Beschreibung des Oberamts Hall/Kapitel B 11
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Den großen und kleinen Zehenten hat der Staat wegen Comburgs; den Neugereuthzehenten, welcher halb hallisch, halb comburgisch war, besitzt derselbe ebenfalls. Gefällberechtigt sind, nachdem die Gemeinde alle Rechte des Staats mit 16.500 fl. 2 kr. Kapital seit 1817 abgelöst, nur die Armenverwaltung Hall und einige haller Privaten.
Hessenthal hat eine eigene evangelische Kirche von höherem Alter, in welcher der Pfarrer zu Thüngenthal je am zweiten Sonntag Predigt und Katechisation und jährlich viermal Communion, sowie alle Casualien zu halten hat. Die Baulast hat der Staat. Die katholischen Einwohner sind nach Steinbach eingepfarrt. Der Ort hatte früher ein eigenes evangelisches und ein eigenes katholisches Schulhaus; nachdem aber beide baufällig geworden, wurde 1839 ein neues Schulhaus unter Einem Dach, mit zwei Schulstuben und zwei Lehrerswohnungen gebaut. Baupflichtig ist zu beiden der Staat und zwar zum evangelischen Namens der Oberlandesheiligenpflege, zum katholischen aber Namens Comburgs. Der Orts-Etter wurde 1840 mit bedeutenden Kosten durchgängig corrigirt und Kandeln angelegt. Hessenthal hat eine Schildwirthschaft (ehemals hallische Schenkstatt). Die Gemeinde ist arm; der größte Theil der Einwohner besteht aus kleinen Bauern oder Söldnern, aus wenig beschäftigten Handwerkern und Taglöhnern. Die Ein- und Aus-Wanderungen sind hier besonders stark, und viele Güter wechseln ihre Besitzer mindestens alle zwei Jahre. Die Erzeugnisse sind, außer den gewöhnlichen des Oberamtes, wenig Obst, etwas Reps und Hopfen.
Hessenthal war wahrscheinlich ein Besitzthum der Grafen von Rothenburg oder Comburg. Die vormals comburgischen Besitzungen kamen 1102 von Egbert und Rüdiger v. Hessenthal, 1222 von Heinrich v. Hessenthal, welcher in das Kloster eintrat, alle seine Besitzungen auf Absterben seiner Frau dahin vermachte und nachmals Abt wurde, 1311 bis 1545 von Heinrich Rudolph, Bürger zu Hall, Walther v. Tullau, Michael und Claus von Hörlebach und Hans v. Morstein an Comburg. Die Vogtei und das Gericht über mehrere Güter verkaufte Heinrich Berler, Schultheiß zu Hall, 1342 an Conrad von Vellberg, Bürger daselbst, von welchem sie später an Comburg kamen. Weitere Vogtrechte und Antheil am Gericht erwarb Comburg 1398 von Schenk Friedrich von Limpurg und 1405 von Conz Adelmann zu Neubronn, wozu Engelhard v. Weinsberg, der das ganze Gericht und die Vogtei von Comburg selbst zu Lehen hatte, seine Zustimmung gab. So bekam Comburg die meisten | grundherrlichen und vogteilichen Rechte. Aber auch die Reichsstadt Hall erwarb 1541 10 Güter mit Malefiz und Vogtei darüber von den Schenken von Limpurg und übte auch, was durch Vertrag vom 4. März 1558 bestätigt wurde, die hohe Obrigkeit und Malefiz ausschließlich im ganzen Dorfe. Gleichwohl brachen später noch Streitigkeiten darüber aus. Namentlich ließ zu Ende des siebenzehnten Jahrhunderts der Bischof von Würzburg Namens Comburgs zu Behauptung der hohen Obrigkeit einen Wegweiser im Dorfe errichten, den der Magistrat von Hall, da er immer wieder aufgerichtet ward, öfters umhauen und dabei zuletzt auf die Wache Feuer geben ließ.Vor der Reformation, welche Hall vergeblich hier ganz durchzusetzen suchte, war der Ort Filial von Steinbach. Nach vielfachen Verhandlungen wurden 1594 die evangelischen Einwohner der Kirche in Thüngenthal zugetheilt und dem Pfarrer daselbst eine ziemliche Addition bewilligt. Das gemischte Confessionsverhältniß gab aber zu häufigen Reibungen Anlaß. Der hiesige Heilige zu St. Mattheus kommt schon 1365 vor.
Bei der Kirchweihe im Jahr 1573 brach Feuer aus, das die Hälfte des Ortes verzehrte. Derselbe gehörte in das hallische Amt Schlicht und kam mit diesem 1803 an Württemberg.
Hessenthal hatte eigene Edle, ohne Zweifel Dienstleute der Grafen von Comburg. Wir finden namentlich: 1078 Swigger, 1090 Kraft, 1102 Egesbertus, Bernhardus, Rugerus und Eberhardus, 1122 Heinricus, 1255 und 1261 Conradus miles, 1287 Heinricus. Ihre Burg lag wahrscheinlich auf einem freistehenden, das Dorf beherrschenden Hügel. Näheres hierüber war nicht aufzufinden.
Der „ungeheure Brunnen,“ südlich 1/2 Stunde von Hessenthal, in einem Wiesengrund, hat seinen Namen nicht wegen der Tiefe seines Wassers, sondern weil es hier nicht „geheuer“ war. Der Sage nach war er nämlich einst von Wasserfrauen bewohnt, welche sich mit den Mädchen von Hessenthal so vertraut machten, daß diese, wenn sie in der Frühe des Sommers hier mähen wollten, das Gras schon geschnitten fanden, und Winters in den Spinnstuben Besuch von den Wasserfrauen erhielten, die ihnen beim Geschäft halfen, aber jeder Zeit vor der zwölften Stunde sich entfernten, weil ein längerer Aufenthalt ihnen verderblich gewesen wäre. Weil aber einmal die Mädchen die Wasserfrauen über die Stunde täuschten, so fand man am andern Morgen den Brunnen voll Blut und die Wasserfrauen kamen nie wieder. Und weil nun diese irre geleitet worden, so rächt sich der Geist des Brunnens dadurch, daß er verspätete Wanderer irre führt und hierher in | das Wasser verlockt, worin namentlich schon gottlose Flucher ihren Tod gefunden haben sollen.Etwas östlicher, am Einkorn liegt die „Teufels-Kanzel.“ S. unten.
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