« Kapitel B 6 Beschreibung des Oberamts Gmünd Kapitel B 8 »
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Herlikofen,
Gemeinde III. Kl. mit 745 Einw., worunter 8 Ev. a) Herlikofen, Pfarrdorf, 475 Einw. b) Appenhaus, Haus, 3 Einw.; c) Burgholz, Weiler, 25 Einw.; d) Hussenhofen, Weiler, 240 Einw.; e) Krimmel, Haus, 2 Einw. – Kath. Pfarrei; die Ev. sind nach Täferroth eingepfarrt. Von der Oberamtsstadt 1 Stunde nordöstlich gelegen.

Der schöne freundliche Ort liegt am westlichen Rand der schmalen Hochfläche, die sich zwischen dem Remsthal und dem Schießthal erhebt, und zwar am Anfang eines westlich in das Schießthal hereinziehenden Seitenthälchens. Seine zumeist stattlichen Bauernhäuser, von großen Obstbäumen (worunter viele Nußbäume) oder prächtigen Linden beschattet, liegen ziemlich gedrängt an den wohlgekandelten, reinlichen Straßen. Obstbaumwiesen gehen rings um den Ort. Herrliche Aussichten bieten sich auf der Markung an die Alb, namentlich gegen die drei Kaiserberge hin.

Die am Nordostende des Dorfes hoch und frei gelegene St. Albanus-Kirche ward 1835/1836 in hübschem neuromanischen Stile von Baurath Wepfer aus Stubensandstein erbaut. Auf dem Westgiebel sitzt ein großer hölzerner Dachreiter. Das Innere bildet ein weites, flachgedecktes, rechteckiges Schiff mit schmälerem halbrund schließendem Chore, Alles ansprechend geschmückt mit Altären und Bildern, darunter mehrere aus dem vorigen Jahrhundert. Der große Hochaltar, in gutem Zopfstile gehalten, stammt aus der Stadtkirche von Gmünd (von Benz in Gmünd wird gegenwärtig ein neuer für die Kirche verfertigt). In der Sakristei findet sich ein schöner Abendmahlskelch, kupfern und vergoldet, früher im Kloster Gotteszell, nach der Umschrift gestiftet von einer Maria Hirnerin von Herlikofen 1775; dann in der Paramentenkammer ein alter holzgeschnitzter Christus, aus der Gmünder Spitalkirche stammend. Von den zwei Glocken hat die größere die Umschrift: Sancte Albane ora pro nobis. Anno 1765; die andere stammt aus dem 17. Jahrhundert und hat zur Umschrift: Zu Gottes lob und ehr gos mich Wolfroth in Nerdlingen. Die Unterhaltung der Kirche hat der Staat. Auf dem neuummauerten Friedhof, der um die Kirche geht, stehen einige hübsche neugothische Grabsteine.

Das zweistockige, 1816 erbaute Pfarrhaus (samt Scheuer) steht | in freundlichem Garten außen am Dorf gegen Morgen und gewährt eine schöne Aussicht. Die Unterhaltung ruht auf der Gemeinde.

Das 1826 errichtete Schul- und Rathhaus ist mit Weinreben bewachsen, hat neben sich einen hübschen Garten, und enthält die Gemeinderathsgelasse, ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Eine kleine Kapelle, davor zwei uralte Linden, steht südlich vom Ort und wird der Kerker genannt, weil Christus im Gefängniß darin dargestellt ist. Von hier aus genießt man eine ganz herrliche Aussicht.

Gutes Trinkwasser liefern 2 laufende und 35 Pumpbrunnen; nur ganz selten tritt Wassermangel ein. Das Wasser wird alsdann aus dem 1/8 Stunde entfernten Kaltenbach bezogen; auch die Markung ist reich an guten Quellen, die bedeutendste der Siechling am westlichen Eingang ins Dorf, ferner der Ursprung des Kaltenbachs, Gsaid, nördlich vom Ort gelegen; dann fließen über die Markung die Rems, die oft verheerend austritt, der Sulzbach, der Kaltenbach und der Aidigkofer Bach. Am Ort liegt eine Wette.

Die Vicinalstraße (eine Körperschaftsstraße) von Gmünd nach Hohenstadt geht durch den Ort; die Staatsstraße von Gmünd nach Aalen, sowie die Remsthaleisenbahn berühren die Markung.

Brücken befinden sich 2 bei Burgholz; Stege 4, über die Rems, den Kaltenbach und den Sulzbach; die Brücken sind vom Staat, die Stege von der Gemeinde zu unterhalten.

Von den Einwohnern, einem großgewachsenen und kräftigen Menschenschlage, zählen gegenwärtig zwei über 80 Jahre. Ihre Tracht ist zum Glück, namentlich bei den Frauen, noch die so kleidsame ländliche.

Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; ferner befinden sich viele Maurer und Steinhauer im Ort; von letzteren werden in 4 Steinbrüchen viele Bau- und Schleifsteine (Liassandstein) gebrochen, diese zugerichtet und weithin bis ins Badische ausgeführt; auch einige Liaskalksteinbrüche sind vorhanden. Schildwirthschaften bestehen 4 im Orte, Kramläden 2; in Hussenhofen ist eine unbedeutende Brauerei.

Die Vermögensverhältnisse sind günstig; der begütertste Bürger besitzt 80–90 Morgen, worunter 6–8 Mrg. Wald; der Mittelmann 40–50 Morgen, worunter 3–4 Mrg. Wald; die ärmere Klasse 10–15 Morgen Feld. Armenunterstützung von Seiten der Gemeinde ist gegenwärtig nicht nothwendig.

Die Gemeindemarkung, soweit sie für den Feldbau benützt wird, ist meist eben und besteht aus der Hochebene und den Thalebenen; die ziemlich steilen Gehänge gegen die Thäler dienen meist dem Waldbau, theilweise auch dem Wiesenbau.

| Der mittelfruchtbare Boden besteht auf der Hochebene meist aus Lehm, der schon in einer Tiefe von 2–3′ von wenig durchlassendem Liaskalk unterlagert wird und deßhalb etwas naßkalt ist. Oben an den Abhängen erscheint ein starker Thonboden, der zuweilen nasse, saures Gras erzeugende Wiesen zur Folge hat; im übrigen bestehen die Abhänge aus den Zersetzungen des weißen Stubensandsteins und des Keupermergels. In den Thalebenen haben sich Alluvionen abgelagert, die den Wiesenbau begünstigen. Zur Besserung des Bodens verwendet man außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Kompost und Asche.

In Folge der hohen freien Lage ist das Klima gerade nicht rauh, dagegen die Luft meist bewegt und öfters sogar stürmisch. Die im Thal gelegenen Parzellen haben eine mildere, mehr geschützte Lage. Hagelschlag kommt nicht häufig vor.

Die Landwirthschaft ist in gutem Zustande; Brabanter und Suppinger Pflüge, wie auch eiserne Eggen sind allgemein; auf der Parzelle Burgholz befindet sich auch eine Fruchtsämaschine und eine Repssämaschine. Man baut vorherrschend Dinkel und Haber, überdies noch Gerste, Roggen, Wicken, Linsen, sehr viel dreiblättrigen Klee, Kartoffeln, Hanf, Flachs und Reps; letzterer wird auch nach außen verkauft. Von Getreidefrüchten werden jährlich etwa 100 Scheffel Dinkel, 120 Scheffel Haber und 20 Scheffel Gerste auf der Schranne in Gmünd abgesetzt.

Der ausgedehnte Wiesenbau liefert reichlich gutes Futter, das übrigens wegen des starken Viehstandes das Bedürfniß nicht ganz deckt, so daß noch Futter zugekauft werden muß.

Die Obstzucht, welche sich mit späten Mostsorten, Zwetschgen und Pflaumen beschäftigt, ist nicht sehr beträchtlich, weil das Obst nicht gern geräth; daher auch nur in ganz günstigen Jahren ein kleiner Theil des Obstertrages nach außen verwerthet werden kann.

Gemeindewaldungen sind nur 25 Morgen vorhanden, dagegen besitzen die Ortsbürger eigene Waldungen.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden, und nur die Brach- und Stoppelweide wird an einen fremden Schäfer um 250 fl. jährlich verpachtet; überdies trägt die Pferchnutzung 20 fl. ein. Dagegen besitzt die Gemeinde ein eigenes mit Obstbäumen ausgepflanztes Schafgut nebst Schafhaus, das sie um 565 fl. verpachtet hat; die Obstbäume liefern in günstigen Jahren einen erheblichen Ertrag.

Die im Zunehmen begriffene Rindviehzucht (Leinthaler-Race) ist in gutem Zustande; 2 Farren sind aufgestellt. Viehaustrieb findet im Herbst noch statt. Im Ort besteht eine namhafte Käserei, an die viel Milch abgesetzt wird.

Auf der Markung laufen den Sommer über 200, den Winter über 300 Stück Bastardschafe, die im Gemeinde-Schafhaus Überwinterung | finden. Die Wolle wird auf dem Kirchheimer Wollmarkt abgesetzt.

Von Alterthümern ist es hauptsächlich der römische Grenzwall, oder vielmehr die römische Grenzstraße, die hier unter der Benennung „Hochsträß“ den nördlichsten Theil der Markung in der Nähe des Schafhauses berührt; ganz in der Nähe derselben kommen die Flurnamen „Vorder- und Hinter-Birkach“ (d. i. Bürgach) vor, was auf abgegangene römische Wohnplätze oder Befestigungen hindeutet.

Etwa 1/8 Stunde südlich von Herlikofen sieht man noch mäßige Spuren eines quer über den Bergrücken hinziehenden, aus Erde und kleinen Steinen bestehenden Walls, der ohne Zweifel der Rest einer von den vielen in der Gegend vorkommenden Verschanzungen ist und irriger Weise für den Limes angesehen wurde (s. hier den allg. Theil, Abschnitt Römische Alterthümer).

Etwa 1/4 Stunde westlich vom Ort stand auf einem kleinen Bergvorsprung gegen das Schießthal ein Burgstall, von dem noch Graben, Wall und Kellergewölbe sichtbar sind.

Im Schießthal kommt 1/2 Stunde nordwestlich vom Ort die Benennung „Gächlingen“ vor, vermuthlich stand hier ein abgegangener Ort.

Herlikofen, auch Herlekofen, Hörligkoven, Herrenkoven u. dgl. Auch diese Gemeinde hat ursprünglich zu der hohenstaufischen Stammherrschaft gehört, und auf dem jetzigen Burgstall saß der kaiserliche Reichsdienstmann Rudegerus de Herlenkoven, der 1225 im Gefolg des Königs Heinrich VII. zu Hall erscheint. Vielleicht der letzte seines Stammes ist ein Bertoldus dictus Herlecover (wahrscheinlich Richter) in Gmünd 1296. Jedenfalls waren Gmünder Geschlechter die Hauptbesitzer des Orts. Conradus Magister de Gamundia stiftete 1326 zu einer Messe in Gmünd eine Hube in Herrnkoven. Walther der Richbolt verkaufte 1366 ein Gut um 42 Pfd. an das Augustinerkloster. Die Familie der Kurz besaß als Lehen vom Reichskämmerer C. von Weinsberg und von seinem Dienstmanne Ulrich Caplan von Ödheim 1/3 des großen und kleinen Zehnten zu Herlikofen und Hussenhofen und 2/3 zu Rinderbach, welche 1422 verkauft wurden an B. Wolf, dessen Sohn den 1/3 Zehnten zu H. 1439 um 400 fl. an das Dominikanerkloster verkaufte. Eben diesem verschrieb eine Wittwe zu H. eine Gült 1504. Die Messe St. Jacobi majoris erwarb auch ein Gut, ein anderes die Stadt 1410; verschiedene Güterstücke kaufte das Spital zusammen 1446, 99, 1501 etc. Ein Leonhard Maier v. H. ergab sich 1519 unserer lieben Frau zu Gmünd als leibeigen und machte sein Gut der Stadt gerichtbar und schatzbar. Limburg vertauschte an Gmünd 1557 ein waibelhubiges Gut in Herlekofen und drei dergleichen in Hussenhofen. Seitdem war und blieb Gmünd einziger Herr von Herlikofen, das die Schicksale der Landschaft theilte.

| Der Kirchsatz und das Widdumgut war zuerst im Besitz der Herrn von Rechberg, als Lehen von Ellwangen und Hohenlohe. Johann von Rechberg zu Bargau und seine Geschwister schenkten 1347 beides (auch zu Iggingen) dem Kloster Gotteszell, und die Lehensherrn eigneten das Lehen 1351 und 1357. Der Bischof incorporirte die Pfarrei Herlekofen 1372, und so kam es, daß der jeweilige Pfarrer zu Iggingen beauftragt wurde, auch H. zu versehen, worauf die Sonntagsgottesdienste zwischen beiden Orten alternirten. Nachdem das „undenkliche Zeit“ gedauert hatte, und namentlich im Winter Eine Gemeinde den Gottesdienst großentheils entbehren mußte, machte Pfarrer Georg Ganzenmüller zu Iggingen einen Vertrag mit den Dominikanern in Gmünd, alle 14 Tage Herlikofen zu versehen und an 12 gewissen Festlagen Gottesdienst zu halten. Später wurden 600 fl. gestiftet, um alle Sonn- und Festtage Gottesdienst halten zu lassen, und die H. Dominikaner übernahmen nun 1697 38 Messen, 35 Predigten und 26 Kinderlehren im Jahr, auch die Kirchweihen zu Hussenhofen und bei St. Margarethen auf dem Gorgishof, sowie die seelsorgerlichen Acte während des Tags. Später wurde eine eigene Pfarrei gegründet und 1835 die Kirche zum h. Alban neu erbaut.

Zu der Gemeinde gehören:

b) Appenhaus, liegt etwa 1/4 Stunde nördlich vom Mutterort.

c) Burgholz, 1/2 Stunde südöstlich von Herlikofen im Leinthal gelegen: der kleine Weiler mit freundlicher Kapelle besteht hauptsächlich aus zwei Bauernhöfen, zu denen über 300 Morgen Grundbesitz, worunter 80 Morgen Waldungen, gehören. Gutes Trinkwasser ist hinreichend vorhanden.

Der Gmünder Heinricus pavo verkaufte 1277 als freies Eigen bona sita in Burgoldes an den Spital für 65 Pfd. oder eine Leibesrente; 2 Theile des Zehnten zum Burgholz verkaufte demselben Johann der Kurz 1368. Lorch und Gotteszell vertauschten 1499 Güter in Ober-Bettringen und zum Burgholz. Daß der Name von einer abgegangenen Burg herkomme, wird zweifelhaft durch die älteste Schreibweise; 1677 sah man aber noch etliche alte Mauern und Gräben in der Nähe.

Später wurde ein gar schönes (1677) Kirchlein dabei erbaut, dessen Glockenthürmchen 1733 reparirt worden ist, zu 2/3 vom Spital, zu 1/3 von Gotteszell, der Patronatherrschaft.

Hainz Walther, zum Burgholz gesessen, erhielt 1446 vom Augustinerkloster als Erblehen Rauenschwiler, da ein Hof gewesen, mit der Rappenwiese und dem Holz. Anna Adelmann, verwittwete Schenkin v. Schenkenstein, hatte dieses Rauenschwiler dem Augustinerkloster geschenkt.

d) Hussenhofen, ein ansehnlicher Weiler, der 3/4 Stunden oberhalb Gmünd im Remsthale eine recht freundliche Lage hat; am | westlichen Ende des Orts steht eine hübsche Kapelle mit Glockenthürmchen, welche zur malerischen Ansicht des Dörfchens wesentlich beiträgt. Die Landstraße und die Eisenbahn von Gmünd nach Aalen

führen durch den Ort. Auch hier haben die vermöglichen Ortsbürger eigene Waldungen bis zu 20 Morgen.

Hussenhofen, früher Ussenhofen, in der Waibelhub gelegen, erscheint auch im Besitz von gmünder Geschlechtern; die Fischerei in der Rems oberhalb des Orts war rechbergisch Lehen. Unbekannt ist wer es dem Kloster Lorch (vor 1331) geschenkt hat; dasselbe vertauschte 1421 1 Gut und 2 Lehen an Heinrich Wolf von Gmünd frei eigen. Die Kurz besaßen 1/3 des Zehnten als weinsbergisches Lehen und 1/3 die Wolf; beide Drittel wurden an das Spital verkauft und 1437 geeignet. Einen bis dahin unvogtbaren, unsteuerbaren und undienstbaren Hof zu Hussenhofen nebst 3 Gütlein zu Mögglingen verkaufte 1468 M. von Bollstatt, Peters Otten Wittwe zu Gmünd an das Kloster Gotteszell um 234 fl., andere Güter erwarb die Stadt selbst, (darunter das Baldungsgütle). Das Spital erwarb die Taferne 1506 und weitere Besitzungen, die Stadt endlich 1557 von Limburg 5 Güter und alle Obrigkeit und Gerichtsbarkeit. Seitdem hat das ganze Dorf zu Gmünd gehört und theilte die Schicksale der Landschaft.

e) Krimmel, südwestlich von Herlikofen gelegen.



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