« Kapitel B 6 Beschreibung des Oberamts Geislingen Kapitel B 8 »
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7. Deggingen,
mit den Parzellen Berneck und Tugstein. Gesammt-Einwohner 1867.
a) Deggingen, in alten Urkunden Dekhingen, katholisches Pfarrdorf und Marktflecken mit 1846 Einwohnern | (worunter 5 Protestanten), in dem Wiesensteiger Thal (Geißthälchen) an der Fils, 2 Stunden westsüdwestlich von der Oberamtsstadt, eben und zwischen den zwei hohen Bergreihen gelegen, gehört in das Dekanat Eybach, Kameralamt Wiesensteig und Forstamt Kirchheim.

Den großen und kleinen Zehnten (an die Gemeinde mehrjährig verpachtet) bezieht die Pfarrei und die Ortsstiftung; Grundgefälle sind an den Staat, die Pfarrei, die Ortsstiftung (S. 88) zu entrichten.

Der Ort ist nicht zu enge und freundlich und reinlich gebaut, unstreitig der schönste der Thalorte zwischen Wiesensteig und Altenstadt. Die Industrie der Maurer und Gipser wendet sich mit Erfolg auf die äußere Verschönerung der Gebäude, welche theilweise von Stein und durchgängig mit Ziegeln gedeckt sind. Der Ort hat, einschließlich der Parzellen, 284 Gebäude, worunter 68 Nebengebäude. Die Kirche zum h. Kreuz, im Jahre 1700 neu erbaut, ist geräumig und hübsch; der seitwärts stehende Thurm ist sehr alt. Ein großes, altes Gebäude ist auch die an der Vizinalstraße gelegene, vormals herrschaftliche, jetzt eigene Fruchtmühle; die Fils bildet daselbst einen artigen Wasserfall.

Die Einwohnerschaft, fleißige und betriebsame Leute, besteht zu 2/3 aus Maurern und Gipsern, welche den Sommer über sowohl im Lande, als in entfernteren Gegenden ein hübsches Geld verdienen. Im Winter wird der Handel mit selbstverfertigten Spindeln und andern Dreharbeiten, auch Schröpfköpfen betrieben. Im Jahre 1835 beschäftigten sich mit der Fabrikation von Schröpfköpfen 9 Meister mit 2 Gehilfen, welche ungefähr 2000 Stücke jährlich lieferten. Mit Aderlaßeiselein gingen die Degginger zuweilen nach Frankreich, Rußland und in die Türkei, doch gegenwärtig sehr selten. Die Waaren werden jetzt in die hauptsächlichsten Handelsstädte, namentlich Nürnberg gesandt, und gelangen nur durch Vermittlung in fremde Länder. Die Drechsler verfertigen hauptsächlich viele Wollenspindeln in die Fabriken, | auch des Auslandes. Ihre Arbeit ist besonders beliebt. Im Ganzen mögen sich mit Spindelmachen 200 Personen beschäftigen, welche im Durchschnitt etwa 300.000 Spindeln verfertigen. Die gewerblichen Verhältnisse des Orts sind im Steigen und Deggingen verspricht der Hauptort der ehemaligen Herrschaft Wiesensteig zu werden. Die Handlung von Bucher macht Geschäfte in Wollen- und Baumwollenwaaren, Leinwand, Seide, Spezerei, Holz, Brettern. Auch ist hier ein Tuchmacher, der zugleich Tuchscheerer ist. Die Leinspinnerei des Orts und der ehemals bedeutende Garnhandel wurde durch das Maschinengarn ganz niedergedrückt; im Jahre 1835 zählte man hier noch ungefähr 500 Personen, welche sich mit Flachsspinnen beschäftigten und etwa 7500 Pfund verarbeiteten. Außer der bereits genannten Fruchtmühle steht hier auch eine Ölmühle, desgleichen auch eine Hammerschmidte, welche ziemlich Geschäfte macht. Färber gibt es 1, Gerber 2. Der Forellenfang ist nicht so unbedeutend, daß nicht zuweilen sogar bis Frankfurt mit Forellen gehandelt wird.

Nach Deggingen sind meist die sogenannten Freimenscher oder der jenische Adel eingewiesen, von welchen S. 49 die Rede war.

Hiesigen Orts besteht eine Schützengesellschaft, welche ihre Statuten im Jahre 1838 drucken ließ.

Die Markung hat 48787/8 Morgen; der Boden im Thal ist leicht und fruchtbar, auf der Alp hingegen größtentheils steinigt und schwer zu bebauen, die Wiesen sind gut und die Baumgärten liefern reichlichen Obstertrag.

Der Ort hat gutes Trinkwasser in Überfluß.

Die Gemeinde besitzt an Gebäuden, Gütern und Aktiven ungefähr 20.000 fl. Vermögen und hat keine Schulden. Der Ort führt in seinem Siegel das helfensteinische Wappen, den Elephanten mit der Umschrift sigillum judicii in Deggingen.

In kirchlicher Beziehung bestanden seit alten Zeiten 1 Pfarrer und 2 Kaplane; 1) zur Kaplanei St. Katharina, gestiftet 1363, 8. Novbr. (Vlricus comes de Helfenstein | vicariam seu praebendam ecclesiae parochialis in Teggingen ad altare virginis S. Katherinae et undecim milium virginum ex reditibus de fundo dicto Teggingen fundat. Reg. Boic. 9, 90); 2) zur Kaplanei St. Bernhard, gestiftet 1389, durch Eberhard von Laimberg cum judicibus, juratis et Conrado dicto Ryse (Reuß von Reußenstein) rectore ecclesiae in Deggingen (Gabelk.), so wie noch ein weiterer Kaplan auf Ave Maria. Gegenwärtig ist neben dem Ortspfarrer nur noch Ein Kaplan. Das Patronatrecht der geistlichen Stellen hatte früher das Kollegiatstift in Wiesensteig, jetzt der Staat. Die Baulast und das Eigenthum der geistlichen Wohnungen hat der katholische Interkalarfonds, die der Kirche die Ortsstiftung. Die Paar Protestanten des Orts pfarren nach Aufhausen.

Die Heiligen Kreuz-, Ave Maria-, Wallfahrts- und St. Sebastians Fundations-Pflege besitzt ein Vermögen von 31.760 fl., außerdem besteht noch eine Armenpflege.

Außer den gewöhnlichen Schulen hat der Ort noch eine Zeichnungs-, Gesang- und Instrumental-Musik-Schule und hofft eine Realschule zu erhalten.

So weit unsere geschichtliche Kenntniß zurückgeht, ist Deggingen im gräflich helfensteinischen Besitz, im Jahre 1382 wurde es an Ulm verpfändet, aber bereits 1396 wieder zurückgegeben. Der Ort theilte die Schicksale der Herrschaft Wiesensteig überhaupt.

In früherer Zeit hatte er seinen eigenen Adel, wohl helfensteinische Lehensleute, die sich von Deggingen schrieben; Dom. Heinricus miles de Teggingen erscheint in einer Urkunde Graf Ulrichs von Helfenstein für Kloster Wettenhausen vom Jahre 1293 (Lang Reg. Boic. 4, 539), Fridericus de Teggingen, gener Ruggeri de Beringen equitis, als Zeuge in einer Urkunde des Ritters Rugger von Böringen im Jahre 1342 (Crusius pars 3. S. 240).

Auf dem benachbarten Nordalpberg, unweit vom dortigen Kreuz, soll ein Schloß gestanden haben, von dem noch weniges Gerölle und Gräben sichtbar sind.

| Eine zweite Burg stand in dem Herrschaftwald Angrishalden; der bedeutende Umfang der Gräben und Vorwerke, die noch ziemlich sichtbar sind, läßt auf eine große Veste schließen.

b) Berneck, Schafhaus und Ziegelhütte, auf der Südalp gelegen, mit 14 Einwohnern; in der Nähe stand das Schloß Berneck, von welchem jedoch kaum mehr Trümmer sichtbar sind. In der Urkunde von 1396 (Kerler Urk. S. 24) erscheint der „Hoffe ze Bernegge“ im Besitz der älteren helfensteinischen Linie. Im Jahre 1435 wird der „Burgstall Berneck“ aufgeführt unter den Gütern, welche Graf Friedrich von Helfenstein († 1438) seiner Gemahlin Agnes, geb. von Weinsberg, vermacht, auch kommt er noch im Jahre 1628, im helfensteinischen Theilungslibell unter den Besitzungen des Grafenhauses, vor. Gegenwärtig ist Berneck Privat-Eigenthum.

c) Tugstein, Tuffstein oder Ave Maria, eine alte Wallfahrtskirche mit Wohnung des Kaplans und Meßners und 7 Einwohnern, liegt auf einer Erhöhung in einem romantischen Seitenthälchen. Im Jahre 1480 schreibt Graf Friedrich von Helfenstein († 1483) an Bischof Otto von Konstanz: Es habe sich in Deggingen eine neue Kapelle zu unserer l. Frau erhoben, genannt Ave Maria, wozu Graf Friedrich den Berg Ingstig gegeben, wobei ein Kaplan auf seiner Pfründe leben solle, welche allerzeit der älteste Graf von Helfenstein leihen werde. Er bitte deshalb den Bischof, solche Stiftung zu confirmiren, was dieser auch that. (Gabelkhover. Kerler Gesch. S. 123).

Die jetzige Kirche wurde in den Jahren 1716–1718 im italienischen Style erbaut, ihre Frescogemälde sind von Joseph Wannenmacher, einem nicht ungeschickten Maler aus Tomerdingen, Oberamts Blaubeuren.

Neben der Kirche steht noch die alte Kapelle zur heiligen Dreifaltigkeit, in welcher Messe zu lesen untersagt ist und welche man eingehen läßt.

Sämmtliche Gebäude gehören jetzt der Ortsstiftung zu Deggingen, welche auch die Baulast hat.


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