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32. Unterböhringen,
mit Oberböhringen. Gesammt-Einwohner 883.
a) Unterböhringen, früher schlechtweg Beringen, Böringen genannt, evangel. Pfarrdorf, mit 725 Einwohnern, Mutterort der Filialien Oberböhringen und Hausen | Dekanat und Kameralamt Geislingen, Forstamt Kirchheim, liegt in einem nördlichen Seitenthale der Fils, 21/2 Stunde von der Oberamtsstadt.

Den großen Zehnten bezieht zum größeren Theile die Stiftung Geislingen, einiges auch die Stiftung Deggingen; den kleinen und Brachzehnten hat die Pfarrei. Gülten beziehen der Staat, die Ortsstiftung und die Stiftung Geislingen (S. 91 und 92).

Der Ort ist ziemlich weitläufig gebaut und hat 129 Gebäude, worunter 100 Wohngebäude. Solche sind mit Ziegeldächern bedeckt.

Die Einwohner nähren sich hauptsächlich vom Feldbau, zum Theil auch von Weberei, Spindeldreherei, und sind ziemlich wohlhabend. Die Markung besteht aus 32682/8 Morg.

Das sehr wasserreiche Thal, in welchem der Zwerch- und Thalbach gleich unterhalb des Dorfes zusammenfließen und den in die Fils einlaufenden Rohrbach bilden, und welches, außer der Öffnung gegen Hausen, von hohen Bergen, dem Michels-, Weigolds-, Haar-, Wasser- und Thalisberge umgeben ist, hat einen ziemlich fruchtbaren Boden, welcher nur an den Bergen sehr steinig ist; an letzteren finden sich viele Wechselfelder und Ödungen, so wie eine nicht unbeträchtliche Schafweide.

Die Gemeinde hat 3200 fl., die Stiftung, welcher die Baulast der Kirche obliegt, 2810 fl. Kapital-Vermögen.

Die Kirche hat kein besonderes Alter; im Jahre 1689 stürzte ihr Thurm ein, 1840 wurde sie bedeutend reparirt. Ihr Schutzheiliger war der h. Peter.

Das Patronatrecht mit dem Widdum, dem großen und kleinen Zehnten gehörte in alten Zeiten der Familie Rechberg, welche es aber im Jahre 1468 an den Spital zu Geislingen verkaufte; dieser besoldet noch jetzt den Pfarrer großentheils und hat das Pfarrhaus zu bauen. Gegenwärtig gehört das Patronatrecht dem Staate.

Im 12. Jahrhundert war allhier das Kloster Anhausen begütert; laut der Urkunde des Mitstifters Bischof Walthers | von Augsburg 1133–50 war das praedium Beringen mit mehreren Gütern des Oberamts schon in den ersten Zeiten der Stiftung des Klosters in dessen Besitz.

Unterböhringen, ehemals ulmischer Amtssitz, theilte die Schicksale der im Jahre 1396 ulmisch gewordenen halben Grafschaft Helfenstein.

Auf der nördlichen Spitze der Unterböhringer Markung, gegen die Großsüßener hin, liegen, östlich von dem Rommenthalhof, der zum Oberamt Göppingen gehört, die Spuren von der ehemaligen Burg Rommenthal, auf einem ziemlich hohen, nun ganz bewaldeten Hügel, an welchem man noch den Schloßgraben, jedoch keine Mauern, sondern nur in den Schuttmassen die Spuren derselben trifft. In dem Theilungsbrief der Grafschaft Helfenstein vom Jahre 1356 (Kerler Urkunden S. 11) und im Verkaufsbrief an Ulm von 1396 (Kerler S. 25) erscheint dieses „Romental,“ „Ramental,“ unter den helfensteinischen Gütern, auch in der helfensteinischen Pfandverschreibung an Ulm (Species facti S. 6): „Raminthal, die Burg, Lüt und Gut, mit aller Zugehörde, waß wir do haben, oder gehaben sullen oder mögen.“

b) Oberböhringen, evangel. Weiler mit 158 Einwohnern, östlich auf einer Berginsel, dem Michelsberge gelegen, ist eine im Jahre 1793 von 13 Familien gegründete Kolonie von Unterböhringen, welche einen eigenen Anwald und Gemeinderath hat. Zur Anlage des Ortes machte den von dem Ulmer Magistrat genehmigten Plan ein Geislinger Elfenbeindrechsler, der Bürgermeister Mich. Knoll. Gegenwärtig besteht der Ort aus 23 Gebäuden, hat eine Schule und 9977/8 Morgen Markung. Klima und Boden sind äußerst rauh, daher die ersten Kolonisten dieser ungünstigen Verhältnisse wegen meist verdorben sind. Jetzt geht es mit dem Nahrungsstande etwas besser.

Den Zehnten hat die Stiftung Geislingen und die Pfarrei in Unterböhringen. Schon im Jahre 1395 erwarb die Stiftung Geislingen ein Lehen, und im Jahre 1408 einen Antheil am Zehnten auf dem Michelsberge.

| Das Trinkwasser holen die Bewohner 1/4 Stunde weit aus einer Quelle am nördlichen Abhange des Berges. Im Winter 1840/41 hat sich im Weiler ein 6 Schuh tiefer, jetzt wieder zugeworfener Erdfall gebildet, durch welchen man das Schneewasser mit großem Geräusch tief in den Berg hinabfallen hörte. Von den Hügeln, welche den Weiler umgeben, hat man eine vorzüglich schöne Aussicht.

Auf dem Michelsberge stund schon in frühern Jahrhunderten ein, jetzt gänzlich verschwundener Weiler, jedoch nicht auf dem Platze des gegenwärtigen, sondern auf dem nördlichen Rande des Berges oberhalb Kuchen.

Kl. Adelberg hatte einen Hof auf dem Michelsberg worüber den Grafen von Helfenstein das Vogtrecht zustund, bis zum Jahr 1292, in welchem laut Originalurkunde des K. Staatsarchivs Graf Ulrich von Helfenstein sich seiner Gerechtsame an diesem Hof begab.

In früheren Zeiten hatte Böhringen eigene Adeliche, welche sich von Beringen schrieben, und Vasallen der Grafen von Helfenstein waren; sie kommen schon am Ende des 13ten Jahrhunderts vor, namentlich im Jahr 1267, 1270, Friedrich von Beringen, Ritter, in helfensteinischen Urkunden (Orig. in Stuttg., Sattler Graven 1ste Forts. Beil. Nr. 36). Im Jahr 1286 machte derselbe mit Einstimmung seines Sohnes Kuno (Konrad) in Böhringen an Kl. Adelberg eine Güterschenkung (Orig. in Stuttg., Crusius Ann. lib. 3 partis 3. S. 163), in welcher ein Markward von Beringen als Zeuge erscheint, im Jahr 1288 und 1291 (Crusius a. a. O. S. 172) stiftet ebengenannter Konrad, dessen Vater im Jahr 1288 bereits gestorben war, an dasselbe Kloster sein Gut in Böhringen. Heinrich von Beringen, wahrscheinlich Bruder Konrads, war Domherr des Hochstifts Augsburg, in dessen Urkunden er im Jahr 1285, 1289, 1300 auftritt (Mon. Boic. 33, 172. 173. 189. 289). Im Jahr 1292 erscheint Markward von Beringen in einer Urk. des Kl. Adelberg, im Jahr 1342 Rugger von Beringen (Rugger de Beringen eques suo filio Henrico de Beringen canonico Augustano | tradit omnia sua bona potius, quam filiae suae filiis Friderico et Heinrico de Lainberg. Crusius Ann. 3. S. 240).
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