« Kapitel B 18 Beschreibung des Oberamts Gmünd Kapitel B 20 »
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Spreitbach,
Gemeinde III. Kl. mit 759 Einw., worunter 141 Ev. a) Spreitbach, Pfarrdorf mit Marktrecht, 383 Einw., mit Berghaus, Haus, 8 Einw., Leinhäusle, Haus, 13 Einw. und Weggen-Ziegelhütte, Haus, 7 Einw., b) Beutenhof, Hof, 22 Einw., c) Beutenmühle, Haus, 10 Einw., d) Hertikofen, Weiler, 97 Einw., mit Riedhaus, Haus, 5 Einw., e) Vorder-Linthal, Weiler, 181 Einw., mit Kohlgehau, Hof, 7 Einw., Ölmühle, Haus, 9 Einw., Schilpenbühl, Hof, 17 Einw. – Kathol. Pfarrei; die Evang. sind Filialisten von Täferroth, beziehungsw. von Alfdorf, Frickenhofen und Ruppertshofen. 21/2 Stunden nördlich von Gmünd gelegen.


Auf dem schmalen Rücken zwischen dem Thale des Reichenbaches und dem des Spreitbaches liegt hoch und freundlich, und zwar westlich über dem Anfang des Spreitbachthales, der ziemlich geschlossen angelegte Ort mit seinen mitunter schönen, an die des Welzheimer Waldes erinnernden Bauernhäusern. Auf der Straße von hier nach Vorder-Linthal genießt man eine herrliche Aussicht an die blauende Gebirgskette der Alb, von Kapfenburg bis zur Achalm, besonders majestätisch erheben sich Rosenstein, Stuifen, Rechberg und Staufen, aber auch der Blick in die nächsten saftgrünen Thäler ist herrlich.

Die dem h. Blasius geweihte, 1863/1866 aus Stubensandstein nach dem Entwurf des Baurath Wepfer erbaute Kirche steht hoch und frei ganz am Nordostende des Dorfes und ist in demselben romanisirenden Stile, wie die schon oben beschriebenen, gehalten. Der im Westen stehende Thurm wird gegen oben achteckig und von einem Zeltdache bekrönt. Das sehr geräumige, weite Innere wirkt höchst wohlthuend; es besteht aus einem von schöner, flacher Holzdecke überlegten Schiffe und einem schmäleren, vieleckig geschlossenen Chore. Auch die Altäre, namentlich der Hochaltar, sodann Kanzel, Orgel und Stuhlwerk, sind in sehr tüchtigem Geschmacke durchgeführt, so daß die ganze Kirche mit diesem Allem und mit ihren farbigen Zierden, den Bildern der Stationen u. s. w., ein schönes, angenehmes, freudig ergreifendes Ganzes ausmacht. Von den drei Glocken ist die größte, aus dem Kloster Gotteszell stammend, besonders bemerkenswerth, weil sie umgegossen und die alte Inschrift, wenn auch ungenau, an ihr wieder angebracht wurde; auf ihr steht das Jahr der Umgießung 1770 und: Aus Hitz und Feuer bin ich geflossen. Johann Ernst Lösch v. Creilsheim hat mich nach Spraitbach gegossen. Osanna heis ich. in dem nahmen jesu christ leut ich. bernhardt lachmann gos mich. 1426 (wohl 1496). Auf der zweiten Glocke steht: Anno 1705 goss mich A. Weingarthen in Lawingen; die dritte wurde von Karl Knittel in Canstatt 1865 gegossen. Die Unterhaltung der Kirche hat bis jetzt der Staat.

Auf einem Hügelchen südwestlich von der neuen Kirche liegt der (alte) wohlummauerte Friedhof und in demselben die jetzt für die Protestanten eingerichtete alte Kirche, ein kleines, einfach gothisches, tüchtiges | Bauwerk mit schöngefüllten Spitzbogenfenstern und sehr starkem zweistockigem Thurm im Osten. Über dem hübschen Südeingang des Schiffes steht das Jahr der Erbauung 1489, das Innere hat ein sehr schönes Netzgewölbe mit einem Schlußstein, worauf 1490 und das Zeichen des Baumeisters ausgemeißelt ist. An der nördlichen Chorwand ist ein zierliches gothisches Sakramenthäuschen angebracht, ebenda ein Grabstein mit der Inschrift: Anno 1584 den 4. Febr. starb Cristoffel von wolfstal genannt stainhauser, Vogt von Gmünd. Der zweistockige, von hohem Satteldach bekrönte Thurm wird demnächst mit neuen Glocken versehen.

Im Jahr 1854 wurde der alte Begräbnißplatz verlassen und ein neuer außerhalb des Orts angelegt.

Das stattliche zweistockige Pfarrhaus mit Scheune und Garten ward 1749 vom Kloster Gotteszell erbaut und ist jetzt vom Staat zu unterhalten.

Nachdem das frühere Schulhaus abgebrannt war, wurde 1863 gut und ansehnlich ein neues Schul- und Rathhaus erbaut, das ein Rathszimmer, zwei Lehrzimmer und die Wohnungen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen enthält. Neben der Volksschule besteht eine Industrie- und Zeichenschule.

Mittelgutes, im Sommer nicht gehörig frisches Trinkwasser liefern hinreichend, für Spreitbach 11 Pump- und ein Schöpfbrunnen, für Hertighofen 4, für Vorder-Linthal 6 Pumpbrunnen. Quellen kommen einige, jedoch unbedeutende vor; dann fließen über die Markung der Spreitbach, Reichenbach und Grumbach; die Flüßchen Lein und Roth berühren dieselbe und treten zuweilen aus.

Die Staatsstraße von Gmünd nach Gaildorf geht hier durch; Vicinalstraßen führen nach Ruppertshofen und Zimmerbach. Je eine hölzerne Brücke geht über den Reichenbach und über den Spreitbach, die letztere ist vom Staat zu unterhalten.

Die Einwohner sind ein gesunder, kräftiger und gut gewachsener Menschenschlag; über 80 Jahre zählen in der Gesamtgemeinde zwei Personen. Bei den Männern hat sich die alte Volkstracht noch erhalten, während diese bei dem weiblichen Geschlecht durch halb städtische Mode verdrängt wurde. Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Viehzucht, Gewerbe und Arbeiten in den Wäldern. Unter den Handwerkern sind die Leineweber am stärksten vertreten; Körbe werden geflochten und im Oberamtsbezirk abgesetzt; Holz geht nach Gmünd. Außerhalb des Orts liegt im Reichenbachthal die Beutenmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, einem Stampfwerk und einer Sägmühle, ferner eine einzeln stehende Ölmühle. Dann bestehen noch vier Schildwirthschaften, worunter die in Hertighofen mit einer Bierbrauerei verbunden ist, und vier Kramläden; ferner die 1/2 Stunde südlich von Spreitbach gelegene Weggen-Ziegelhütte.

| Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren; der begütertste Bürger in Spreitbach besitzt 56 Morg. Feld und 28 Morg. Wald, der in Hertighofen 88 Morg. Feld und 49 Morg. Wald, der in Vorder-Linthal 62 Morg. Feld und 54 Morg. Wald; der Mittelmann besitzt 20 Morg. Feld und 11/2 Morg. Wald, die ärmere Klasse 2 Morg. Feld. Armenunterstützung erhalten 2–3 Personen.

Die mittelgroße Markung hat, soweit sie für den Ackerbau benützt wird, eine ebene freie Lage, während die meist ziemlich steilen und vielfältig unterbrochenen Thalgehänge theils dem Wiesenbau, größtentheils aber dem Waldbau dienen; die schmalen, zuweilen nassen Thalebenen werden durchgängig zu Wiesen benützt.

Der im allgemeinen mittelfruchtbare Boden besteht auf der Hochebene aus einem leichten, stark mit Sand gemengten Lehm, den man nicht selten durch Aufführen von Keupermergel bindender und ergiebiger zu machen sucht. Oben an den Abhängen erscheint meist ein starker, nicht durchlassender Thonboden, der als Wiesengrund benützt, häufig saures Futter erzeugt; weiter unten an den Abhängen treten die Verwitterungen des weißen Stubensandsteins und der mittleren Keupermergel auf. Liassandstein- und Stubensandsteinbrüche, wie auch Lehm-, Sand- und Mergelgruben sind vorhanden.

Wegen der hohen, freien Lage ist das Klima etwas rauh und die Gegend heftigen Winden ausgesetzt; feinere Gewächse, wie Gurken, Bohnen etc. wollen daher nicht gedeihen. Frühlingsfröste und kalte Nebel sind ziemlich häufig, Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des Suppinger Pflugs, der eisernen Egge und der Walze fleißig betrieben und der Ertrag der Felder würde noch mehr gesteigert werden, wenn der geringe und leichte Futterertrag eine ausgedehntere Viehzucht und hiedurch eine größere Düngererzeugung zuließe; indessen sucht man durch eine vor ein paar Jahren in Vorder-Linthal angelegte Düngerfabrik diesem Mangel so viel als möglich abzuhelfen; auch wird zur Verbesserung des Bodens neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln noch Gips, Mergel, Kalk, Kompost und Asche angewendet. Von den Getreidearten werden vorzugsweise Dinkel, Haber, Gerste und Roggen, weniger Weizen und Hirse gebaut; an Brach- und Handelsgewächsen pflanzt man viel dreiblättrigen Klee, Kartoffeln, Rüben, Reps, Hanf und Flachs, jedoch nur für den eigenen Bedarf; auch von den Getreidefrüchten kann nur wenig nach außen abgesetzt werden.

Der Wiesenbau ist zwar ausgedehnt, liefert aber, wie schon oben angeführt wurde, verhältnißmäßig wenig und meist nicht nahrhaftes Futter, so daß noch von außen zugekauft werden muß. Von den 1–2mähdigen Wiesen können auf der Markung Spreitbach etwa 30 Morgen, auf der von Hertighofen 20 Morgen und in Vorder-Linthal 40 Morgen bewässert werden.

| Die im Zunehmen begriffene Obstzucht, welche sich hauptsächlich mit Mostsorten und Zwetschgen beschäftigt, leider öfters durch Fröste und kalte Nebel, daher das Obst nicht gern geräth und auch in günstigen Jahren das örtliche Bedürfniß nicht deckt.

Die vorhandenen 73 Morgen Gemeindewaldungen sichern der Gemeindekasse eine jährliche Rente von etwa 50 fl.

An eigentlichen Weiden besitzt Spreitbach 65 Morgen, Vorder-Linthal 16 Morgen und Hertighofen 5 Morgen; sie werden nebst der Brach und Stoppelweide in Spreitbach um etwa 300 fl., in Vorder-Linthal um 150 fl. und in Hertighofen um 100 fl. verpachtet; überdies trägt die Pferchnutzung in Spreitbach 36 fl. und in Hertighofen 30 fl. der Gemeindekasse jährlich ein. In Vorder-Linthal theilen sich die Bürger in das Pferchrecht.

Pferdezucht besteht nicht, auch die Pferdehaltung ist unbedeutend, dagegen wird die Rindviehzucht so gut als es die Verhältnisse erlauben, betrieben; man hält die sog. Leinthalerrace, zu deren Zucht zwei Farren aufgestellt sind. Das Vieh wird im Spätjahr auf die Wiesen getrieben. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.

Die mit deutscher Race sich beschäftigende Schafzucht treiben drei Privaten, welche auf den Markungen Spreitbach 205, Vorder-Linthal 175 und Hertighofen 125 Stücke laufen lassen.

Der Ort hat seit dem 23. Oktober 1863 das Recht, in den Monaten April und September je einen Krämer- und Viehmarkt abzuhalten.

Die Fischerei ist von keinem Belang.

Etwa 1/4 Stunde östlich von Hertighofen kommt die Benennung „Burggraben“ vor; hier soll eine Burg gestanden sein und die hier anstoßenden Felder werden noch die Burgäcker und Burgwiesen genannt.

Historisch waren die Verhältnisse dieser Gemeinde denen von Durlangen (s. dieses) ganz gleich. Sie lag auch in dem einst Hohenstaufen-Rechbergischen Gerichtsbezirk der Waibelhub und durch den Kauf von 1377 etc. erwarben also die Limburger Schenken einen Theil der Jurisdiction und andere Besitzungen.

Grundherren und im Besitz der niederen Gerichtsbarkeit waren auch hier die Gmünder Patricier im Steinhaus und Straßer, von welchen die ersten an Lohmann und Nagel verkauften, während der Straßer’sche Theil auf die Herren v. Horkheim sich vererbte; 1443 vereinigten sich diese zwei Parthien über das ihnen zuständige Gericht zu Spreitbach. Daß ein Lorchisches Gut in Durlangen nicht ins Lorcher Gericht zu Täferroth, sondern in des Straßers Gericht gen Spreitbach gehöre, wurde 1443 entschieden. Die erste Hälfte erkaufte Spital Gmünd 1470, die Herren v. Horkheim aber erbauten sich später sogar einen adelichen Sitz in Spreitbach, wo Quirin | v. Horkheim z. B. 1533/1537 saß, der öfter Güter verlieh, Fallgüter in Erblehen verwandelte u. dgl. m. 1536 verfaßte Quirin ein neues Rent- und Gültbüchlein als Grundlage eines beabsichtigten Verkaufs – zuerst an die Gebrüder Gundlin zu Gmünd und definitiv 1537 an das Spital: 1/2 Gericht zu Spreitbach, Zimmerbach und Durlangen, seinen Sitz, Haus und Scheuer in Spreitbach mit verschiedenen Erb- und Fallgütern zu Spreitbach und Pfarrsbach, um 2000 fl. Seitdem war Gmünd Hauptbesitzer des Dorfs, welches die Schicksale der Gmünder Landschaft theilte. Eines der 4 Ämter hatte zu Spreitbach seinen Sitz, der Vogt in dem Horkheim’schen Schlößchen. Das Spital kaufte noch von den Unterthanen Güter. 1567 machte der Spitalpfleger einen Vertrag mit dem Wirth wegen des Weinschanks und Herbergens im Amthause zu Spreitbach. – Eine Uhr wurde 1607 angeschafft, an deren Kosten Gotteszell als Patronatsherrschaft ein Drittel zahlen mußte. Weidverträge wurden 1540, 1591/1592 gemacht; 1770 der Gemeindewald in der Mühlhalde ausgetheilt, 1776 Gemeindstheile. – Ein Brandunglück war 1827.

Im fremden Besitz blieben ein Lorchischer und 3 Adelbergische Unterthanen. Schon 1296 hat ein Gmünder Conradus dictus Bögglin dem Kl. Adelberg u. a. unam seldam in Spraippach geschenkt. Auf diesem Hofe saßen schon 1567 zwei Bauern, wo eben die Erbauung einer zweiten Behausung Verhandlungen mit Gmünd hervorrief, andere Differenzen betrafen die Weide (1591), den Spreitbacher See, die Obrigkeit u. a. m. In den ehemals Limburgischen Gütern wurden etliche 1512, andere 1537 an Gmünd überlassen, 1557 trat Limburg auch den Rest seiner Besitzungen und Gerechtsame tauschweise ab.

Kirchsatz und Widemhof zu Spreitbach, also auch eine Kirche daselbst, werden 1360 erwähnt, als Heinrich v. Rechberg-Heuchlingen dieselben nebst der Kirche in Zimmerbach (s. d.) verkaufte an das Kloster Gotteszell, welches vom Papst Martin 1420 die Incorporation der Pfarrkirche in Zimmerbach und der Filialkirche in Spreitbach erlangte. Zur Zeit der Versehung durch Vicare wurde allmählig Spreitbach als Mutterkirche behandelt und erst später Zimmerbach wieder ganz getrennt. Die Pfarrei Spreitbach hatte ebenda den Widemhof und 1 Gut, den Zehnten bezog das Kloster. – Wegen der Limburgischen Pfarrgenossen vgl. Zimmerbach.

Von den zur Gemeinde gehörigen Parzellen nennen wir noch:

Hertighofen; ein freundlicher, nicht großer Weiler, der 1/4 Stunde von Spreitbach, oben am Thalabhang gegen das Spreitbachthal liegt.

Hertighofen wird 1360 genannt als Hertighoven unter den Zehntorten der Pfarreien Spreitbach und Zimmerbach. Der Weiler | theilte die Verhältnisse des Hauptorts; ein Gemeindsvertrag wurde 1534 gemacht. Limburg hat seine Obrigkeit über 2 Güter, 1 vogtgericht- und steuerbares Gut und ein Erbgut – alles in die Waibelhub gehörig, an Gmünd abgetreten. Lorch hatte einen Unterthanen.

Vorder-Linthal, ein ansehnlicher, aus hübschen Bauernhäusern bestehender Weiler, der 1/4 Stunde südlich vom Mutterort auf der Hochebene zwischen dem Roth- und Spreitbachthal eine freie schöne Lage hat.

Zu Vorder-Linthal in der Waibelhub hatten Gmünder Geschlechter Besitzungen, wie z. B. 1424 Klara Kurzin zwei Güter verkaufte, die 1426 vom Heiligen zu Thanau erworben wurden. Zwei Güter besaß die zum Kloster Adelberg gehörige Pfarrei Kürnberg, über welche Gmünd auf Obrigkeit und Besteuerung verzichtete.

Limburg hat 1557 an Gmünd 6 gerichtbare und schätzbare Güter vertauscht und schon 1544 den Gerichtsstab und das Hirtenhäuslein auf der Gemeinde abgetreten – gegen Gmündische Güter und Rechte zu Höldis und Hinter-Linthal. Häuser, welche damals auf der Gemeinde neu waren gebaut worden, hatten Streit hervorgerufen.

Die Weggen-Ziegelhütte steht, wo ehemals ein Wegger- oder Wecker-Zollhäusle war, zur Erhebung des Gmünder Wegzolls. 1794 machte der Tafernwirth zu Spreitbach einen Vertrag mit dem Besitzer des Weckerhäusleins in Betreff des Bier- und Branntweinschenkens.

Die Beutenmühle ist schon alt; 1438 war sie ein Erblehen der St. Leonhardspflege und wurde geeignet. Den Gerichtsstab da überließ Limburg 1544 an Gmünd.



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