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Ober-Jesingen,
Gemeinde III. Klasse, Dorf mit 781 Einw., wor. 7 Kath. – Pfarrfilial von Kuppingen. Die Kathol. sind nach Altingen eingepfarrt.
Das ziemlich große, 1/4 Stunde nördlich vom Mutterort gelegene Dorf besteht aus meist wohlhäbig aussehenden, stattlichen Bauernwohnungen, und ist mit ziemlich rein gehaltenen| Ortsstraßen, von denen übrigens nur die Hauptstraße gekandelt ist, versehen.

Gutes Trinkwasser liefern 23 Zieh- und Pumpbrunnen, die nur in ganz trockenen Sommern ihren Dienst versagen, so daß dann die Einwohner genöthigt sind, das Wasser in Affstätt zu holen. Im Ort bestehen zwei Wetten und eine außerhalb desselben.

An der nördlichen Ortsseite steht die kleine, dem heiligen Briccius geweihte Kirche, deren Langhaus durch Veränderungen entstellt ist. Der mit einem halben Achteck schließende Chor hat aber noch spitzbogige, germanisch gefüllte Fenster; an einem derselben steht 1518 (ohne Zweifel das Jahr der Erbauung der Kirche) und unterhalb an dem Sockel „Heinrich Murer“. Der viereckige Thurm hat zwei steinerne Stockwerke mit Schußscharten, der dritte erst später aus Holz aufgebaute Stock trägt ein einfaches Satteldach mit abgestutzten Giebelecken; die auf dem Thurm hängenden zwei Glocken sind 1797 und 1827 gegossen worden. Innen ist die Kirche düstern, feucht, ungeräumig, sowohl ihre Wände, als die Brüstungen sind mit kunstlosen Malereien bedeckt. Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege Kuppingen ob.

Der Begräbnißplatz wurde 1839 außerhalb (östlich) des Dorfs angelegt; früher mußten die Leichen nach Kuppingen gebracht werden und nur die Kinder bis zum 14. Jahre wurden auf den um die Kirche gelegenen, mit einer Mauer umfriedigten Kirchhof beerdigt.

Zunächst der Kirche steht das 1816/17 erbaute Rathhaus, in welchem sich auch die Schule und die Wohnungen des Schulmeisters und Lehrgehilfen befinden.

Eine am östlichen Ende des Orts gelegene Zehentscheuer wurde im Jahre 1851 um 900 fl. von der K. Hofdomänenkammer erworben. Auch ist ein Gemeindewaschhaus vorhanden. Ein Gemeindebackhaus wurde im Jahr 1854 errichtet.

Die Einwohner sind gut gewachsene, gesunde und fleißige Leute, die mit einer gewissen Sparsamkeit viel religiösen Sinn verbinden und im Allgemeinen ziemlich vermöglich sind. Ihre Erwerbsmittel bestehen in Feldbau und Viehzucht.

Die von Osten nach Westen in die Länge gezogene, verhältnißmäßig ziemlich ausgedehnte Markung, wird nördlich von der Markung Deckenpfronn, O.A. Calw, östlich von den Markungen Gärtringen und Kuppingen, südlich von Kuppingen und Affstätt und westlich von Ober- und Unter-Sulz begrenzt.

Die klimatischen, wie die Boden- und landwirthschaftlichen| Verhältnisse sind beinahe dieselben, wie in Kuppingen, nur ist der Boden im Allgemeinen etwas geringer, jedoch wird demselben durch eine äußerst reichliche Düngung bedeutend nachgeholfen. Die Landwirthschaft wird sehr gut betrieben, obgleich der deutsche Pflug noch allgemein ist. In der zu 1/4 angeblümten Brache betreibt man den Repsbau noch etwas ausgedehnter als in Kuppingen.

Die Gemeinde ist im Besitz von 5713/8 Morgen Laubwaldungen, aus denen jährlich 56 Klafter und 72.000 Stück Wellen geschlagen werden; hievon erhält jeder Bürger 1/4 Klafter und 36 Stück Wellen.

Die Brach- und Stoppelweide hat die Gemeinde für die Schäferei um 225 fl. jährlich verpachtet; auf derselben laufen etwa 175 Stück rauh-deutsche Schafe, die auch im Ort überwintert werden; die Pferchnutzung trägt der Gemeinde etwa 200 fl. jährlich ein.

Die Pferdehaltung ist namhaft und der sehr beträchtliche Rindviehstand wird durch drei Simmenthaler Farren, welche ein Ortsbürger Namens der Gemeinde gegen 175 fl. Entschädigung hält, nachgezüchtet. Der Handel mit Mastvieh ist ziemlich ausgedehnt.

Die Bienenzucht wird etwas mehr als in Kuppingen betrieben.

Im Ort finden sich die nöthigsten Handwerker und außer diesen drei Schildwirthschaften, eine Brauerei und zwei Krämer.

Durch den Ort führt die Landstraße von Calw nach Herrenberg und überdies gehen noch Vicinalstraßen nach Gültlingen und Gärtringen.

Die Gemeindepflege besitzt außer den Waldungen 5 Morgen Gemeindegüter, welche ein jährliches Pachtgeld von etwa 60 fl. abwerfen. Siehe übrigens Tabelle III. und über das Stiftungsvermögen auch die Ortsbeschreibung von Kuppingen.

Die grundherrlichen und Zehentverhältnisse waren jenen von Kuppingen gleich.

Der am 28. September 1323, wo Anshelm von Liebenzell seinen hiesigen Hof an den Heiligen von Deckenpfronn um 321/2 Pfund Heller verkauft (St.-A.), erstmals vorkommende Ort wurde früher Üsingen (auch Ösingen 1334, Nov. 17, Schmid Urkunde 128) geschrieben.

Er war pfalzgräflich-tübingisch, im Anfang des 14. Jahrhunderts übrigens nicht, wie die meisten Orte des Bezirks, im Besitz der tübingisch-herrenbergischen Linie dieses Hauses, sondern der aspergisch-böblingischen. Graf Heinrich von dieser Linie verkaufte ihn am 17. November 1334 an seine Brüder Hugo und Ego um 100 Pfund Heller (Schmid Urk. 128), von denen der| ältere, Hugo, Johanniter-Comthur zu Hemmendorf und Rexingen, mit Zustimmung seiner Brudersöhne, der Grafen Götz und Wilhelm, den 27. Dezember 1342 das Dorf mit Leuten, Gütern, der Vogtei und aller Zugehör an das Kloster Hirschau für 125 Pfund Heller verkaufte, wobei er versprach, dasselbe dem Kloster als „ain recht fry aigen gut zu fertigen“ (Schmid Urk. 129). Bald darauf löste jedoch genannter Hugo das Verkaufte wieder ein (wofern überhaupt der Verkauf wirklich ausgeführt wurde), und veräußerte dagegen das Dorf mit Zugehör an Holz, Feld, Wasen, Zweig, Gewaltsame an die Gebrüder Gumpolt und Hans von Gültlingen, Ritter (Schmid Urk. 180).

Von diesen Rittern von Gültlingen kam Ober-Jesingen den 29. April 1351 durch Kauf für 200 Pfund Heller an den Pfalzgrafen Konrad von Tübingen-Herrenberg (Schmid Urk. 180), welcher auch von Hug von Berneck im Januar 1353 dessen Antheil an einem hiesigen Hof für 82 Pfund guter Heller erkaufte. Aber schon sein gleichnamiger Sohn veräußerte wieder das Dorf, nachdem er es im Jahre 1370 (mit Ausnahme des Zehenten desselben Dorfes und Feldes, der zur Kirche in Kuppingen gehörte) zur Versicherung der Morgengabe und Heimsteuer seiner Gemahlin verwendet hatte (Schmid Urk. 186), den 10. Februar 1382 mit Herrenberg an Württemberg.



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