« Steinberg Beschreibung des Oberamts Laupheim Sulmingen »
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Stetten.
Gemeinde III. Klasse mit 384 Einw. – Kath. Pfarrei.

Auf der linken Seite des Roth-Thals, an den sanft geneigten Gehängen desselben, liegt freundlich und angenehm der reinliche, ziemlich weitläufig gebaute Ort, dessen meist stattlich aussehende Bauernwohnungen, welche größtentheils mit Ziegelplatten und nur selten mit Stroh gedeckt sind, mehr Wohlhabenheit versprechen, als man bei näherer Nachfrage findet, indem viele der Einwohner sich mit der leidigen Zielerkasse in Hüttisheim (s. oben) eingelassen haben und hiedurch in ihren Vermögensverhältnissen zurückgekommen sind. Durch den Ort führt die Landstraße von Ulm nach dem nur 11/2 Stunden entfernten Oberamtssitz Laupheim.

Am nördlichen Ortsende steht ziemlich erhöht die in einen modernen Styl geänderte Pfarrkirche zum heil. Stephan, von der nur dem viereckigen, massiven Thurme seine ursprüngliche Bauweise| belassen wurde; um das zweite Stockwerk desselben läuft ein Rundbogenfries, und das in den Giebelseiten architektonisch geschmückte Satteldach des im Jahr 1555 erbauten Thurms ist mit viereckigen Spitzsäulen geziert. Die auf dem Thurme hängenden Glocken sind 1851 mit einem Staatsbeitrag von 600 fl. umgegossen worden. Das im Rococcogeschmack freundlich ausgestattete, 1845 renovirte Innere der Kirche enthält außer gut ausgeführten Deckegemälden auch ein am Auftritt in den Chor liegendes Grabdenkmal mit Bischofsmütze und Hirtenstab.

Der ummauerte Begräbnißplatz liegt um die Kirche und in der Nähe derselben steht das von Kloster Wiblingen 1799 erbaute Pfarrhaus, sowie das im Jahr 1835 neu erbaute Schulhaus, in welchem sich außer der Wohnung des Lehrers noch die Gemeinderathszimmer und das öffentliche Backhaus befinden. Neben der Volksschule, an welcher ein Schulmeister angestellt ist, besteht seit 1851 auch eine Industrieschule.

Der Ort ist mit Trinkwasser im Überfluß versehen; außer drei laufenden Brunnen sind noch eine Menge Pumpbrunnen vorhanden, so daß beinahe jeder Bürger einen solchen in der Nähe seiner Wohnung besitzt. Bei Feuersgefahr kann ein in der Nähe des Orts entspringender Bach zu einer Wette geschwellt werden, und überdieß fließt die Roth nur einige hundert Schritte vom Ort vorüber.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesund und körperlich wohlansehnlich; die häufigste Krankheit ist das kalte Fieber, dessen Auftreten vermuthlich mit den vielen – zum Theil naßkalten Nebeln im Zusammenhang steht. Die zum Theil noch vorhandene Wohlhabenheit der Einwohner spricht sich hauptsächlich in ihrer schmucken Kleidung und in einer gewissen Neigung zum Wohlleben aus; übrigens sind dieselben im Allgemeinen sehr fleißig, ordnungsliebend und religiös.

Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht, namentlich Pferdezucht; die Gewerbe dienen nur den nöthigsten örtlichen Bedürfnissen. Unbemittelte beschäftigen sich mit Handspinnerei. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 170 Morgen.

Die ziemlich große, mit Ausnahme der leichten Gehänge gegen das Roth-Thal und einigen unbedeutenden Seitenthälchen größtentheils ebene Markung, hat einen fruchtbaren Boden, welcher, so weit er für den Ackerbau benützt wird, meist aus einem etwas leichten Diluviallehm besteht, dem theils Gerölle, theils Thon in wechselnden Tiefen als Unterlage dienen; in dem Roth-Thale, wie in der Riedebene, lagert Moorgrund, der durch Entwässerung und | fleißige Bearbeitung für den Wiesenbau zuträglich gemacht wurde, übrigens immer noch theilweise saures Futter hervorbringt. Auch die klimatischen Verhältnisse sind dem Anbau von Getreide günstig; dagegen schaden Frühlingsfröste und kalte Nebel häufig dem Obst, das trotz aller angewendeten Sorgfalt nicht gedeihen will.

Die Landwirthschaft wird im Allgemeinen gut betrieben, nur läßt die Liebe zum Altherkömmlichen zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen nicht so leicht aufkommen; sogar die Jauche wird nicht in der Ausdehnung benützt, wie sie für den Betrieb der Landwirthschaft nothwendig ist. Von den zum Anbau kommenden Cerealien werden auf den Morgen 7 Simri Dinkel, 3 Simri Roggen, 3 Simri Gerste und 4 Simri Hafer ausgesät; der Ertrag erreicht in günstigen Jahren das zehnfache der Aussaat. In der zu 3/4 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Klee, etwas Hopfen und ziemlich viel Reps und Flachs; letzterer wird nicht nur auf den Äckern, sondern auch in Ländern gepflegt und meist im Ort versponnen; das Gespinnst wird an Händler abgesetzt. Feldfrüchte werden in großer Ausdehnung nach Ulm und Biberach zu Markt gebracht.

Die Wiesen sind größtenteils zweimähdig, die geringeren, nassen übrigens nur einmähdig; sie liefern keinen besonders reichlichen Ertrag, dagegen ist die Ausdehnung derselben so beträchtlich, daß noch ein namhafter Futter-Absatz nach Außen stattfindet. Die Preise der Wiesen, wie auch die der Äcker, bewegen sich von 100 – 250 fl. per Morgen. Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden. Die Brach- und Stoppelweide aber benützt ein Pacht-Schäfer, der auch Ortsbürgern gehörige Schafe einschlägt, um etwa 170 fl. jährlich.

Die Pferdezucht beschäftigt sich hauptsächlich mit einer tüchtigen Landrace; die Bedeckung der Stuten geschieht im Ort selbst, und der nicht unbeträchtliche Verkauf von Pferden auf inländischen Märkten. Der ausgedehnte Rindviehstand, in der gewöhnlichen Allgäuer-Race bestehend, wird durch Schweizerfarren, welche einzelne Viehbesitzer halten, verbessert; es findet Stallfütterung statt, im Herbst aber wird das Vieh noch auf die Stoppelfelder und Wiesen getrieben. Der Handel mit Rindvieh ist nicht unbedeutend.

Die Zucht der Schweine ist nicht sehr ausgedehnt und wird meist nur für den eigenen Verbrauch getrieben.

Auch die Bienenzucht ist von keinem Belang, dagegen wird Geflügel (Gänse, Hühner, Enten) in Menge gezogen und an Händler abgesetzt.

Das Fischrecht in der Roth hat der Staat, das in der | Westernach hälftig die Gutsherrschaft Achstetten und hälftig die Gutsherrschaft Dellmensingen. Die Fischerei ist in Pacht gegeben und liefert meist Hechte und Forellen, welche zunächst an die Juden in Laupheim abgesetzt werden.

Über den Haushalt der Gemeinde, wie der Stiftungspflege s. Tabelle III.; an Armenstiftungen sind etwa 800 fl. vorhanden, auch besteht eine Brüderschaft zum heil. Sebastian mit 50 fl. Fonds.

Von dem Orte abgesondert liegt an der Roth eine Mühle mit vier Mahlgängen und einem Gerbgang.

Durch den Ort führte eine von Dellmensingen, unter den Benennungen „grasiger Weg“, „Herdtweg“ (d. i. Heerweg) herkommende Römerstraße, von der man in dem Garten des Ortsvorstandes noch das wohlgefügte Pflaster aufgefunden hat (s. hierüber den allgemeinen Theil).

An dieser Straßenlinie, etwa 1/8 Stunde nördlich vom Ort, wird eine Flur „im warmen Stall“ genannt.

Mit dominus Heinricus de Stetin im Jahr 1181 (Wirt. Urkundenbuch 2, 212) tritt dieses Dorf und der hiesige Ortsadel erstmals in die Geschichte ein.

Später war der Ort Eigenthum der v. Freyberg. Im Jahr 1385 verkauften ihren halben Theil an der Burg Stetten die Gebrüder Konrad und Burkhard v. Freiberg an Peter Wagner, Bürger in Ulm (Hund Bayr. Stammbuch 2, 97), im Jahr 1386 veräußerte aber derselbe Peter Wagner wieder die eine Hälfte, im Jahr 1387 vollends die andere Hälfte an Abt Heinrich zu Wiblingen. Einen hiesigen Hof erkaufte das Kloster Wiblingen im Jahr 1392 von den v. Besserer um 91 fl., und in der Mitte des 16. Jahrhunderts die hiesige Mühle (Braig 163).

Vermöge der Advocatie, welche die Grafschaft Kirchberg über Wiblingen hatte, maßte sich dieselbe nachmals die Steuern in diesem Orte an. Durch einen Befehl der Regierung zu Innsbruck von 1684 wurde Stetten wieder aus der Kirchberg’schen Collectation gesetzt und bei seinem alten Steuerfuße belassen. Erst durch die Separationsacte von 1700 und 1701 ließ das Kloster Wiblingen den Ort Stetten und Steinberg ad collectas extraordinarias herbei, woraus denn auch die von diesem Orte an das Kloster bezahlte Kammersteuer zu erklären ist.

Die Kirche wurde frühe dem Kloster Wiblingen einverleibt. Das Patronat gehörte eben diesem Kloster, jetzt dessen Rechtsnachfolgerin, der Krone Württemberg. <section end=text>| Stetten wurde mit dem Kloster Wiblingen im Jahr 1806 bayerisch, und noch in demselben Jahre württembergisch.

Im Jahr 1646 (2. Dezember) brannte der Ort beinahe ganz ab.