« Kapitel B 22 Beschreibung des Oberamts Gerabronn Kapitel B 24 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
d) Gemeinde 23. Raboldshausen,
bestehend aus 3 Parcellen mit 623 Einwohnern.
Die Gemeinde liegt ebenfalls wie die übrigen Orte des Amtes Langenburg auf der Hochebene. Mehrere Bäche fließen durch den Bezirk in den Einschnitten, die sich von Raboldshausen und Billingsbach aus westlich nach dem Jagstthal hinziehen, indem| sie sich nach erfolgter Vereinigung unterhalb Billingsbach und nun dort den Namen Rötelbach führend, in die Jagst ergießen. Bei Billingsbach nimmt der Bach dieses Namens den Abfluß des dortigen, 1/4 Stunde östlich vom Ort gelegenen, 81/2 Mrg. 13 Rthn. großen Sees auf, und bei Raboldshausen der Weilersbach den Abfluß des dortigen Sees, dessen Fläche 187/8 Mrg. 32,3 Rthn. beträgt. Diese, der Standesherrschaft gehörigen, mit Hechten und Spiegelkarpfen besetzten Seen liefern nach je dreijährigem Ablaß 70–80 Ctr. Fische und beherbergen in ihrem Schilf auch verschiedene Wasservögel. Sie werden durch Quellen gespeist. Auch an Brunnenquellen fehlt es nicht. An Verbindungswegen berühren die Gemeinde die Vicinalstraßen zwischen Gerabronn und Bartenstein und nach Mittelbach. Von Mineralien sind in Benützung Korn- und Heuchel-Steine, Letten und Lehm.

Man zählt 98 Haupt- und 121 Neben-Gebäude, manche davon sind noch mit Stroh bedeckt. Die Gesammtgemeinde hat an Vermögen bloß 449 fl. Aktivausstände; die Communkostensumlage ist 325 fl. Daneben hat aber jeder Ort abgesondertes sogenanntes Gemeinderechts-Vermögen. Die ständigen jährlichen Zinse, meist zum Rentamt Langenburg gehörig, betragen 494 fl. 17 kr. Doch sind noch das Rentamt Bartenstein, das freiherrlich v. stettensche Rentamt Kocherstetten, die Pfarrei Jagstberg, die Stiftungspflege Oehringen etc. betheiligt. Die Frohnen, Frohngelder und steuerartigen Gefälle kamen sämmtlich zur Ablösung im Betrag von 885 fl. 34 kr. Dagegen bestehen noch Handlohn und Sterbfall. Die Jagd und Fischerei steht Hohenlohe-Langenburg zu.

a. Raboldshausen, früher Rappoldshausen, Dorf mit 227 evang. Einwohnern, an der Vicinalstraße von Gerabronn nach Herrenthierbach und Bartenstein, 1/4 Stunde nördlich der Poststraße von Langenburg nach Blaufelden gelegen, von Gerabronn 1 St., von Langenburg 13/4 St. entfernt. Der weitläufig gebaute Ort hat, wahrscheinlich von einer ehemaligen Kirche, noch einen alten massiven Thurm. Der Zehente steht durchaus Hohenlohe-Langenburg zu; im 15. Jahrhundert müssen ihn aber die Herrn v. Stetten besessen haben, denn es findet sich, daß 1477 Götz von Stetten-Buchenbach seine Gemahlin mit einer Forderung von 400 fl. auf die Zehenten zu Rappoldshausen und Zottishofen versicherte. Von dem Zehenten auf Unter-Rakkoldshauser Markung genießt Hohenlohe-Langenburg 1/3, die Pfarrei Gerabronn 1/3 und die Pfarrei Amlishagen 1/3.

Beim Übergang von Raboldshausen an Württemberg war es in allen Beziehungen der Herrschaft Langenburg unterworfen; vor 1797 war dagegen die hohe Obrigkeit von sämmtlichen Häusern,| welche links des Bachs liegen, der durch den Ort fließt, zum preußischen Amt Werdeck oder Gerabronn angesprochen. Hinsichtlich der frühesten politischen Verhältnisse ist auf die Beschreibung von Bartenstein zu verweisen, da der Ort Eingehörung der dortigen Burg war und mit solcher 1444 an Hohenlohe kam. Von dem abgegangenen Ort Unter-Rakkoldshausen dagegen, der aus 21 Gemeinderechten, nämlich 14 Kastenamts-Werdeckischen und 7 hohenlohe-langenburgischen bestund, gehörte die Gemeindeherrschaft und hohe Obrigkeit zum Amt Werdeck. Der Ort hatte zur Pfarrei Billingsbach gehört.

b. Billingsbach, früher Bulingesbach und Bulinsbach, evang. Pfarrdorf mit einem einzelnen Wohnsitz, Mühle unter Hertenstein, mit 355 Einwohnern, tiefer als die Umgebung, an der Vicinalstraße von Gerabronn nach Bartenstein, von Raboldshausen 1/2 Stunde entfernt, gelegen. Der Ort ist weitläufig, doch unregelmäßig gebaut. Von den Gebäuden verdienen die schöne Kirche, das große hübsche Pfarrhaus und ein großes Jägerhaus Erwähnung.

Zur Pfarrei gehören nur noch Raboldshausen, Brüchlingen und Mittelbach in der Gemeinde Herrenthierbach. Früher hatten aber auch Ettenhausen, Sichertshausen, Riedbach und Herrenthierbach dazu gehört, welche 1334, als Ritter Seifried von Bartenstein in seinem Dorf Ettenhausen eine eigene Pfarrei errichtete, dieser zugewiesen wurden. Dabei nennt die bischöfliche Urkunde den Zürich von Hertenstein, damaligen Pfarrer in Billingsbach, und seinen Bruder, Walter von Hertenstein: Patronen der Kirche (Wibel a. a. O. II. 275). 1372 belehnten Graf Kraft und Gottfried von Hohenlohe Hansen von Hertenstein mit dem Kirchensatz und Anderem in Billingsbach, dann mit demselben – wahrscheinlich nach dem Aussterben der v. Hertenstein, deren Namen nun verschwindet – 1393 den Truchseßen von Willburgstetten und den Rezzo von Bechlingen, 1396 den Gottfried von Leimbach und 1426 den Martin von Ussigkeim. 1446 kaufen Graf Kraft und Graf Albrecht von Hohenlohe von Rüdigern von Mergentheim mit den oben bemerkten Gütern auch die von ihm schon 1420 erhobenen Ansprüche an den Kirchensatz (wahrscheinlich als Erben der v. Hertenstein oder eines der Nachbelehnten) in Billingsbach. Die Reformation erfolgte 1556. Die Kirche wurde 1725 neu aufgebaut. Das Vermögen der Stiftung beträgt 1187 fl. Die Besetzung der Pfarr- und Schul-Stelle steht dem Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg zu; die Besoldung des Pfarrers reicht aber Hohenlohe-Oehringen.

Im Jahr 1309 ist die erste Nachricht von dem Ort gegeben. Am 29. Juli dieses Jahres traf Graf Heinrich von Sponheim als| Hofrichter des Königs Heinrich in Folge einer Schuldklage Verfügung rücksichtlich des „Herrn Walthers Gut zu Bullingsbach.“ 1318 erkaufte Walter von Hertenstein vom deutschen Orden Güter, die dieser kurz zuvor von Heinrich von Blaubach an sich gebracht hatte. Theils von diesen, theils von ihren muthmaßlichen Erben kam der Ort nach und nach wieder an den Obereigenthümer, die Herrschaft Hohenlohe. Im Jahr 1446 erkauften die Brüder Kraft und Albrecht von Hohenlohe von Rüdiger von Mergentheim, genannt Sizel, für 1500 Goldgulden „das Burgstadel zu Billingsbach mit seinem Begriffe, Ein- und Zugehörung. Item viel zinß- und gültbare Güter daselbst und zu Eberbach, Herrenthierbach und Simmetshausen. Item die zwei Theil am Zehenten groß und klein zu Wittmarsklingen und Holzleiten. Item die Helfte am Zehenten zu Alkertshausen groß und klein, Item den zweiten Theil am grossen und kleinen Zehenten zu Heuchlingen und Aichswiesen.“ 1532 erkauft Graf Albrecht von Hohenlohe von Christoph von Stetten Güter und Gülten zu Billingsbach, ein Viertel am Gericht, Buß und Bach und die Obrigkeit zu Eberbach. Item etliche Gülten zu Ober-Regenbach und Heimhausen, auch 1/3 des Zehenten in Mittelbach, und endlich 1535 von Zürich von Stetten die zwei Theil des großen und kleinen Zehenten zu Billingsbach für 584 fl. Das Übrige ist ohne Zweifel mit dem Aussterben derer v. Hertenstein, von welchen der Letzte 1338 vorkommt, an Hohenlohe heimgefallen, die überdieß als Oberlehensherren immer im Besitz der hohen Obrigkeit geblieben waren. Mit Langenburg, wozu der Ort schon lange gehört, kam er an Württemberg.

Von der Burg Bulinsbach geben jetzt noch östlich vom Dorf nächst desselben Mauerüberreste Zeugniß; von den einstigen Besitzern derselben findet man aber nur 1309 und 1323 einen Walther von Bulinsbach aufgezeichnet. Die zweite Burg lag eine Viertelstunde westwärts des Dorfs, da, wo der Weilersbach und der Billingsbach zu den Füßen der Anhöhen sich vereinigen, welche dort die wild romantischen Thäler dieses waldreichen Distrikts beherrschen. Sie hieß Hertenstein, und ihre Besitzer, die wir zuvor kennen lernten, führten denselben Namen.

An Calamitäten finden sich aufgezeichnet, daß 1449 die Rothenburger den Ort niederbrannten und viel Vieh wegtrieben, und daß 1625, 1626 und 1634 die Pest hier 278 Personen wegraffte.

Im Jahr 1554 findet sich als Zubehörde von Billingsbach ein Hof Lutzmannslohe genannt.

c. Brüchlingen, Weiler mit 41 ev. Einwohnern liegt von Billingsbach 1/2 Stunde westlich. Hohenlohe-Langenburg bezieht den Neubruchzehenten, den großen Zehenten und 2/3 vom kleinen| Zehenten, das weitere 1/3 des letzteren aber, früher der Pfarrei Michelbach an der Heide zuständig, gehört dem Staat.

Geschichtliches findet sich nur, daß die Grafen Ulrich und Albrecht von Hohenlohe 1400, 1406 und 1420 den deutschen Herrn in Mergentheim „die Bauung des Sees in Brüchlingen“ gestatteten und daß der deutsche Orden hier begütert war, dann daß 1577 von Bartenstein Güter in Brüchlingen an das Amt Langenburg erwechselt wurden, womit der Ort zuvor schon verbunden war.


« Kapitel B 22 Beschreibung des Oberamts Gerabronn Kapitel B 24 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).