« Kapitel B 9 Beschreibung des Oberamts Hall Kapitel B 11 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
10. Gemeinde Groß-Altdorf,
bestehend aus 3 Parcellen mit 643 Einwohnern.
a. Groß-Altdorf, Pfarrdorf mit 322 Einw. und 39 Gemeinderechten (worunter 2 hohenlohe-waldenburgische) und 468 Mrg. vertheilten und 97 Mrg. 45 Rthn. unvertheilten Allmanden und Waldungen. Der Ort, mit Inbegriff von Klein-Altdorf, zum Unterschied von den gleichnamigen Orten am Kocher auch Bühler-Altdorf genannt, weil er oberhalb der Bühler liegt, kommt zuerst als „Alahdorf“, wahrscheinlich von dem Ahlenbach, der von Lorenzenzimmern herabfließt, so genannt, [1] vor. Er liegt 31/2 Stunde östlich | von Hall, ziemlich hoch auf einer wellenförmigen Ebene und zählt verhältnißmäßig wenige Geburten. Fast jedes Haus hat einen Brunnen. An dem nahen waldigen Bergrücken hat der Ort einen Wetterableiter. Die Birken sind hier so geschätzt, daß jeder Bauer einen Birkenbaum zu Besenreis in seinem Garten unterhält. – Die Gemeinde ist dem Forstamt Crailsheim zugetheilt.

Mit Ausnahme von 11 Gütern, den sogen. Oberdörfern, wovon zu 2/3 der Staat wegen des Stifts Ellwangen, und zu 1/3 die Pfarrei Stöckenburg den großen, kleinen und Blut-Zehenten hat, bezieht die Standesherrschaft Hohenlohe-Waldenburg zu 2/3 und die Pfarrei Groß-Altdorf zu 1/3 die Zehentrechte. Die v. Eltershofen trugen die Zehentrechte Ellwangens zu Lehen bis zu ihrem Absterben 1705. Den Neugereuth-Zehenten bezieht der Staat allein. Gefälle haben der Staat, die Standesherrschaft Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, die Armenverwaltung und die Stadtpflege Hall und einige haller Privaten. An den dießfälligen Rechten des Staats hat die Gesammtgemeinde seit 1817 einen Capitalbetrag von 11.183 fl. 40 kr. abgelöst.

Beide Altdorf haben ein freundliches, gefälliges Aussehen und sind weitläufig gebaut. Die Wohnhäuser sind ansehnlich und zeugen von dem Wohlstand ihrer Bewohner. Die jetzige Kirche ist mitten im Dorf und wurde 1835 unter Beibehaltung des alten Thurms massiv und würdevoll in Form eines Kreuzes neu aufgebaut. Ein altes, das heilige Abendmahl vorstellendes Altargemälde ist nicht ohne Werth. Auf Kosten der Gemeinde wurde der Altar und das Innere und Äußere der Orgel werthvoll und schön ausgestattet und die Kanzel geschmackvoll vergoldet. Die Baulast hat wegen der Oberlandesheiligenpflege der Staat. Ebenso die am Schulhaus. Das 1575 erbaute, gut erhaltene Pfarrhaus hat dagegen die Patronatherrschaft zu erhalten. Im Jahr 1839 bis 1841 wurde von Groß-Altdorf nach Lorenzenzimmern und von Groß-Altdorf nach Stadel, in der Richtung gegen Hall, eine Vicinalstraße kunstgemäß angelegt. Die Hauptnahrungsquellen der Gemeinde sind, neben Roggen-, Dinkel- und Haber-Bau, Viehzucht, Viehhandel und Mastung, welche ein schöner Wiesenwachs kräftig unterstützt. Der Boden ist fruchtbar und gut angebaut, und da hier große Höfe vorherrschen, so ist der Wohlstand fast allgemein. Groß-Altdorf hat eine Schildwirthschaft mit einer Brauerei und ein Armenhaus, welches die Gemeinderechtsbesitzer zu unterhalten haben. – Der Kirchhof ist nun außerhalb des Orts. – Die Parochie besteht aus Groß- und Klein-Altdorf. Das Patronatrecht steht dem fürstlichen Hause | Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst zu. Der Schule wird bereits 1597 gedacht.

Altdorf ist sehr alt. Glismut und ihr Sohn Dietrich vergaben bald nach der Stiftung dem Kloster zum heiligen Bonifaz in Fulda Güter, und 856 gibt Abt Hatto von da solche an den Grafen Sigihardt. Alahdorp liege im Mulachgau, setzt die Urkunde bei (Schannat trad. Fuld. N. 476). S. auch oben S. 107. Im Jahr 1090 oder 1091 geben die Brüder Wintherus und Richilo de Altorf ihre Besitzungen in beiden Altdorf (in ambabus villis Altorf et Altorf) nebst einigen Leibeigenen an Comburg. Seiz v. Hohenstein schenkt 1 Hof, 2 Lehen und 1 Sölde hier, und 1 mit Vellberg gemeinschaftliches Lehen in Klein-Altdorf 1329 dem gedachten Kloster; ebendahin 1362 Raban v. Vellberg 1 Hof; 1487 Conz Engelhardt zu Kerdelwegh desgleichen; 1464 Claus v. Hürdelbach und Peter Göz das Rinnenlehen; und 1521 vertauscht Comburg die Gülten aus 10 Gütern an die Reichsstadt Hall. Im J. 1360 übergeben Engelhard Unmuß und seine Hausfrau an seine Schwieger Margareth v. Bebenburg 2 Lehen zu Groß-Altdorf; 1479 dieselben Göz v. Bachenstein an den Heiligen zu Rieden und 1486 dieser an den Hospital zu Hall. Ulrich v. Schechingen verkauft 1365 seine Besitzung an Hans v. Vellberg. Die vellbergischen Besitzungen kamen 1595 an Hall. Rüdiger v. Hohenstein verkaufte 1380 die Gülten aus 6 Gütern zu Groß-Altdorf an Hans Schlez, Bürger zu Hall. Weitere Güter und Rechte kamen 1524 von Bernhard v. Rinderbach an Hall; ferner erwarb Hall solche 1532 von Leonhardt Ulrich und 1558 von Eberhardt v. Stetten 1 Hof und 1 Schenkstatt, endlich 1580 von Conrad v. Vellberg 7 Lehen. Den Blutbann über die ganze Gemeinde besaß die Reichsstadt zwar schon 1324; er kam aber 1366 an die Landgrafen von Leuchtenberg, die ihn 1382 wieder an Hall abtraten. Die ganze Gemeinde gehörte bis 1803 in das Amt Bühler.

Die Pfarrei scheint von hohem Alter zu seyn; wenigstens stand eine Capelle schon im 11. Jahrhundert auf dem hienach zu erwähnenden Kirchbühl. Die beiden oben genannten Brüder von Altdorf machten 1091 an die Capelle zum h. Bartholomäus, die sie, wie die Urkunde sagt, selbst gegründet hatten und von Bischof Adalbert (gestorben 1090) eingeweiht worden, eine Schenkung. Im Jahr 1363 ist Pfaff Conrad von Enslingen Kirchherr zu Altdorf. In diesem Jahrhundert und noch 1427, bis zu ihrem Aussterben, waren die von Enslingen mit dem Kirchensatz von den Grafen v. Hohenlohe belehnt (Wibel a. a. O. I. 126). Vor Errichtung der Pfarrei wurde die Capelle durch einen Frühmesser von Stöckenburg aus beschickt. Die Reformation wurde 1538 | eingeführt, nachdem schon 1535 der hiesige Priester, Johannes Lienhardt, wie dessen Collega Herold meldet, seine Magd am Dienstag nach Jubilate in Reinsberg zur Kirche geführt und geehlicht hat. Der obere Theil des Ortes, in 14 Höfen bestehend, mit Klein-Altdorf, blieb auch noch nach der Reformation nach Stöckenburg eingepfarrt. Erst 1688 erhielten die Einwohner derselben die Erlaubniß, die Kirche in Groß-Altdorf zu besuchen. Bis 1803 und beziehungsweise bis 1806 erschien der Pfarrer sowohl auf dem hallischen Capitel, als bei der hohenlohenschen Synodalversammlung, und wurde derselbe von Hall geprüft und gemeinschaftlich eingesetzt.

Daß Altdorf seine eigenen Edelleute hatte, haben wir schon oben gesehen. Ihre Burg stand auf dem sogenannten Kirchbühl, einer Anhöhe zwischen Gaugshausen und Lorenzenzimmern. Sie scheinen selbst in das Kloster Comburg eingetreten zu seyn, denn außer ihren Besitzungen in beiden Altdorf vergaben sie auch die Villa Winzenweiler und Lendsiedel (villa Lemosanvelles) an Comburg. Auch gaben sie ihre Zehenten daselbst an die Capelle, welche an die Stelle der Burg gesetzt worden zu seyn scheint.

b. Klein-Altdorf, Weiler mit 132 ev. Einw. und 13 Gemeinderechten, 39 Mrg. vertheilten und 10 Mrg. unvertheilten Gemeinheitsgütern, liegt südlich von Groß-Altdorf und ist beinahe mit demselben zusammengebaut. Der Ort wird durch den zuvor gedachten Ahlenbach bewässert, welcher hier eine Mühle treibt und am Fuße von Stöckenburg in die Bühler fällt. Klein-Altdorf theilt sowohl seine ökonomischen, als seine übrigen Verhältnisse mit Groß-Altdorf.

Die Zehenten bezieht zu 2/3 der Staat, und verhält es sich hiemit wie mit jenem zu Groß-Altdorf. Das weitere 1/3 bezieht gleichfalls die Pfarrei Stöckenburg und gehörte zu dem Pfarrlehen von Stöckenburg, welches früher das Stift Oehringen, nachher die Herren v. Vellberg und auf deren Absterben 1595 die Echter v. Mespelbrunn vom Stift Würzburg innehatten. Der Bischof Julius (Echter v. Mespelbrunn) von Würzburg gab dieses 1/3 als Personalbeneficium einem jeweiligen Pfarrer von Stöckenburg, und dadurch wurde dieses von dem stöckenburger Pfarrlehen, wie solches 1605 bis 1613 an Comburg kam, getrennt. Gefälle daselbst besitzen der Staat, die Stadtpflege und die Armenverwaltung Hall, die Stiftungspflegen Stöckenburg und Anhausen und einige haller Privaten.

Über die älteren Besitzstandsverhältnisse siehe Groß-Altdorf. Die hallischen Besitzungen kamen an die Reichsstadt: 1532 einige von Eberhard v. Eltershofen, welche sein Ahn Eberhard Negelin | 1430 von Kraft v. Enslingen an sich gebracht hatte; 1521 vom Ritterstift Comburg; 1524 von Bernhard v. Rinderbach; 1558 von Eberhardt v. Stetten und 1564 durch Tausch von Graf Casimir v. Hohenlohe. Conrad v. Vellberg verkauft 1350 den Hof in der Klinge am Bach an Heinrich Grechazen, welcher 1410 an Conz v. Rinderbach und 1443 an Jerg und Wilhelm v. Vellberg kam. In demselben Jahr tauscht Comburg der Hubnerin Hof zu Michelfeld gegen einen Hof zu Klein-Altdorf von Jerg und Wilhelm v. Vellberg ein. Im J. 1595 endlich erwarb Hall auch die vellbergischen Besitzungen. Die verschiedenen Lehengüter, welche die Kirchenpflege Stöckenburg hier besitzt, kamen an dieselbe 1368 von Kraft Romig, Bürger zu Hall, und 1449 von der dortigen St. Michaelspflege, darunter eine Hube, welche die letztere 1432 von Kraft von Enslingen erkauft hatte.

In einem der beiden Altdorf brach 1. Sept. 1563 ein Feuer aus, das 37 Gebäude in Asche legte.

c. Lorenzenzimmern, früher Zimmern und Laurentienzimmern, Pfarrweiler mit 189 ev. Einw., 221/2 Gemeinderechten und 873/8 Mrg. vertheilten und 873/8 Mrg. unvertheilten Gemeindegründen, liegt nordöstlich, 3/4 Stunden von Groß-Altdorf, an der Grenze des Oberamts Crailsheim, in wellenförmiger, gegen Osten mit Wald umgebener Gegend.

Den großen, kleinen und Blut-Zehenten, welchen die Reichsstadt Hall 1581 von der Ortspfarrei erwarb, bezieht der Staat. Gefälle haben der Staat, die Armenverwaltung und die Stadtpflege Hall. Der Ort hat durch seine hübschen, zweistockigen Häuser ein ziemlich gutes Ansehen und läßt auf die Wohlhabenheit seiner Bewohner schließen. Für den hier weniger reichlichen Ertrag der Felder gewähren ihnen die 5–600 Mrg. betragenden Waldungen Entschädigung. Außerdem ziehen sie aus der Schweinezucht und dem Handel mit Mastochsen Gewinn, da jährlich mehr als 80 Stücke Ochsen hier gemästet werden und meist nach Stuttgart verkauft werden. – Die ältere Kirche zum h. Lorenz wurde 1400, der Thurm 1564 erbaut, im Jahr 1840 aber die ganz verfallene Kirche neu und massiv aufgeführt und der Thurm mit einem neuen Aufsatz in Form eines Achtecks versehen. Es ist ein äußerst freundliches Bauwerk, welchem die Gemeinde eine neue Orgel im Geschmack der Kirche beifügte. Der alte Altar mit drei Heiligenbildern, worunter St. Laurentius aus Schnitzwerk, ist in der Sakristei aufbewahrt und nicht ohne Kunstwerth. Mit dem Neubau der Kirche wurde der Kirchhof außerhalb des Orts verlegt. Lorenzenzimmern hat zwei Schildwirthschaften und ein außerhalb Etters gelegenes, den Gemeinderechts-Besitzern gehöriges | Armenhaus. Brunnen sind fast ebensoviel vorhanden, als Wohnhäuser.

Der Ort bildet eine eigene Pfarrei, die niemals Filialien hatte, mit einer Kirche, Pfarrhaus und Schule; an den beiden ersteren hat der Staat wegen der Oberlandesheiligenpflege die Baulast, am Schulhaus die Gemeinde. Das Patronat-Recht hat wegen der Reichsstadt der Staat.

Im Jahr 1331 gibt Margaretha v. Bebenburg zu einem Seelgeräth für ihren seligen Wirth Heinrich Unmuß dem Kloster Comburg 1 Lehen, und ebendahin 1350 Conrad Cuno, Frühmesser zu St. Catharina in Hall, 1 Gut; und 1521 verkauft das Ritterstift seine Besitzungen an die Reichsstadt. Dieselbe erwarb ferner Besitzungen daselbst 1524 von Bernhard v. Rinderbach; 1558 von Eberhard v. Stetten; 1564 von Graf Casimir v. Hohenlohe und 1580 von Conz v. Vellberg. Heinrich v. Ellrichshausen verkaufte 1448 einen Hof an einen Bauern, für frei und eigen, nach dem Rechte, das in dem Lande zu Franken Gewohnheit ist, nachdem die Grafen Kraft und Albrecht v. Hohenlohe, von denen er Lehen gewesen, denselben geeignet. Den Hof kaufte 1483 die Caplanei zum h. Sakrament in der St. Michaelskirche zu Hall. 1421 verkaufte Ulrich v. Schrotzberg sein hohenlohisches Lehen an Hans v. Vellberg, welches 1595 mit den vellbergischen Besitzungen ebenfalls an Hall kam. Eine Gült kam 1481 von Jerg v. Eltershofen, als vormals weinsbergisches nun württembergisches Vasallen-Lehen, an den Hospital zu Hall. Im Jahr 1448 verkauften Conrad und Eberhard v. Schrozberg 2 Güter an den Heiligen zu Geislingen. So wurde der Ort ganz hallisch, daher die Stadt alle obrigkeitlichen Rechte hier hatte.

Die Pfarrei bestand schon lange vor der Reformation. Das Patronat erwarb die Reichsstadt 1550 von Eberhard v. Gemmingen d. Ält. zu Bürg um 200 fl.

Auf der Markung lag der abgegangene Ort Reichardsweiler.


  1. Nach Grimm deutsche Mythologie (2te Aufl.) 57 bedeutet Alah im Gothischen einen geweihten Ort.
« Kapitel B 9 Beschreibung des Oberamts Hall Kapitel B 11 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).