkundet. Gegend Osten begleitet sein, nordwärts immer niedriger werdender, Abfall als ein steiler Thalrand die Illerebene.

Auch diese Terrainparthie ist wasserreich, hat aber gleichwohl mehrere Trockenthäler; sie enthält viele Flüßchen und Bäche, aber keine Sümpfe und Seen, ausgenommen den künstlich angelegten Weiher bei Spindelwaag, und unterscheidet sich auch in dieser Beziehung von der ad 1) beschriebenen Gegend.

Die Terrainparthie 3) bildet gleichsam einen Übergang von der ersten zur zweiten Abtheilung. Der südliche Theil dieses Distrikts nähert sich mehr der Parthie 1), übrigens doch schon etwas zusammenhängender, so daß sich hier wenigstens Hügelzüge erkennen lassen, wie z. B. von Luttolsberg gegen Wielatzhofen. Gegen Norden erhebt sich das Terrain, wird massiver und erhält mehr den Charakter der ad 2) beschriebenen Parthie. Diese Masse ist offenbar durch den Ablauf der Gewässer gegen die Iller von dem Distrikt 2) gewaltsam getrennt worden, und erhielt deßhalb auch gegen diese Ablaufrinne (Aitrachthal) einen ziemlich hohen und steilen Abfall.

a. Abdachung und Wasserscheide.
Die Senkung des bei weitem größten Theiles dieses Bezirkes ist eine nördliche, und zwar theils mittelbar zur Donau durch die Iller, theils unmittelbar zu jener. Die Grenze zwischen dem Iller- und dem unmittelbaren Donaugebiet ist der oben bezeichnete südliche und östliche Abfall der unter Nro. 2) geschilderten Parthie der Landrücken. Nur die zwei südlichsten Gemeinden des Oberamts, Gebratzhofen und Waltershofen, fallen durch die untere Argen, welcher sie ihre Wasser zusenden, dem Rheingebiet, zunächst dem des Bodensee, zu. Die Wasserscheide zwischen| Donau und Rhein tritt bei dem in das Oberamt Wangen gehörigen Weiler Kehr in das diesseitige Oberamt ein, zieht sich der Oberamtsgrenze entlang den Ritzenbühl hinan, wo die Gemeinde Emmelhofen (Oberamt Wangen) und die diesseitigen Gemeinden Gebratzhofen und Herlatzhofen zusammenstoßen, läuft von da so ziemlich auf der Markungsgrenze zwischen beiden letztgenannten Gemeinden fort, wendet sich zwischen Nannenbach und Bettelhofen gerade südwärts, beläßt Tobratzhofen ungefähr 500 Schritte westlich, und nimmt von da eine südöstliche Richtung, in welcher sie durch das Moos von Engeratzhofen und die obern Möser in einer nicht scharf nachzuweisenden Linie hinzieht,[1] bis sie südlich von den Missenhöfen wieder in den Oberamtsbezirk Wangen übergeht.
b. Thäler.
Das Hauptthal ist das Illerthal, das jedoch nur mit seiner linken, westlichen Seite hieher gehört, indem der Strom selbst die Grenze gegen das Königreich Bayern bildet, s. u. Von den 15,3 Stunden, welche seine Länge von der Landesgrenze bis an die Donau beträgt, kommen auf den diesseitigen Bezirk 5,8. Das Thal erweitert sich von Mooshausen an allmählig zu einer schönen Ebene, deren diesseitige Breite an der nördlichen Grenze des Bezirks gegen 1½ Stunden beträgt. Der mit Nadelwald bewachsene Thalrand ist ziemlich steil, bisweilen schroff, durch Seitenschluchten zerrissen, aber nicht sehr hoch und wird gegen Norden zu immer niedriger. Die Thalfläche, gebildet von den Fluthen eines wilden, regellosen Alpenstroms, unterscheidet sich wesentlich von dem Charakter der übrigen oberschwäbischen Thäler. Während die Sohle der letzteren gewöhnlich aus Moorgrund und sauren Wiesen besteht, ist das Illerthal trocken und von einer Masse loser Geschiebe| und Alpenschutt bedeckt. Durch das öftere Ändern seines Laufs und durch sein häufig sehr gewaltsames Austreten hat der Fluß mehrere hinter einander liegende Terrassen abgestoßen. Das Nähere über die Iller selbst, so wie über die Bodenverhältnisse des Thales wird unten gesagt werden. Das Thal bietet, besonders von der Höhe gesehen, im Ganzen eine schöne Ansicht; am meisten Malerisches hat es bei Mooshausen und Marstetten. Die Gemeinden Kirchdorf und Ober-Opfingen liegen ganz, Berkheim, Thannheim und Mooshausen theilweise in der Thalebene.


Nebenthäler des Illerthales.

Das Ellmeneyer Achthal. Es tritt von Muthmannshofen aus dem Bayrischen in den diesseitigen Bezirk bei Ellmeney ein, durchschneidet den Gemeindebezirk Hofs der Länge nach, verläßt sodann wieder das Königreich, um bei Lauterach im Bayrischen in das Illerthal auszulaufen. Die ziemlich breite, wiesenreiche, mitunter sehr sumpfige Thalebene ist von angenehmen, sanften Hängen begrenzt, die, da sie angebaut sind, von den steilen, bewaldeten Thalrändern des übrigen Allgäu sich auffallend unterscheiden.

Das Aitrachthal entsteht aus der Vereinigung des Wurzacher Achthals mit der Eschach. Das erstere beginnt etwas unterhalb der sumpfigen Niederungen von Wurzach, ist anfänglich enge und mit nicht sehr steilen, durch Seiteneinschnitte häufig zertheilten Höhenausläufern begrenzt. Unterhalb Truschwende erweitert es sich zu einem nicht unbedeutenden Thalkessel, der sich bei Diepoldshofen wieder zu einem, von etwas steilen, doch nicht sehr hohen Rändern begleiteten Thale verengt. Der linke Thalrand erhebt sich aber weiterhin immer mehr zu steil abfallenden, meist bewaldeten, ziemlich hohen Bergen, während rechts die ebene Leutkircher Heide sich ausbreitet, in welche von Süden her das Eschachthal ausmündet. Von dieser rechten Seite treten hierauf die Höhen des Leutkircher Waldes heran, um die ungefähr ½ Stunde breite Thalebene zu begrenzen und mit dem gegenüber liegenden Gebirgsabfall das jetzt sogenannte Aitrachthal zu bilden, das sich gegen die Iller hin immer mehr erweitert, und durch seinen anmuthig kräftigen Charakter vor vielen Thälern Oberschwabens sich auszeichnet. Seine Länge beträgt von Wurzach bis zur Iller 7,4 Stunden. Ihm gehören die Gemeinden Wurzach, Gospoldshofen, Diepoldshofen, Reichenhofen, Altmannshofen, Aichstetten| und zum Theil Mooshausen an. – Seine Seitenthäler sind von der linken Seite: das Gospoldshofer Thal; es beginnt unter der Höhe von Seibranz und zieht sich in die Moorebene des Herrgottsriedes herab. Weiterhin findet sich auf der linken Seite kein eigentliches Seitenthal; aber zahlreiche Zinken und Schluchten, sogenannte Tobel, sind in den waldigen Abfall eingerissen, unter welchen der Brunnentobel bei Schloß Zeil der bemerkenswertheste ist. Erst gegen das Ende mündet in das Aitrachthal wieder ein Seitenthal, das des Falchenbachs. Es ist in seinem Beginn bei Rippoldshofen und Karlis (Gem. Seibranz) bis herab nach Eschach sehr eng und zu beiden Seiten von steilen, bewaldeten Bergen, dem Langenberg und Rappen, eingeschlossen. Unterhalb Eschach öffnet sich das Thal, aus welchem auf der linken Seite die wilde, einsame Schlucht des Rappenbaches hinaufzieht. – Auf der rechten Seite befindet sich die Ausweitung des aus dem Oberamt Wangen bei Urlau eintretenden Eschachthales, das unter dem Namen des Nibelthals, unterhalb Niederhofen, mit dem der Ach sich verbindet. Es ist eigentlich als das Hauptthal zu betrachten, und schon in der Oberamtsbeschreibung von Wangen S. 8 ff., so wie oben S. 5 ist auf die Wahrscheinlichkeit hingewiesen worden, daß die Gewässer der Voralpen, ehe die beiden Argen ihre Rinnen gegen Westen einrissen, ihren Durchbruch durch dieses Thal nach der Iller hin nahmen. Die Thalfläche ist gewöhnlich gegen ½ Stunde breit, am breitesten bei Leutkirch, und besteht meist aus fruchtbarem Ackerland. Auf das diesseitige Oberamt kommen von seiner Länge (bis zur Mündung der Eschach in die Ach) 3,7 Stunden. Seine Hängen zu beiden Seiten sind ziemlich niedrig und verflachen sich auf der linken Seite immer mehr, während sie rechts zu bewaldeten Höhen ansteigen. Bei Leutkirch mündet rechts ein Seitenthälchen, das in mehreren Verzweigungen in die Hügelzüge der oben unter Nro. 3 bezeichneten Terrainparthie sich hineinzieht. In dieses Gebiet fallen: ein Theil der Gemeinde Herlatzhofen und die Gemeinden Wuchzenhofen und Leutkirch. – Keine besondern Namen führen die Thalzinken und Tobel am Nordabfall dieser Terrainparthie. – Unterhalb der Aitrach-Mündung sind in den linken Thalrand der Iller mehrere Zinken eingeschnitten, von denen einige weiterhin als Trockenthäler auf das Plateau der Höhenparthie Nro. 2 sich hinaufziehen, so z. B. die kleinen bei Thannheim und Illerbachen auslaufenden Thäler. Unmittelbar nach der Donau zieht das Roththal, in welchem alle die Thalrinnen sich vereinigen, welche in ziemlich gerader nördlicher Richtung das Plateau der| Terrainparthie Nro. 2. durchfurchen. Das Roththal erhält diesen Namen erst bei Roth, wo das Ellbach- und Haslachthal zusammentreten. Von hier bis zu der Oberamtsgrenze beträgt seine Länge zwei Stunden, worauf es in das Oberamt Biberach übergeht. Seine Thalfläche ist 1/8 bis ¼ Stunde breit, wenig gesenkt, grasreich, theilweise sumpfig, die Hängen sind nicht hoch und meistens angebaut, auf der rechten Seite sanft geneigt, auf der linken stellenweise etwas steiler. Der Charakter des Thals ist anmuthig; die Weiler und Höfe an den Abhängen (Eichenberg, Mettenberg, Zell u. a.) und besonders die schönen Gebäude der ehemaligen Abtei Roth geben ihm ein belebtes Ansehen.

Das Haslachthal zieht sich von Roth an südwärts über drei Stunden hinauf. Es verzweigt sich bei Threerz und Steinenthal in mehrere Trockenthäler, welche erst in einer gewissen Tiefe sich zu bewässern anfangen. Bisweilen erscheint auf eine Strecke ein kleines Bächlein, um bald darauf im Moorboden sich wieder zu verlieren. Es ist dieß überhaupt der Charakter der kleinen Oberthäler dieser Terrainparthie. Weiter abwärts hat das Thal eine enge, grasreiche Sohle, und besonders auf der rechten Seite ziemlich steile Ränder. Malerische Ansichten bietet es bei Haslach und Habsegg. Von mehreren kleinen Seitenthälchen nennen wir das Höllthal, eine enge, ziemlich tiefe Furche, welche sich in südwestlicher Richtung hinaufzieht und in seinem Anfang bei Samgraben den Namen Boschenthal führt. – Das Ellbachthal hat von Roth an eine südwestliche Richtung nach Ellwangen und eine Länge von 2,3 Stunden. Das freundliche Thälchen ist bis Spindelwaag enge, von hier bis Roth erweitert es sich und hat ziemlich hohe, aber nicht steile Abhänge. Der Thalboden ist größtentheils Moorgrund. Bei Spindelwaag mündet auf der rechten Seite das enge, etwas schroff eingeschnittene Pfaffenrieder- oder obere Roththal, das sich bis Baierz 2½ Stunden weit hinaufzieht und von welchem rechts ein Zweig, das schmale, ebenfalls von steilen Hängen begleitete Hauerzer Thal ausläuft. Diese Thälchen haben alle den gleichen Charakter, und es gilt von ihnen das so eben vom Haslachthal Gesagte. Namentlich setzt das Hauerzerthal noch über 1 Stunde südlich vom Ursprung des Sendenerbachs als Trockenthal fort. – Die Gemeinden, welchen diese Thäler angehören, sind: Mooshausen (zum Theil), Haslach, Hauerz, Ellwangen, Spindelwaag, Roth, und theilweise: Thannheim, Berkheim und Kirchdorf.

| Eine kleine Strecke der Südgränze des Oberamtsbezirks zieht durch das untere Argenthal, s. OA. Beschr. von Wangen, S. 8. In dasselbe zieht sich aus der Gemeinde Gebratzhofen das Mühlbachthal herab, das übrigens erst gegen das Ende den Charakter eines eigentlichen Thales annimmt. Ganz unbedeutend ist das Thälchen, das von Waltershofen herabkommt.


c. Ebenen und Auen.

Das Wurzacher Ried. Diese ausgedehnte Moorfläche (1½ St. lang und ¾ St. breit) gehört zum größern Theile dem OA Waldsee an, und ist in dessen Beschreibung S. 9 ausführlicher erwähnt. Es besteht aus einem mit Lehmschichten durchzogenen Moor- und Torfgrunde, der an vielen Stellen 12–14′, sogar bis 20′ mächtig ist, während man an andern Stellen entweder auf Kies oder auf einen festen Lehm stößt, der den Untergrund des Torflagers bildet. Bemerkenswerth ist, daß in dieser Torfbildung 4–5′ tiefe, zum Theil noch aufrecht stehende Baumstämme gefunden werden, deren Holz schwarz und hart wie Ebenholz ist.

Die Leutkircher Heide, die oben angeführte Thalebene zwischen Tautenhofen, Herlatzhofen, Leutkirch, Unterzeil und Reichenhofen. Sie ist 2 Stunden lang und bei Leutkirch gegen ¾ St. breit.

Die bedeutendste Ebene ist die des Illerthales, wovon oben. Ihr diesseitiger Flächengehalt, so weit er diesem Oberamtsbezirke angehört, beträgt 2 Quadratmeilen.

Noch sind hieher zu rechnen: das große Moos an der Südgrenze bei Engerazhofen[ws 1], das sich noch zum Theil in das Oberamt Wangen hinein erstreckt, ein mit Riedforchen bewachsener Moorgrund. Ebenso die als eine Fortsetzung des Heiden- oder Taufachmooses aus dem Oberamte Wangen herüberziehenden Riedflächen, die Fetzen und die Misse[2]| genannt. An der Westgrenze fällt das Röthseer Ried zu einem kleinen Theil noch in den diesseitigen Bezirk.


d. Erhebung, einzelne hohe Punkte und Höhebestimmungen.

Der höchste, bis jetzt gemessene Punkt im Oberamtsbezirk ist der Wachbühl bei Starkenhofen, ½ Stunde westlich von Zeil; er erhebt sich nach des Trigonometers Kohler trigonometrischer Bestimmung 2429 P. F. über dem Mittelmeer. Ohne Zweifel trug diese Kuppe ehemals einen Spähethurm. Gegenwärtig ist sie durch ein eisernes Kreuz bezeichnet. Den Wachbühl erreicht oder übertrifft vielleicht noch an Höhe der Eulenberg zwischen Wengenreuthe und Wurzach. Der niedrigste Punkt ist die Oberamtsgrenze bei Kirchdorf an der Iller; seine Erhebung ist auf 1725 P. F. anzunehmen. Somit ergibt sich als Mittelhöhe des Oberamtsbezirks 2077 P. F., was die mittlere Erhebung von Oberschwaben überhaupt um 247, die des ganzen Landes um 601 P. F. übersteigt. Mithin gehört dieses Oberamt zu den höchst gelegenen des Königreichs. Die bis jetzt trigonometrisch bestimmten Punkte sind folgende (Beschreibung von Württemberg S. 840 ff.):

  Höhe über dem Meere in  
  Württ.
Fußen
Pariser
Fußen
Aitrach, Niveau am Einfluß in die Iller 2055   1812  
Engratzhofen Kirchthurmspitze 2474,5 2182,5
Ferthofen, Niveau der Iller unter der Brücke 2062,5 1819  
Herlatzhofen, Kirchthurmknopf 2514   2217  
Leutkirch, Erdfläche an der Post 2276,7 2008  
    "              "         an der evangelischen Kirche      2272,5 2004  
Leutkirch, Niveau der Eschach vor dem obern Thor 2266,5 1999  
Meratzhofen, Kirchthurmspitze 2436,5 2149  
Mordbühl bei Zeil, Erdfläche beim Signal 2740,6 2417  
Seibranz, Erdfläche an der Kirche 2551   2250  
Wachbühl bei Zeil, Erdfläche am Signal 2754   2429  
Wurzach, Erdfläche am Bären 2287   2017  
  "           Fläche des großen Torfmoors 2282,5 2013  
Zeil, Schloßhof 2618,4 2309,5
  "    Kirchthurmknopf 2732,8 2410  
  "    Erdfläche am Kirchthor 2604,3 2297  
| Hochgelegene Ortschaften sind: Schloß Zeil, Seibranz, Ottmannshofen (Gem. Wuchzenhofen), Krattenberg (Gem. Hauerz), Wengenreute (Gem. Seibranz), Baniswald (Gem. Mooshausen) und Mühlberg (Gem. Spindelwaag). Sie liegen, Ottmannshofen ausgenommen, sämmtlich in der Terrainabtheilung Nr. 2. – Sonst verdienen als hohe Punkte genannt zu werden: in der Gemeinde Ellwangen die Eulenthaler und Tristolzer Höhen; in der Gem. Wurzach das Greut bei Wiesen und der Gottes- oder Heiligkreuzberg; in der Gem. Haslach die höchste Kuppe des Höllwaldes zwischen Göppel und Buch und die alte Waldegg bei Waldegg; in der Gemeinde Mooshausen: der Rothengrund bei Baniswald, St. Johann bei Rieden und die Ruine Marstetten; in der Gemeinde Hofs der Aisberg bei Ellmeney; in der Gem. Aichstetten der Burgberg.


e. Ansicht des Bezirks.
Diese wechselt nach dem verschiedenen Charakter der Terrainbildung, wie dieser oben angegeben worden ist. Das Bild der eigentlichen Allgäuer Gemeinden ist ungefähr dasselbe, wie es die Oberamtsbeschreibung von Wangen schildert S. 13. Nur ist die Abwechselung von Acker- und Weideland, Wiesen und kleinen Waldparthien im Wangenschen Bezirk noch mannigfaltiger und malerischer. Am meisten Großartiges hat der Steilabfall des Höhenzugs längs dem Ach- und Aitrachthal; der schwarze Nadelwald und die tief eingerissenen, finstern Schluchten und Thalzinken geben dieser Ansicht vorzugsweise den ernsten Charakter, welcher, bei dem Mangel der helleren Laubwaldungen, im ganzen Bezirke überhaupt der vorherrschende ist. Die nordwärts sich erstreckenden Landrücken gehören zu den unfreundlichsten Gegenden des ganzen Landes; ihr Anblick wird um so einförmiger und unbelebter, je mehr gegen Norden die Vereinzelung der Wohnsitze abnimmt. Dagegen gewähren die dazwischen hinziehenden Thäler manches ansprechende Bild. – An interessanten einzelnen Punkten| und schöne Aussichten fehlt es keineswegs. Vor allem ist das fürstliche Schloß Zeil und die herrliche Fernsicht zu rühmen, welche sich hier dem Auge fast über die ganze südliche Hälfte des Oberamts und noch weit über dieses hinaus bis an die Kette der Vorarlberger und Schweizer Alpen eröffnet. Der Anblick der letztern stellt sich überhaupt an manchen Stellen in seiner ganzen erhabenen Schönheit dar. Eine sehr sehenswerthe Rundsicht genießt man auf der Höhe von Bettelhofen (Gem. Herlatzhofen). Zu den schönsten Ansichten gehört ferner die des Illerthales und des Hochgebirges von dem alten Schlosse Marstetten herab. In hohem Grade malerisch ist auch das Bild, welches man von der Höhe, auf welcher das Pfarrdorf Willeratzhofen liegt, überschaut; es hat den klaren Spiegel des Elleratzhofer Sees zum Vorder- und die Alpen zum Hintergrund. Diese Ansicht und eine andere, welche man eine Viertelstunde südlich von Mooshausen, auf der Landstraße an der Iller gegen die genannte Ruine Marstetten und Aitrach hin, genießt, sind unstreitig die zwei schönsten Landschaften des Oberamtsbezirks. Erwähnung verdienen auch die Aussichten von der Wilhelmshöhe über der Stadt Leutkirch, und vom Gottesberg bei Wurzach.

2. Gewässer.

Der Flächengehalt sämmtlicher Gewässer im Oberamt, d. h. der Flüsse und Bäche, Seen und Weiher beträgt 1468 Morgen. Davon kommen auf Seen und Weiher 6192/8 Morgen.

a. Quellen.
Der Bezirk ist im Ganzen wasserreich. Besonders viel und gutes Quellwasser haben die Orte Haslach, Hauerz, Ellwangen, Diepoldshofen. Doch gibt es einzelne Ortschaften und Wohnsitze, welche sich mit Pumpbrunnen- oder gar Cisternenwasser behelfen müssen. Wie in ganz Oberschwaben,| so enthält auch hier das Trinkwasser hauptsächlich kohlensauern Kalk, und zwar hier und da in ziemlicher Menge. Nur in einzelnen Quellen findet sich neben dem kohlensauren auch etwas salzsaurer Kalk. Eine besonders starke Quelle befindet sich in Hauerz, die unmittelbar bei ihrem Hervortreten am Fuß eines Bergs ziemlich bedeutende Wasserwerke treibt. Eine ähnliche ist in Haslach. Auch kommen im Bezirke nicht selten sog. Hungerbrunnen vor, z. B. Quellen, die nur periodisch fließen. Merkwürdig ist ein natürlicher Springbrunnen im Stadtwald zu Wurzach, der im Frühjahr, wenn der Schnee schmilzt, einige Fuß hoch springt.

Für Mineral- und Heilquellen sind in früheren Zeiten ausgegeben worden, und werden vom Volk zum Theil noch als solche gebraucht: die Quelle des Hauerzer Bades, das Willeratzhofer und Wolfratzhofer Bad und die Quelle zu Kesselbrunn. S. die Ortsbeschreibung.


b. Flüsse und Bäche.
1) Die Iller, dieser bedeutendste aller Donau-Einflüsse des Landes, gehört uns nur als Grenzfluß an, indem er von dem königl. bairischen Dorfe Kardorf, oberhalb Ferthofen (Gem. Mooshausen), bis an seine Mündung zwischen Wiblingen und Ulm, die Landesgrenze gegen Baiern bildet. Von dieser Strecke kommen auf den diesseitigen Bezirk, alle Krümmungen der Flußbahn eingerechnet, 7,3 geograph. Stunden. Das Gefäll wird auf 0,1571 pCt. oder auf 20,4 P. F. per Stunde berechnet. Das Flußgebiet des ganzen Stroms ist (in der Tabelle C zur Beschreibung von Württemberg) zu 36½ Quadratmeilen, und seine Wassermenge, die er jährlich der Donau zuführt, vielleicht zu niedrig, zu 34.5243/5 Millionen Württembergischer Eimer angenommen. Wenigstens wird an der Mündung der Wasserreichthum der Iller von dem der Donau in der Regel nicht, und nur in sehr trockenen Jahreszeiten, übertroffen. Hölzerne, vom Staat unterhaltene Brücken| führen über den Fluß bei Ferthofen und bei Egelsee (Gem. Thannheim). Die Iller behauptet die Natur aller der Gebirgsströme, welche von dem Nordabfall der Alpen her durch das aufgeschwemmte Land der Donau zueilen. Sie ist reißend, läuft öfters sehr schnell an und setzt besonders im Frühjahr, wo sie die Masse des geschmolzenen Schnees der Vorarlberger und Allgäuer Alpen mit sich führt, weite Strecken ihrer breiten Thalebene unter Wasser. Immer gräbt sie sich in dem losen Gerölle neue Rinnsaale, reißt Uferdämme ein, theilt sich in Arme oder bildet Altwasser, so daß sich der Fluß als eine sehr wandelbare Landesgrenze darstellt. Um die Inconvenienzen einer wechselnden Grenze zu beseitigen, sind die Kronen Württemberg und Baiern in Art. I. des Ausgleichungs-Vertrags vom 5. Aug. 1821 übereingekommen, diejenige Linie, welche in den Jahren 1815 und 1816 von beiderseitigen Kommissarien gezogen wurde, für immer als Landesgrenze zu behandeln. Damit hierüber in Zukunft keine Zweifel und Irrungen entstehen möchten, wurden zwei gleiche, von den beiderseitigen Bevollmächtigten als richtig erkannte Exemplarien der in den genannten Jahren aufgenommenen hydrographischen Karte zu den beiderseitigen Akten genommen und gewisse feste Punkte, welche den Angriffen des Stroms nicht ausgesetzt sind, sowohl auf diesen Karten als auch auf dem Felde selbst, durch bleibende Merkmale bezeichnet, und auf diesen die horizontale Entfernung bis zur wirklichen Landesgrenze genau bemerkt. Vollzogen wurde diese Vermarkung im Jahre 1822, im Jahre 1826 aber durchgängig revidirt und berichtigt (Protokollabschluß d. d. 23. Nov./18. Dez. 1826). Einige nachträgliche Berichtigungen erfolgten im Jahre 1831. In den Blättern des topographischen Atlasses von Württemberg ist diese Vermarkung eingezeichnet. – Indem die Iller vielen Schutt und Gerölle mit sich führt, was sie beim Austreten in der Thalsohle ablagert, überdeckt sie häufig die bestbebauten Felder und Wiesen. Die Ufergemeinden| sehen sich daher in vielfältigen Nachtheil versetzt und sind zu kostspieligen Uferbauten und Schutzmitteln genöthigt. Die Kosten derselben belaufen sich im Durchschnitt jährlich auf ungefähr 600 fl., zu deren Deckung die Konkurrenz der Staatskasse bis jetzt vergeblich nachgesucht worden ist.

Sehr nutzbar wird übrigens dieser Fluß durch die Holzflößerei, welche auf demselben namentlich in Schnittwaaren aus dem Allgäu, und zwar in neuern Zeiten lebhafter als früher, betrieben wird. – Unter seinen Fischgattungen ist besonders zu nennen der edle Rothfisch (Salmo Hucho), der sich hier noch häufiger als in der Donau findet, und die seltenere Äsche (Salmo Thymallus).


Neben-Flüsse und -Bäche der Iller.

Die Ellmeneyer Ach, auch Ausnanger Ach genannt; sie entsteht aus der Vereinigung mehrerer Quellbäche oberhalb Muthmannshofen im Bayrischen; ihren ersten Zufluß, diesseits der Grenze, erhält sie durch einen Bach, der bei dem Weiler Grund (Gemeinde Hofs) eintritt und bei Ellmeney von der rechten Seite in die Ach fällt. Weitere Einflüsse sind von der rechten Seite: der Dürrenbach von Dietmanns, die Ach von Raggen, die bei Ausnang mündet; die Istrach, sämmtlich im Gemeindebezirk Hofs. Bei der Mündung der letzteren tritt sie auf eine kurze Strecke ins Bayrische, bildet sodann bei Rothis auf eine Viertelstunde die Landesgrenze, geht darauf ganz ins Bayrische und fällt unterhalb Lauterach in die Iller. Von der linken Seite kommen der Boschenmühlbach und ein Bach ohne Namen, der eine Zeit lang die Grenze bildet und auf dem Punkte mündet, wo die Ach das Königreich zum zweitenmal verläßt. Die Ach schlängelt sich unter Erlen und Weiden versteckt durch ihr oben beschriebenes, geräumiges Thal, und treibt zwei Mühlen in Ausnang, eine in Hofs und die Mühle bei Rothis.

Die Aitrach; so heißt das Flüßchen, das aus der Vereinigung der Wurzacher Ach mit der Eschach entsteht. Hinter dem Pfarrhause in Dietmanns, Oberamts Waldsee, entspringt ein starker Bach (s. Beschr. des OA. Waldsee S. 12) welcher, nachdem er ein aus dem Wurzacher Stadtwald kommendes Bächlein in sich aufgenommen, in südwestlicher Richtung durch das Wurzacher Ried fließt und die Oberämter Waldsee und Leutkirch auf eine Strecke| von beinahe einer Stunde scheidet. Dieser Bach heißt die Dietmannser Ach. Ihm gerade entgegen kommt ebenfalls durch das Ried in nordöstlicher Richtung eine andere Ach aus einem tiefen Kessel bei Ziegelbach im Oberamt Waldsee (s. a. a. O.). Auch diese Ach bildet mitten im Ried auf ungefähr ¾ Stunden die Oberamtsgränze gegen Waldsee. Diese beiden Bäche treffen 1/8 Stunde nördlich von Wurzach auf einander, und fließen nun vereinigt unter dem Namen der Wurzacher Ach südwärts, um jenseits Wurzach wieder auf eine ziemlich lange Strecke, bis auf eine Viertelstunde von Riedlings, die Oberamtsgrenze gegen Waldsee zu bezeichnen. Das Flüßchen windet sich in südöstlicher, darauf in östlicher und endlich in nordöstlicher Richtung um den Fuß des oben beschriebenen Bergabfalls herum. Die Länge seines Laufs von der Vereinigung der beiden Ach bis zur Mündung in die Iller beträgt nach den Hauptkrümmungen 10,4 Stunden, das Gefäll im Ganzen 201 P. F., so daß 19,3 P. F. Fall auf die Stunde kommen. Der Lauf ist übrigens ziemlich ungleich; er wird, gegen die anderwärts gewöhnliche Erscheinung, in den untern Gegenden viel rascher und lebendiger, als er in den moorigen Flächen von Wurzach seyn kann, wo das Wasser träge und unschlüssig in vielen Krümmungen hinschleicht. Auch der Charakter des Ufers ist sonach verschieden. Das Ufer des obern Laufes ist flach und meistens unbewachsen, während das Flüßchen weiter unten, wo es den Namen Aitrach führt, in einem ziemlich eingeschnittenen, mit Gebüsch bewachsenen Ufer hinströmt. Die Wassermasse der Aitrach ist im Verhältniß zu der Länge des Laufes bedeutend, das Flußbett nicht breit aber tief. Orte, welche in dem diesseitigen Bezirk an dem Flusse liegen, sind: Wurzach mit Mühlen und einer Brücke, Truschwende mit einer Mühle, Riedlings (1/8 Stunde entfernt) mit einer Brücke, Diepoldshofen mit Mühle und einer Brücke, über welche die Staatsstraße von Leutkirch nach Wurzach führt, Reichenhofen mit Mühle und zwei Brücken, Herbrazhofen, Unterzeil, Auenhofen, je mit einer Brücke, die Brücke der Staatsstraße bei Lauben, Altmannshofen mit einer Mühle und einer schönen neuen Brücke. Von hier an beginnt nach der gewöhnlichen Annahme die Benennung Aitrach, während Einige diesen Namen schon bei der Vereinigung mit der Eschach, Andere erst unterhalb Aichstetten ansetzen. Weitere Orte sind Aichstetten mit mehreren Mühlen, Rieden, Oberhausen, Aitrach, sämmtlich mit Brücken. Flößerei wird schon von Reichenhofen an lebhaft betrieben. Einflüsse von der linken Seite. Der Gospoldshofer Bach; er kommt aus der Nähe von Seibranz, treibt die Zingerles- und Rumpelmühle und verläuft sich unterhalb Gospoldshofen im| Herrgottsried,[3] aus welchem er wieder bei Bauhofen heraustritt und in die Ach mündet. Ein Bächlein aus dem Diepoldshofer Wald und ein anderes aus dem Reichenhofer Hochwald mündet unterhalb Diepoldshofen. Ein vom Fuß des Wachbühls herabkommender Tobelbach treibt eine Ölmühle und mündet bei Reichenhofen. Der Bach des Brunnentobels mündet unterhalb Herbrazhofen. Der Falchenbach beginnt unter dem Namen Tobelbach bei Rippoldshofen (Gem. Seibranz), fließt ostwärts über die Karlismühle und Bilger nach Eschach. Unterhalb dieses Weilers nimmt er den aus der Gegend von Häberlings durch eine tiefe Schlucht herkommenden Rappenbach auf, wendet sich dann an Rieden vorüber gegen Norden und fällt bei Oberhausen in die Aitrach. Erst zwischen den zwei letztgenannten Orten erhält er den Namen Falchenbach. Auf seinem ganzen Lauf treibt er nur die oben genannte Karlismühle. Einflüsse von der rechten Seite. Der Rothbach (uneigentlich auch die Gebrazhofer Roth genannt) tritt bei Stegroth (Gem. Diepoldshofen) in das diesseitige Oberamt ein, nachdem er auf eine halbe Stunde die Grenze gegen den Oberamtsbezirk Wangen gebildet (s. Oberamtsbeschreibung von Wangen S. 23) und den Ausfluß des Ellerazhofer Weihers (die „Österach" nach einer Markbeschreibung der obern Landvogtei v. Jahr 1594) in sich aufgenommen hat; er fließt von Süden nach Norden langsam und in vielen Krümmungen zwischen unbedeutenden Hügelgruppen, die mit Moorgründen abwechseln, an Stegroth, Ober- und Unterburkhartshofen und Hünlishofen vorbei und fällt ¼ Stunde unter Rimmeldingen in die Ach. Auf der linken Seite erhält er unterhalb Hünlishofen einen Zufluß von Arnach, Oberamts Waldsee, her. – Der Haupteinfluß der Ach ist die Eschach, die bei Urlau aus dem Oberamt Wangen (s. dessen Beschr. S. 23) in den diesseitigen Bezirk eintritt. Sie übertrifft die Ach an Länge des Laufs und häufig auch an Wassermasse, indem sie als ein aus den Allgäuer Alpen in Bayern kommender Gebirgsbach nicht selten zu einem reißenden Flusse anschwillt, der oft ausgebreitete Verheerungen anrichtet. Ihr Fall ist bedeutend und beträgt von ihrer Ankunft an der Landesgrenze (Oberamts Wangen) bis Leutkirch 75, von Leutkirch bis an die Mündung mit der Aitrach in die Iller 37 P. F. auf die Stunde. Oberhalb Leutkirch fließt sie zwischen zwei hohen, künstlich aufgeführten Dämmen, die jedoch nicht immer stark genug sind, die umliegenden Wiesen und Felder gegen den Ausbruch der Wassersgewalt| zu schützen, welcher letztere namentlich im Jahre 1824 in furchtbarer Weise erfolgte. Sie treibt mehrere Mühlen und Werke in den Orten welche sie berührt, als in Urlau, Leutkirch, Niederhofen. Erwähnenswerthe Brücken sind: die Brücke der Staatsstraße bei Haselburg (Gem. Herlazhofen), zwei steinerne Brücken bei Leutkirch. Eine Viertelstunde unterhalb Haselburg trennt sich links von ihr ein Arm, der Rauns genannt, der einen aus der Misse und dem Vorder- und Hinterweiher kommenden, zwei Mühlen treibenden Bach aufnimmt, sich längs der ersten Terrasse der Thalebene hinzieht und eine starke Viertelstunde unterhalb Leutkirch sich wieder mit der Eschach vereinigt. Dieser Arm ist ein im Jahr 1683 von der Stadt Leutkirch durch einen künstlichen Abfall bewerkstelligter Abzugskanal, allerdings vortheilhaft und schützend für die Markung der Stadt, desto weniger für die Felder der Gemeinde Herlazhofen, welchen bei Überschwemmungen Wasser und Geschiebe in Masse zugeführt wird. Bei Niederhofen nimmt die Eschach den merkwürdigen Namen Nibel an und führt ihn bis zu ihrer Einmündung in die Ach, die auf der Markungsgrenze der Gemeinden Reichenhofen und Wuchzenhofen bei Lauben erfolgt – eine Benennung, welche sich in alten Zeiten wahrscheinlich über den ganzen untern Lauf der Eschach erstreckte und dem Nibelgau (s. unten) seinen Namen gab. Von der rechten Seite her vereinigen sich der Mühlbach von Aderazhofen, der Neumühlbach, der Schornickelbach und Floschen, die mehrere Mühlwerke treiben, nebst einigen andern kleineren Zuflüssen zu einem ansehnlichen Bach, welcher durch den Leutkircher Stadtweiher und durch die Stadt fließt und unterhalb derselben in die Eschach mündet. An derselben Stelle fällt in diese der Ausfluß der nordöstlich gelegenen Weiher vom Ochsenbrunnen her, der sog. Säg- oder Falterbach. Aus einem Tobel des Leutkircher Stadtwaldes kommt ein Bächlein und geht bei Niederhofen noch in die Eschach. In die mit derselben vereinigte Ach aber mündet oberhalb Altmannshofen ein unbenannter Bach, der vom Walde Glockenspeicher herabkommt und eine Hammerschmiede treibt. Der letzte Einfluß von dieser Seite ist ein kleines Bächlein von Altmannspeier, das bei Aichstetten in die Aitrach geht. Zu den Nebenbächen der Iller sind auch die kleinen Wasser zu rechnen, welche aus den Zinken und Einschnitten der linken Thalwand herabrinnen aber kaum die Thalebene erreichen, um in dem Gerölle derselben sich spurlos zu verlieren. So der Bach von Thannheim, der zwei Mühlen treibt, zwei Bäche bei Illerbachen, ebenfalls mit einer Mühle, ein Bach bei Berkheim. Von allen diesen Bächen hat die Behauptung des Volks sehr viele Wahrscheinlichkeit,| daß sie dieselben sind, welche bei Ober-Dettingen, Oberamts Biberach, am Fuß einer Terrasse unter dem Namen Schendbach und Forellenbach zu Tage kommen.

2) Die Roth. Dieses Flüßchen, das unmittelbar der Donau zuströmt, sammelt alle Wasser der oben unter Nr. 2 beschriebenen Höhenzüge, so weit sie dem diesseitigen Bezirke angehören. Zwar führt es seinen Namen erst von dem ehemaligen Kloster, jetzt Schloß Roth, an, allein für die eigentliche Roth ist der Pfaffenriederbach, der aus zwei kleinen Seen oberhalb Baierz (G. Hauerz) kommt, zu halten, wie schon der Name des nahen Weilers Rotheck und die ganze Richtung des Thalzugs beweist. Die Roth hat von diesen Quellen bis zur Donau, ihren Hauptkrümmungen nach, einen Lauf von 20 Stunden. Ihr Fall ist zu 36,5 P. F. auf jede dieser Stunden im Durchschnitt zu schätzen. Sie fließt in einer im Ganzen ziemlich geraden nördlichen Richtung, krümmt sich aber, besonders von Roth abwärts, in unzähligen kleinen Windungen und Verzweigungen durch ihren sumpfigen Thalgrund. Von dem oben genannten Rotheck an bildet sie auf eine Strecke von einer kleinen Stunde die Grenze gegen das Oberamt Waldsee. Ihr Austritt in das Oberamt Biberach erfolgt unter Binnroth, G. Kirchdorf. Die Orte und Weiler, an welchen sie vorüberfließt, sind diesseits: Baierz, Rotheck, Dietenberg, Mühlberg, Spindelwaag, Roth, Unterzell, Eichenberg, Schelleneigen und Binnroth; Mühlen und Werke treibt sie in Spindelwaag und Unterzell, bei Schelleneigen und Binnroth; Brücken führen hinüber bei Rupprechts, Spindelwaag, Roth und bei der Grabenmühle (Staatsstraße).

Einfluß von der linken Seite. Der Ellbach (gewöhnlich Ölbach, was unrichtig zu seyn scheint), der ¼ Stunde südlich von Ellwangen entspringt, in Ellwangen und Wirrenweiler zwei kleinere, von Westen herkommende Bäche aufnimmt, bei Emishalden auf eine ganz kleine Strecke ins Oberamt Biberach eintritt, und eine gleiche auf der Oberamtsgränze fortläuft, bei Spindelwaag aber sich mit der Roth (Pfaffenrieder Bach) vereinigt. Er treibt im diesseitigen Bezirk die Obermühle und die Wirrenweiler Mühle.

| Einflüsse von der rechten Seite. Der Sendener Bach, der aus einer starken Quelle bei Hauerz kommt und gleich in diesem Ort einige Werke treibt, unterhalb bei Weilers Senden aber in die Roth einmündet. – Die Haslach;[4] sie entsteht aus zwei Bächen, deren einer, der stärkere, von Steinenthal und Hellers (Gem. Hauerz), der andere von Threerz herkommt, und die sich bei Pfänders (Gem. Mooshausen) vereinigen. Die Haslach fließt durch das Dorf dieses Namens, treibt die Rohrmühle und Kreuzmühle und mündet in zwei Armen beim Schloß Roth. Sie ist besonders reich an Quellwasser und führt vorzügliche Forellen. Von der linken Seite kommen aus den Thaleinschnitten einige kleine Bäche herab, darunter der bedeutendste aus dem Boschen- und Höllthal bei der Rohrmühle mündet. – Ein kleiner Bach kommt vom Westabhang des Heidenbühls (über Berkheim) und mündet bei Binnroth.

3) Die untere Argen berührt diesen Bezirk nur an der Südgrenze des Oberamts, welche an drei Stellen, an zwei ganz kurzen und einer längern von ¾ Stunden, in den Gemeinden Gebratzhofen und Waltershofen durch diesen Fluß gebildet wird. In letzterem Gemeindebezirk tritt er zweimal ganz in das Oberamt ein. Aus dem diesseitigen Oberamtsbezirk fallen der Argen zu: der Mühlbach, der aus dem Weiher bei Nonnenbach kommt, dort eine Mühle treibt, bei Uttenhofen einen aus dem Engeratzhofer Moos herkommenden Bach aufnimmt, und darauf bis zu seiner Mündung, wo er die Sackmühle treibt, die Oberamtsgrenze bildet. Weiterhin mündet ein von Siegratzhofen und Waltershofen herabkommender Bach, bei Wengen der Ölmühlbach und endlich beim Dürren ein kleines Bächlein von Hilpertshofen. – In die Schußen durch die Wolfegger Ach geht ein Bach bei Gebratzhofen, der die Enzlemühle treibt, bald aber in den Argensee und somit aus dem Oberamt tritt.


c. Seen und Weiher.
Auch in diesem Bezirk finden sich noch Reste der großen Wasseransammlung, welche, wie man annehmen muß, einst| den Boden unserer Gegend in weitem Umfang bedeckte. Doch sind sie bei weitem seltener, als im benachbarten Oberamt Wangen, und finden sich beinahe nur in dem südlichen, dem letzteren analogen Theile. Eigentliche Seen, nach dem Sprachgebrauch des Oberlandes, oder Wasseransammlungen, die nicht abgelassen werden können, hat der Bezirk überhaupt nicht; sie sind sämmtlich Weiher, die als Fischwasser benützt werden. Gewöhnlich sind sie nicht sehr tief, und haben klares Wasser, aber schlammigten Grund.

Der ansehnlichste dieser Weiher ist der Elleratzhofer, Gemeinde Herlatzhofen, Markung Elleratzhofen, von 1564/8 Morgen, 18,2 Ruthen Meßgehalt. Er bietet, von sanft ansteigendem Terrain, mit Wiesen, Feld und Wald umgeben, ein sehr malerisches Bild (s. oben). Durch ihn fließt ein Bach von Ost nach West, der zwei Mühlen treibt. An seinem Ufer befindet sich eine ländliche Badeanstalt, s. Ortsbeschr. Willeratzhofen.

Der Leutkircher Stadtweiher, ¼ Stunde östlich von der Stadt, hat 613/8 Morgen 34,6 Ruthen Flächengehalt; seine Zuflüsse sind der Floschen und Mühlbach. Er ist fischreich, und das jedes Jahr im Spätherbst stattfindende Fischen ist ein eigentliches Volksfest. Nördlich von der Stadt befinden sich die drei Ochsenbrunnenweiher, von 25 Morgen Meßgehalt.

Der Fetzachweiher, Gemeinde Herlatzhofen, Markung Urlau, gegen 60 Mrg. groß, ist rings von sumpfigen Wiesen umgeben und liegt auf der Wasser-Vertheilungsfläche, so daß er nach Belieben in die Argen oder in die Eschach abgelassen werden kann, s. oben.

Der Vorder- und Hinterweiher', Gemeinde und Markung Herlatzhofen, zusammen ungefähr 80 Morgen betragend, haben ihren Abfluß nach dem Rauns, s. oben.

Der Mühlweiher bei Nonnenbach, G. Gebratzhofen, Markung Engeratzhofen, mißt 21¾ Morgen; durch ihn fließt der Mühlbach nach der Argen.

Der Weiher bei Spindelwaag, auf Rother Markung,| im Roththal künstlich angelegt, von ungefähr 30 Morgen Meßgehalt.

Der Sandweiher mit dem obern Weiher auf der Markung Roth, oberhalb dieses Orts, zusammen gegen 24 Morgen groß.

3. Boden.
Im Allgemeinen theilt der Boden dieses Bezirks die Eigenschaften der angrenzenden Oberämter Wangen und Waldsee. In den höher gelegenen Gegenden, namentlich der nördlichen Hälfte, ist der Boden gewöhnlich mehr oder weniger strenger Thonboden, seltener Lehm; die Unterlage besteht in der Regel aus einem festen, undurchlassenden, stark mit Eisenocker durchzogenen Kies, unter welchem sich eine nicht sehr starke Schichte Sand und dann Mergel befindet. Bisweilen sind die Kieslager mächtiger, bisweilen aber fehlen sie ganz, und Sand und Ackererde liegen unmittelbar auf dem Mergel. In diesem Fall aber ist der letztere sehr thonhaltig und kalt, auch mit Eisenocker durchzogen. Im Illerthal liegt fast durchgängig unter der flachen, sandigen Dammerde sogleich das reine Gerölle, in welchem alle Feuchtigkeit schnell durchsickert.[5] Daher gedeihen im Illerthal Feldfrüchte und Wieswachs nur in feuchten Jahrgängen, während in den Roth-, Haslach- und Achgegenden, deren Boden die fruchtbringenden Theile und die Feuchtigkeit leichter bei sich behält und zur Kultur geeigneter ist, nasse Jahrgänge den Brod- und Futterpflanzen nachtheilig sind. Wo Letten allein die Unterlage bildet, ist der Boden sehr naß und sumpfig. Dieß ist der Fall in den Torfmooren bei Wurzach und in den zahlreichen Rieden besonders| der südlichen Hälfte des Bezirks, so wie in den meisten Thalgründen. Zu den ergiebigsten Distrikten rechnet man im Ganzen die Gemeindebezirke Aichstetten, Leutkirch, Berkheim und theilweise Thannheim; zu den geringsten Seibranz, Waltershofen, Kirchdorf und die Gegend von Threerz. Im Ganzen steht der Boden dieses Oberamtsbezirks hinsichtlich seiner Kulturfähigkeit unter den mittleren des Landes.

4. Luft und Witterung.
Die Luft ist bei der hohen Lage des Bezirks, welche beinahe der mittleren Erhebung des Alpplateau gleich kommt, im Ganzen rauh und scharf. Im Einzelnen aber ergeben sich bedeutende Verschiedenheiten. Die niedrigste Temperatur herrscht auf dem waldigen Hochgelände der G. Seibranz bis gegen Wurzach hin. Ebenfalls ziemlich rauhe, aber weniger trockene Luft hat der dem Allgäu angehörige und dem Hochgebirge näher gelegene südliche Theil des Oberamts. Auffallend milder aber ist die Temperatur der Illerebene; hier geht im Frühjahr öfters schon der Pflug, während selbst im Thal bei Leutkirch noch eine mächtige Schneedecke auf dem Boden lagert. Dem ganzen Bezirke aber sind, wie dem Allgäu überhaupt, eigenthümlich: schnelle Abwechselungen der Temperatur, auch im Sommer meist kühle Morgen und Abende, mehr feuchte als trockene Witterung, schnell umspringende Winde und nicht selten heftige Stürme. Vorherrschende Winde sind: der scharfe, kalte Ost und Nordost oder sogenannte Bayerwind, in dessen Gefolge sehr häufig entzündliche Zufälle erscheinen, und der feuchte, oft sehr ungestüme Seewind von Südwesten her. Auch der Sirocco oder Föhn (im Munde des Volkes Pfäh) stellt sich nicht selten ein, ist jedoch im Iller- und Roththal wenig mehr fühlbar. Seine Wirkung ist im Frühjahr ein ungemein rasches Schmelzen der Schneemassen, im Spätjahr ein schnelles Reifen, aber auch baldiges Faulen der Baumfrüchte; und wenn es gleich seine letzten Hauche sind, welche in diesen Bezirk hereinstreichen, so| äußern doch auch diese merklich genug ihre erschlaffende Einwirkung auf den thierischen Organismus. – Die hohe Lage, die Nähe der Alpen, die sumpfigten Thalgründe und zahlreichen Torfmoore erzeugen eine größere Menge wässeriger Niederschläge, als die meisten Gegenden unseres Vaterlandes erfahren, wenn gleich diese Menge von der des Oberamts Wangen, namentlich der Gegend von Isny noch übertroffen wird. Über die Thäler und Niederungen lagern sich häufig dichte, kalte, der Vegetation sehr nachtheilige Nebel. Das Illerthal ist insbesondere den schädlichen Wirkungen des nicht selten erscheinenden Mehl- oder Honigthaus ausgesetzt. Reifen und Frühlingsfröste sind etwas gewöhnliches. Gewitter sind ziemlich häufig, aber Hagelschläge suchen, das Illerthal ausgenommen, diese Gegend selten heim. Die Berge von Zeil bilden eine Wetterscheide.[6] – Die Jahrszeiten betreffend, so tritt der Frühling in der Regel spät erst ein, da der April gewöhnlich noch den Wintermonaten beizuzählen ist. Häufig geht in den höhern Gegenden der Schnee erst mit dem Anfang des Mai. Aber mit den ersten warmen Tagen regt sich die Vegetation schnell und kräftig und nimmt dann, wie in dem benachbarten Oberamt Wangen (s. Beschr. S. 30), einen raschen Verlauf. Mit dem August stellen sich gewöhnlich wieder kalte Nächte, mit dem September Reifen, und nicht selten schon zu Anfang Oktobers die ersten Schneefälle ein. Übrigens kommt die Winterkälte, wiewohl sie anhaltender ist, doch an Strenge sehr häufig den kältesten Tagen in den mildesten Gegenden des Landes, selbst in | Stuttgart, nicht gleich, wogegen die Sommerwärme, auch an den heißesten Tagen, immer um einige Grade unter der von Stuttgart bleibt.


5. Gebirgsarten, Versteinerungen und Mineralien.
Wie in den umliegenden Bezirken, so ist auch in diesem Oberamt Molasse, Nagelflue und Gerölle die vorherrschende Gebirgsart. Selten geht der weiche Sandstein der Molasse zu Tage aus, wie z. B. im Argenthale bei Merazhofen und bei Dürren in der Gemeinde Waltershofen. Ein ähnlicher, weicher, gelblich weißer Sandstein, nicht deutlich geschichtet, sondern mehr verworren, findet sich bei Reichenhofen, Schöllhorn, Mühlberg, Binnroth; längere Zeit der Luft ausgesetzt, erhält er eine nicht unbedeutende Härte.[7] Die auf der Molasse aufgelagerte, bisweilen auch mit ihr wechsellagernde Nagelflue (Conglomerat) geht besonders an den Thalrändern zu Tage, z. B. bei Hauerz, Haslach, Landolzweiler, Marstetten, Zeil etc. und erscheint auch häufig auf den Anhöhen in einzelnen entblösten Felsen. Die Geröllablagerungen, welche unmittelbar unter der Dammerde liegen (s. oben 3. Boden), besonders die Geschiebe der Iller bestehen aus Quarz, Granit, Gneiß, Glimmerschiefer, Porphyr etc., hauptsächlich aber aus Alpenkalk. Als Findlinge erscheinen ebendort auch oryctognostische Gesteine, z. B. Schwefelkies. Von Diluvialgebilden ist Lehm und ein sehr kalkhaltiger Mergel (zu| 40–60 pct. Kalk) vorherrschend, namentlich in den höheren Gegenden von den Zeiler Bergen an nordwärts.

Unter den Alluvialgebilden ist das wichtigste der Torf. Fast alle Thäler des Bezirks haben moorigten Grund, dessen Unterlage bisweilen aus unvermischtem Lehm und Letten, bisweilen aus lehmigtem Sand besteht. Die Mächtigkeit der Torflager ist sehr verschieden. S. unten Gewinnung von Mineralien. Die bedeutendsten Moore sind das bekannte Wurzacher Ried, das jedoch größtentheils im Oberamt Waldsee liegt, die Möser der Gemeinde Gospoldshofen, namentlich das Herrgottsried, das Moos von Engeratzhofen, das Missen- und Fetzach Moos (Gemeinde Herlatzhofen), die Rieder im Ellmeneyer Achthal, das Ried bei Binnroth etc.

Versteinerungen sind bis jetzt noch im ganzen Bezirke nicht gefunden worden.


6. Pflanzen- und Thierreich.
A. Pflanzen.

Die Flora des Leutkircher Oberamtsbezirks zeigt einen bemerkenswerthen Reichthum an Pflanzen, die in Württemberg im Allgemeinen zu den selteneren Erscheinungen gehören. Im Wesentlichen schließt sie sich an die Flora der angrenzenden oberschwäbischen Bezirke an, indem ihr Charakter gleichermaßen vorzugsweise auf der einen Seite durch die nicht unbedeutende Erhebung des Bodens über die Meeresfläche und die Nachbarschaft der Alpen, auf der andern Seite durch die ansehnliche Ausbreitung der Gewässer, der Torfmoore und Rieder und die beträchtliche Menge der wässerigen Niederschläge aus der Atmosphäre bedingt wird.

Demgemäß sind die seltenern hier sich findenden Vegetabilien vorherrschend solche, die zu ihrem Gedeihen feuchte Standorte oder (in unsern Breitegraden wenigstens) ein Gebirgsklima oder beides zugleich erfordern. Wenn, wie| es scheint, der Bezirk von Leutkirch noch reicher an Alpenpflanzen ist, als mehrere benachbarte Bezirke, so dürfte dieß darin seinen Grund haben, daß die Iller eine unmittelbare Verbindung mit den Alpen des Allgäus herstellt und manche Pflanzen aus diesen herführen und absetzen mag, weßhalb denn auch gerade die Ufer der Iller es sind, wo der Botaniker manches seltenen Fundes sich erfreut. Nach einer Mittheilung des Herrn Apothekers Duke in Roth, aus der ein großer Theil der nachstehenden Notizen entnommen ist, beträgt die Zahl der phanerogamischen Gewächse, welche bis jetzt im Bezirke wild wachsend gefunden worden sind, gegen 850, die der kryptogamischen, die Schwämme ungerechnet, etwa 350 Arten.

Was zuvörderst die Bäume betrifft, so bestehen die Waldungen größtentheils aus Nadelholz, und zwar ist die Rothtanne (Pinus Picea Duroy) die vorherrschende Holzart, neben welcher noch die Weißtanne (Pinus Abies Duroy) und die Forche (Pinus sylvestris), auch die unter dem Namen Legforche bekannte, durch ihren Stand auf moorigem Grunde verkümmerte Abart der letztern vorkommen. Noch macht der Wachholderstrauch (Juniperus communis) Anspruch, unter den Nadelholzbäumen aufgeführt zu werden, insofern er in dieser Gegend durch einen ungewöhnlich üppigen und nicht selten baumartigen Wuchs sich auszeichnet, so daß Exemplare von 15 bis 20 Fuß Höhe vorkommen.

Obgleich das Laubholz nur eine untergeordnete Rolle spielt, so kommen doch fast sämmtliche dahin gehörende Bäume, welche in Württemberg überhaupt verbreitet sind, auch hier vor; als fehlend sind hervorzuheben, der Mehlbeer- und der Sperberbaum (Sorbus Aria und domestica), wie es scheint, auch der Holzapfel und der Holzbirnbaum (Pyrus Malus sylvestris und Pyrus communis pyraster). Die Birke (Betula alba) kommt oft auf Moorgründen verkümmert als sogenannte Zwergbirke vor. Besondere Erwähnung verdient das Vorkommen des Taxusbaumes (Taxus baccata).

| Von Sträuchern sind – mit Übergehung derjenigen, die überhaupt in Württemberg gemein sind – als seltenere, die im Oberamt Leutkirch angetroffen werden, zu nennen: der Pimpernußstrauch (Staphylea pinnata), die Tamariske (Tamarix germanica), der Sanddorn (Hippophaë rhamnoides), die Andromeda polifolia, ferner der rothe Hollunder (Sambucus racemosa), die schwarze Heckenkirsche (Lonicera nigra), die Alpenheckenkirsche (Lonicera alpigena), die Sumpf-, Moos- und Preisselbeeren (Vaccinium uliginosum, Oxycoccos und Vitis idaea), sodann verschiedene Weidenarten, als Salix pentandra, incana, phylicifolia, repens (insbesondere deren kleinblättrige Abart), und daphnoides. Auch der Steinapfel (Cotoneaster vulgaris) soll an der Iller vorkommen. Bemerkenswerth ist noch die Waldrebe (Clematis Vitalba), in Betracht der auffallend üppigen Entwicklung, durch welche sie sich in diesen Gegenden auszeichnet. Was sodann die krautartigen Gewächse betrifft, so fällt besonders bei ihnen die schon bei den Sträuchern sich bemerklich machende verhältnismäßig große Anzahl von sonst seltener vorkommenden Sumpf- und Wasserpflanzen in die Augen. Besondere Erwähnung verdienen: Pinguicula vulgaris und alpina, Utricularia intermedia und minor. Glyceria airoides und spectabilis, Cyperus fuscus und flavescens, Schoenus ferrugineus, Rhynchospora alba, Scirpus ovatus, maritimus und Baecothrion, Galium uliginosum, Potamogeton rufescens, Hottonia palustris, Viola palustris, Drosera rotundifolia und longifolia, Scheuchzeria palustris, Acorus calamus, Juncus obtusiflorus und tenuis Roth, Arenaria uliginosa, Spergula nodosa, Stellaria uliginosa, Saxifraga Hirculus, Pedicularis Sceptrum Carolinum, Cineraria spathulaefolia, Malaxis paludosa, Carex leucoglochin, ericetorum, alba, limosa, filiformis, microglochin, ferruginea, capitata, chordorrhiza, Heleonastes und dioica. Außer den schon im Obigen genannten Gebirgspflanzen sind als solche noch hervorzuheben: Salvia| glutinosa, Circaea alpina, Poa alpina und cenisia Allion, Galium rotundifolium, Cerinthe alpina, Campanula cespitosa, Pyrola uniflora, Gypsophila repens, Digitalis purpurea, deren seltene weißblühende Varietät vorkommt, Linaria alpina, Antirrhinum alpinum, Hutchinsia alpina, Arabis alpina, Senecio alpinus, Buphthalmum salicifolium, Hieracium staticifolium. Von sonstigen selteneren Pflanzen, die im Leutkircher Bezirke vorkommen, sind noch zu nennen: Salvia verticillata, Cladium Mariscus, Triodia decumbens, Festuca gigantea, Poa compressa, Campanula Cervicaria, Laserpitium pruthenicum, Silaus pratensis, Myosotis versicolor, Gentiana Pneumonanthe, Polemonium coeruleum, Anthericum ramosum, Polygonum viviparum, Gypsophila muralis, Potentilla opaca und rupestris, Actaea spicata, Anemone ranunculoides und Pulsatilla, Hypericum humifusum und pulchrum, Galeopsis versicolor, Orobanche coerulea und Galii, Cardamine sylvatica, Trifolium spadiceum, Hypochoeris maculata, Barkhausia praecox, Hieracium praemorsum und succisaefolium, Cirsium acaule und tuberosum, Crepis tectorum, Centaurea phrygia, Orchis coriophora, Cephalanthera rubra.


B. Thiere.

Die Säugetiere betreffend, ist zu bemerken, daß der Damhirsch und der Edelhirsch nur noch in den Wildparken bei Zeil und Roth getroffen werden; häufiger sind die Rehe, im Wurzacher Ried kommen als Seltenheit weiße vor. Von Raubthieren finden sich Füchse, Fischottern, Iltis, Wiesel, Haus- und Edelmarder, von Nagethieren verschiedene Mausarten, namentlich auch die seltene kleine Haselmaus (Myoxus avellanarius), das Eichhorn, das vorzugsweise in schwarzer Färbung vorkommt, Hasen. Außerdem verdient noch Erwähnung der Dachs.[8]

| An Vogelarten ist der Bezirk ziemlich reich. Ehrhart führt in seiner physisch-medizinischen Topographie der Stadt Memmingen (Memmingen 1813) 162 Arten als in der Gegend von Memmingen vorkommend auf, und da nur die Iller diese Gegend von unserem Bezirke scheidet, so dürfte dieses Verzeichniß auch für letztere Gültigkeit haben. In besonders großer Anzahl kommen Sumpf- und Schwimmvögel vor; (Ehrhart zählt deren 53 auf), namentlich der große Fischreiher (Ardea major), auch der Kranich (Ardea Grus) soll sich schon eingestellt haben – verschiedene Schnepfenarten, insbesondere die Moorschnepfe (Scolopax Gallinula), der Kiebitz (Tringa Vanellus), das Schwarze Wasserhuhn (Fulica atra) und das grünfüßige Teichhuhn (Fulica chloropus), eine große Anzahl von Enten, worunter die wilde Gans (Anas Anser ferus) und die Schneegans (Anas segetum), – auch der wilde Schwan (Anas Cygnus) wurde schon bei Wurzach geschossen, – ferner von Tauchern namentlich der kleine Taucher (Podiceps minor) und der große Haubentaucher (Podiceps cristatus), so wie verschiedene Mövenarten, insbesondere die Lachmöve (Larus ridibundus). Von Tauben kommen neben der Haustaube vor, die Holztaube (Columba Oenas), die Ringeltaube (c. Palumbus) und die Turteltaube (c. Turtur), von Raubvögeln der Hühnerhabicht (Falco palumbarius), der Sperber (F. Nisus), der Gabelweih (F. Milvus), der Thurmfalke (F. Tinnunculus), der Wasserweih (F. aeruginosus), die Baumeule (Strix Aluco), die Schleiereule (Str. flammea) und das Käuzlein (Str. passerina). Der Steinadler (Aquila fulva) und der Lämmergeier (Gypaëtos barbatus) sind außerordentliche Erscheinungen. Ebendasselbe gilt wohl auch vom Birkhuhn (Tetrao Tetrix) und von dem Seidenschwanz (Ampelis garrulus). Sehr häufig dagegen kommt der Staar vor (Sturnus vulgaris). Sonst erwähnen wir noch den Dorndreher (Lanius Collurio) und den kleinen Neuntödter (Lanius minor), den Wiedehopf (Upupa Epops) und von | krähenartigen Vögeln den seltenen Kohlraben (Corvus Corax) und die Goldamsel (Oriolus Galbula).

Von Fischen werden als im Bezirk sich vorfindend aufgeführt: der gemeine Karpfe (Cyprinus Carpio) und die unter dem Namen Spiegelkarpfe bekannte Abart desselben, sodann von derselben Gattung noch die Barbe (C. Barbus), die Schleihe (C. Tinca), der Weißfisch (C. Nasus), das Rothauge (C. rutilus), der Gräßling (C. Gobio), der Bratzing oder Brachse (C. Brama) und die Orfe (C. Jeses); von der Gattung der Lachse: die Forelle (Salmo Fario), die Äsche (S. Thymallus), der Rothfisch (S. Hucho); letzterer erreicht in der Iller ein Gewicht von 30 Pfunden und darüber; auch soll die Grundforelle (S. lacustris) vorkommen. Außerdem sind zu nennen der Hecht (Esox Lucius), die Treische (Gatus Lota), die Grundel (Cobitis Barbatula), die Gruppe (Cottus Gobio), die Bärsche (Perca fluviatilis), der Aal (Muraena Anguilla) und der Weller (Siluras Glanis). Letzterer findet sich in der Roth.

Was die Amphibien betrifft, so ist auf das nicht seltene Vorkommen der Kreuzotter (Vipera Chersea) aufmerksam zu machen.

An Weichthieren dürfte die Gegend nicht arm, scheint indessen in dieser Hinsicht noch wenig erforscht zu seyn. Erwähnung verdient die in den Gebüschen am Ufer der Iller vorkommende haarige Schnecke (Helix villosa).

Von krebsartigen Thieren ist besonders hervorzuheben der seltene Kiemenfuß (Branchipus stagnalis). Krebse von ansehnlicher Größe kommen in der Aach auf dem Wurzacher Ried vor.

Was endlich die Insekten anlangt, so sind bis jetzt etwa 300 Schmetterlinge und beiläufig 900 Käfer als im Bezirk vorkommend verzeichnet (nach einer Mittheilung des Herrn Apothekers Duke in Roth).[9] Von erstern sind als| Seltenheiten zu nennen, der Oleanderschwärmer (Sphinx Nerii) und der Todtenkopf (Acherontia Atropos). Von letztern begnügen wir uns folgende wenige zu nennen, die bis jetzt als Landeskinder noch nicht scheinen gekannt gewesen zu seyn: Otiorhynchus lepidopterus, Chrysomela raphani, Nebrio erythrocephala, Bembidium versicolor und Carabus nitens.
  1. Der in dieser Gegend (dem sog. Fetzenmoos) befindliche Weiher kann nach Belieben in die Eschach oder gegen die Argenabdachung hin, abgelassen werden.
  2. Misse ist auch im Schwarzwald der häufig vorkommende Ausdruck für Waldsumpf. Mißwasser heißen die Moorabflüsse von den Schwarzwaldhöhen.
  3. In demselben Ried verlauft sich auch ein aus einem kleinen See bei Wengenreute herabkommendes Wasser, der Rennertser Graben genannt.
  4. In einer alten (vom Chron. Ochsenhus. erwähnten) Urkunde vom Jahr 1453 führt sie den Namen „Hizlebach".
  5. Zum Beweis der Mächtigkeit dieser Kies-Ablagerungen führen wir die Thatsache an, daß vor einigen Jahren in Thannheim, das doch schon am Thalrand und eine kleine Stunde von der Iller entfernt liegt, ein Brunnen gegraben und bei einer Tiefe von 60′ immer noch derselbe Kies, wie er gleich 1′ unter der Oberfläche sich zeigte, gefunden wurde. Nun erhielt man Wasser, allein es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ablagerung noch viel tiefer sich erstreckt.
  6. Die von Westen kommenden Gewitter ziehen von hier theils südöstlich gegen Vorarlberg und Tyrol, theils nordöstlich der Iller und Donau zu; häufig schlagen die Gewitter auf der südwestlichen Ecke des Schloßberges bei Zeil in die Erde. Corresp.-Blatt des landw. Vereins 1822, Bd. I. S. 168. Der hochgelegene Ort Starkenhofen ist Blitzschlägen besonders ausgesetzt; während 80 Jahren schlug der Blitz dreimal in das am höchsten stehende Haus daselbst. Corresp.-Blatt 1838. II. S. 292. - Starke Erdstöße verspürte man den 24. Jan. 1837 in der Gegend von Wurzach.
  7. Nach der Beobachtung des Herrn Apotheker Duke in Roth, welchem wir diese Notizen verdanken, ist das specifische Gewicht des Schöllhorner Sandsteins 2,14 und seine Bestandtheile sind (in 100 Theilen):
    86,0 Kieselerde,
     6,5 Kalkerde,
     3,3 Thonerde,
     1,5 Eisenoxyd,
     0,5 Bittererde,
     2,4 Verlust.
  8. In einer Nachricht vom J. 1689, die Erbauung der Kleemeisterei bei Wurzach im sogenannten Ruzenstall betreffend, heißt es: „allwo die Wölfe ohnedem ihren Gang in’s Ried haben."
  9. Ehrhart führt a. a. O. 533 Schmetterlinge und gleich viele Käfer auf.
Anmerkungen [WS]
  1. Die Schreibweise der Ortsnamen ist im ganzen Werk nicht einheitlich, wurde aber so beibehalten. Es erscheint bspw. Engeratzhofen und die heutige Schreibweise Engerazhofen. Das gilt auch für mehrere andere Orte.