« Kapitel B 5 Beschreibung des Oberamts Heilbronn Kapitel B 7 »
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Flein,
Pfarrdorf II. Classe mit 1357 Einwohnern, worunter 2 Katholiken, Filialisten von Sontheim.

Flein liegt eine Stunde von Heilbronn, südlich, durch die Fleinerhöhe getrennt, welche das Cäcilienbachthal von dem Deinenbachthal scheidet, in welchem das reinliche Dorf liegt, von einem Felsen aus Diluvialschutt, auf dem Kirche, Pfarr- und Schulhaus stehen, überragt.

Das Deinenbachthal und weiter aufwärts das Thal des Leberbrunnenbaches wird an drei Seiten von Bergen begränzt, welche auf ihren sonnigen Seiten mit Reben bepflanzt sind, die guten Wein geben.

Das Thal selbst enthält ergiebige Wiesen, und der übrige Theil der Markung fruchtbare Äcker, auch etwas Wald.

| Es wird hier viel Mohn gebaut, und junge Bäume in den Weinbergen erzogen; dagegen wurde ein großer Theil der Kirschenbäume wieder aus den Weinbergen entfernt, welche noch in den 1820ger Jahren die Heilbronner Märkte mit sogenannten Herzkirschen reichlich versehen haben.

Flein (alt Fline) gehörte zum kaiserlichen Kammergut Heilbronn (Jäger I, 59) und wird im Jahre 1188 unter den Hohenstaufenschen Allodien aufgeführt (Württ. Urkundenbuch 2, 256).

Im 13. Jahrhundert werden Edle von Flein unter den Ministerialenfamilien zu Heilbronn genannt; im Jahre 1222 erkauften Gerung von Flein und andere Heilbronner Patricier von dem Bisthum Würzburg alle Zinse und Gefälle, welche dieses in Heilbronn hatte, den Weinzehnten ausgenommen.

Sonst besaßen in sehr früher Zeit Güter und Rechte die Schenken von Limpurg (s. unten), die Herren von Thalheim (Jäger I, 60) u. a.

In der Mitte des 14. Jahrhunderts trugen die von Sturmfeder das, was auf der Markung Flein noch Reichsgut war (3 Höfe), von dem Reich als erbliches Pfand. Burkhard von Sturmfeder, an den 1372 dieses von der Familie nicht ohne Unterbrechung (Glafey Anecd. 237, Reg. Boic. 9, 65) besessene Pfand überging, versprach dem Dorfe seinen Schutz zu gewähren, wofür ihm 1372 jährlich 20 Pfund Heller zugesagt wurden. Kaiser Karl IV. erlaubte 1374 dem Burkhard von Sturmfeder dem Jüngeren, dessen Gattin Elsbeth von Hirschhorn war, „wegen sonderlicher Treu und Dienst“ Stock, Galgen und Gericht in Flein zu haben.

Bald darauf aber kam der Ort an die Reichsstadt Heilbronn. Hatte schon die Präsenz zu St. Kilian allda im Jahre 1383 einen Theil des Weinzehntens um 100 Pfund Heller von dem Edelknecht Diether von Rüd und seiner ehelichen Wirthin Elisabeth erkauft,[1] so erwarb die Stadt selbst im Jahre 1385 von Fritz von Sturmfeder und dessen Söhnen Burkhard, Hans und Fritz die Vogtei, das Gericht und 20 Pfund Heller Schutzgeld, die sie vom Reich zu Lehen trugen, um 350 Pfund Heller. Hiezu ertheilte 1387 König Wenzel die lehensherrliche Einwilligung, wie denn die Stadt fortan das Dorf nebst der Vogtei, dem Gerichte und 20 Pfund Heller Gülten daselbst als Reichslehen verliehen erhielt. Ohne viel | Streitigkeiten zwischen dem Magistrat zu Heilbronn und den Unterthanen zu Flein lief es sofort nicht ab. Siehe Reichsfama 9, 688 bis 716.

Aus den Geschicken Fleins ist zu erwähnen, daß im Juni 1450, als nach zehntägiger vergeblicher Belagerung Heilbronns der Churfürst von Mainz, die Markgrafen von Baden und Graf Ulrich von Württemberg wieder abzogen, ihre Mannschaft allhier raubte und die Kirche verwüstete. (Stälin, Württ. Gesch. 3, 486.) Gestiftet wurde allhier gegen 1289 von den Edlen von Thalheim ein Clarissinnenkloster; solches erkaufte im genannten Jahre Güter in Flein von Raban Ritter von Neuenstein, wurde aber bereits 1302 nach Heilbronn verlegt.

Was die hiesige Kirche betrifft, so schenkte das Patronatrecht hierüber im Anfang der 1230er Jahre der Hohenstaufische Dienstmann Wilhelm von Wimpfen dem Heiliggeistspital dieser Stadt; er hatte solches als Heirathsgut seiner damals verstorbenen Gemahlin erhalten. Kaiser Friedrich II. ertheilte hierüber im Juli 1236 seine Bestätigung (Huillard Hist. Frid. 5, 212, vgl. unten Hipfelhof); eine ähnliche Urkunde hatte bereits 1233 dessen Sohn König Heinrich (VII.) ausgestellt (eb. 4, 613). Über eine Unterbrechung dieses Besitzes des genannten Spitals, welcher solchen 1255 von König Wilhelm bestätigt erhielt, erfährt man nichts, als daß er einsmals im Jahre 1263 als Eigenthum Konrads von Limpurg bezeichnet wird (St. A.).

Außer obigem Spital waren allhier begütert das Kloster Lichtenstern zunächst durch die Gunst des Schenken Walther von Limburg und seines Bruders, des oben genannten Konrads, seit 1263; es erkaufte namentlich 1291 zwei Häuser. Das Kloster Steinheim wurde 1268 von Elsbeth von Rosenberg, das Kloster Laufen 1285 von Heinrich, genannt Strülle, Bürger von Heilbronn, je mit hiesigen Gütern beschenkt. Das Kloster Schönthal erwarb 1361 einen Hof von den Gebrüdern von Thalheim für 458 fl.

1517 erhielt der Hochaltar der Kirche schöne Malereien, welche den h. Johannes mit dem Kelche, die h. Katharine mit dem Schwerte, die h. Apollonia mit einer Zange, den h. Sebastian mit Pfeilen, den h. Georg mit dem Drachen, den h. Andreas mit seinem Kreuze und andere Heilige, auch Jesus und Maria darstellen. Der h. Veit erscheint, wie ihm ein alter Mann mit seinem jungen Eheweibe und ihrem Kinde in einer Wiege einen Hahnen als Dankopfer darbringen, weil er ihre Ehe gesegnet hat; auf einer anderen Darstellung wird | der Heilige mit eisernen Keulen an den Kopf geschlagen, auf einer dritten wird er in einem Kessel in Öl gesotten. Der Altar hat schönes Schnitzwerk aus Holz, das Doppelkreuz als Wappen des Heiligengeisthospitalordens und das Wappen der Heilbronner Patricierfamilie Berlin (den oberen Theil eines Bären), denn damals war Caspar Berlin Bürgermeister in Heilbronn, vom Kaiser mit Flein belehnt und Vogt dieses Dorfes.

Ums Jahr 1530 führte der Rath zu Heilbronn die Kirchenreformation ein; vergebens war der Widerspruch des Heiligengeisthospitalordens.

Im Jahre 1573 erwarb Heilbronn von dem Meister des Heiligengeistordens zu Wimpfen das Lösungsrecht auf das Pfarrlehen und den Zehnten zu Flein, für den Fall, daß sie zum Kauf ausgeboten werden sollten.

Der Heilbronner Rath hatte jedoch schon längst das Präsentationsrecht auf die Pfarrei.

Im Jahre 1635 ward, weil am 29. Oktober der Pfarrer Joh. Conrad Sutorius gestorben war, am 8. December M. Eberh. Ludwig Münster, welcher Pfarrer in Böckingen war, nach der Einäscherung dieses Dorfs nach Flein versetzt. Aber auch die Fleiner mußten nach Heilbronn fliehen, um ihr Leben zu erhalten. In dieser Stadt hielt Münster für seine Pfarrgenossen in der Hospitalkirche Gottesdienst. Erst am Thomastag 1650 zog er wieder nach Flein, wohin sich nach eingetretenem Frieden der kleine Rest der Einwohner wieder eingefunden hatte. Die meisten waren durch Hunger, Seuchen und Verzweiflung hinweggerafft worden.

1794, als der Pfarrer in Flein gestorben, so präsentirte wie bisher die Stadt Heilbronn zwei Predigtamts-Candidaten, von welchen der Prälat des Heiligengeisthospitals zu Memmingen einen auswählte und als Pfarrer confirmirte.

Im März 1841 wurde die alte im Spitzbogenstyle erbaute Kirche abgebrochen und nach dem von Kreisbaurath Abel in Ludwigsburg entworfenen Plane eine geräumige schöne Kirche mit Rundbogenfenstern u. s. w. für 18.842 fl. 36 kr. erbaut, wovon 1561 fl. 50 kr. ersetzt worden sind, so daß die Gemeinde noch 17.280 fl. 46 kr. aufwenden mußte. Der alte Thurm mit der Jahrzahl 1432 blieb stehen, erhielt ein weiteres Stockwerk und neues Dach. Sein Erdgeschoß war vordem der Chor der alten Kirche und ist jetzt die Sakristei der neuen Kirche.

1842 am 19. Juni erfolgte die Einweihung der Kirche, der | Hochaltar wurde renovirt, und Orgelmacher Schäfer in Heilbronn fertigte eine gute Orgel mit 14 Registern und 8 Prinzipalen in diese Kirche, welche weitere 1500 fl. kostete.

Oben im Thälchen, in welchem Flein liegt, am westlichen Fuße des Schweinsbergs, entspringt der sogenannte Leberbrunnen, der ums Jahr 1600 in sehr großem Rufe stand, so daß zur Sommerszeit Hunderte von Kranken aus der Nähe und Ferne herbeikamen, Zelte aufschlugen und in diesem Wasser badeten oder dasselbe tranken. Der Heilbronner Physikus Dr. Joh. Christoph Eysenmenger gab 1632 in 4° eine Beschreibung im Druck heraus, und in den Jahren 1629 und 1665 wurde der Brunnen gefaßt. Bei der damaligen Probe wollten die Ärzte „einen guten Theil Alaun, etwas Salz, ein wenig Schwefel und etwas von der Subtilität des Leberkieses“ darin entdeckt haben; nach neueren Analysen aber enthält das Wasser keine mineralische Bestandtheile als kohlen- und schwefelsauren Kalk, wie alle anderen Quellen dieser Gegend auch.

An Württemberg kam Flein im Jahre 1803 mit der Reichsstadt Heilbronn, und wurde zum neuerrichteten Oberamt Heilbronn geschlagen.

Bayern welchem die Besitzungen des Heiligengeistordens mit der Stadt Memmingen zufielen (s. Hipfelhof), dotirte den General Grafen von Bekers damit, welcher am 8. September 1837 seinen halben Antheil an dem Frucht-, Wein- und Kleinzehnten zu Flein an die Gemeinde daselbst um 18.000 fl. gegen Übernahme der Kirchbau- und Pfarrhausbaulast, der Pfarrbesoldung, der Reichung des Altarweins und der Faselviehhaltung verkaufte, worauf diese am 8. April 1840 den Antheil der Königlichen Finanzkammer am großen, kleinen, Wein- und Heuzehnten um 16.500 fl. unter Abtretung des Kirchenpatronatrechts an den Staat, am 14. Mai 1840 den Antheil der sogenannten Spitalhofbauern am großen, kleinen und Heuzehnten für 1000 fl. und am 31. März bis 3. April 1842 den Antheil des Catharinenhospitals zu Heilbronn am großen, kleinen, Heu- und Weinzehnten um 8500 fl. erkaufte.

Zur Abzahlung dieser Kaufschillinge, sowie zur Bestreitung der übernommenen Verbindlichkeiten, resp. zur Bildung von Fonds hiefür wurden von der Gemeinde 60.000 fl. auf die Zehntpflichtigen umgelegt. Diese Summe ist bereits heimbezahlt bis auf 15.000 fl., zu deren Tilgung planmäßig noch 8 Jahre nöthig sind, so daß dann die Fleiner Markung ganz zehntfrei ist, was auf die Hebung und Förderung des Wohlstandes wesentlich einwirken muß, um so mehr, | als bis dahin die Gülten, deren Ablösung 27.800 fl. kostete und wovon jetzt noch gegen 5000 fl. ausstehen, gleichfalls abgetragen sind.

In dem jetzigen Jahrhundert wurde Flein oft durch Feuersbrünste heimgesucht. Allein für Beschädigungen in den Jahren 1837, 1844, 1845, 1849 und 1850 mußten 15.950 fl. bezahlt werden.

Wie in Heilbronn wird in Flein großer Fleiß auf den Anbau von 439 Morgen Weinberg verwendet, und die Fleiner Weine sind die gesuchtesten des Oberamtes. Flein, das zugleich den Ackerbau und Viehzucht fleißig betreibt, ist daher wohlhabend. Die Weinfehljahre vor 1857 waren von nachtheiligem Einfluß, seit 1857 wurde aber wieder so viel Most gewonnen, daß Flein jetzt wieder recht wohlhabend ist.

Das Ortswappen enthält das Bild des St. Veit im Kessel, dem die alte Kirche geweiht war.

Die Höfe, welche früher Gülten und Landachten an den Staat (als Nachfolger der Stadt und des Klosters St. Clara Heilbronn) und theilweise an den Spital zu Heilbronn zu liefern hatten, sind:

a. das Schönthaler Hofgut in   8 Höfen.
b. das St. Clara-Hofgut in 16      "
c. der Laufenerhof in   8      "
d. der Götzen- oder Lichtensternerhof in       16      "
e. das Wittumgut in   8      "
f. das Heiligegeistgut in   8      "
g. das ganze Bauernlehen.
h. der Blankensteinerhof in   8      "
i. der kleine Heilbronner Spitalhof in   2      "
k. der große Heilbronner Spitalhof in   8      "
l. das Heilbronner Präsenzlehen in   8      "



  1. Die andere Hälfte des Weinzehnten veräußerte ihr 1408 Bernold von Thalheim.
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