« Sinningen Beschreibung des Oberamts Laupheim Stetten »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Steinberg.
Gemeinde III. Klasse mit 542 Einw.    a. Steinberg, Pfarrdorf, 435 Einw.    b. Essendorf, Weiler, 107 Einw. – Kath. Pfarrei.
Auf einer Anhöhe zwischen zwei unbedeutenden Seitenthälchen des am Fuße der Anhöhe hinziehenden Weihung-Thales, liegt drei Stunden nordöstlich von Laupheim das nicht große Pfarrdorf, von dem man hauptsächlich gegen Norden und Westen eine zwar nicht| ausgedehnte, jedoch freundliche Aussicht in das stille Weihung-Thal und über die Orte Staig, Altheim etc. genießt; auf der Anhöhe, östlich vom Ort, ist die Aussicht ausgedehnter, und reicht hier über Ober- und Unter-Kirchberg hinweg bis nach Ulm und an die in das Donau-Thal abfallende Alp (Hochsträß), während gegen Westen der Bussen noch sichtbar ist. Vermöge der freien Lage ist das Klima etwas rauh, und wegen der Nähe des Donau- und Iller-Thales, wie des naßkalten Weihung-Thales, die Luft nicht selten nebelig und feucht. Frühlingsfröste und Verheerungen durch Hagelschlag kommen häufig vor.

Der aus gewöhnlichen, ländlichen Wohnungen bestehende, mit minder reinlichen Straßen versehene Ort, dessen Anblick den Eindruck mittelmäßiger Wohlhabenheit macht, liegt frei, übrigens etwas uneben und besitzt viele Pumpbrunnen, die ihn das ganze Jahr hindurch mit Trinkwasser versehen; auf den Fall der Feuersgefahr liegt die Weihung nahe und sind im Ort zwei, jedoch zuweilen beinahe ganz austrocknende Wetten angelegt. Im Weihung-Thale bei der Mühle hatte früher das Kloster Wiblingen einen 16 Morgen großen Fischteich, der längst trocken gelegt und in Wiesengrund verwandelt wurde; derselbe ist Eigenthum des Staats und von diesem um 92 fl. jährlich verpachtet. Außerhalb des Orts befinden sich mehrere theils beständig, theils periodisch fließende Quellen.

Am südlichen Ende des Dorfs steht die Pfarrkirche zum heil. Pankratius, welche im Jahr 1819 mit einem Gemeindeaufwand von 8000 fl. in einem einfachen Style mit halbrundgeschlossenem Chor ganz neu erbaut, und deren alter 80′ hoher, mit einem Satteldach versehene Thurm, zugleich erneuert wurde. Derselbe ist fünf Stockwerke hoch, viereckig massiv erbaut, und gehört wegen seiner germanischen, besonders auf der Nordseite noch wohl erhaltenen Bauart, zu den schönsten Thürmen des Bezirks. Die drei unteren Stockwerke sind nur mit Schießscharten versehen; das vierte hat spitzbogige Blendnischen, in welchen sich spitzbogige Fensterchen befinden, und das fünfte Stockwerk rundbogige Blendnischen mit kleinen spitzbogigen Fenstern. Um die beiden oberen Abtheilungen laufen schön gehaltene germanische Friese, während an den Giebelseiten leicht erhöhte, staffelförmige Verzierungen angebracht sind. Das Innere der Kirche ist sehr freundlich, und namentlich die Kanzel, wie auch die Altäre, mit Gold und Blau reich geschmückt. Von den Altären enthält der Hochaltar das von Bauer aus Ulm gemalte Bild des Gekreuzigten; von den Seitenaltären stellt der eine, von Maler Huber aus Weissenhorn gut ausgeführt, Maria mit dem Jesuskinde dar. | Der im Jahr 1850 erweiterte, theils mit einem Bretterzaune, theils mit einer Mauer umfriedigte Begräbnißplatz, liegt um die Kirche.

Die Baulast der Kirche und der Pfarreigebäude hat die Kirchenpflege; da aber das Vermögen derselben (2500 fl.) hiezu nicht hinreicht, so hatte bisher wegen Zehentbesitzes die Pfarrstelle subsidiarisch einzutreten, welche dermalen ein Provisorium von etwa 6000 fl. gesammelt hat.

Das 1696 erbaute Pfarrhaus, von dem man eine freundliche Aussicht in das Weihung-Thal genießt, steht am westlichen Ende des Dorfs, und bildet mit seinen Nebengebäuden und dem anstoßenden 2 Morgen, 15 Ruthen, 40′ großen Baumgarten, einen angenehmen, wohlgeschlossenen Pfarrhof.

Zwischen der Kirche und dem Pfarrhause steht das Schulhaus mit eingerichteter Lehrerwohnung. An der Schule, welche auch die schulpflichtigen Filialisten zu besuchen haben, unterrichtet ein Schulmeister.

Die Gemeinderathssitzungen werden im Wirtschaftsgebäude, oder in der Wohnung des Schultheißen gehalten.

Die Einwohner, deren Vermögensumstände kaum mittelmäßig zu nennen sind, treiben mit vielem Fleiß hauptsächlich Feldbau und Viehzucht; ein großer Theil derselben (sogenannte Kleinhäusler) nährt sich zugleich durch Taglohnarbeiten und Holzmachen. Die vorhandenen Gewerbe dienen nur für das örtliche Bedürfniß, mit Ausnahme von zwei Ziegeleien und einer außerhalb des Orts an der Weihung gelegenen Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, welche auch für Auswärtige arbeiten. Auch eine Schildwirthschaft mit Brauerei ist im Ort vorhanden. Der begütertste Bürger besitzt 80 Morgen.

Für den Verkehr besteht eine Vicinalstraße über Dorndorf nach Illerrieden, wo sie sich an die Ulm–Leutkircher Landstraße anschließt und eine weitere nach Staig. Über die Weihung sind zwei hölzerne Brücken und einige Stege angelegt.

Der Gemeindebezirk wird von dem Weihung-Thale der Länge nach durchzogen, und ist mit Ausnahme der nicht unbeträchtlichen Gehänge gegen dasselbe ziemlich eben. Von dem Gemeindebezirk getrennt liegt ein namhaftes Stück Feld zwischen den Markungen Beutelreusch, Oberweiler und Wochenau.

Der Boden ist gegen Süden, wo die Felder an Staatswaldungen grenzen, etwas naßkalt und weniger fruchtbar, dagegen aber in der Nähe des Orts und nördlich desselben ergiebig; er besteht theils aus einem fruchtbaren, tiefgründigen Diluviallehm, | theils aus schwerem Boden, dem ein die Feuchtigkeit nicht durchlassender Thon als Unterlage dient, daher derselbe in nassen Jahrgängen einen geringen Ertrag liefert. Am Abhange vom Ort gegen das Thal ist der Boden kiesig, nicht tiefgründig und dem Abschwemmen ausgesetzt, dagegen jenseits der Weihung sehr ergiebig; im Weihung-Thale selbst lagert Moorgrund, der häufig saures Futter erzeugt. Die ergiebigsten Felder liegen „auf den Maurenäckern“.

Die Landwirthschaft hebt sich in neuerer Zeit; zur Besserung des Bodens wird neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln Jauche, Gyps und Asche angewendet, auch theilweise bessere Bodenarten aufgeführt.

Nach der Dreifelder-Eintheilung baut man die gewöhnlichen Getreidearten und rechnet zur Aussaat auf den Morgen 7 – 8 Simri Dinkel, 31/2 Simri Roggen, ebensoviel Gerste und 5 Simri Hafer; Winterweizen baut man wenig, weil derselbe leicht brandig wird; dagegen kommen ziemlich Wicken, auch mit Hafer gemischt, und Linsen mit Gerste gemischt, zum Anbau. Der Bau des Roggens ist bedeutender als der des Dinkels. In der zu 2/3 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, dreiblätterigen Klee, Flachs, Rüben und seit einigen Jahren Reps; Hanf wird äußerst selten gebaut. Ein Morgen erträgt im Durchschnitt 3 Scheffel Dinkel, 2 – 21/2 Scheffel Roggen, 2 – 21/2 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Hafer. Die höchsten Preise eines Morgens sind 200 fl., die mittleren 120 fl. und die geringsten 80 fl. Getreide wird hauptsächlich auf der Schranne in Ulm, weniger in Biberach, abgesetzt.

Der Wiesenbau liefert meist saures Futter, und leidet überdieß durch das Austreten der Weihung, auch fehlt demselben theils Bewässerung, theils Entwässerung. Die Wiesen, welche im Durchschnitt per Morgen 12 Centner Heu und 10 Centner Öhmd ertragen, sind zweimähdig, und die Preise eines Morgens bewegen sich von 100 – 200 fl.

Die Obstzucht, welche sich nur mit den gewöhnlichsten Sorten beschäftigt, ist gering und leidet, namentlich in dem Weihung-Thale, häufig durch Frühlingsfröste und kalte Nebel. Einige Baumschulen, von denen der Ortsgeistliche die beste besitzt, sind vorhanden. Das Obst wird für den Hausbedarf gemostet und gedörrt.

Auf der Gemeindeschafweide werden etwa 125 Stück Schafe genährt, wofür die Gemeinde jährlich ein Pachtgeld von 125–150 fl. bezieht. | Die Pferdezucht steht nieder, indem man noch immer mit Vorurtheil gegen die Beschälplatten befaßt ist und häufig geringe Fohlen von Juden aufkauft.

Die Rindviehzucht ist mittelmäßig, indem die Wiesen nicht hinreichend und überdieß meist geringes Futter liefern. Man hält hauptsächlich eine rothe, mittlere Landrace, welche durch zwei gute Gemeindefarren (Bastardschweizerrace) nachgezüchtet wird; die Farrenhaltung besorgt ein Ortsbürger um die von der Gemeinde eingeräumte Nutznießung einer Wiese und jährlich 40 fl. Der Handel mit Vieh ist nicht beträchtlich.

Die Schweinezucht war früher bedeutend, ist aber in neuerer Zeit bis auf 5 – 6 Mutterschweine herabgekommen. Zum Mästen werden noch Ferkel in Ulm und auf Märkten gekauft.

Ziegen halten nur Unbemittelte.

Von Geflügel werden hauptsächlich viele Hühner und Gänse gezogen, letztere kommen sowohl lebendig, als auch zum Braten hergerichtet, nach Ulm zum Verkauf, und bilden einen kleinen Erwerbszweig der Einwohner.

Über den Haushalt der Gemeinde und der Stiftungspflege s. Tabelle III. Eine Schulstiftung von 600 fl. und Armenstiftungen von einigen 100 fl. sind noch besonders vorhanden.

In der Nähe der Kirche stand ein Schloß (Burg), von dem die letzten Überreste des Burggrabens neuerlich vollends eingefüllt wurden.

Nördlich von dem Ort, auf den sogenannten Maurenäckern, befinden sich unter der Oberfläche namhafte Gebäudesubstructionen, die theils schon aufgedeckt wurden, theils aber durch das frühe Gelbwerden des auf ihnen gepflanzten Getreides sich kund geben. Man fand daselbst schon eine Menge Ziegel, Fragmente von Gefäßen etc., die einen hier bestandenen römischen Wohnplatz außer Zweifel setzen. Der Punkt selbst ist sehr günstig gelegen und erlaubt eine Aussicht an den Bussen, an das Hochsträß, nach Ober-Kirchberg etc. (s. hierüber auch den allgemeinen Theil).

Das Dorf gehörte zu der Grafschaft Kirchberg. Es wird in älteren Schriften bald Berg zum Stein, bald Stein am Berg genannt. Im Jahr 1440 lebten eigene Herren, welche sich Steinhaus nannten; in diesem Jahre verkaufte Johann Steinhaus nach den Wiblinger Annalen die Hälfte von Steinberg an Graf Eberhard von Kirchberg um 1150 fl. Graf Konrad von Kirchberg verkaufte zwanzig Jahre später dieselbe an einen Ulmer Bürger um 1400 fl. Im Jahr 1503 wurde der ganze Ort von Caspar Rembold an Kloster Gutenzell um 4500 fl. verkauft, von diesem im Jahr 1522 an Kloster Wiblingen um 4300 fl. | Das Kirchenpatronat ist landesfürstlich.

Zu der Gemeinde gehört:

b. der Weiler Essendorf, der 1/4 Stunde nördlich von dem Mutterort theils in dem Weihung-Thale, theils an den nordwestlichen Gehängen desselben liegt. Der nicht große, aus einigen ziemlich ansehnlichen Gebäuden bestehende Ort, hat eine stille, einsame Lage, die nur eine beschränkte Aussicht in das Weihung-Thal zuläßt. Außer der zunächst fließenden Weihung sind mehrere laufende Brunnen vorhanden, und 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort besteht am Waldsaume ein nicht unbeträchtlicher Weiher.

Die verhältnißmäßig ziemlich große, ganz für den Feldbau benutzte Markung, hat einen fruchtbaren Boden, der abwechselnd aus Lehm, Sand und Gerölle besteht, während derselbe in der schmalen Thalebene moorig ist und gerne saures Futter erzeugt. Die übrigen Verhältnisse gleichen denen von Steinberg, jedoch sind die hiesigen Einwohner im Allgemeinen wohlhabend.

Essendorf wurde im Jahr 1434 von Wolf v. Asch für 1920 fl. an das Kloster Wiblingen verkauft, welchem es bis zu dessen Aufhebung gehörte. Die Grafschaft Kirchberg hatte die hohe, das Kloster Wiblingen die niedere Jurisdiction und das Besteuerungsrecht.

Bis 1819 Filial von Unterkirchberg, wurde Essendorf in diesem Jahr nach Steinberg eingepfarrt.

Steinberg, wie das Filial Essendorf, wurde im Jahr 1806 mit dem Kloster Wiblingen württembergisch.