« Kapitel B 16 Beschreibung des Oberamts Göppingen Kapitel B 18 »
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17. Gemeinde Hattenhofen,
bestehend aus Hattenhofen und Riedenhof. G. E. 1147.

a) Hattenhofen, evangel. Pfarrdorf mit 1138 Einw., wor, 3 Kath., liegt südwestlich, 11/2 St. von Göppingen und grenzt an das OA. Kirchheim. Der Ort gehört in die II. Classe der Gemeinden und ist dem Forstamt Kirchheim zugetheilt. Die Zehenten gehören dem Staate. An den übrigen, dem Staate zustehenden, grundherrlichen Rechten hat die Gemeinde seit 1817 für 2230 fl. 8 kr. abgekauft. (S. auch S. 81.)

Das einen großen Flächenraum einnehmende Dorf besteht aus Hattenhofen selbst und den nur einige hundert Schritte entfernten Weilern Reuenstadt und dem sogenannten inneren Dorf, später Zebedäi genannt, die aber seit undenklichen Zeiten in allen Beziehungen mit Hattenhofen verbunden sind. Die Lage auf der mehr gedachten Ebene (S. 6) ist eben und freundlich. Hattenhofen ist auf Felsen gebaut, lehnt sich an einen kleinen Berg an und ist mit einem Walde von Obstbäumen umgeben; die beiden Weiler, durch einen kleinen Bach vom Hauptorte getrennt, breiten sich auf sanften Anhöhen aus. Der Ort ist mit Quellwasser wohl versehen; der Bach aber, welcher in Reuenstadt eine kleine Mahlmühle treibt, trocknet häufig aus. Die Gemeinde zählt 193 Haupt- und 29 Neben-Gebäude. Die mitten im Hauptorte stehende Kirche zum h. Egidius | bietet nichts Merkwürdiges dar. Die Baulast liegt den örtlichen Kassen ob. Das dabei gelegene, vom Staate zu unterhaltende, Pfarrhaus gewährt eine schöne und weite Aussicht. Die großen, hübsch gebildeten Einwohner sind thätig und sparsam, und der Nahrungsstand ist im Ganzen gut. Er beruht vornehmlich auf Landwirthschaft. Der Ort erzeugt jedoch nicht das eigene Bedürfniß an Getreide. Die Stallfütterung ist längst eingeführt. Der Wiesenbau ist der Ergiebigkeit wegen von Bedeutung und auch der Obstbau, gestützt auf mehrere Baumschulen, ist von Belang. (S. oben S. 51.) Die Schafzucht ist hier am Stärksten (s. d. Tab.); es werden durchschnittlich 3000 Stücke überwintert. Auch die Hammelmastung ist von Belang. Ein eigenthümlicher, doch nur im Kleinen betriebener, Erwerbszweig ist die Zucht kalkuttischer Hühner. (S. oben S. 65.) Der durch den Ort fließende Bach hat sehr schöne Edelkrebse. Von Gewerben sind nur eine kleine Bierbrauerei, ein Feldmesser und einige Strumpfweber zu nennen. Die vielen Weber arbeiten für die Fabriken in Kirchheim und Jebenhausen um den Lohn. Etwa 20 Kleinhändler treiben im Inland und nach Bayern einen Handel mit Saamen, Pferden, Vieh, Bettfedern und hauptsächlich mit Obstbäumen. (S. oben S. 51.)

Die Pfarrei hat außer dem Riedenhof keine Filialien. Das Patronat ist königlich, die Katholiken sind nach Steinbach eingepfarrt. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein Gehülfe. Das erste Schul- und Rath-Haus wurde 1698 erbaut. Der Begräbnißplatz außerhalb des Ortes wurde 1834 angelegt.

b) Riedenhof, evang. Weiler mit 9 Einw., liegt auf Hattenhofer Markung gegen Schlierbach hin, hat 3 Gebäude und theilte stets alle Verhältnisse mit Hattenhofen. Er wurde erst 1700 angelegt.

Hattenhofen war ein Bestandtheil der Grafschaft Aichelberg, wie dieß aus einem Vertrage des Grafen Eberhard I. von Württemberg mit König Albrecht vom J. 1306 erhellt. Mit Aichelberg ging auch Hattenhofen 1334 – 1339 an Württemberg über. Bald darauf verpfändeten aber die Grafen v. W. das Dorf an die v. Lichtenstein, von welchen es 1385 wieder ausgelöst wurde. Im J. 1470 wurde es mit Aichelberg an Wilhelm v. Zillenhardt unter Vorbehalt der bald darauf erfolgten Wiederlosung veräußert. (OA.-Beschr. v. Kirchheim 303.) Das, was Württemberg von Aichelberg erworben, bestand in der Hohheit und Vogtei über den ganzen Ort, im Patronat, in der Mahlmühle und in 3 Höfen und 17 Lehen. Friedrich der Schweler und Frau Demuth, seine eheliche Wirthin, schenken 1337 ein Gut auf den Tisch der Klosterfrauen in Kirchheim. Außerdem besaßen das Stift Oberhofen 4 sogenannte Custorlehen, die Pfarrei | Reichenbach 1 Lehen und das Kl. Adelberg 3 Lehen. Was der Ort im dreißigjährigen Krieg gelitten, s. oben S. 102.

Die Pfarrei ist von höherem Alter, da schon 1293 „der Liutpriester von Hattenhouen“ genannt wird. Am Mittwoch nach St. Andreas des Apostels 1456 übergibt Graf Ulrich von Württemberg um seiner und seiner Vordern Seele Heils willen den Kirchensatz mit allen Zugehörungen dem Stift Oberhofen, und verzichtet zugleich auf die 5 Sch. Haber, welche ihm indessen der Pfarrer zu Vogtrecht gereicht, und am 21. Mai 1457 gestattet der Bischof, daß die Pfarrei dem Stift incorporirt werde. Am 23. Juni 1500 stiften und dotiren Schultheiß und ganze Gemeinde eine Frühmesse auf St. Bernhards Altar, mit der Bestimmung, daß dem Stifte die Verleihung zustehen und der Pfarrer gehalten seyn soll, den Caplan „zu Tisch zu laden an den vier Frohnfasten vnsers Herrn, am Palmtag, grünen Donnerstag vnd Carfrytag.“ Die Reformation wurde frühzeitig eingeführt und das Caplaneihaus schon 1538 verkauft. Bemerkenswerth ist es, daß der Weiler Reuenstadt in alten Zeiten ein Filial von Uhingen war. Im Namen dieser Pfarrei bezog daselbst auch Adelberg einen Theil der Zehenten. Die übrigen Zehenten hier und in Hattenhofen hatte, mit Ausnahme eines der Pfarrei Albershausen gehörigen Theils des Heuzehenten, das Stift Oberhofen erworben.

In Reuenstadt stand einst eine Burg, worüber alle weiteren Notizen fehlen. Das Kellereilagerbuch von 1524 sagt, die Mahlmühle liege „zwischen der Gemeind vnd dem Burgstall.“

Das oben S. 24 beschriebene Mineralwasser entspringt bei der ebengenannten Mühle und dient als tägliches Getränke allen Einwohnern. Schon das vorerwähnte Lagerbuch erwähnt eines Ackers in der Ösche am Storren „am Surbronnen gelegen,“ und „der Schwalbronnenhalden.“

Ganz nahe am Dorfe ist ein Marmorbruch, der schöne Blöcke von blauer und schwarzer Farbe liefert, welche früher gerne und häufig bei Bauten verwendet wurden.


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