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Hirschlanden,
Gemeinde III. Kl. mit 430 Einw. – Ev. Pfarrei.

Das kleine Pfarrdorf,[1] 1/2 Stunde nordöstlich von der Oberamtsstadt, auf einem südlich geneigten, flachen Abhange des weit gedehnten Strohgäu’s gelegen, hat ein freundliches, wohlhäbiges Aussehen. Gegen Norden erhebt sich das Terrain über den Ort und gewährt nicht nur diesem, sondern auch dem größeren Theil der Markung, Schutz gegen rauhe Winde, daher das Klima etwas milder ist, als in einigen Orten der nächsten Umgebung. Frühlingsfröste sind selten, ebenso schädliche Gewitter, dagegen kommen Thaue ziemlich häufig vor. Ein laufender und ein Pumpbrunnen versehen den Ort mit gesundem Trinkwasser, jedoch nicht sehr reichlich; der Pumpbrunnen läßt in trockenen Sommern nach; der laufende liegt am östlichen Ende des Orts. Auf den Fall der Feuersgefahr ist eine Wette angelegt; 1/2 Stunde westlich vom Ort liegt ein kleiner See, der übrigens zuweilen austrocknet. Vicinalstraßen gehen nach Schöckingen, Heimerdingen, Höfingen und Ditzingen. Die im westlichen Theile des Orts gelegene Pfarrkirche wurde im Jahr 1748 an der Stelle der früheren erbaut; sie ist geräumig, hell und hat nichts Bemerkenswerthes. Der viereckige Thurm, dessen untere, massive Stockwerke alt sind, hat ein Zeltdach, im obersten, aus Holz erbauten Stockwerke hängen zwei Glocken, die größere mit der Jahrzahl 1766, die kleinere mit der Jahrzahl 1657. Die Unterhaltung der Kirche ist aus den örtlichen Kassen zu bestreiten.

Der die Kirche umgebende, nun zu einem Garten angelegte, ehemalige Begräbnißplatz wird nur noch für eine Familie, die zu dem Kirchen- und Schulhausbau bedeutende Beiträge leistete, benützt. Der neuere am nordöstlichen Ende des Orts gelegene Begräbnißplatz wurde 1842 erweitert.

In der Nähe der Kirche, an der Hauptstraße des Orts, liegt das 1483 erbaute und 1823 in seinem Innern beinahe ganz neu hergestellte Pfarrhaus, dessen Unterhaltung der Staat zu besorgen hat. Das in der Mitte des Orts gelegene Rathhaus wurde 1599 erbaut; im untern Stockwerk desselben, wo früher die Kelter war, befindet sich seit 1846 eine Gemeindebackanstalt. Ein öffentliches Waschhaus besteht schon seit 1785. | Die Schule, an der nur 1 Lehrer angestellt ist, befindet sich in einem ziemlich gut erhaltenen Gebäude zunächst der Kirche; auch ist eine Industrieschule vorhanden.

Die fleißigen, geordneten und kirchlich gesinnten Einwohner, deren Hauptnahrungsquellen in Feldbau und Viehzucht bestehen, sind im Allgemeinen wohlhabend und zum Theil sehr vermöglich; die Minderbemittelten finden bei den Wohlhabenderen Arbeit und Verdienst.

Die im Verhältniß zur Einwohnerschaft ziemlich ausgedehnte Markung, auf der übrigens auch Ortsangehörige von Höfingen und Heimerdingen Güter besitzen, hat im Durchschnitt einen ziemlich fruchtbaren, jedoch leichten, Dünger bedürftigen Lehmboden, der im Westen der Markung schwerer und thoniger wird, während er im östlichen Theil, wo der unten liegende Muschelkalkdolomit (Malmstein) auf ihn einwirkt, sehr leicht erscheint.

Zur Verbesserung des Bodens wird außer dem gewöhnlichen Stalldünger noch Jauche, Gyps und Asche angewendet, überhaupt sehr darauf Bedacht genommen, die Düngungsmittel auf jede Weise zu steigern, sowie denn auch beinahe alles auf der Markung erzeugte Stroh zu Dünger verbraucht wird.

Demnach ist die Landwirthschaft, welche im Dreifeldersystem umsichtig betrieben wird, um so mehr in gutem Zustande, als auch verbesserte landwirthschaftliche Einrichtungen allgemeine Nachahmung finden. Zum Anbau kommen hauptsächlich Dinkel, Hafer, Gerste, Erbsen und Wicken; in der zu 1/3 angeblümten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Hanf, Mohn und etwas Reps gezogen. Auf den Morgen rechnet man Aussaat an Dinkel 6 Sri., an Hafer 31/2 Sri, und an Gerste 21/2 Sri.; der durchschnittliche Ertrag wird zu 8–9 Schfl. Dinkel, 5–6 Schfl. Hafer und 4 Schfl. Gerste per Morgen angegeben. Von den Felderzeugnissen wird besonders viel Dinkel nach Außen abgesetzt. Die geringsten Ackerpreise sind 80 fl., die mittleren 160 fl. und die höchsten 300 fl. per Morgen.

Die Wiesen, bei denen keine Wässerung stattfindet, sind nicht sehr ergiebig, daher der nöthige Futterbedarf durch Futterkräuter ersetzt werden muß; der durchschnittliche Ertrag von 1 Morgen besteht in 25 Ctr. Heu und 8 Ctr. Öhmd, welch letzteres jedoch in heißen Sommern öfters fehlt.

Der Weinbau ist seit 1805 ganz abgegangen.

Die ziemlich ausgedehnte Obstzucht beschränkt sich auf Mostsorten und etwas Zwetschgen; das Obst geräth sehr gerne und wird in günstigen Jahrgängen in Menge nach Außen verkauft.

Aus Mangel an Waldungen auf der eigenen Markung sind die Ortsangehörigen | genöthigt, ihren ganzen Holzbedarf in benachbarten Wäldern zu kaufen.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden; jedoch dürfen auf der Brach- und Stoppelweide die Ortsbürger Schafe laufen lassen, wofür sie per Stück 48 kr. und für ein Lamm 24 kr. an die Gemeindekasse zu entrichten haben, was dieser jährlich etwa 300 fl. einträgt.

Pferde werden zwar häufig zum Zuge benützt, jedoch wenig im Ort gezüchtet, sondern meistens auswärts gekauft. Dagegen ist die Rindviehzucht bedeutend; der Viehstand besteht in einer schweren, durch Simmenthaler gekreuzten Landrace, welche durch drei von der Gemeinde zu unterhaltende Farren nachgezogen wird. Mast- und anderes Vieh kommt auf benachbarten Märkten und Butter nach Stuttgart zum Verkauf.

Die auf der Markung weidenden etwa 500 Bastardschafe finden im Ort auch Überwinterung; die Wolle wird an Tuchmacher in der Umgegend verkauft. Der Pferch wurde bis jetzt nicht verpachtet, sondern je nach der Steuerpflichtigkeit den Bürgern zur Benützung überlassen.

Die Schweinezucht, wofür der Widdumhofbesitzer zur Haltung eines Ebers verpflichtet ist, wird in ziemlicher Ausdehnung betrieben; gemästete Schweine kommen nach Außen zum Verkauf. Die Gewerbe beschränken sich auf die gewöhnlichen, nur dem örtlichen Bedürfniß dienenden Handwerker; außer diesen sind 2 Schildwirthschaften, 1 Kaufmann und 1 Krämer im Ort vorhanden.

Auf der Markung befinden sich 2 Lettenkohlensandsteinbrüche, aus denen sehr gute, in der ganzen Umgegend gesuchte Bau- und Werksteine gebrochen werden, ferner 1 Muschelkalksteinbruch, der Straßenmaterial liefert.

Die Gemeindepflege ist nicht sehr bemittelt, indem sie außer den schon angegebenen unbedeutenden Einnahmen nur 1000 bis 1200 fl. Capitalvermögen besitzt, so daß jährlich gegen 800 fl. Gemeindeschaden unter der Bürgerschaft umgelegt werden müssen. Das Vermögen der Stiftungspflege beträgt etwa 1500 fl., unter welchen eine Stiftung von 300 fl. begriffen ist, deren jährlichen Zinse in Brod für Arme verwendet werden.

Der Staat, welchem auch die Grundherrlichkeit zusteht, hatte als Rechtsnachfolger der Klöster Hirschau und Reichenbach den großen und den Weinzehenten, und in Folge der Verwandlung der Pfarrbesoldung auch den kleinen Zehenten zu beziehen; den Heuzehenten erhielt der Besitzer des Widdumhofes.

Die Nomination und Collation zu der Pfarrei kommt der Krone zu.

Hirschlanden (d. i. Land, auf welchem Hirse gepflanzt wird) erscheint erstmals im Schenkungsbuch des Klosters Lorsch, welches allhier, in pago | Glemisgowe in villa Hirslande, im Jahr 769 und folgenden, ansehnliche Güter, namentlich am 25. August 786 die hiesige Kirche erhielt (Cod. Laur. Nr. 3559. 3560. 3561. 3656.), aber schon 902 seinen hiesigen Besitz (in villa vel marcha Hirslanda) gegen einen ihm näher gelegenen austauschte (ebenda Nr. 56.).

Die adeligen Träger des hiesigen, wahrscheinlich ursprünglich von der Grafschaft Calw-Vaihingen zu Lehen gehenden Gutes waren die Herren und Truchseßen von Höfingen. Diese hatten auch Eigengüter; einen solchen ihm eigenthümlichen Hof trug Konrad von Höfingen im Februar 1283 dem Konrad von Stralenberg zu Lehen auf. Reinhard von Höfingen verkaufte am 5. Februar 1361 einen Hof und die halbe Vogtei in Hirschlanden an den Grafen Eberhard von Württemberg; weil aber diese von dem Grafen von Vaihingen zu Lehen gingen und Graf Eberhard nicht dessen Lehensmann seyn konnte, so wurde hiefür ein anderer Lehensträger aufgestellt (Steinhofer, Wirt. Chronik 2, 235, Sattler, Grafen 1, 82.).

Sonst waren noch die Herren von Nippenburg bedeutende Besitzer an diesem Ort. Durch seine Heirath mit Else von Nippenburg erhielt Bernold Schenk von Winterstetten 1/4 des hiesigen Gerichts mit der Vogtei, auch Leibeigene, verschiedene Güter und Gerechtsame, die er am 12. Februar 1409 an Konrad von Ow, genannt Bindtißholz, um 500 Goldgulden verkaufte, welcher letztere sie im Jahr 1423 wieder an die Caplanei des St. Ulrichsaltars bei St. Leonhard in Stuttgart veräußerte. Noch im Jahr 1603 hatten die von Nippenburg 1/4 von Hirschlanden, verkauften solches aber in diesem Jahre, am 21. Mai, an den Herzog Friedrich von Württemberg (Scheffer 134.).

Ein anderes 1/4 von Hirschlanden hatte am 8. Januar 1556 Herzog Christoph von Württemberg von Oswald Mauch erkauft.

Was die Steuerverhältnisse betrifft, so hatte die Collectation von 1/4 des Orts noch bis zum Jahr 1769 die Reichsritterschaft Cantons Neckar-Schwarzwald, vertauschte solche aber damals an Württemberg (Cramer, Nebenstunden 112, 600.).

Von Klöstern und Stiftern waren, außer dem bereits erwähnten Kloster Lorsch, hier schon frühe begütert das Kloster Hirschau; dieses überließ seinen hiesigen Besitz an sein Priorat Reichenbach (Cod. Hirs. 96), welches um 1095 auch sonst hier bewidemt wurde (Trad. Reichenb. bei Kuen Coll. 2, 58.), und von Reginboto und Friedrich Gebrüdern von Gültlingen zwei Huben um 9 Mark Silbers erkaufte (ebendas. 63). Doch erscheint auch später das Kloster Hirschau wieder hier begütert. Das Stift Sindelfingen erkaufte im Jahr 1273 von Judith, Wittwe Konrad’s von Münchingen, einen hiesigen Hof für 53 Pfund, was am 31. März | dieses Jahrs Graf Ulrich von Tübingen-Asperg kund that (Haug zu Chron. Sindelf. 35); für hiesige Güter erhielt dieses Stift Freiung durch Graf Ulrich von Württemberg am 1. Juni 1331.

In Folge des 30jährigen Kriegs war in den Jahren 1646–1666 kein Geistlicher allhier, so daß der Ort mehrere Jahre von Schöckingen, später von Hemmingen pastorirt wurde.



  1. Nicht zu verwechseln mit Hirschlanden im badischen Amt Adelsheim, welches als Hirsslanden in Osterfrancken im Cod. Hirs. ed. Stuttg. S. 40 vorkommt und welchem der im Jahr 1003 lebende Rugger de Hirsslanden (ebendaselbst 46) angehört.
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