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Altheim,
mit der unteren Mühle,
Gemeinde II. Klasse mit 957 Einw. wor. 6 Evang. – Kathol. Pfarrei; die Evang. sind nach Thumlingen, O.-A. Freudenstadt, eingepfarrt.


In dem nicht besonders tief aber schroff eingeschnittenen, ziemlich schmalen Steinachthale, gerade an der Stelle wo der Brühlbach in die Steinach mündet, liegt 5/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt der ziemlich große Ort, welcher theils in die Thalebene, theils an den östlichen Thalabhang freundlich und geschützt | hingebaut ist. Die Gebäude sind aus Holz mit steinernen Unterstöcken erbaut und durchgängig mit Ziegeln gedeckt.

Auf der Anhöhe am westlichen Ende des Dorfs steht die interessante, etwa aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts stammende, im früh romanischen Style erbaute Pfarrkirche zur heil. Maria, welche später in den gothischen Styl geändert wurde, namentlich ist der mit einem halben Achteck schließende Chor der ursprünglichen Basilika angebaut worden. Von der anfänglich romanischen Bauweise haben sich noch mehrere Überreste erhalten, z. B. an der Nordseite des Langhauses ein rundbogiger, jetzt zugemauerter Eingang und neben demselben ein eingemauerter, schachbrettartig linirter Stein; an der Ostseite ist ebenfalls ein Stein eingemauert der eine kreisrunde Zeichnung enthält; an der Südseite befindet sich über dem Thürsturz eines Eingangs eine alte Lünette, die ein einfaches Kreuz enthält und neben demselben eine ganz roh gearbeitete Blume, die ohne Zweifel eine Lilie vorstellen soll und von hohem Alterthum zeugt.

Der viereckige Thurm ist in seinen unteren Theilen sehr alt und enthält noch einzelne Mauersteine, auf welchen frühromanische Bildwerke mit vertieften Linien eingemeiselt sind, unter anderem eine sehr roh gearbeitete, fratzenhafte menschliche Figur mit aufgehobenen Armen, einen Krummstab etc. Dem Thurm wurde in neuerer Zeit ein im gothischen Styl gehaltenes Stockwerk mit hohem spitzem Zeltdach aufgesetzt. Daselbst hängen drei Glocken, von denen die größte im Jahr 1600 von Johannes Reinhart Heringer gegossen wurde; die mittlere ist vermuthlich so alt als die ursprüngliche Kirche und trägt weder Schrift noch Zeichen; die kleinste hat Bernhard Kaltenmoser in Horb 1845 gegossen. Das Innere der Kirche ist erneuert und enthält nichts Bemerkenswerthes. Die Unterhaltung und der Neubau der Kirche geschieht von den örtlichen Stiftungen.

Der Begräbnißplatz, welcher früher mit einer Mauer umfangen um die Kirche lag, ist vor etwa 25 Jahren aufgegeben, und dagegen ein neuer außerhalb (östlich) des Orts angelegt worden.

Das zunächst der Kirche gelegene, schon ziemlich alte, jedoch gut erhaltene Pfarrhaus gehört dem Staat, der es auch zu unterhalten hat.

Ein ansehnliches Schulhaus wurde 1847 erbaut; es enthält zwei Lehrzimmer und die Wohngelasse für den Lehrer und den Unterlehrer.

Das Rathhaus, früher Schulgebäude, das 1847 seiner gegenwärtigen Bestimmung übergeben wurde, enthält im untern Stockwerk | eine 1863 eingerichtete Gemeindebäckerei, im oberen die Gelasse für den Gemeinderath. Überdieß sind noch zwei öffentliche Waschhäuser vorhanden.

Im Ort steht an der Steinach eine Mühle und 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort liegt am Brühlbach die sog. untere Mühle; beide haben je 3 Mahlgänge und einen Gerbgang. Über die Steinach sind 3 kleine steinerne Brücken angelegt.

Sehr gutes Trinkwasser liefern reichlich 5 laufende, 2 Pump- und 2 Schöpfbrunnen; unter denselben soll der sog. Hutzelbrunnen das beste Wasser führen.

In der Nähe des Orts befindet sich eine periodisch fließende Quelle (Hungerbrunnen). Im allgemeinen ist die Markung mit Ausnahme des Thals ziemlich wasserarm.

Die Einwohner sind meist kräftige, gesunde Leute, deren ökonomischen Verhältnisse zu den besseren des Bezirks gehören; ihre Haupterwerbsmittel bilden Feldbau, Viehzucht und Fruchthandel.

Die verhältnißmäßig große, von mehreren Thälchen durchzogene Markung hat eine ziemlich unebene Lage und im allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der aus den Zersetzungen des Hauptmuschelkalks, des Wellendolomits und der Anhydritgruppe mit sporadisch aufgelagertem und beigemengtem Lehm besteht, und dem durch gute Düngung, wobei auch Pferch, Jauche und Gips in Anwendung kommen, nachgeholfen wird.

Ein Muschelkalksteinbruch, aus dem Pflastersteine gewonnen werden, befindet sich auf dem sog. Hochsträß und auf der Flur Laiber wird Lehm abgebaut; Tuffsteine (jüngerer Süßwasserkalk) kommen am sog. Edelbrunnen vor.

Die Landwirthschaft wird mit Eifer und Fleiß umsichtig getrieben und dabei neben dem deutschen Wendepflug auch häufig der Flanderpflug gebraucht.

In dreizelgliger Flureintheilung baut man Dinkel, Weizen, Roggen, Haber, Gerste, Linsen, Erbsen, Wicken und Ackerbohnen; in der Brache Kartoffeln, Futterkräuter (vorherrschend dreiblättrigen Klee) Flachs und Hanf, letztere in ziemlicher Ausdehnung auch in eigenen Ländern. Überdieß kommen Hopfen und Reps zum Anbau und zum Verkauf in die Umgegend, während Flachs und Hanf im Ort versponnen werden. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt an Dinkel 8 Scheffel, an Weizen 31/2 Scheffel, an Roggen 3 Scheffel, an Haber 61/2 Scheffel, an Gerste 5 Scheffel; die Preise eines Morgens bewegen sich von 300–700 fl. Von | den Getreideerzeugnissen wird alljährlich ein namhaftes Quantum nach Außen abgesetzt, wie überhaupt der Fruchthandel eine besondere Erwerbsquelle bildet; die Früchte, welche theilweise aus dem Gäu bezogen werden, gehen nach Freudenstadt, Baden und Frankreich.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt und liefert ein gutes, nahrhaftes Futter; die durchgängig zweimähdigen Wiesen, von denen etwa die Hälfte bewässert werden kann, ertragen per Morgen durchschnittlich 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd und werden mit 300 bis 1000 fl. bezahlt. Das Futter wird im Ort verbraucht.

Die Obstzucht ist nicht bedeutend und beschränkt sich hauptsächlich auf die um den Ort gelegenen Gärten und die Bepflanzung der bedeutenderen Straßen mit Obstbäumen; man zieht Mostsorten und vorzugsweise Zwetschgen, welche gerne gedeihen. Das Obsterzeugniß wird im Ort verbraucht.

Die Weide wird mit Einschluß der Brach- und Stoppelweide für Schafe benützt und jährlich um 620 fl. verpachtet; der Pfercherlös trägt der Gemeindekasse etwa 800 fl. ein. Von den auf der Markung laufenden Schafen (deutsche, Bastarde und spanische) finden ungefähr 100 Stücke Überwinterung im Ort; der Abstoß der Schafe geht meist nach Frankreich und die Wolle kommt nach Nagold, Freudenstadt und Rottenburg zum Verkauf.

Die nicht ausgedehnte Pferdezucht beschäftigt sich mit einer Landrace, die sich hauptsächlich für Zugpferde eignet, welche im Ort selbst benützt werden; die Stuten kommen zur Bedeckung auf die Beschälplatte in Horb. In ganz gutem Zustande ist dagegen die Rindviehzucht, bestehend in einem Landschlag, welcher durch drei Farren (Schweizer und Landrace) nachgezüchtet und veredelt wird. Rindvieh, namentlich auch gemästetes, wird ziemlich viel nach Baden abgesetzt.

Schweinezucht findet statt; überdieß werden viele Ferkel (Bayrische) von Außen bezogen und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf gemästet.

Die Ziegenzucht ist unbedeutend, und die Zucht des Geflügels dient nur für den eigenen Bedarf. Die im Zunehmen begriffene Bienenzucht wird mit Glück betrieben; Wachs und Honig werden im Ort verbraucht.

Außer den schon angeführten Mühlen und fünf im Ort bestehenden Schildwirthschaften, dienen die Gewerbe nur den örtlichen Bedürfnissen.

Vicinalstraßen nach Horb, Hochdorf, beziehungsweise Oberthalheim, | Salzstetten und Grünmettstetten sichern dem Ort seinen Verkehr mit der Umgegend.

Die Gemeinde besitzt etwa 900 Morgen gut bestockte Nadelwaldungen, von deren jährlichem Ertrag jeder Bürger 1/2 Klafter Holz erhält; ein großer Theil des Holzerträgnisses wird verkauft und von dem Erlös kommen etwa 800 fl. in die Gemeindekasse und überdieß noch jedem Bürger 15 fl. zu. Die Stiftungspflege ist im Besitz von etwa 110 Morgen Waldungen, die jedoch auf Salzstetter Markung liegen; der in 5–600 fl. bestehende Erlös aus dem jährlich geschlagenen Holz wird als Kapital angelegt.

Auf dem Thalberg, nahe am Ort, stößt man auf Grundmauern, Bruchstücke römischer Gefässe, Ziegel u. s. w., die einen hier abgegangenen Römerort nachweisen. Auf der entgegengesetzten Seite des Thals, in den sog. Halden finden sich ebenfalls Spuren römischer Gebäude. An der westlichen Seite des Dorfs und im Ort selbst sind schon an verschiedenen Stellen in einer Tiefe von 2–6′, thönerne, bauchige 8–10″ hohe Gefässe, die mit Deckeln versehen waren, ausgegraben worden. Über die Römerstraßen, welche in Altheim zusammenlaufen, oder vielmehr sich kreuzen (siehe den Abschnitt „römische Alterthümer“). Südlich vom Ort auf der Flur Laiber wurden vor etwa 20 Jahren Reihengräber aufgedeckt, die Schwerter, Speer- und Pfeilspitzen, Thonperlen u. s. w. enthielten und in den Lehm eingesetzt waren. Alle diese Umstände zeugen von einer sehr frühen Ansiedlung auf der Stelle des gegenwärtigen Altheims, dessen Name ohne Zweifel von dieser alten Ortsanlage herrührt.

Am Ort stand eine Kapelle. Auf dem Bergrücken östlich von Altheim genießt man eine weit gedehnte Aussicht an die Alp, in das Gäu und an den Schönbuch.

Altheim (Altheim, –hein, –hain, –eim, –eimb, Alteheim, Altenheim) ist wohl jenes Althaim in dem Gaue Pirtelo’s, wo 785 ein Anshelm Güter an St. Gallen schenkte.

Der Ort gehörte den gleichnamigen Freyen. Am Ende des XI. Jahrhunderts schenkt Wielandus liber homo de Altheim mit seinem Sohne Burchart und seinen Verwandten Adelolt und dessen Bruder Wern, omnes liberi, Güter daselbst an das Kloster Reichenbach. (Würt. Urk.B. 1, 785. 2, 395.).

1277 erscheint Krafto de Altheim, er führt einen Vogel im Wappen (Schmid Pfalzgr. v. Tübingen Urk. 50.), 1293 Werner; im 14. Jahrhundert kommen vor ein Ulrich und ein Hans. 1422 besiegelt Junker Ulrich von A. den Leibeigenschafts-Loskauf der | Schultheißenfrau zu Altheim um vier Pfund Heller von Wilhelm Schenk von Stauffenberg. Dieser Ulrich saß auf der Burg Altheim noch 1429 (Horber Spital-Urkunden).

Im Jahr 1335 erscheint als gräflich hohenbergisches Lehen die Mühle daselbst, in welche der Ort gebannt war und welche im genannten Jahr Graf Rudolf von Hohenberg einem Bürger zu Horb zu einem ewigen Erblehen verlieh, sowie später ein Hof, zu welchem der Kirchensatz gehörte und welchen Strube von Isenburg zu Lehen trug. Begütert allhier im 14. Jahrhundert waren auch die Herren von Ow. Im Jahr 1371 versetzte Graf Rudolf von Hohenberg seiner Gemahlin Ida von Toggenburg um 655 Pfd. Heller das Dorf, d. h. die Gefälle daraus, wie aus der Erneuerung von 1528 zu ersehen ist; dieselbe schenkte solches den 28. August 1387 und wiederholt den 22. April 1393, als sie nach dem Tod ihres ersten Gemahls in eine zweite Ehe mit dem Grafen Eberhard von Werdenberg getreten war, an das hiesige Spital, welchem sie auch einen Wald auf dem Nuifra’er Berge vergabte mit der Bestimmung, daß dafür alljährlich ein wohlgemästet Schwein den armen Leuten daselbst ausgetheilt werden sollte. Sofort blieb das Spital in solchem Besitz, da die Pfandschaft nicht mehr eingelöst wurde. Die Landeshoheit, Blutbann, Geleit und Forstherrlichkeit gehörten Österreich, die niedere Gerichtsbarkeit aber dem Magistrat zu Horb (Schmid Grafen von Hohenberg 268. 281. 282. 465).

An das Kloster Hirschau und an das Kloster Reichenbach wurden im 11. Jahrhundert und sonst hiesige Güter geschenkt, an letzteres namentlich im Jahr 1088 in Gegenwart des Grafen Heinrich von Tübingen.

Mit Horb kam der Ort an Württemberg.

Als frühere hiesige Kirchherren kommen vor Kraft im Jahr 1250, Volmar 1277. Den Fronhof und Kirchensatz verkaufte 1327 Friedrich Müller von Mandelberg Ritter an die Johanniterkommende Hemmendorf, welche den Ort von Rexingen aus pastoriren und die Pfarrei einziehen ließ, bis diese endlich wieder hergestellt wurde.[ER 1] (Klotz Katalog der Kirchenstellen 1832 S. 98).

Solches Patronat blieb der Kommende bis zu deren Übergang an Württemberg; heut zu Tage ist es königlich. Das jus nominandi et praesentandi zur ehemaligen Frühmesserei in Altheim, das früher bei Mandelberg war, war 1697 von Leinstetten an das Chorherrnstift zu Horb gekommen.[ER 2]

Vor Zeiten bestand allhier ein Dominikanerinnenkloster; „die Sammlungfrauen zu Altheim gaben jährlich 2 Grashüner aus der Sammlung und ihren Gütern“ heißt es 1528 in der Erneuerung des Spitals Horb.

1/4 des Zehentens von Altheim gehörte als gräflich Sulzisches Lehen 1434 Heinrich von Tettingen, seit 1534 Hans Erhard von | Ow und seinen Nachkommen in Wachendorf bis zur Ablösung im Jahr 1848. (v. Ow’sches Archiv).

Der dort bestehende s. g. Sau-Jahrstag für Ida von Toggenburg heißt so, weil an demselben den Armen von dem Heiligen ein Schwein, hälftig gesotten und hälftig gebraten, verabreicht werden mußte, wofür gegenwärtig 23–25 fl. an Geld gegeben werden.[ER 3]

Errata

  1. S. 132. L. 9 v. u. Die markierte Textpassage wurde eingefügt. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.
  2. S. 132. L. 7 v. u. Die markierte Textpassage wurde eingefügt. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.
  3. S. 133. L. 2. Die markierte Textpassage wurde eingefügt. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.


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