« Kapitel B 19 Beschreibung des Oberamts Künzelsau Kapitel B 21 »
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20. Garnberg,
Gemeinde III. Kl., ev. Fil. von Künzelsau, mit 294 Einw., worunter 7 Kath., Fil. von Amrichshausen.

Garnberg, eine der jüngsten Gemeinden des Landes, kirchliches Filial von Künzelsau, liegt frei und hoch auf dem Bergrand über dem Kocher unmittelbar über Künzelsau, auf das man vom Schlößchen aus einen hübschen Blick hat. Das Dorf bildet eine lange Gasse. Der Berg, auf dem Garnberg liegt, fällt steil zum Kocher ab, gegen Norden erhebt sich das Terrain allmählich zu dem Landrücken zwischen Kocher und Jagst, der unweit Garnberg auf dem Buchs eine Erhebung bildet, von welcher man eine schöne Aussicht auf die ganze Bergkette der Limpurger, Waldenburger, Löwensteiner Berge bis zum Odenwald hat.

Kirche hat das Dorf keine. Eine kleine Kapelle, die jetzt zu einer Scheuer umgewandelt ist, war unweit des Schlosses. Ein Stein von der Kapelle mit der Jahreszahl 1791 befindet sich am Hause des Leonhard Hasenfuß, die Glocke der Kapelle dagegen auf dem Schulhause. Sie trägt die Inschrift: Wer Gott vertraut, hat wohlgebaut. J. H. v. Hirschligau 1710. E. J. Hirschligau Wittib geb. v. Völkerin 1727. Am Kranz unten auf beiden Seiten ein Engelskopf. Die Glocke ist also von Johann Heinrich v. Hirschligau und seiner Witwe Eleonore Juliane v. Völker gestiftet. Die Kapelle wurde von J. H. v. Hirschligau unter dem Widerspruch Hohenlohes erbaut. Das Schulhaus liegt im westlichen Theil des Dorfes. Im Jahr 1856 (nach der Pfarrbeschr.) erkaufte die Gemeinde das Gasthaus zur Rose und richtete es zur Schule, Lehrerswohnung und Rathszimmer ein. Dasselbe ist zweckentsprechend und freundlich gelegen. Die Schule hat ein Lehrzimmer, an der Schule steht ein ständiger Lehrer.

Mit ihr ist eine Arbeitsschule verbunden. Das im Jahr 1836 erbaute Schulhaus mußte wegen Feuchtigkeit im Erdgeschoß und Mangel an Raum verkauft werden und ist jetzt Privathaus.

Hart am Bergrand steht das kleine Schlößchen, das 1676–1690 von Wolf Christoph von Stetten erbaut wurde. Über der Thüre befindet sich das hohenlohische Wappen. Nach | wechselndem Besitz kam es in die Hände der Fürsten v. Hohenlohe-Ingelfingen, Fürst Adolf von Hohenlohe-Ingelfingen residirte dort 1819. Jetzt ist es in den Händen 2 Garnberger Familien.

Das Dorf mit seinen bescheidenen Häusern und Häuschen macht einen freundlichen Eindruck. Die einzige Straße, welche durch den Ort führt, ist die Verbindungsstraße mit Künzelsau und der Hochebene.

Die Gemeinde besitzt außer dem Schulhaus noch ein Armenhaus. Mit gutem Trinkwasser ist der Ort genügend versehen; 9 Pumpbrunnen und 1 laufender Brunnen liefern dasselbe. Wette ist keine, dagegen ein kleiner Feuersee vorhanden und ein kleiner periodisch fließender Bach.

Die aufgeweckten, fleißigen Einwohner finden ihre Erwerbsquellen in Feldbau, Weinbau, Viehzucht und besonders im Tagelohn, leben größtentheils in bescheidenen Verhältnissen, haben aber als sparsame Leute ihr gutes Auskommen.

Der Grundbesitz des Vermöglichsten beträgt 80 Morgen, der übrige Grundbesitz ist meist gering, da die Markung klein ist. Im Ort finden sich die nöthigsten Gewerbe.

Die alte Volkstracht ist im Aussterben begriffen. Die Drahthauben finden sich nur noch bei älteren Frauen.

Garnberg hat die kleinste Markung im Bezirk. Der Boden ist mittelfruchtbar und lehmhaltig, in manchen Lagen nicht tiefgründig. Ein Aufschwung der Landwirthschaft ist bei der beschränkten Fläche der Markung und den beschränkten Vermögensverhältnissen kaum zu erwarten.

Der Gartenbau wird nur für das Haus betrieben. Der Weinbau auf der eigenen Markung ist beschränkt. Die meisten Weinberge der Bürger liegen auf benachbarten Markungen.

Auf der Markung sind 100 Morgen Privatwald.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden. Die Brach- und Stoppelweide wird von einem Schäfer, den die Bürger anstellen, mit einheimischen Schafen befahren.

Etwa 200 Schafe (Landrace) laufen Sommer und Winter auf der Markung.


Garnberg[1], ursprünglich Gagernberg, auch Gairenberg, vom Volk gesprochen Gorenberg, war in alter Zeit nur ein Hof, und ein Bestandtheil der Herrschaft Künzelsau, 1301 im Besitz | der Herren v. Nagelsberg. Zuerst erscheint es in der Geschichte 1090 in der Schenkungsurkunde der Mechtild von Stein an Komburg; war bis zum Jahr 1709 eine Besitzung der Herren von Stetten, kam dann an die Familie von Hirschligau durch Kauf, darauf durch Erbschaft 1721 an die Familie von Pöllnitz auf Frankenberg und ebenso 1790 an Georg Ferdinand Forstner von Dambenoy, der durch Ausrodung des Buchwaldes Raum für eine größere Niederlassung schuf und fremde Ansiedler herbeizog. Vorher bestanden neben dem Schloßgut nur 2 Bauernhöfe, eine Ziegelhütte, welche 1680 herrschaftlich war, ein Seldnersgut und die Wirthschaft. Die Jurisdiktion und Jagd gehörte noch den Herrn von Stetten; Hirschligau, Pöllnitz und Forstner hatten nur das Vogteirecht, Umgeld, Steuern, Frohnen, Zehnten, Lehens- und Leibeigenschaftsgefälle. Forstner verkaufte 1803 seinen Besitz mit Ausnahme des Schlosses an Hohenlohe-Ingelfingen. 1806 kam Garnberg unter württembergische Staatshoheit.


ca. 1090 schenkt Mechtild Güter und Gefälle zu Gagernberg an das Kloster Komburg. Menken, Script. rer. Germ. T. 1, 422.

1301 gibt Diether von Nagelsberg Konrad von Bocksberg Güter in Garinberg und Schurheim zu Lehen auf für den halben Zehnten zu Berlichingen, welchen er an das Kloster Schönthal verkauft hatte. Mon. b. 38, 249.

Später war Garnberg freies Allod der Herren von Stetten.

Zweifelhaft ist, ob sich die Notiz der OA.Beschr. Gerabronn auf Garnberg bezieht, wornach Zürch v. Hornberg 1426 seinen Hof zu Garesberg an Hohenlohe verkaufte. S. 164.

1434 verkaufte Eitel Goltstein, der Schwiegersohn Götzen von Bartenau, das Kaspars-Gut an Wilhelm von Stetten sen. zu Gagernberg und ein Drittel am Burghof zu Künzelsau (Invent. Hans Kaspars von Stetten. Stett. Arch.).

1508 gibt Kaspar von Stetten seiner Gattin Anna von Rosenberg neben Seen und Weihern auf dem Ornwald seinen Hof zu Garnberg zu eigen. Stett. Urk.

1539 vertragen Lorenz Bauer, Keller zu Krautheim, und Dybolt Eisenmenger, Keller zu Ingelfingen, Wolfgang von Stetten zu Kochenstetten mit Konrad Kling, Pfarrer zu Künzelsau, wegen des Zehntens zu Garnberg. Die Pfarrei Künzelsau erhält vom großen Zehnten zu G. in natura 4/5, Wolfgang von Stetten 1/5. Wird er um Geld verliehen, so erhält die Pfarrei 5/6, Stetten 1/6. Der kleine Zehnte gehört der Pfarrei ganz, nur muß der Pfarrer, solange die Stettensche Schäferei zum Garnberg ist, von den Zehntlämmern ein Osterlamm geben (Komb. Diplomatar.).

1543 Donnerst. nach Martini. Andr. Zorn von Weikersheim, Wolf Deub, Schultheiß zu Langenburg, Martin Mathes, Schultheiß zu Riedbach, Hans Kuebach, Schafmeister zu Neuenstein, Lienhart | Danner zu Blaufelden schlichten den Streit der Gemeinde zu Amlingershausen (Amrichsh.) mit dem Schafmeister zu Garnberg über den Trieb desselben auf Amrichshauser Markung (Jagstb. Lagerb.).

1612 klagt Hans Albrecht von Stetten gegen Wolf von Stetten über etliches auf dem Hof Gagernberg verarrestirte Geld (Stett. Arch. Bauer Coll.).

1619 verkauft Simon Schwab, Inwohner und Gemeinsmann des Garnhofes, mit Einwilligung Eberhards von Stetten 5 fl. jährliche Gült an seinem Drittel des Garnhofes an Bürgermeister und Rath zu Öhringen um 100 fl. (Bauer Coll.).

1668 wird verhandelt über 300 fl., welche Mezger Leicht zu Künzelsau an Wolfgang Albrecht von Stetten auf dem von Major Zehner erkauften Hoftheil zu Gagernberg zu fordern hatte (Bauer Coll.).

1674 treten, nachdem mit Johann Friedrich von Stetten die Simonische Hauptlinie 1673 ausgestorben war, Johann Heinrich und Wolf Christoph von Stetten den Bodenhof, Rosen- und Reulhof, den Garnberg und den Wald Buchhorn an die Witwe Johann Friedrichs, Eva Margareta von Helmstadt ab, welche sich an Hans Christoph von Wolfskeel vermählte, behalten sich aber die hochfraischliche Obrigkeit vor (Stett. Arch.).

1685 verkaufte Frau von Wolfskeel den Hof Garnberg an Wolfgang Christoph von Stetten um 5100 fl. W. F. 7, 43. Er baute 1688 das Schlößchen.

1709 verkauften des Letzteren Söhne Wolfgang Friedr., Joh. Hein., Joh. Christoph und Sigmund Heinrich den Hof Garnberg an den Oberst Joh. Heinrich v. Hirschligau, brandenburgischen Amtmann zu Feuchtwangen 1715, später Generalmajor. W. F. 6, 277.

1715 verkaufte Hohenlohe-Weikersheim 5/6 des Zehntens auf Gayernberg, welchen Hohenlohe von Komburg, das die Künzelsauer Pfarrgüter eingezogen, erworben hatte, an den Oberst von Hirschligau für 1350 fl. (Coll. v. Alberti).

1721 28. Febr. heiratete Hirschligaus einzige Tochter Johanne Christiane Heinrike den Freiherrn Christoph Ehrenfried v. Pöllnitz, markgräfl. ansbach. Kammerjunker, spätern Geh. Rath, Oberststall- und Falkenmeister. Ihm folgte im Besitz sein Sohn Karl Wilhelm v. Pöllnitz auf Frankenberg, preuß. Oberstkämmerer, † 1801 als württemb. General. Dessen Tochter verehlichte sich an Georg Ferdinand Forstner von Dambenoy, den Nachkommen Christoph Forstners auf Breitenfeld in Österreich, der um seines Glaubens willen sein Vaterland verließ, 1631 württembergischer Vizekanzler wurde und das Landgut Dambenoy als Lehen erhielt. Forstner ließ sich am 8. Novbr. 1790 in Garnberg huldigen (Künz. Kirchenb.). Er war bekannt als Schriftsteller und starb als Professor der Landwirthschaft zu Tübingen 1836 11. Okt. Er bemühte sich das Gut zu heben, um einen höheren Ertrag zu erzielen und nahm viele Ansiedler, die Hausplätze sammt Gärtchen erhielten, gegen Schutzgeld auf.

1803 verkaufte er das Dorf sammt allen Rechten und Obrigkeiten an Fürst Friedrich Ludwig von Hohenlohe-Ingelfingen gegen ein Leibgeding von 1800 fl, behielt sich aber das Schloß sammt den dazu gehörigen Gütern vor.

| 1817 verkaufte Forstner sein Schloß sammt aller Zugehör an den Gastwirth Glock zur Glocke in Künzelsau für 10.000 fl.

1819 erwarb das Schloß Prinz Adolf von Hohenlohe-Ingelfingen, der dort mehrere Jahre residirte. Doch kam es bald wieder in die Hände von Privatleuten. Die Vogtei ließen die Herren von Stetten durch einen Amtsvogt besorgen, an dessen Stelle die Herren von Hirschligau und Pöllnitz einen Hausvogt hatten. Dieses Amt bekleidete bald der herrschaftliche Gärtner, bald der Wirth. Zu seinem Amtseinkommen gehörte ein Drittel der Strafgelder.

Den 19. März 1794 wurde eine Gemeindeordnung festgesetzt, welche Forstner bestätigte, und dazu 1795 und 1797 Zusätz gemacht. Koll. v. Alberti und W. F. 7, 278.

Die Schule wurde früher von einzelnen Privatleuten z. B. einem Schuhmacher gehalten, später besuchten die Kinder die Schule zu Künzelsau bis 1833 (K. Pfarrbeschreibung).



  1. Vgl. Bauers Aufsatz Ztschr. f. W. F. 6, 276 ff.
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