« Kapitel B 48 Beschreibung des Oberamts Künzelsau Register »
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49. Zaisenhausen,
Gemeinde III. Kl., kath. lok. Vikar. von Mulfingen, mit 406 Einw. a. Zaisenhausen, Dorf, 324 Einw., wor. 7 Ev., Fil. von Ettenhausen; b. Staigerbach, Weiler, 82 Einw., wor. 4 Ev.

Das kleine Dorf liegt in dem untern Theil des scharf eingeschnittenen engen Ettethales in der nordöstlichen Ecke des Bezirks. In die Ette mündet im Dorfe der aus einer tiefen, finstern Schlucht hervorbrechende Pippibach. Die Lage des Dorfes in dem grünen Wiesenthälchen der Ette ist freundlich, aber etwas abgeschlossen, da nur eine Straße in dem Ettethal nach Ettenhausen führt, die Verbindung ins Jagstthal hinab durch das Thal fehlt und die Straßen nach Mulfingen und Hollenbach-Niederstetten über steile Steigen führen.

Der größere Theil des Dorfes zieht sich auf dem rechten Ufer der Ette in einer langen Häuserreihe hin, an die sich dem Pippibach entlang eine zweite Häuserreihe anschließt. Der kleinere Theil des Dorfes mit dem Kirchlein und Gottesacker steht auf dem linken Ufer der Ette und liegt etwas höher als der nördliche Theil.

Das kleine Kirchlein zu St. Georg steht auf einem kleinen| Hügel, umgeben vom Gottesacker. Es wurde 1745 an der Stelle einer kleinen Kapelle gebaut und gleicht in seinem Bau der wenige Jahre später erbauten Kirche von Simprechtshausen und war gleich dieser Filialkirche von Mulfingen. Eigenthümlicherweise ist der Chor nicht nach Osten, sondern nach Süden gerichtet. Der Baumeister scheint der Kirche die Richtung von Nord nach Süd gegeben zu haben, um den Nordgiebel mit dem Thürmchen als Schauseite dem Dorfe zuzukehren. Der Chor schließt vieleckig, nahezu im Halbkreis. Er enthält den Hochaltar, welcher dem hl. Georg geweiht ist. Im flachgedeckten, mit Stuckatur gezierten Schiff sind 2 Nebenaltäre, der Jungfrau Maria und dem hl. Donatus als Schutzpatron wider Ungewitter geweiht. Die Wände sind einfach getüncht. Auf dem Thürmchen, einem schiefergedeckten Dachreiter, hängen 3 Glocken, von Zoller in Biberach 1867 gegossen.

Das Pfarrhaus, die Wohnung des Expositurvikars, wurde 1850/51 von der Gemeinde erkauft und zur Wohnung des Ortsgeistlichen umgebaut. Es liegt freundlich in einem Garten an dem äußersten Ende des Dorfes gegen Bartenstein und ist genügend groß und gut unterhalten. Die Unterhaltungspflicht hat für Kirche und Schule die Bezirksgemeinde Zaisenhausen und Staigerbach.

Das Schul- und Rathhaus, hart an der Ette, liegt etwas zu tief und hat darum bei Regenwetter unter Feuchtigkeit zu leiden, bietet auch nur wenig Raum und wird wohl in den nächsten Jahren einem Neubau weichen müssen. Es ist 1616 erbaut und enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für die Gemeindebehörden. Mit der Volksschule ist eine Arbeitsschule verbunden.

An öffentlichen Gebäuden ist noch ein Armenhaus und ein Schafhaus mit Scheune vorhanden. Die Weinbergbesitzer keltern ihren Wein auf Privatkeltern.

Mit Trinkwasser von guter Qualität ist der Ort reichlich versehen, da an den Bergabhängen ziemlich viele Quellen sich finden. Nahe beim Ort ist der Mariengartenbrunnen, westlich vom Dorf auf der Höhe der Honigbrunnen. Im Orte sind 3 laufende, 1 Pumpbrunnen und 8 Schöpfbrunnen. Außer dem Ettebach und dem Pippibach berührt noch der kleine Bach, der aus dem Staigerbacher Thälchen kommt und unterhalb des Orts in die Ette mündet, die Markung.

Schädliche Fröste und starke Nebel sind in dem Thale nicht selten. Hagelschlag kehrte in den letzten 10 Jahren zweimal wieder.

| Korn- und Werksteine werden in einem Steinbruch auf der Neuebene gebrochen, Sandsteine aber von außen bezogen.

Die Haupterwerbsquellen sind Ackerbau und Viehzucht, Weinbau und Obstzucht. Gewerbebetrieb ist gering, am stärksten vertreten sind Schuhmacher. An der Ette befindet sich eine Mühle mit 2 Mahl- und einem Gerbgang. Zwei Schildwirthschaften und ein Kaufladen sind vorhanden. Der Nahrungsstand ist ziemlich günstig, namentlich im Filial Staigerbach. Der vermöglichste Grundbesitzer hat 70 Morgen, der Mittelmann 25 Morgen, der geringere Mann 1 Morgen. Auf auswärtigen Markungen haben die Ortsbürger 12–14 Morgen.

Die Stiftung besitzt ein Kapital von 8195 Mark. Zur Gründung einer selbständigen Pfarrei wird ein Pfarrfond gesammelt, wozu Mich. Hammer 1862 125 fl. gestiftet hat. Der Fond besitzt bis jetzt 3200 Mark.

Der Boden auf der mittelgroßen Markung enthält vorherrschend Kalkerde. Auf der Ebene ist er schwer und hitzig, meist steinig und seicht.

Der Gartenbau ist nur für den eigenen Bedarf berechnet; Der Weinbau auf 70–75 Morgen beschränkt. Die Obstzucht hebt sich.

Die Gemeinde besitzt 300 Morgen vorherrschend Laubwald. Von dem Holzertrag wird das Bodenholz an die Bürger vertheilt, deren jeder ca. 4 Rm. Prügel und 200 Wellen erhält, der Erlös des übrigen Holzes mit 500–700 M. fließt in die Gemeindekasse. An Weide sind 7–8 Morgen vorhanden, sodann werden neben Stoppel- und Brachweide die Ödungen benützt. Das Weiderecht haben die Gemeinderechtsbesitzer, denen die Pferchnutzung zufällt. Die Güterstücke der Gemeinde sind dem Lehrer, Schäfer und Farrenhalter zugetheilt. Von Schafen werden die sog. mittleren Bastarde, im Winter 250 Stück, im Sommer 250 Stück mit Lämmern, gehalten. Jeder Gemeinderechtsbesitzer darf 5 Stück Schafe halten.


Alterthümer. Hart an der Grenze des Oberamts gegen die Markung Adolzhausen, OA. Mergentheim, hinter Staigerbach stand wahrscheinlich eine Burg Wolfhardsburg auf dem Walddistrikt Wolfhardsberg, von der jedoch alle Spuren verschwunden sind. Ebenso deutet der Flurname Borstel auf der nordwestlichen Höhe über dem Dorf unzweideutig auf einen alten Burgstall.

| Auf dem Theil der Markung Staigerbach, welcher früher zu Reckersfelden gehörte, findet man häufig Münzen und Hufeisen, welche vom Schlachtfeld von Herbsthausen stammen. An der Grenze der Markung Staigerbach steht der spitzige Baum. s. OA.Beschr. Mergth. 571.

Vor ca. 40 Jahren soll in Zaisenhausen ein Regenbogenschüsselchen gefunden worden sein. An Flurnamen sind zu bemerken: Hofäcker, Brand, Enders, Badersberg, Pippi, Pippibach, alt Butbach (Jagstb. Lagerb.), Pippiberg, Tazenäcker und Wolfsschlot (im Zusammenhang mit der Wolfhardsburg).


Zaisenhausen, das Haus eines Zeisolf, gehörte ursprünglich zur Herrschaft Bartenstein und auch 1422 unbestritten in die Cent dort, W. F. 8, 406, ib. 374. Später gehörte die Centjurisdiction dem Hochstift Würzburg und wurde vom Amt Jagstberg ausgeübt, die Vogtei war zwischen Würzburg und Hohenlohe-Bartenstein getheilt. Würzburg erwarb seinen Antheil an Zaisenhausen wohl mit der Herrschaft Jagstberg. Der hohenlohische Antheil gehörte früher mit Bartenstein den Herren von Seldeneck (OA. Mergenth.) und wurde 1475 erworben.

Im 15. Jahrhundert hatte auch Rüdiger Sützel einen Besitz zu Z. und die Johanniterkommende[ER 1] zu Mergentheim Gülten, W. F. 8, 28. 1632 fiel der würzb. Theil von Zaisenhausen mit der Herrschaft Jagstberg als schwedische Schenkung an Graf Georg Friedrich von Hohenlohe, kehrte aber 1634 wieder an die würzburgische Herrschaft zurück. 1666 überließ Hohenlohe-Bartenstein seine Hälfte an Z. durch Tausch dem Hochstift, das nun ganz Z. besaß. 1802 kam es zu dem neugebildeten Fürstenthum Hohenlohe-Jagstberg und mit diesem 1806 unter württ. Staatshoheit.


Kirchliches. Zaisenhausen gehörte von jeher zur Pfarrei Mulfingen, welche den großen und kleinen Zehnten besaß (Mulf. Pfarrakten). Die Reformation gewann Eingang und die hohen-lohischen Unterthanen blieben evangelisch bis 1628. Zu welcher Kirche sie gehörten, als in Mulfingen wieder ein strengkatholischer Geistlicher von Bischof Julius eingesetzt war, ist nicht festzustellen, da die Kirchenbücher von Hollenbach und Ettenhausen nicht soweit zurückreichen. Für Hollenbach spricht die größere Wahrscheinlichkeit. 1627 wurden von Würzburg Versuche gemacht, die hohenlohischen Unterthanen zur katholischen Kirche zurückzubringen. 1628 wurde die Gegenreformation durchgeführt. | Wib. 4, 294. Die Kirche mit einem ungeweihten Kirchhof bestand schon vor 1568. Jagstb. Lagerb. Im genannten Jahr verlegte Pf. Andr. Bader von Mulfingen die Kirchweihe zu Z. vom Sonntag nach Georgii auf den Sonntag nach Martini, ib. 1634 beginnen nach Pf. Roseneckers Chronik der Pfarrei Mulfingen die Kirchenrechnungen von Z. 1751 wurde die Kirche neugebaut. Seit 1846 hat Z. einen eigenen Expositurvikar, der unter der Leitung des Pfarrers von Mulfingen das kirchliche Amt führt. Eine Schule besteht seit 1688 (Schulchronik).


1406. Rüdiger Sützel von Mergentheim verkauft Gülten und Güter zu Z. an Hans Truchseß v. Wilburgstetten (bei Dinkelsbühl). Staatsarch.

1475 kauft Albrecht von Hohenlohe Güter und Gülten zu Z. von Georg v. Seldeneck (Schöll, hohenl. Chronik Mscr. S. 88).

1570 erhält Hohenlohe im Tausch des Deutschordens Zinsen und | W. F. 4, 136; später war es streitig zwischen Hohenlohe-Bartenstein und Würzburg, Lexik. für Franken 5, 421 (Mayer). Der Ort war im Besitz der Herren von Finsterlohe zu Laudenbach. Es waren erst nur 2 Bauernhöfe, welche zur Pfarrei Laudenbach gehörten und an dieselbe Abgabe und Frohnen leisteten.

Nach dem Tode Hans von Finsterlohe 1568, als Würzburg das heimgefallene Lehen einzog, kam auch St. an das Hochstift Würzburg, welches St. mit der Herrschaft Haltenbergstetten an den Grafen Hatzfeld für 30.000 fl. verpfändete. Nach dem Tode des letzten Hatzfeld 1794 fiel die Herrschaft wieder an Würzburg zurück und kam 1802 an Hohenlohe als Entschädigung für die Herrschaft Oberbronn im Elsaß, 1806 unter württemb. Staatshoheit. OA.Beschr. Mergentheim 610, Lexikon für Franken 5, 420. Den Zehnten, welchen der Deutschorden 1570 mit andern Einkünften an Hohenlohe abgetreten, bezog Hohenlohe-Bartenstein, den Novalzehnten das Hochstift Würzburg. Lex. für Franken 5, 421.

Kirchlich gehörte St. bis 1628 zur Pfarrei Laudenbach, war aber lutherisch. Die Lutheraner hielten sich zur Pfarrei Hollenbach (Hollenbacher Kirchenbücher). Als 1628 Pf. Valent. May von Laudenbach nach Mulf. kam. wurde Staigerbach dorthin gepfarrt; die Einwohner, zur katholischen Kirche zurückgebracht, hielten sich zur Kapelle in Zaisenhausen und zur Kirche in Mulfingen. 1757 begannen die Staigerbacher eine geräumige Kapelle zu bauen, aber ohne Vorwissen des Pfarrers und des Bischofs von Würzburg, der nun anfänglich Einsprache erhob, aber am 9. Sept. 1757 die Genehmigung ertheilte.

Am 3. Mai 1759 erwählten sich die Staigerbacher den Erzengel Michael zum Schutzpatron. 1767 suchten die Franziskaner in Niederstetten es dahin zu bringen, daß sie in der Kapelle Messe lesen durften. Sie wurde nun von Dekan Röhrig von Ochsenfurt geweiht. Die Franziskaner besorgten fortan den Gottesdienst in St. bis zur Aufhebung ihrer Niederlassung in Niederstetten. Jetzt ist die Kapelle der heil. Maria geweiht. Sie besitzt auf dem Dachreiter auf dem Südgiebel eine Glocke vom Jahr 1765 (Pfarrchron. v. Mulfingen).

Im vorigen Jahrhundert hielten die Staigerbacher einen Winterschulmeister, z. B. 1760/61 (Mulf. Kirchenbücher). Jetzt gehört St. in die Schule von Zaisenhausen.



Errata
  1. Z. 20 v. u. Johanniterkommende. Siehe Berichtigungen und Ergänzungen, Seite 904.


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